TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/22 99/13/0098

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Veröffentlicht am 22.03.2000
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

BAO §213 Abs1;
BAO §215 Abs4;
BAO §216;
BAO §239 Abs1;
UStG 1994 §21 Abs1;
UStG 1994 §21 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde des Dipl.Kom. K in B, vertreten durch Dr. Christoph Petsch, Rechtsanwalt in Wien I, Eschenbachgasse 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. März 1999, Zl. GA 7 - 846/1/98, betreffend Rückzahlung eines Abgabenguthabens, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der beim Finanzamt am 2. April 1997 eingelangten Umsatzsteuervoranmeldung für den Kalendermonat März 1997 machte der Beschwerdeführer einen Vorsteuerüberschuss in Höhe von S 15.800,-- geltend und beantragte die Rückzahlung des durch den Überschuss entstandenen Guthabens.

Mit Anbringen vom 20. September 1998 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über seinen am 2. April 1997 beim Finanzamt eingelangten Antrag auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid traf die belangte Behörde ihre Entscheidung mit folgendem Spruch:

"1.) Dem Antrag des (Beschwerdeführer) vom 20. September 1998 auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 311 BAO hinsichtlich des Antrages vom 1. April 1997 auf Rückzahlung des vorangemeldeten Umsatzsteuerüberschusses März 1997, wird stattgegeben.

2.) Der Rückzahlungsantrag wird abgewiesen."

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, dass auf Grund der Umsatzsteuervoranmeldung des Beschwerdeführers das Finanzamt ihm einen Fragebogen zugesandt habe, der am 23. Juni 1997 ausgefüllt und unterfertigt beim Finanzamt eingelangt sei. Ansonsten habe das Finanzamt laut Aktenlage für den Beschwerdeführer keine wirksamen Aktivitäten bis zur Einbringung des Devolutionsantrages gesetzt. Der Devolutionsantrag erweise sich damit als berechtigt. Rückzahlbar sei ein Umsatzsteuerüberschuss allerdings nur dann, wenn durch seine Verbuchung auf einem Abgabenkonto ein Guthaben entstehe, was erst dann gegeben sei, wenn auf dem Abgabenkonto die Summe aller Gutschriften die Summe aller Lastschriften übersteige. Im Rückzahlungsverfahren komme es nicht darauf an, welche Gutschriften und Lastschriften die Abgabenbehörde hätte durchführen müssen, sondern nur darauf, welche Gutschriften und Lastschriften tatsächlich vorgenommen worden seien. Da bis dato keine Steuernummer vergeben und damit für die Partei kein Abgabenkonto geführt werde, könne aus diesem Grund auch kein rückzahlbares Guthaben bestehen. Hiezu verwies die belangte Behörde auf einen von ihr erlassenen Bescheid vom 10. November 1998, mit welchem sie den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Steuernummer mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen hatte, dass auf Vergabe einer Steuernummer ein subjektives Recht des Steuerpflichtigen nicht bestehe und der Steuerpflichtige nur einen Antrag auf Festsetzung eines Guthabens stellen könne, ohne dass die interne Vorgangsweise der Abgabenbehörde für den Steuerpflichtigen von Belang sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Nach § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegeben Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuss sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung. Ein vorangemeldeter Überschuss ist gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung gelangt. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück.

§ 21 Abs. 3 UStG 1994 sieht vor, dass das Finanzamt die Steuer festzusetzen hat, wenn der Unternehmer die Einreichung der Voranmeldung pflichtwidrig unterlässt oder wenn sich die Voranmeldung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

§ 213 Abs. 1 BAO ordnet an, dass bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben und den zu diesen Abgaben zu erhebenden Nebenansprüchen, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, für jeden Abgabenpflichtigen, bei Gesamtschuldverhältnissen für die Gesamtheit der zur Zahlung Verpflichteten, die Gebarung (Lastschriften, Zahlungen und alle sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlass entstandenen Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefasst zu verbuchen ist.

Nach § 213 Abs. 2 BAO ist bei den anderen als den in Abs. 1 genannten Abgaben die Gebarung für jeden Abgabepflichtigen, bei Gesamtschuldverhältnissen für die Gesamtheit der zur Zahlung Verpflichteten, nach den einzelnen Abgaben getrennt oder zusammengefasst, jedoch abgesondert von den in Abs. 1 genannten Abgaben zu verbuchen.

§ 214 BAO handelt von der Verrechnung von Zahlungen und sonstigen Gutschriften in den Fällen einer zusammengefassten Verbuchung der Gebarung und bestimmt im letzten Satz seines ersten Absatzes, dass die Verbuchung von Abgabenschuldigkeiten ohne unnötigen Aufschub und in einer von sachlichen Gesichtspunkten bestimmten Reihenfolge vorzunehmen ist.

Ein sich aus der Gebarung gemäß § 213 BAO unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist nach § 215 Abs. 1 leg. cit. zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; nach § 215 Abs. 4 BAO sind Guthaben, soweit sie nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zu Gunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.

