TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/16 W182 2192091-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.04.2018
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Entscheidungsdatum

16.04.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §53 Abs1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W182 2192091-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2018, Zl. 1117818002/160792993, nach § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBI. I. Nr 33/2013 idgF, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. - V. des angefochten Bescheides gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, und § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkt VI. - VII. des angefochten Bescheides wird stattgegeben. Diese werden behoben und gleichzeitig ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs.1 bis 3 FPG 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

III. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 53 Abs. 1 FPG insoweit stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbots auf 12 Monate herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist Staatsangehöriger der Volksrepublik China, gehört der Volksgruppe der Han an, ist ohne religiöses Bekenntnis, und stellte am 06.06.2016 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

In einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 07.06.2016 brachte der BF zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass er sich einmal bei einem Pokerspiel in sehr betrunkenem Zustand Geld ausgeborgt habe und einige Tage später drei angebliche Gläubiger von ihm ca. 1.000.000 RMB verlangt hätten. Da er die Summe nicht bezahlen habe können, habe er das Herkunftsland am 05.06.2016 schlepperunterstützt mit einem Direktflug nach Österreich, wo er am gleichen Tag eingereist sei, verlassen. Auf die Frage, was er bei einer Rückkehr nach China befürchte, gab der BF an: "Ich weiß es nicht."

In einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 14.03.2018 brachte der BF zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass er in China einen Wucherkredit aufgenommen habe und die Gläubiger auf Rückzahlung drängen würden. Aufgefordert, konkrete und detaillierte Angaben zu seinen Gläubigern zu machen, um wie viele Personen es sich dabei gehandelt habe, wann und wo er sie kennengelernt habe, wie sie heißen, wie viel Geld er ihnen konkret schulde, etc., gab der BF an:

"Die Gläubiger sagten, dass ich eine Million Yuan Schulden habe."

Nach Fragewiederholung erklärte er: "Ich weiß nicht, wie mein Gläubiger heißt, ich weiß auch nicht den Zinssatz und es kommt eine Gruppe zu mir und die verlangen die Rückzahlung." Danach befrag, seit wann genau er seinen Gläubigern Geld schulde, gab er an: "Seit März 2016". Auf die Frage, nach dem Grund, weshalb er sich das Geld ausgeborgt habe, führte er aus: "Ich habe einmal mit Freunden viel getrunken und dann Karten gespielt. Danach sagten die anderen, dass ich Schulden habe." Der BF konnte trotz konkreter Fragen keinerlei Angaben zu den Rückzahlungsformalitäten (Name Gläubiger, geschuldete Summe, Rückzahlungsfrist, Zinsen, Raten, Zinseszinsen) machen und gab dazu lediglich an: "Das hat man mir nicht gesagt." Danach befragt, was er bei einer Rückkehr nach China befürchte, gab der BF an: "Die Gläubiger würden mich sicher rächen, wenn ich die Schulden nicht begleichen kann. Nachgefragt gebe ich an, dass ich nicht genau sagen kann, was ich mit rächen meine." Danach befragt, wie oft er von den Gläubigern zur Geldzahlung aufgefordert worden wäre, gab der BF an, dass diese alle 3 bis 5 Tage gekommen wären. Auf Aufforderung hin, die Situation, als die Gläubiger ihn aufgesucht hätten, zu schildern, führte er aus, dass eines Nachmittags Mitte März drei über 30 Jahre alte Männer, die kleiner als er, aber stark gewesen seien, das Geld verlangt und als er nicht zahlen habe können, ihn geschimpft, geohrfeigt und bedroht hätten, dass er einen Arm oder ein Bein verlieren werde, wenn er nicht zahle. Auf die Frage, wieso er trotz dieses Vorfalles Mitte März bis Ende April ohne Probleme in seinem Dorf leben habe können, gab der BF an, dass er von Ende März bis zu seiner Ausreise in einer von seinen Eltern organisierten Mietwohnung im Kreis XXXX gewohnt, sich im Zimmer verborgen gehalten habe und von den Gläubigern, die nichts davon gewusst hätten, dort nicht gefunden worden sei. Auf die Frage, ob der BF sich an die Polizei gewandt habe, erklärte dieser: "Ja, ich habe schon eine Anzeige gemacht, aber die Polizei sagte, dass dies eine Privatsache ist und sich nicht darin einmischt." Danach befragt, wann und bei welcher konkreten Polizeistation er die Anzeige erstatte habe, erklärte der BF: "Ich kann mich nicht mehr darin erinnern, wann ich meine telefonische Anzeige gemacht habe." An eine andere Polizeistelle oder eine vorgesetzte Behörde habe er sich nicht gewandt. Er habe auch nicht versucht, in eine andere Provinz zu ziehen. Auf die Frage, was

dagegen sprechen würde, im Herkunftsland in einer anderen Provinz oder Stadt zu leben, gab der BF an: "Das habe ich nicht bedacht und überlegt." Sonstige Fluchtgründe habe er nicht.

Der ledige und kinderlose BF sei gesund. In Österreich würden sich keine Familienangehörigen aufhalten. Er führe in Österreich auch kein Familienleben oder lebe in einer Lebensgemeinschaft. Seine Eltern würden nach wie vor im Heimatdorf auf einem eigenen Bauernhof samt 3 MU bewirtschafteten Landbesitz leben. Sie könnten ihren Unterhalt durch ihre Arbeit bestreiten. Er habe alle 2 Wochen über das Internet regelmäßig Kontakt zu seinen Eltern. Sie würden dabei über Gesundheit und das Essen kommunizieren. Der BF habe in seinem Heimatdorf im Kreis XXXX bis zu seiner Ausreise als Friseur in einem Kosmetiksalon gearbeitet und habe davon seinen Unterhalt bestreiten können. Er habe die Hauptschule abgeschlossen und eine 6-monatige Kosmetik- und Friseurausbildung absolviert. Er sei in Österreich mit 1.000 € eingereist, die inzwischen schon ausgegeben seien. Seit einem Jahr lebe er davon, dass er zu Kunden zum Haareschneiden nach Hause komme. Er biete seine Leistungen über das Internet an. Monatlich könne er so 300 bis 400 € verdienen. Zu seinen Deutschkenntnissen befragt, gab er an, bisher nur im Asyllager zwei Unterrichtseinheiten Deutsch gehabt zu haben.

Der BF konnte keine Personaldokumente aus dem Herkunftsland vorlegen.

