Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 10. April 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Emrah R***** R***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 4. Oktober 2017, GZ 11 Hv 60/17p-36, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Emrah R***** R***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er im September 2013 in T***** Beate S***** mit Gewalt, indem er ihre Arme und ihre Beine vor ihrer Brust festhielt, sie mit seinem Körpergewicht gegen ein Bett drückte und den Vaginalverkehr vollzog, zur Duldung des Beischlafs genötigt, wobei die Tat eine an sich schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung und eine chronifizierte leichte bis mittelgradige Depression, zur Folge hatte.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 4, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten versagt.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des Antrags auf „Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich der Aussagepsychologie zum Beweis dafür, dass die Angaben der Zeugin Beate S***** nicht der Wahrheit entsprechen und die Angaben zur Untersuchung der Sachverständigen Mag. Michaela L***** unrichtig waren“ (ON 19a S 15 f), Verteidigungsrechte nicht verletzt, weil der Beschwerdeführer das Vorliegen einer Sachverhaltskonstellation, in welcher die Beiziehung eines Sachverständigen zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen ausnahmsweise erforderlich gewesen wäre (vgl RIS-Justiz RS0097733), nicht einmal behauptete. Das in der Beschwerdeausführung nachgetragene Vorbringen unterliegt dem Neuerungsverbot und ist daher unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618).
Der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird dadurch nicht eröffnet (RIS-Justiz RS0119583). An diesen Anfechtungsvoraussetzungen geht die Beschwerde mit dem pauschalen Hinweis auf – im Urteil im Übrigen auch erörterte (vgl US 7) – Divergenzen zwischen den Angaben der Zeuginnen Jasmin Z***** und Beate S***** vorbei.
Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) die Urteilsannahmen (US 4) zur Vorhersehbarkeit der qualifizierenden Tatfolge (§ 201 Abs 2 erster Fall StGB) als „formelhaft begründet“ kritisiert und dabei Angaben der Zeugin Beate S***** hervorkehrt, wonach der Angeklagte den Geschlechtsverkehr aufgrund ihres Widerstands (vorzeitig) beendete (vgl US 4, 5), scheitert das Rechtsmittel schon daran, dass die Geltendmachung materieller Nichtigkeit unbedingtes Festhalten am festgestellten Sachverhalt erfordert (RIS-Justiz RS0099810). Soweit sich der Beschwerdeführer mit dieser Argumentation auch auf § 281 Abs 1 Z 5a StPO beruft, weckt er (abermals) keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E121255European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00029.18Y.0410.000Im RIS seit
02.05.2018Zuletzt aktualisiert am
02.05.2018