TE Bvwg Beschluss 2018/4/16 W151 2146670-1

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Veröffentlicht am 16.04.2018
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Entscheidungsdatum

16.04.2018

Norm

AuslBG §12b
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W151 2146670-1/10E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris KOHL, MCJ als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Sandra HUBER und den fachkundigen Laienrichter Anton LIEDLBAUER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , XXXX , vertreten durch Embacher Neugschwendter Rechtsanwälte, Schleifmühlgasse 5/8, 1040 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Korneuburg, GZ: 08114/GF:3796211 ABB-Nr. 3796211 vom 28.06.2016 betreffend die Versagung der Zulassung des serbischen Beschwerdeführers als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) beschlossen:

A)

Der angefochtene Bescheid wird behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an das AMS zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge auch BF), ein Staatsangehöriger der Republik Serbien, beantragte am 08.04.2016 erstmals bei der Magistratsabteilung 35 (MA 35) die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot Karte" gemäß § 41 NAG. Mit dem Antrag legte der BF zugleich die Arbeitgebererklärung der XXXX (in der Folge Arbeitgeberin) vor, aus der einerseits eine Beschreibung der künftigen Tätigkeit des BF und andererseits die ausdrückliche Zustimmung zur Vermittlung von Ersatzkräften hervorgeht. Es wurden ebenfalls der Reisepass, der Aufenthaltstitel, die E-card und der Führerschein des BF, sein Lebenslauf, diverse Schul- und Ausbildungsbestätigungen der Universität von XXXX , Zertifikate über die Berufsausbildung, ein Zeugnis über die Ergänzungsprüfung aus Deutsch, eine Studienbestätigung sowie ein Sammelzeugnis über das Bachelorstudium Betriebswirtschaft an der Universität Wien sowie zwei Dienstzeugnisse vorgelegt.

2. Mit Schreiben vom 26.04.2016 ersuchte die belangte Behörde den BF um Übermittlung von Unterlagen zum Kriterium Qualifikation sowie ausbildungsadäquate Berufserfahrung. Dem BF könnten derzeit nur 35 Punkte gemäß Anlage C des AuslBG angerechnet werden. Die erforderliche Mindestpunkteanzahl betrage hingegen 50 Punkte. Auch wurde darauf hingewiesen, dass die Arbeitgeberin zwar einem Ersatzkräfteverfahren zugestimmt habe, ein diesbezüglicher Vermittlungsauftrag aber noch nicht dem AMS Korneuburg gemeldet worden sei. Ebenso solle der BF den Dienstvertrag mit seiner entsprechenden Einstufung, eine schriftliche Stellungnahme des Arbeitgebers inwieweit die ausgeübten Tätigkeiten des BF mit den erteilten Beschäftigungsbewilligungen für die beantragte berufliche Tätigkeit und das beantragte Stundenausmaß übereinstimmen könne sowie eine ENIC/NARIC Beurteilung des ausländischen Universitätsabschlusses vorlegen.

3. Der belangten Behörde wurde der Vermittlungsauftrag, der Dienstvertrag, das ENIC NARIC Gutachten betreffend die Bewertung eines akademischen Grades aus dem Kosovo (Betriebswirtschaft) vom 29.04.2016 am 02.05.2016 übermittelt.

4. Mit Schreiben vom 27.05.2016 wurde dem BF aufgrund von diversen Ungereimtheiten (Abschluss des Studiums in XXXX 2012 trotz polizeilicher Meldung in Österreich seit 2009 sowie Beschäftigung in Österreich in den Jahren 20120 und 2011, Führung der Firma XXXX während Studienzeit ohne adäquaten Abschluss außer dem Abschluss der elektronischen Mittelschule) die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Auch habe der BF noch keine Jahreszeugnisse der Ausbildung der elektronischen Mittelschule vorgelegt. Ebenso führte die Behörde darin aus, dass der BF als Geschäftsführer für die Arbeitgeberin tätig werden solle. Hierzu wurde zur Geschäftsführerbestellung einer Kommanditgesellschaft festgestellt, dass grundsätzlich nur die Komplementäre geschäftsführungs- und -vertretungsbefugt - jeder für sich allein - seien. Die Vertretungsbefugnis obliege allein den Komplementären.