1.2. Mit dem nunmehr angefochtenen, oben angeführten Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat VR China (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß §§ 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in die VR China zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde unter Spruchpunkt VI. ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise des BF bestehe. Der Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.). Das Bundesamt ging davon aus, dass die Identität der BF mangels vorgelegter Personaldokumente nicht feststehe. Weiters ging das Bundesamt von der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens aus und begründete dies im Wesentlichen damit, dass er hinsichtlich seines Fluchtvorbringen, seine Heimat aufgrund hoher Schulden verlassen zu haben, keine konkreten und detailreichen Angaben tätigen habe können und seine Aussagen im Kern äußerst vage geblieben seien. So habe er weder konkrete noch detailreiche Angaben zu seinen Gläubigern machen können. Zu den Rückzahlungsmodalitäten habe er ebenfalls absolut nichts angeben können. Sein diesbezügliches Unvermögen sei absolut nicht nachvollziehbar, zumal er von seinen angeblichen Gläubigern alle drei bis fünf Tage aufgesucht worden wäre. Dass bei diesen Zusammentreffen nie über die Rückzahlungsmodalitäten der Verbindlichkeiten gesprochen worden wäre, sei nicht plausibel. Im Zuge der Einvernahme habe er zudem versucht, sein Vorbringen offensichtlich zu steigern. Anfangs habe er lediglich ausgeführt, dass er von seinen Gläubigern zur Rückzahlung der Verbindlichkeiten gedrängt worden wäre. Im Laufe der Einvernahme habe er behauptet, immer wieder aufgesucht worden zu sein und wäre ihm für den Fall, dass er das Geld nicht zurückzahlen würde, mit Rache gedroht worden. Konkret befragt, habe er selbst jedoch nicht einmal erklären können, was die Gläubiger unter dem Begriff "rächen" gemeint hätten. Im Zuge der weiteren Befragung haben er dann zu Protokoll gegeben, dass sein Leben in Gefahr gewesen wäre, wenn er seine Heimat nicht verlassen hätte, da er von den drei Männern geschlagen und mit dem Verlust eines Armes und Beines im Falle, dass er seine Schulden nicht begleiche, bedroht worden wäre. Es sei offensichtlich, dass er im Zuge seiner Einvernahme versucht habe, sein Vorbringen mit dieser Behauptung zu steigern. Im weiteren Verlauf seiner Befragung habe er ausgeführt, dass ihm seine Eltern geholfen hätten, eine Mietwohnung im Kreis XXXX zu finden, wo er Unterschlupf gefunden hätte. Nachgefragt habe er aber keine konkretere Adresse zu dieser Unterkunft nennen können, obwohl er sich dort ab Ende März bis zu seiner Ausreise, also ungefähr einen Monat, aufgehalten habe. Nachgefragt, habe der BF auch bestätigt, dass seine Gläubiger ihn in besagter Unterkunft nicht gefunden hätten. Auf Nachfrage habe er weiters bestätigt, eine Anzeige bei einer heimatlichen Sicherheitsbehörde erstattet zu haben, jedoch hätten ihm die Polizisten nicht helfen können. Etwaige Beweismittel habe er nicht in Vorlage bringen können und habe dazu angegeben, die Polizei lediglich telefonisch kontaktiert zu haben. Nachgefragt habe er zu Protokoll gegeben, dass er nicht versucht habe, sich an die Oberbehörde der Polizei zu wenden oder sich einen Rechtsanwalt genommen zu haben. Weltweit sei jedoch davon auszugehen, dass eine vernunftbegabte Person, die von privaten Dritten bedroht werde, jedes erdenkliche Mittel, welches von staatlicher oder privater Seite zur Verfügung stehe, ausschöpfe, bevor sie ihre Heimat und somit ihre Familienangehörigen für immer verlassen und die eigene Existenz aufgeben müsste. Dass der BF tatsächlich keiner glaubhaften wohlbegründeten Furcht in seiner Heimat ausgesetzt gewesen sei und eine solche auch in Zukunft nicht zu gewärtigen habe, zeige sich aber auch im Umstand, wonach er einen Umzug in eine andere Provinz bzw. Stadt in seinem Heimatland nicht einmal in Erwägung gezogen habe. Alles deute darauf hin, dass die Ausreise des BF nicht - wie behauptet - aus Furcht vor Verfolgung, sondern aus anderen Motiven erfolgt sei. Seinen Eltern sei es schließlich auch weiterhin möglich, im Heimatdorf zu leben. Den BF werde bezüglich seines Fluchtvorbringens jegliche Glaubhaftigkeit abgesprochen. Seiner Fluchtgeschichte fehle es an jeglicher Plausibilität.

Zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbotes wurde darauf verwiesen, dass der BF keine glaubhaften Ausreise- bzw. Fluchtgründe dartun habe können und in erster Linie wegen des Geldverdienens nach Österreich gereist sei. Er habe somit den gegenständlichen Asylantrag missbräuchlich gestellt, um sich lediglich seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu legitimieren und somit vorsätzlich einen Missbrauch des Asylwesens Österreichs in Kauf genommen. Bei seiner Einvernahme habe er überdies selbstredend zugegeben, dass er sich sein Leben in Österreich bis dato durch Schwarzarbeit als Friseur finanziert habe. Er beziehe keine Grundversorgung oder andere staatliche finanzielle Unterstützung und sei deshalb mittellos. Er stelle somit in weiterer Folge eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

Die Entscheidung einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, wurde damit begründet, dass das Fluchtvorbringen des BF "augenscheinlich" nicht den Tatsachen entspreche und lediglich ein Konstrukt seinerseits sei, um sich seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu legitimieren. Diesbezüglich wurde auf die "obige Beweiswürdigung" verwiesen. Im Falle des BF gelte daher § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG.