Die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4 BAO) kann nach § 239 Abs. 1 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.

Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 21 Abs. 1 UStG 1994 handelt es sich beim Überschuss aus einer Umsatzsteuervoranmeldung um eine Abgabe im Sinne der Bundesabgabenordnung. Ein solcher Überschuss hat, sofern sich das Finanzamt nicht zu einem Vorgehen nach § 21 Abs. 3 UStG 1994 entschließt, grundsätzlich zu einer Gutschrift zu führen, deren Schicksal sich nach den wiedergegebenen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung zu entscheiden hat (siehe Ruppe, UStG 1994, § 21, Tz 34 f).

Im Beschwerdefall hatte der Beschwerdeführer seine Umsatzsteuervoranmeldung für den Kalendermonat März 1997 durch Ankreuzen des auf dem Antragsformular der Abgabenbehörde angebotenen Antragsvorschlages mit dem Begehren auf Rückzahlung des durch den angemeldeten Überschuss entstandenen Guthabens verbunden. Die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Ablehnung des Rückzahlungsantrages mit der Begründung, mangels Führung eines Abgabenkontos für den Beschwerdeführer könne zu seinen Gunsten auch kein rückzahlbares Guthaben bestehen, lässt sich mit der wiedergegebenen Rechtslage nicht in Einklang bringen.

Dass ein rückzahlbares Guthaben erst dann entsteht, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe der Lastschriften übersteigt, ist eine von der belangten Behörde vorgetragene Auffassung, die ebenso zutrifft, wie es auch richtig ist, dass für das Entstehen eines Guthabens nur die tatsächlich durchgeführten Buchungen ausschlaggebend sind, und dass die Frage der Rechtmäßigkeit von Buchungen nicht im Rückzahlungsverfahren, sondern auf Antrag des Abgabepflichtigen mit Abrechnungsbescheid nach § 216 BAO zu klären ist (vgl. die bei Ritz, Kommentar zur Bundesabgabenordnung2, Tz 1 zu § 239 BAO, wiedergegebene hg. Judikatur).

Die belangte Behörde hat die Ablehnung des Rückzahlungsantrages des Beschwerdeführers im angefochtenen Bescheid aber nicht damit begründet, dass der vom Beschwerdeführer vorangemeldete Überschuss nicht zu einer Gutschrift zu führen hatte, welche Frage tatsächlich in einem Verfahren zur Erlassung eines Abrechnungsbescheides nach § 216 BAO zu klären gewesen wäre, sondern damit, dass der Entstehung eines rückzahlbaren Guthabens zu Gunsten des Abgabepflichtigen schlicht der Umstand entgegenstehe, dass für den Abgabepflichtigen kein Abgabenkonto geführt werde. Dass dem Abgabepflichtigen auf Führung eines Abgabenkontos und Zuteilung einer Steuernummer kein subjektiv-öffentliches Recht eröffnet ist, wie dies die belangte Behörde in ihrem im angefochtenen Bescheid genannten Zurückweisungsbescheid vom 10. November 1998 gegenüber dem Beschwerdeführer ausgeführt hat, mag zutreffen. An der Rechtswidrigkeit der mit dem hier angefochtenen Bescheid begründeten Ablehnung des Rückzahlungsbegehrens durch die belangte Behörde ändert dies nichts.

Im Beschwerdefall wurde mit dem Einlangen der Umsatzsteuervoranmeldung des Beschwerdeführers beim Finanzamt eine Obliegenheit der Abgabenbehörde ausgelöst, entweder den angemeldeten Überschuss als Gutschrift zu verbuchen oder im Falle bestehender Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angemeldeten Vorsteuerüberschusses in ein Ermittlungsverfahren zur Erlassung eines Bescheides im Sinne des § 21 Abs. 3 UStG 1994 einzutreten. Der mit der Umsatzsteuervoranmeldung verbundene Rückzahlungsantrag des Beschwerdeführers enthielt bei der vorliegenden Fallkonstellation zwangsläufig auch schon das Begehren auf Setzung der in Erledigung der Umsatzsteuervoranmeldung gebotenen abgabenbehördlichen Maßnahmen, die einer Entscheidung über den Rückzahlungsantrag denknotwendig vorauszugehen hatten. Dass die belangte Behörde den Rückzahlungsantrag abgewiesen hat, ohne zuvor entweder den angemeldeten Umsatzsteuerüberschuss zu verbuchen oder ein Festsetzungsverfahren nach § 21 Abs. 3 BAO durchzuführen, war rechtswidrig. Die Berufung auf das Fehlen eines Guthabens mangels Bestehens eines Abgabenkontos kann den angefochtenen Bescheid nicht tragen, weil die Abweisung des Rückzahlungsantrages des Beschwerdeführers nur auf einer rechnungsmäßig nachprüfbaren Grundlage hätte ausgesprochen werden dürfen.

Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999130098.X00

Im RIS seit

22.08.2001

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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