5. Mit Schreiben vom 03.06.2016 wurden der belangten Behörde weitere Unterlagen des BF übermittelt: Zertifikat über die Berufsausbildung "Service von Büroanlagen" sowie "Selbständige Tätigkeit" des regionalen Zentrums für Berufsausbildung, vier Zeugnisse der elektronischen Mittelschule XXXX " in XXXX , Arbeitsfeld Elektrotechnik, Bildungsprofil Elektrotechniker für Computer in der Zeit von 2001 bis 2005, das Dienstzeugnis von " XXXX " vom 01.04.2016, eine Studienbestätigung und ein Studienblatt der Universität Wien vom 16.03.2016, zwei Schreiben des Arbeitgebers

XXXX sowie ein Dienstvertrag. Ergänzend führte die anwaltliche Vertretung des BF aus, dass dem BF aufgrund seines erfolgreich abgeschlossenen Studiums an der Wirtschaftsfakultät 30 Punkte, für die ausbildungsadäquate Berufserfahrung aufgrund seiner vierjährigen Tätigkeit im Ausland sowie der Arbeiten in den Sommermonaten 2012, 2013 und 2014 in Österreich 10 Punkte, aufgrund seiner Deutsch- und Englischkenntnisse 15 Punkte und aufgrund seiner Alters 20 Punkte, somit gesamt 75 Punkte, zu vergeben seien. Zum Dienstvertrag wurde erläuternd dargelegt, dass dieser zu heißen habe: "Art des Dienstverhältnisses: Arbeiter, Verwendung: Restaurantleiter auf unbestimmte Zeit".

6. Mit Bescheid vom 28.06.2016 wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12 b Z 1 AuslBG ab. Begründend führte das AMS aus, dass der BF zwar die erforderliche Punkteanzahl gemäß § 12 b Z 1 AuslBG Anlage C mit 65 Punkten erreiche, aber aufgrund der in der Arbeitgebererklärung beabsichtigten beruflichen Verwendung als "Geschäftsführung Eissalon" für die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot Karte als Geschäftsführer einer Personengesellschaft - hier Kommanditgesellschaft - rechtlich nicht zulässig sei. Es sei davon auszugehen, dass der BF die Tätigkeit eines "Geschäftsführers Eissalon" ausüben solle, da das Anforderungsprofil der Arbeitgebererklärung Tätigkeiten beinhalte, die über das Profil des Restaurantleiters hinausgehe. Somit seien die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12 b Z 1 AuslBG nicht gegeben.

7. Mit fristgerecht eingelangter Beschwerde vom 03.08.2016 erhob der anwaltlich vertretene BF Beschwerde. Die belangte Behörde gehe fälschlicherweise davon aus, dass die Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot Karte für die berufliche Tätigkeit "Geschäftsführung", wie in der vorgelegten Arbeitgebererklärung angegeben, auszustellen sei. Die vom Arbeitgeber und dem BF während des gesamten Verfahrens gemachten Angaben lassen den Schluss zu, dass es sich um keine Geschäftsführertätigkeit im juristischen Sinn handle. Vielmehr sei aus dem Parteiwillen ableitbar, dass der BF verantwortlich für die Führung des Betriebs im Faktischen, nicht aber vertretungsbefugt sein solle. Dies sei schon aufgrund der Bezeichnung "Geschäftsführung Eissalon" und nicht "Geschäftsführung der KG" erkennbar. Dies sei aber aufgrund der ergänzenden Angaben des Dienstgebers des BF, in dem die konkreten Tätigkeiten, die der BF verrichten soll, angeführt wurden, abzuleiten gewesen. Es wurden die Anträge gestellt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, der Beschwerde stattzugeben und zu bestätigen, dass die Voraussetzungen gemäß § 12 b Z 1 AuslBG erfüllt seien und den beantragten Aufenthaltstitel zu erteilen, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

8. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde erst am 06.02.2017 vorgelegt.