Mit Verfahrensanordnung vom 20.03.2018 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

1.3. Gegen den Bescheid wurde seitens der Rechtsvertretung des BF für diesen binnen offener Frist Beschwerde erhoben. Darin wurde der gegenständliche Bescheid zur Gänze angefochten und unrichtige Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht und dazu ausgeführt, dass der BF Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppen bzw. aus politischen Gründen angegeben habe. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF in der VR China von mafiösen Kreditwucherern bedroht worden sei, eine hohe Summe Geld zu bezahlen, die er angeblich beim Kartenspiel verloren hätte. Die "Erklärungen" des Bundesamtes in der ‚Beweiswürdigung' seien nicht nachvollziehbar und bestehe diese fast ausschließlich aus Zitaten aus dem Protokoll und Textbausteinen ohne erkennbaren Begründungswert. Zum Vorwurf des Bundesamtes, der BF hätte keine ausreichend genauen Angaben über die Rückzahlungsmodalitäten des Kredites gemacht, sei festzustellen, dass der BF in der Einvernahme ausführlich erklärt habe, dass es diesbezüglich keine Verhandlungen oder ähnliches gegeben hätte. Der BF sei betrogen worden, und er könne darüber keine genauen Angaben machen. Außerdem sei er in seinen Wahrnehmungen aufgrund der Unübersichtlichkeit der Ereignisse überfordert, zumal diese auch traumatisierend gewesen seien. Dass jemand wie die BF nicht bis ins letzte Detail berichten könne, wäre ihm in Bezug auf seine Glaubwürdigkeit allenfalls anzurechnen gewesen, da Asylwerber in der Einvernahme stets dazu angehalten werden, nichts dazu zu erfinden oder zu spekulieren, sondern zuzugeben, wenn sie über irgendetwas keine Erinnerung haben. Die diesbezüglichen Angaben des BF würden daher genau dem entsprechen, was von jemandem mit seinem Bildungsstatus und seiner sozialen Herkunft zu erwarten sei. Weiters gehe aus dem Protokoll hervor, dass die Behörden dem BF gegenüber schutzunwillig oder schutzunfähig gewesen seien. Mit der Frage der Schutzunwilligkeit der kommunistischen Behörden dem BF gegenüber habe sich das Bundesamt überhaupt nicht auseinandergesetzt, von unkonkretisierten Anmerkungen über die Funktionsfähigkeit der Polizei in der kommunistischen Volksrepublik China abgesehen. Scheinbar habe auch kein Versuch stattgefunden, den Sachverhalt "herauszuarbeiten" bzw. auf die Asylrelevanz des Vorbringens des BF einzugehen. Das Bundesamt verabsäume in seiner Beweiswürdigung auch in Betracht zu ziehen, dass nach der Judikatur auch einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung Asylrelevanz zukomme, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage sei, dies zu unterbinden. Auch wenn kein Staat jeden Übergriff Dritter verhindern könne, sei die Frage zu beantworten, ob im Fall des BF eine Verfolgung entsprechender Intensität aufgrund von Konventionsgründen durch Dritte mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. Dies sei auf den Fall des BF zutreffend, da wie von ihm dargestellt und auch aus den Länderberichten bestätigt, die korrupten kommunistischen Parteifunktionäre regelmäßig mit derartigen mafiösen Gruppierungen zum gegenseitigen finanziellen Vorteil zusammenarbeiten. Der BF könne daher keinen Schutz von kommunistischen Beamten erwarten. Im Gegenteil sei seien Befürchtung, sowohl von den Kreditwucherern ermordet zu werden, als auch allenfalls aufgrund der dargestellten Vorfälle inhaftiert zu werden, wohlbegründet, wobei sich die Haftbedingungen regelmäßig als menschenrechtswidrig erweisen würden und die Justiz nicht unabhängig von der kommunistischen Partei agiere. Ebenso habe der BF ausführlich erklärt, dass er keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung hätte und er sich nirgendwo in der VR China verstecken hätte können. Der BF habe jedes Mittel, sich zur Wehr zu setzen, "ausgeschöpft", aber die VR China sei kein Rechtsstaat, in dem eine Person wie der BF sich vor Gericht Gerechtigkeit, geschweige denn Schutz erkämpfen hätte können. Scheinbar seien von der Behörde die eigenen Länderberichte nicht zur Kenntnis genommen worden, wonach eine kleine Person wie der BF keinerlei Aussicht darauf habe, von den kommunistischen Behörden Gerechtigkeit oder Schutz zu bekommen, zumal die Länderberichte zeigen würden, dass diese Behörden in der kommunistischen VR China nicht unabhängig seien und in Fällen wie dem des BF keine Schutzwilligkeit und -fähigkeit vorhanden sei und Korruption kommunistischer Funktionäre allgegenwärtig sei. Zu der Frage der allfälligen Gewährung subsidiären Schutzes hätte bei einer sorgfältigen Betrachtung der Situation in der VR China und der persönlichen Situation des BF festgestellt werden müssen, dass er bei einer Abschiebung in realistischer Gefahr wäre, in eine existenzbedrohende Lage zu geraten. Auch hinsichtlich seines Privat- und Familienlebens sei nur eine unzureichende Behandlung seines Vorbringens erfolgt. Der BF sei seit zwei Jahren in Österreich aufhältig und sei bereits in der Lage, sich im Alltag auf Deutsch zu verständigen, auch wenn er in der Stresssituation der Einvernahme nur bedingt auf Deutsch kommunizieren hätte können. Er habe sich ein umfangreiches Netz an sozialen Kontakten aufgebaut. Er sei arbeitsfähig und arbeitswillig. Weiters sei auch kein Grund ersichtlich, worin die Notwendigkeit bestehe, dem BF abzuschieben, bevor eine Entscheidung über die vorliegende Beschwerde ergehe, zumal die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung weniger schwer ins Gewicht falle, als der Schaden, den der BF im Falle einer sofortigen Abschiebung erleiden würde. Die bloße Behauptung des Bundesamtes, die Fluchtgründe des BF wären "offensichtlich" unwahr, sei nicht nur allgemein unverständlich, sondern auch widersprüchlich, da die Behörde im angefochtenen Bescheid doch auch beweiswürdigende Erwägungen getroffen habe, weshalb von einer offensichtlichen Unwahrheit nicht die Rede sein könne. Hinsichtlich des Einreisverbotes sei festzustellen, dass im Bescheid keine nachvollziehbare Begründung enthalten sei. Für die Erlassung des Einreiseverbotes bestehe kein dringender Anlass, weder aus präventiven Gründen, noch zur Wahrung der Interessen Österreichs. Auch die Dauer des Einreiseverbotes sei im angefochtenen Bescheid nicht adäquat begründet.

Beantragt wurde ua., eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und zum individuellen Vorbringen der BF:

Aufgrund der der Entscheidung zugrunde liegenden Akten des Bundesamtes samt Beschwerdeschrift steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

Der BF ist Staatsangehöriger der Volksrepublik China, gehört der Volksgruppe der Han an und ist ohne religiöses Bekenntnis.

