Entscheidungsdatum
18.04.2018Norm
AsylG 2005 §20 Abs1Spruch
W224 2181957-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2017, IFA-Zahl: 1153625904, Verfahrenszahl: 170618545.
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Syriens, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 23.05.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am selben Tag erfolgte die Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Hierbei gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, sie stamme aus XXXX in Syrien, gehöre der Volksgruppe der Kurden an und bekenne sich zum Islam. Im Dezember 2016 habe sie Syrien von XXXX aus illegal zu Fuß verlassen und sei nach XXXX gereist. In der Türkei habe sie sich zwei Monate aufgehalten und sei danach über Griechenland nach Österreich gekommen. Nach den Fluchtgründen befragt führte die Beschwerdeführerin aus, die Situation sei sehr intensiv gewesen. Jeden Tag habe es Bombenexplosionen gegeben und jeden Tag würden junge Mädchen entführt werden. Im Falle einer Rückkehr habe sie Angst vor dem Tod.
2. Am 15.12.2017 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) unter Mitwirkung eines männlichen Dolmetschers niederschriftlich einvernommen. Hierbei gab sie im Wesentlichen an, in XXXX geboren, Kurdin, Muslimin und syrische Staatsangehörige zu sein. Sie sei schwanger.
Nach ihren Fluchtgründen befragt führte die Beschwerdeführerin aus, die Sicherheitslage sei sehr schlecht gewesen. Es habe Anschläge gegeben und viele Frauen seien entführt worden. Da es keine Sicherheit gegeben habe, sei sie ausgereist.
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15.12.2017, IFA-Zahl:
1153625904, Verfahrenszahl: 170618545, wies das BFA den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchteil I.), erkannte ihr gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchteil II.) und erteilte ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchteil III.).
In der Begründung stellte das BFA fest, die Beschwerdeführerin habe in glaubwürdiger Weise behauptet, dass sie Syrien aufgrund des Krieges verlassen habe. Eine individuelle Verfolgung habe sie nicht vorgebracht. Sie habe nur angegeben, dass Mädchen in Syrien verfolgt würden. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführerin einer asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung in Syrien ausgesetzt gewesen sei bzw. eine solche zukünftig zu befürchten habe. Das Vorbringen, in Syrien von der dort herrschenden Bürgerkriegssituation betroffen zu sein, sei nicht geeignet, das Vorliegen begründeter Furcht im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen. Auch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen oder religiösen Gruppe allein könne die Flüchtlingseigenschaft nicht begründen. Die Beschwerdeführerin werde daher weder aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, noch Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt.
4. Gegen Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Vertretung fristgerecht Beschwerde, in der im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wurde:
Die Fluchtgründe der Beschwerdeführerin bestünden in der Furcht, im Bürgerkrieg zwischen die Fronten zu geraten, in der Verfolgung aus politischen Gründen wegen ihrer Herkunft sowie aus der ihr unterstellten politischen Gesinnung und der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Die Beschwerdeführerin habe eine politische Verfolgung seitens des syrischen Regimes aufgrund ihrer Herkunft aus einer Gegend, die von Rebellen kontrolliert worden sei, angeführt. Ferner befürchte die Beschwerdeführerin eine geschlechtsspezifische Verfolgung als Frau. Dass die belangte Behörde es verabsäumt habe, sich mit der konkreten Situation der Beschwerdeführerin und der aktuellen Situation in Syrien auseinanderzusetzen, stelle eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens dar.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen Bescheide einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist (§ 28 Abs. 3 dritter Satz VwGVG).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH 10.09.2014, Ra 2014/08/0005; 26.06.2014, Ro 2014/03/0063; etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang [Hrsg], Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, 127 und 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang [Hrsg], Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, 65 und 73 f.).
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
Der angefochtene Bescheid ist aus folgenden Gründen mangelhaft:
Gemäß § 3 AsylG 2005 ist einem Asylwerber auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesem im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (in Folge: GFK) droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 gesetzt hat.
Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH vom 21.12.2000, 2000/01/0131; vom 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH vom 09.09.1993, 93/01/0284; vom 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn die Asylentscheidung erlassen wird;
auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH vom 09.03.1999, 98/01/0318;
vom 19.10.2000, 98/20/0233).
Die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung setzt nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgung bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH vom 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum AsylG 1991, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention).
Gemäß § 18 Abs. 1 AsylG 2005 hat das BFA in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen.
Nach den von der UNHCR definierten Risikoprofilen benötigen Frauen, insbesondere Frauen ohne Schutz durch Männer, Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt, von Kinder- und Zwangsheirat, häuslicher Gewalt, Verbrechen zur Verteidigung der Familienehre ("Ehrendelikt") und Menschenhandel wurden, oder die einem entsprechenden Risiko ausgesetzt sind, wahrscheinlich internationalen Schutz im Sinne der GFK (vgl. die UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, Stand November 2015, 4. Aktualisierte Fassung; zur Indizwirkung von UNHCR-Positionen vgl. etwa VwGH 16.01.2008, 2006/19/0182 mwN).
Die Beschwerdeführerin gab sowohl in der Erstbefragung als auch bei der niederschriftlichen Einvernahme an, dass viele Frauen bzw. Mädchen entführt werden. Eine Nachfrage, ob auch die Beschwerdeführerin persönlich der Gefahr einer Entführung ausgesetzt sei, erfolgte nicht. Darüber hinaus hat das BFA auch gerade den auf Frauen bezogenen Teil der Länderfeststellungen zu Syrien nicht in den Bescheid aufgenommen. Das BFA hat es somit unterlassen, nähere Ermittlungen hinsichtlich des besonderen Risikoprofils von Frauen zu tätigen und Feststellungen zu dem diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführerin zu treffen.