Im Vorlageschreiben führte die belangte Behörde zu den Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG, im Speziellen zu § 4 Abs. 1 iVm § 4b AuslBG aus, dass laut Vermittlungsauftrag die erforderliche höchste abgeschlossene Ausbildung ein Bachelor in Betriebswirtschaft sei. Diese Anforderung sei überzogen, zumal der BF, trotz absolviertem Studium, als Arbeiter beschäftigt werden solle. Dem beigelegten Auszug aus dem Berufslexikon für den Beruf "Restaurant Manager" sei zu entnehmen, dass ein abgeschlossenes Studium nicht als Anforderung nötig sei und nach Ansicht des AMS Korneuburg lediglich verlangt worden sei, weil der Antragsteller über ein solches verfüge. Dies von potentiellen Ersatzkräften ebenfalls zu verlangen sei objektiv nicht gerechtfertigt und diene nach Ansicht des AMS Korneuburg lediglich dazu, ein objektives Ersatzkraftverfahren unmöglich zu machen. Ein abgeschlossenes Studium für die angestrebte Tätigkeit sei nicht erforderlich und könne somit auch nicht in den betrieblichen Notwendigkeiten liegen, weshalb die Voraussetzungen des § 4b Abs. 1 AuslBG in dem gegenständlichen Fall nicht erfüllt seien. Darum sei auch kein Ersatzkraftverfahren durchgeführt worden. Zur Entlohnung wurde ausgeführt, dass der BF mit € 2.480,- (Stand 2016, die entsprechende Schlüsselkraftentlohnung für 2017 betrage €2.490,-) entlohnt werden solle. In diesem Fall liege eine Überzahlung von rund einem Viertel des Grundgehalts vor. Selbst ab 25 Jahren Beschäftigung in dieser Lohngruppe betrage das Grundgehalt € 2.200,80. Somit liege eine unzulässige Umgehung des intendierten Schutzzwecks einer festgelegten Entgelthöhe für Schlüsselkräfte vor.

9. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13.12.2017, G 281/2017-6, wurde die Wortfolge "die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und" in § 12b Z 1 sowie die Anlage C "Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12b Z 1" des Bundesgesetzes vom 20. März 1975, mit dem die Beschäftigung von Ausländern geregelt wird (Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idF des Bundesgesetzes, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1997 geändert werden, BGBl. I Nr. 25/2011, jedoch erst mit 31.12.2018 als verfassungswidrig aufgehoben.

10. Am 29.01.2018 langte der Fristsetzungsantrag des BF an den VwGH beim BVwG ein.

11. Mit verfahrensleitender Anordnung des VwGH, eingelangt am 07.02.2018, wurde dem BVwG eine Erledigungsfrist bis zum 07.05.2018 eingeräumt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die belangte Behörde ist an folgende Feststellungen gebunden:

Der BF beantragte am 08.04.2016 eine Rot-Weiß-Rot Karte für Schlüsselkräfte gemäß § 12 b Z 1 AuslBG für die berufliche unbefristete Tätigkeit als Restaurantleiter im Eissalon bei der Arbeitgeberin XXXX , mit 40 Wochenstunden und einer Entlohnung von €

2.480,--. Die Vermittlung von Ersatzarbeitskräften war erwünscht.

Der BF wurde am XXXX geboren und ist serbischer Staatsangehöriger. Er verfügt über ein Diplom der Universität XXXX , welches nach ENIC NARIC einem Bachelorstudium der Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Bank-, Finanz- und Rechnungswesen entspricht. Dafür sind ihm als Qualifikation 30 Punkte gemäß Anlage C des AuslBG zuzuerkennen. Er hatte zum Antragszeitpunkt das 30. Lebensjahr nicht vollendet und sind ihm für sein Alter 20 Punkte zuzuerkennen. Aufgrund eines bis einschließlich Wintersemester 2016 absolvierten Studiums in Österreich sind ihm für seine Sprachkenntnisse 15 Punkte zuzuerkennen. Somit erreicht er insgesamt 65 Punkte gemäß Anlage C des AuslBG, womit die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 50 Punkten überschritten ist.