Der ledige und kinderlose BF ist gesund und arbeitsfähig. Er hat im Herkunftsland die Hauptschule sowie eine 6-monatige Kosmetik- und Friseurausbildung absolviert, und war bis zu seiner Ausreise als Friseur in einem Kosmetiksalon erwerbstätig. Seine Eltern leben im Herkunftsland auf einen eigenen Bauernhof samt 3 MU bewirtschafteten Landbesitz.

Der unbescholtene BF hält sich unter eineinhalb Jahren im Bundesgebiet auf. In Österreich halten sich keine Familienangehörigen oder Verwandten des BF auf. Er hat seit 15.07.2016 keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung mehr bezogen und finanziert seinen Unterhalt ohne entsprechende Berechtigung durch Friseur-Dienstleistungen mit monatlichen Einkünften zwischen 300 und 400 Euro. Der BF hat keine Deutschprüfung abgeschlossen und bislang auch keine Sprachkenntnisse in Deutsch nachgewiesen.

Das Fluchtvorbringen des BF, im Herkunftsland wegen eines Wucherkredits von Gläubigern bedroht worden zu sein bzw. zu werden, hat sich als nicht glaubwürdig erwiesen.

1.2. Zur Situation im Herkunftsland wird von den zutreffenden Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid ausgegangen.

1.2.1.Politische Lage

Die Volksrepublik China ist mit geschätzten 1,374 Milliarden Einwohnern (Stand Juli 2016) und einer Fläche von 9.596.960 km² der bevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 26.7.2017).

China ist in 22 Provinzen, die fünf Autonomen Regionen der nationalen Minderheiten Tibet, Xinjiang, Innere Mongolei, Ningxia und Guangxi, sowie vier regierungsunmittelbare Städte (Peking, Shanghai, Tianjin, Chongqing) und zwei Sonderverwaltungsregionen (Hongkong, Macau) unterteilt. Nach dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme", welcher der chinesisch-britischen "Gemeinsamen Erklärung" von 1984 über den Souveränitätsübergang im Jahr 1997 zugrunde liegt, kann Hongkong für 50 Jahre sein bisheriges Gesellschaftssystem aufrecht erhalten und einen hohen Grad an Autonomie genießen. Trotz starker öffentlicher Kritik in Hongkong hält die chinesische Regierung bezüglich einer möglichen Wahlrechtsreform für eine allgemeine Wahl des Hongkonger Regierungschefs (Chief Executive) an den Vorgaben fest, die der Ständige Ausschuss des Pekinger Nationalen Volkskongresses 2014 zur Vorabauswahl von Kandidaten gemacht hat. Dies hat in Hongkong zur Blockade der vorgesehenen Reform geführt und zu einem Erstarken von Bestrebungen nach größerer Autonomie, vereinzelt sogar zu Rufen nach Unabhängigkeit, auf die Peking scharf reagiert. Nach einem ähnlichen Abkommen wurde Macau am 20. Dezember 1999 von Portugal an die Volksrepublik China zurückgegeben. Die Lösung der Taiwanfrage durch friedliche Wiedervereinigung bleibt eines der Hauptziele chinesischer Politik (AA 4.2017a).

Gemäß ihrer Verfassung ist die Volksrepublik China ein "sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht" (AA 4.2017a). China ist ein autoritärer Staat, in dem die Kommunistische Partei (KP) verfassungsmäßig die höchste Autorität ist. Beinahe alle hohen Positionen in der Regierung sowie im Sicherheitsapparat werden von Mitgliedern der KP gehalten (USDOS 3.3.2017). Die KP ist der entscheidende Machtträger. Nach dem Parteistatut wählt der alle fünf Jahre zusammentretende Parteitag das Zentralkomitee (376 Mitglieder, davon 205 mit Stimmrecht), das wiederum das Politbüro (25 Mitglieder) wählt. Ranghöchstes Parteiorgan und engster Führungskern ist der zurzeit siebenköpfige "Ständige Ausschuss" des Politbüros. Dieser gibt die Leitlinien der Politik vor. Die Personalvorschläge für alle diese Gremien werden zuvor im Konsens der Parteiführung erarbeitet (AA 4.2017a; vgl. USDOS 3.3.2017).

An der Spitze der Volksrepublik China steht der Staatspräsident, der gleichzeitig Generalsekretär der KP und Vorsitzender der Zentralen Militärkommission ist und somit alle entscheidenden Machtpositionen auf sich vereinigt. Der Ministerpräsident (seit März 2013 Li Keqiang) leitet den Staatsrat, die eigentliche Regierung. Er wird von einem "inneren Kabinett" aus vier stellvertretenden Ministerpräsidenten und fünf Staatsräten unterstützt. Der Staatsrat fungiert als Exekutive und höchstes Organ der staatlichen Verwaltung. Alle Mitglieder der Exekutive sind gleichzeitig führende Mitglieder der streng hierarchisch gegliederten Parteiführung (Ständiger Ausschuss, Politbüro, Zentralkomitee), wo die eigentliche Strategiebildung und Entscheidungsfindung erfolgt (AA 4.2017a).

Der 3.000 Mitglieder zählende Nationale Volkskongress (NVK) wird durch subnationale Kongresse für fünf Jahre gewählt. Er wählt formell den Staatspräsidenten für fünf Jahre und bestätigt den Premierminister, der vom Präsidenten nominiert wird (FH 1.2017a). Der NVK ist formal das höchste Organ der Staatsmacht. NVK-Vorsitzender ist seit März 2013 Zhang Dejiang (AA 4.2017a). Der NVK ist jedoch vor allem eine symbolische Einrichtung. Nur der Ständige Ausschuss trifft sich regelmäßig, der NVK kommt einmal pro Jahr für zwei Wochen zusammen, um die vorgeschlagene Gesetzgebung anzunehmen (FH 1.2017a). Eine parlamentarische oder sonstige organisierte Opposition gibt es nicht. Die in der sogenannten Politischen Konsultativkonferenz organisierten acht "demokratischen Parteien" sind unter Führung der KP Chinas zusammengeschlossen; das Gremium hat lediglich eine beratende Funktion (AA 4.2017a).