Darüber hinaus ist gemäß § 20 Abs. 1 AsylG ein Asylwerber von einem Organwalter desselben Geschlechts einzuvernehmen, wenn er seine Furcht vor Verfolgung auf Eingriffe in seine sexuelle Selbstbestimmung gründet, es sei denn, dass er anderes verlangt. Von dem Bestehen dieser Möglichkeit ist der Asylwerber nachweislich in Kenntnis zu setzen. Nach dem Zweck des § 20 Abs. 1 AsylG 2005 sollte so der Abbau von Hemmschwellen bei der Schilderung von Eingriffen in die sexuelle Selbstbestimmung bewirkt werden (vgl. VwGH 12.10.2016, Ra 2016/18/0119).
In diesem Zusammenhang ist ferner auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 03.12.2003, 2001/01/0402, hinzuweisen, in welcher er unter Heranziehung internationaler Dokumente, insbesondere des Beschlusses des Exekutiv-Komitees der UNHCR Nr. 64 (XLI) über Flüchtlingsfrauen und internationalen Rechtsschutz, die Vorgängerbestimmung des § 20 Abs. 1 erster Satz AsylG 2005 (§ 27 Abs. 3 letzter Satz AsylG 1997) auslegt und Folgendes ausführt:
"Dass sich in den von der genannten Bestimmung erfassten Konstellationen in allen Stadien des Asylverfahrens auch die Beiziehung eines Dolmetschers gleichen Geschlechts als geboten erweist, versteht sich bei verständiger Würdigung dieser Vorschrift nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes von selbst, weil nur insoweit dem von § 27 Abs. 3 letzter Satz AsylG verfolgte Zweck (Abbau von Hemmschwellen) adäquat Rechnung getragen werden kann".
Daraus ergibt sich, dass die Notwendigkeit der Einvernahme durch eine Person desselben Geschlechts gemäß § 20 Abs. 1 AsylG auch die Beiziehung eines Dolmetschers desselben Geschlechts umfasst (vgl. auch VwGH 08.09.2010, 2008/01/0345 bis 0347). Dieses Recht impliziert die Verpflichtung der Behörde, den Asylwerber von diesem Recht in Kenntnis zu setzen und ihm somit die Möglichkeit zu geben, das Recht auch auszuüben. Anderenfalls würde dem vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 03.12.2003, 2001/01/0402, dargelegten Zweck (Abbau von Hemmschwellen) gerade nicht adäquat Rechnung getragen werden.
Fallbezogen erfolgte die Einvernahme unter Beiziehung eines männlichen Dolmetschers. Aus der aktenkundigen Niederschrift geht weder hervor, dass die Beschwerdeführerin über die Möglichkeit eines Dolmetschers desselben Geschlechts belehrt worden wäre, noch dass sie eine Einvernahme unter Beiziehung eines männlichen Dolmetschers verlangt hätte.
Der Sachverhalt wurde bereits aus diesem Grund nur unzulänglich ermittelt und ist darüber hinaus in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben. Es wurde nicht versucht, Hemmschwellen soweit wie möglich zu beseitigen, und der Beschwerdeführerin nicht ausreichend Möglichkeit eingeräumt, ihre Asylgründe umfassend und detailliert darzulegen.
Aus den dargelegten Gründen erweisen sich die durchgeführten Sachverhaltsermittlungen des BFA als ungenügend und ist ersichtlich, dass wesentliche Feststellungen nicht oder nur mangelhaft getroffen wurden. Eine Zurückverweisung der Sache an das BFA zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt im vorliegenden Fall deshalb in Betracht, weil das BFA die erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat bzw. weil es den maßgebenden Sachverhalt bloß ansatzweise ermittelt hat (vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063). Nicht zuletzt die kurze Dauer der schriftlichen Einvernahme vor dem BFA von 40 Minuten samt Belehrung, Übersetzung und Rückübersetzung weist auf die mangelhaften Ermittlungen hin. Im weiteren Verfahren wird das BFA ein umfassendes Ermittlungsverfahren zu führen haben, bei dem alle für die Entscheidung relevanten Angaben gemacht und Beweismittel erbracht werden. Insbesondere wird die neuerliche Einvernahme unter Beiziehung einer weiblichen Dolmetscherin durchzuführen sein.
In der Gesamtschau ist der Aufhebung des angefochtenen Bescheides und der Zurückverweisung an das BFA zur Erlassung eines neuen Bescheides im Vergleich zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht unter dem Aspekt der Raschheit und der Kostenersparnis der Vorzug zu geben. Das erstinstanzliche Verfahren erweist sich aus den dargelegten Gründen insgesamt als so mangelhaft, dass von dem in § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eingeräumten Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung Gebrauch zu machen war. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind daher im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.
Folglich war das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.03.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Zurückverweisung der Angelegenheit an das BFA zur Erlassung eines neuen Bescheides ergeht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 20 Abs. 1 AsylG bzw. deren Vorgängerbestimmung (VwGH 03.12.2003, 2001/01/0402; 08.09.2010, 2008/01/0345 bis 0347) sowie zu § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG (beginnend mit VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).
Schlagworte
Einvernahme, Ermittlungspflicht, fehlende Länderfeststellungen,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W224.2181957.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.05.2018