Beim 18. Kongress der KP China im November 2012 wurde, nach einem Jahrzehnt, ein Führungswechsel vollzogen (AI 23.5.2013). Bei diesem Parteitag wurden die Weichen für einen Generationswechsel gestellt und für die nächsten fünf Jahre ein neues Zentralkomitee, Politbüro und ein neuer Ständiger Ausschuss bestimmt (AA 4.2017a). Xi Jinping wurde zum Generalsekretär der KP und zum Vorsitzenden der Zentralen Militärkommission gekürt. Seit dem 12. Nationalen Volkskongress im März 2013 ist Xi Jinping auch Präsident Chinas (AA 4.2017a; vgl. FH 1.2017a). Er hält damit die drei einflussreichsten Positionen (USDOS 3.3.2017). Die neue Staatsführung soll - wenngleich die Amtszeit offiziell zunächst fünf Jahre beträgt - mit der Möglichkeit einer Verlängerung durch eine zweite, ebenfalls fünfjährige, Amtsperiode bis 2022 (und möglicherweise auch darüber hinaus) an der Macht bleiben (HRW 12.1.2017). Vorrangige Ziele der Regierung sind eine weitere Entwicklung Chinas und Wahrung der politischen und sozialen Stabilität durch Machterhalt der KP. Politische Stabilität gilt als Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Reformen. Äußere (u.a. nachlassende Exportkonjunktur) und innere (u.a. alternde Gesellschaft, Umweltschäden, Wohlfahrtsgefälle) Faktoren machen weitere Reformen besonders dringlich. Die Rolle der Partei in allen Bereichen der Gesellschaft soll gestärkt werden. Gleichzeitig laufen Kampagnen zur inneren Reformierung und Stärkung der Partei. Prioritäten sind Kampf gegen die Korruption und Verschwendung, Abbau des zunehmenden Wohlstandsgefälles, Schaffung nachhaltigeren Wachstums, verstärkte Förderung der Landbevölkerung, Ausbau des Bildungs- und des Gesundheitswesens, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und insbesondere Umweltschutz und Nahrungsmittelsicherheit. Urbanisierung ist und bleibt Wachstumsmotor, bringt aber gleichzeitig neue soziale Anforderungen und Problemlagen mit sich. Erste Ansätze für die zukünftige Lösung dieser grundlegenden sozialen und ökologischen Entwicklungsprobleme sind sichtbar geworden, haben deren Dimension aber zugleich deutlich aufgezeigt (AA 4.2017a).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html#doc334570bodyText5, Zugriff 2.8.2017

-

AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Annual Report 2013 - China,

http://www.refworld.org/docid/519f51a96b.html, Zugriff 2.8.2017

-

CIA - Central Intelligence Agency (26.7.2017): The World Factbook

-

China,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ch.html, Zugriff 2.8.2017

-

FH - Freedom House (1.2017a): Freedom in the World 2017 - China, http://www.ecoi.net/local_link/339947/483077_de.html, Zugriff 2.8.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - China, http://www.ecoi.net/local_link/334766/476520_de.html, Zugriff 28.8.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), http://www.ecoi.net/local_link/337277/480051_de.html, Zugriff 2.8.2017

1.2.2. Sicherheitslage

Proteste auf lokaler Ebene haben in ganz China stark zugenommen. Sie richten sich vor allem gegen steigende Arbeitslosigkeit und Vorenthaltung von Löhnen, hauptsächlich von Wanderarbeitern. Bei den bäuerlichen Protesten auf dem Land geht es meistens um die (entschädigungslose oder unzureichend entschädigte) Enteignung von Land und fehlende Rechtsmittel. Auch stellen die chemische Verseuchung der Felder durch Industriebetriebe oder Umweltkatastrophen Gründe für Proteste dar. Nachdem die Anzahl sogenannter. "Massenzwischenfälle" über Jahre hinweg rasch zunahm, werden hierzu seit 2008 (mehr als 200.000 Proteste) keine Statistiken mehr veröffentlicht. Zwei Aktivisten, die seit 2013 durch eigene, über Twitter veröffentlichte Statistiken diese Lücke zu schließen versuchten, wurden im Juni 2016 verhaftet. Die lokalen Behörden verfolgen in Reaktion zumeist eine Mischstrategie aus engmaschiger Kontrolle, die ein Übergreifen nach außen verhindern soll, gepaart mit einem zumindest partiellen Eingehen auf die Anliegen (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 15.12.2016)

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), http://www.ecoi.net/local_link/337277/480051_de.html, Zugriff 31.8.2017

1.2.3. Rechtsschutz/Justizwesen

Die Führung unternimmt Anstrengungen, das Rechtssystem auszubauen. Dem steht jedoch der Anspruch der Kommunistischen Partei (KP) auf ungeteilte Macht gegenüber. Gewaltenteilung und Mehrparteiendemokratie werden ausdrücklich abgelehnt. Von der Verwirklichung rechtsstaatlicher Normen und einem Verfassungsstaat ist China noch weit entfernt. Im Alltag sind viele Chinesen weiterhin mit Willkür und Rechtlosigkeit konfrontiert (AA 4.2017a). Eine unabhängige Strafjustiz existiert in China folglich nicht. Strafrichter und Staatsanwälte unterliegen der politischen Kontrolle von staatlichen Stellen und Parteigremien (AA 15.12.2016). Die Kontrolle der Gerichte durch politische Institutionen ist ein verfassungsrechtlich verankertes Prinzip (ÖB 11.2016). Die KP dominiert das Rechtssystem auf allen Ebenen und erlaubt Parteifunktionären, Urteile und Verurteilungen zu beeinflussen. Die Aufsicht der KP zeigt sich besonders in politisch heiklen Fällen durch die Anwendung sog. "Leitlinien". Während Bürger in nicht-politischen Fällen ein gewisses Maß an fairer Entscheidung erwarten können, unterliegen diejenigen, die politisch sensible Fragen oder die Interessen mächtiger Gruppen berühren, diesen "Leitlinien" der politisch-juristischen Ausschüsse (FH 1.2017a). Seit dem vierten Jahresplenum des 18. Zentralkomitees 2014 betont die Führung die Rolle des Rechts und ergriff Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität gerichtlicher Verfahren und zum Aufbau eines "sozialistisches Rechtssystem chinesischer Prägung" unter dem Motto "yi fa zhi guo", wörtlich "den Gesetzen entsprechend das Land regieren". Echte Rechtsstaatlichkeit im Sinne der Achtung des Legalitätsprinzips in der Verwaltung und der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit wird dabei aber dezidiert abgelehnt. Das in den Beschlüssen reflektierte Verständnis von Recht soll die Macht des Staates, dh. der Partei, keinesfalls einschränken, sondern vielmehr stärken (ÖB 11.2016).

Die wichtigste Einrichtung der KP zur Kontrolle des Rechtssystems ist die Kommission des Zentralkomitees für Politik und Recht (ZKPR). Das ZKPR ist in unterschiedlichen Unter-Formaten auf jeder gerichtlichen Ebene verankert, wobei die jeweiligen Ebenen der übergeordneten Ebene verantwortlich sind. Die Macht des Komitees, das auf allen Ebenen auf Verfahren Einfluss nimmt, wurde auch seit den Beschlüssen des Vierten Plenums der KP im Oktober 2014 bewusst nicht angetastet (ÖB 11.2016).

Die Richter-Ernennung erfolgt auf Provinzebene durch Rechtskomitees, welchen hochrangige Partei-Funktionäre angehören und welche von einem KP-Inspektorat überwacht werden. Richter sind verpflichtet, über Einflussnahmen seitens lokaler Politiker auf Verfahren Bericht zu erstatten. Es ist für Richter schwierig, zwischen "Unabhängigkeit" von lokalen politischen Einflüssen, und Loyalität zur KP-Linie (welche regelmäßig miteinander und mit einflussreichen Wirtschafts- und Privatinteressen verbunden sind) zu navigieren. Trotz laufender Reformbemühungen gibt es - vor allem auf unterer Gerichtsebene - noch immer einen Mangel an gut ausgebildeten Richtern (ÖB 11.2016).

Ein umfassender Regelungsrahmen unterhalb der gesetzlichen Ebene soll "Fehlverhalten" von Justizbeamten und Staatsanwälten in juristischen Prozessen unterbinden. Das Oberste Volksgericht (OVG) unter seinem als besonders "linientreu" geltenden Präsidenten und die Oberste Staatsanwaltschaft haben in ihren Berichten an den Nationalen Volkskongress im März 2014 in erster Linie gefordert, "Falschurteile" der Gerichte zu verhindern, die Richterschaft an das Verfassungsverbot von Folter und anderen Zwangsmaßnahmen bei Vernehmungen zu erinnern und darauf hinzuweisen, dass Verurteilungen sich nicht allein auf Geständnisse stützen dürfen. Die Regierung widmet sowohl der juristischen Ausbildung als auch der institutionellen Stärkung von Gerichten und Staatsanwaltschaften seit mehreren Jahren große Aufmerksamkeit (AA 15.12.2016).

Das umstrittene System der "Umerziehung durch Arbeit" ("laojiao") wurde aufgrund entsprechender Beschlüsse des 3. Plenums des ZK im November 2013 offiziell am 28.12.2013 abgeschafft. Es liegen Erkenntnisse vor, wonach diese Haftanstalten lediglich umbenannt wurden, etwa in Lager für Drogenrehabilitation, rechtliche Erziehungszentren oder diese als schwarze Gefängnisse weiter genutzt werden (AA 15.12.2016).

Mit der letzten großen Novellierung 2013 sieht die Strafprozessordnung genaue Regeln für Festnahmen vor, führt den "Schutz der Menschenrechte" an und verbietet Folter und Bedrohung bzw. Anwendung anderer illegaler Methoden zur Beweisermittlung. Es besteht jedoch eine teilweise erhebliche Divergenz zwischen den Rechtsvorschriften und deren Umsetzung, und werden diese zum Zwecke der Unterdrückung von politisch unliebsamen Personen instrumentalisiert. Laut Strafprozessordnung müssen auch im Falle einer Festnahme wegen Terrorismus, der Gefährdung der Staatssicherheit oder der schwerwiegenden Korruption die Angehörigen von in Untersuchungshaft sitzenden Personen innerhalb von 24 Stunden über die Festnahme informiert werden, nicht jedoch über den Grund der Festnahme oder über den Aufenthaltsort. Zudem besteht diese Informationspflicht nicht, wenn durch diese Information die Ermittlungen behindert würden - in diesen Fällen müssen Angehörige erst nach 37 Tagen informiert werden. Was eine "Behinderung der Ermittlung" bedeutet, liegt im Ermessen der Polizei, es gibt kein Rechtsmittel dagegen. Da Verdächtige sich formell in Untersuchungshaft befindet, muss der Ort der Festhaltung laut Gesetz auch in diesen Fällen eine offizielle Einrichtung sein. Der Aufenthaltsort kann auch außerhalb offizieller Einrichtungen liegen. Diese Möglichkeit wurde mit der Strafprozessnovelle 2012 eingeführt und von Rechtsexperten wie dem Rapporteur der UN-Working Group on Enforced or Involuntary Disappearances wegen des inhärenten Folterrisikos als völkerrechtswidrig kritisiert (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017).

Willkürliche Verhaftungen oder Hausarrest ("soft detention") ohne gerichtliche Verfahren kommen häufig vor. Die Staatsorgane griffen verstärkt auf den "Hausarrest an einem festgelegten Ort" zurück - eine Form der geheimen Inhaftierung ohne Kontakt zur Außenwelt, die es der Polizei erlaubt, eine Person für die Dauer von bis zu sechs Monaten außerhalb des formellen Systems, das die Inhaftierung von Personen regelt, und ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand der eigenen Wahl, zu Familienangehörigen oder anderen Personen der Außenwelt festzuhalten. Dadurch wurden diese Personen der Gefahr ausgesetzt, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Diese Inhaftierungspraxis dient dazu, die Tätigkeit von Menschenrechtsverteidigern - einschließlich der von Rechtsanwälten, politisch engagierten Bürgern und Angehörigen von Religionsgemeinschaften - zu unterbinden (ÖB 11.2016; vgl. AA 15.12.2016, AI 22.2.2017).

Im Zusammenhang mit verwaltungsstrafrechtlich bewehrten rechtswidrigen Handlungen kann die Polizei zudem "Verwaltungsstrafen" verhängen. Diese Strafen reichen von Ermahnungen über Geldbußen bis hin zu einer "Verwaltungshaft" (ohne richterliche Entscheidung) von bis zu 15 Tagen. Der Aufenthalt in den offiziell nicht existenten "black jails" kann zwischen wenigen Tagen und in einigen Fällen langjährigen Haftaufenthalten variieren (AA 15.12.2016).

Das 2013 in Kraft getretene revidierte Strafverfahrensgesetz verbessert v.a. die Stellung des Verdächtigen/Angeklagten und der Verteidigung im Strafprozess; die Umsetzung steht aber in der Praxis in weiten Teilen noch aus. Auch der Zeugenschutz wird gestärkt. Chinesische Experten gehen davon aus, dass die Durchsetzung dieser Regeln viele Jahre erfordern wird (AA 15.12.2016). Der Schutz jugendlicher Straftäter wurde erhöht (ÖB 11.2014).

2014 wurden schrittweise weitere Reformen eingeleitet, darunter die Anordnung an Richter, Entscheidungen über ein öffentliches Onlineportal zugänglich zu machen sowie ein Pilotprojekt in sechs Provinzen um die Aufsicht über Bestellungen und Gehälter auf eine höhere bürokratische Ebene zu verlagern. Beim vierten Parteiplenum im Oktober 2014 standen Rechtsreformen im Mittelpunkt. Die Betonung der Vorherrschaft der Partei über das Rechtssystem und die Ablehnung von Aktionen, die die Unabhängigkeit der Justiz erhöhen würden, wurde jedoch beibehalten. Dies führte zu Skepsis hinsichtlich der tatsächlichen Bedeutung der Reform (FH 1.2015a).

Das chinesische Strafgesetz hat die früher festgeschriebenen "konterrevolutionären Straftaten" abgeschafft und im Wesentlichen durch Tatbestände der "Straftaten, welche die Sicherheit des Staates gefährden" (Art. 102-114 chin. StG) ersetzt. Danach können vor allem Personen bestraft werden, die einen politischen Umsturz/Separatismus anstreben oder das Ansehen der VR China beeinträchtigen. Gerade dieser Teil des Strafgesetzes fällt durch eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe auf (AA 15.12.2016). Die Regierung hat weitere Gesetze zur nationalen Sicherheit ausgearbeitet und verabschieden lassen, die eine ernste Gefahr für den Schutz der Menschenrechte darstellen. Das massive landesweite Vorgehen gegen Menschenrechtsanwälte und politisch engagierte Bürger hielt das ganze Jahr über an (AI 22.2.2017). Prozesse, bei denen die Anklage auf Terrorismus oder "Verrat von Staatsgeheimnissen" lautet, werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Was ein Staatsgeheimnis ist, kann nach chinesischer Gesetzeslage auch rückwirkend festgelegt werden. Angeklagte werden in diesen Prozessen weiterhin in erheblichem Umfang bei der Wahrnehmung ihrer Rechte beschränkt. U.a. wird dem Beschuldigten meist nicht erlaubt, Verteidiger seiner Wahl zu beauftragen; nur in seltenen Ausnahmefällen wird vom Gericht überhaupt eine Verteidigung bestellt (AA 15.12.2016).

Auch 2016 setzten sich die Übergriffe der Behörden auf Menschenrechtsanwälte das ganze Jahr hindurch mit Verhaftungen und strafrechtlichen Verfolgungen fort (FH 1.2017a). Rechtsanwälte, die in kontroversen Fällen tätig wurden, mussten mit Drangsalierungen und Drohungen seitens der Behörden rechnen, und in einigen Fällen wurde ihnen die weitere berufliche Tätigkeit verboten. Dies hatte zur Konsequenz, dass der Zugang der Bürger zu einem gerechten Gerichtsverfahren sehr stark eingeschränkt war. Mangelhafte nationale Gesetze und systemische Probleme im Strafrechtssystem hatten weitverbreitete Folter und anderweitige Misshandlungen sowie unfaire Gerichtsverfahren zur Folge (AI 22.2.2017).

Seit der offiziellen Abschaffung der administrativen "Umerziehung durch Arbeit" im Jänner 2014 werden Menschenrechtsaktivisten vermehrt auf Basis der Strafrechtstatbestände der Unruhestiftung oder des Separatismus verurteilt und somit in Strafhaft gesperrt, wobei aufgrund der vagen Tatbestände ein strafrechtsrelevanter Sachverhalt relativ leicht kreiert werden kann (ÖB 11.2016). Häufig wurden Anklagen wegen "Untergrabung der staatlichen Ordnung", "Untergrabung der Staatsmacht", "Anstiftung zum Separatismus" "Anstiftung zu Subversion" oder "Weitergabe von Staatsgeheimnissen", sowie "Weitergabe nachrichtendienstlicher Informationen an das Ausland" erhoben und langjährige Gefängnisstrafen verhängt (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017).

Wegen der mangelnden Unabhängigkeit der Justiz wählen viele Betroffene von Behördenwillkür den Weg der Petition bei einer übergeordneten Behörde (z.B. Provinz- oder Zentralregierung). Petitionen von Bürgern gegen Rechtsbrüche lokaler Kader in den Provinzen nehmen zu. Allein in Peking versammeln sich täglich Hunderte von Petenten vor den Toren des staatlichen Petitionsamts, um ihre Beschwerde vorzutragen. Chinesischen Zeitungsberichten zufolge werden pro Jahr landesweit ca. 10 Mio. Eingaben eingereicht. Petenten aus den verschiedenen Provinzen werden häufig von Schlägertrupps im Auftrag der Provinzregierungen aufgespürt und in ihre Heimatregionen zurückgebracht. Zwischen Februar und April 2014 wurden verschiedene Reformen des Petitionssystems verabschiedet, die eine schnellere Bearbeitung und Umstellung auf mehr Online-Plattformen beinhaltet. Das 4. Plenum des Zentralkomitees der KP hat im Oktober 2014 weitere Schritte zur Regelung des Petitionswesens getroffen, deren Umsetzung aber noch aussteht. Diese Reformen werden von Beobachtern dafür kritisiert, dass sie die Effektivität der Bearbeitung der Petitionen kaum steigern, sondern vor allem dazu dienen, Petitionäre von den Straßen Pekings fernzuhalten (AA 15.12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html#doc334570bodyText5, Zugriff 2.8.2017

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AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - China, http://www.ecoi.net/local_link/336465/479116_de.html, Zugriff am 18.8.2017

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FH - Freedom House (1.2017a): Freedom in the World 2017 - China, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/china, Zugriff 17.8.2017

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FH - Freedom House (1.2015a): Freedom in the World 2015 - China, http://www.ecoi.net/local_link/295269/430276_de.html, Zugriff 20.8.2015

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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht Volksrepublik China

1.2.4. Sicherheitsbehörden

Sicherheitsbehörden sind das Ministerium für Staatssicherheit, das Ministerium für Öffentliche Sicherheit, und die Bewaffnete Volkspolizei (BVP) der Volksbefreiungsarmee. Das Ministerium für Staatssicherheit soll vor Staatsfeinden, Spionen und konterrevolutionären Aktivitäten zur Sabotage oder dem Sturz des chinesischen sozialistischen Systems schützen. In die Zuständigkeit dieses Ministeriums fallen auch der Inlands- und Auslandsgeheimdienst. Die BVP ist in 45 Divisionen unterteilt, bestehend aus Innensicherheitspolizei, Grenzüberwachung, Regierungs- und Botschaftsbewachung, sowie Funk- und Kommunikationsspezialisten. Ein wesentlicher Anteil der in den letzten Jahren vorgenommenen Truppenreduktionen in der Volksbefreiungsarmee war in Wahrheit eine Umschichtung von den Linientruppen zur BVP. Darüber hinaus beschäftigen zahlreiche lokale Kader u.a. entlassene Militärangehörige in paramilitärischen Schlägertrupps. Diese Banden gehen häufig bei Zwangsaussiedlung im Zuge von Immobilienspekulation durchaus auch im Zusammenspiel mit der BVP gegen Zivilisten vor. Das Ministerium für Öffentliche Sicherheit beaufsichtigt alle innerstaatlichen Aktivitäten der zivilen Sicherheitsbehörden (außer derjenigen, die in die Zuständigkeit des Staatssicherheitsministeriums fallen), sowie die BVP. Konkret umfassen seine Aufgaben innere Sicherheit, Wirtschaft und Kommunikationssicherheit, neben der Zuständigkeit für Polizeieinsätze und Gefängnisverwaltung. Die Organisationseinheit auf niedrigster Ebene sind die lokalen Polizeikommissariate, die für den alltäglichen Umgang mit der Bevölkerung verantwortlich sind und die Aufgaben von Polizeistationen erfüllen. Darüber hinaus besteht ein enges Netz an lokalen Partei-Büros welche mittels freiwilliger "Blockwarte" die Bewegungen der Bewohner einzelner Viertel überwachen und mit der Polizei zusammenarbeiten (ÖB 11.2016).

Die Behörde für Staatssicherheit kann seit Mitte April 2017 Beträge zwischen 10.000 und 500.000 Yuan (etwa 68.000 Euro) für nützliche Hinweise an Informanten auszahlen, welche durch ihre Mitarbeit bei der Enttarnung von ausländischen Spionen helfen. Informationen können über eine speziell eingerichtete Hotline, Briefe oder bei einem persönlichen Besuch bei der Behörde gegeben werden. So sich die Hinweise als zweckdienlichen herausstellen, soll der Informant das Geld erhalten (FAZ 11.4.2017).

Zivile Behörden behalten die Kontrolle über Militär- und Sicherheitskräfte bei (USDOS 3.3.2017). Die Zentrale Militärkommission (ZMK) der Partei leitet die Streitkräfte des Landes (AA 15.12.2016). Nach dem Gesetz zur Landesverteidigung von 1997 sind die Streitkräfte nicht dem Staatsrat, sondern der Partei unterstellt (AA 4.2017a).

Für die innere Sicherheit sind zuständig sind (1) Polizei und Staatsanwaltschaften, die Rechtsverstöße des Normalbürgers verfolgen; (2) Disziplinar-Kontrollkommission der KPCh, die gegen Verstöße von KP-Mitgliedern einschreitet; (3) Einheiten des Ministeriums für Verwaltungskontrolle, die für Pflichtverletzungen im Amt zuständig sind; (4) Staatsschutz (Guobao) für die Beobachtung und Verfolgung politischer bzw. als potentiell staatsgefährdend wahrgenommener Aktivitäten von Bürgern und Ausländern (AA 15.12.2016).

Für den Bereich der Gefahrenabwehr ist primär das dem Staatsrat unterstehende Ministerium für Öffentliche Sicherheit mit seinen Polizeikräften verantwortlich, das daneben auch noch für Strafverfolgung zuständig ist und in Teilbereichen mit nachrichtendienstlichen Mitteln arbeitet. Aufgaben der Polizei sind sowohl die Gefahrenabwehr als auch die Strafverfolgung, bei der ihr u. a. die Anordnung von Administrativhaft als Zwangsmaßnahme zur Verfügung steht. Im Bereich der Strafverfolgung ist sie für die Durchführung von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren originär zuständig. Bei Delikten, die von Polizisten aufgrund ihrer Amtsstellung begangen werden, ermittelt die Staatsanwaltschaft selbst, während sie sonst primär die Tätigkeit der polizeilichen Ermittlungsorgane beaufsichtigt und auf Grundlage deren Empfehlung über die Erhebung der Anklage entscheidet (AA 15.12.2016).

Das Ministerium für Staatssicherheit (MSS) ist u.a. zuständig für die Auslandsaufklärung sowie für die Überwachung von Auslandschinesen und von Organisationen oder Gruppierungen, welche die Sicherheit der VR China beeinträchtigen könnten. Es überwacht die Opposition im eigenen Land, betreibt aber auch Spionageabwehr und beobachtet hierbei vielfach auch die Kontakte zwischen ausländischen Journalisten und chinesischen Bürgern. Darüber hinaus verfügen auch die Streitkräfte über einen eigenen, sorgfältig durchstrukturierten Nachrichtendienst, die 2. Hauptverwaltung im Generalstab. Zudem sind viele Arbeitseinheiten parallel mit der Beschaffung von Informationen bzw. mit Überwachungsaufgaben von in- und ausländischen Bürgern befasst. Vor allem das Internationale Verbindungsbüro unter der politischen 1. Hauptverwaltung des Generalstabs ist zuständig für Informationen aus dem Ausland, für die Entsendung von Agenten in Auslandseinsätze, meist unter diplomatischer "Tarnung", und für die Überwachung des eigenen diplomatischen Personals. Zahlreiche "Think tanks" sind für die Beschaffung von Auslandsinformationen zuständig (AA 15.12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html%20-%20doc334570bodyText5, Zugriff 9.8.2017

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AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

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FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (11.4.2017): Peking belohnt Bürger für Enttarnung ausländischer Spione, http://www.faz.net/aktuell/politik/china-bezahlt-buerger-fuer-enttarnung-auslaendischer-spione-14967307.html, Zugriff 14.9.2017

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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht Volksrepublik China

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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