Da der BF zum Antragszeitpunkt 2016 das 30. Lebensjahr nicht überschritten hatte, sind ihm mindestens 50 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen für die beabsichtigte Beschäftigung von der potentiellen Arbeitgeberin zu bezahlen. Im Jahr 2016 betrug diese monatliche Höchstbeitragsgrundlage € 4860, dem BF sind daher mindestens € 2430 zu vergüten. In der Arbeitgebererklärung wird eine Bezahlung von € 2480 angeführt, womit diesem Erfordernis Rechnung getragen wird.

Die Arbeitgeberin gab in der Arbeitgebererklärung auch ausdrücklich ihre Zustimmung zur Vermittlung von Ersatzarbeitskräften. Aus dieser - im Verfahren präzisierten - Arbeitgebererklärung ist der Parteiwille eindeutig zu erkennen und geht hervor, dass es sich bei der "Geschäftsführung Eissalon" nur um die faktische und nicht um die gesellschaftsrechtliche Leitung des Eissalons handelt.

Da der BF sämtliche Erfordernisse gemäß § 12 b Z1 erfüllte, wäre es Aufgabe der belangten Behörde gewesen, ein Ersatzkraftverfahren durchzuführen, was jedoch unterblieb. Dieses ist im fortgesetzten Verfahren nachzuholen, wobei das Tätigkeits- somit Anforderungsprofil - sich nach der präzisierten Arbeitgebererklärung und dem Vermittlungsauftrag laut Aktenlage zu richten hat.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der dem BVwG vorgelegten Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß §§ 6 und 7 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) in Verbindung mit § 20f Absatz 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes der zuständige Senat des Bundesverwaltungsgerichts unter Beteiligung fachkundiger Laienrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Zu A)

Maßgebliche Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG)

Beschäftigungsbewilligung

Voraussetzungen

§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und

1. [...],

2. die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält,

3. keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate,

4. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,

5. der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beschäftigt hat,

6. die Vereinbarung über die beabsichtigte Beschäftigung (§ 2 Abs. 2) nicht aufgrund einer gemäß dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, unerlaubten Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeitgeber dies wusste oder hätte wissen müssen,

7. der Arbeitgeber den Ausländer auf einem Arbeitsplatz seines Betriebes beschäftigen wird, wobei eine Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte unbeschadet des § 6 Abs. 2 nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb gilt,

8. die Erklärung über die Verständigung des Betriebsrates oder der Personalvertretung von der beabsichtigten Einstellung des Ausländers vorliegt und

9. der Arbeitgeber nicht hinsichtlich des antragsgegenständlichen oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes innerhalb von sechs Monaten vor oder im Zuge der Antragstellung

a) einen Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, gekündigt hat oder

b) die Einstellung eines für den konkreten Arbeitsplatz geeigneten Arbeitnehmers, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, abgelehnt hat,

es sei denn, er macht glaubhaft, dass die Kündigung oder die Ablehnung der Einstellung nicht aufgrund des Alters des Arbeitnehmers erfolgt ist.

(2) bis (7) [...]

Sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen

§ 12b leg. cit:

"Sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen

§ 12b. Ausländer werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie

1. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt, oder

2. [...]

und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Bei Studienabsolventen gemäß Z 2 entfällt die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall.

Anlage C:

Anlage C

Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12b Z 1

Kriterien

Punkte

Qualifikation

maximal anrechenbare Punkte: 30

abgeschlossene Berufsausbildung oder spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten in beabsichtigter Beschäftigung

20

allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120

25

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer

30

 

 

ausbildungsadäquate Berufserfahrung

maximal anrechenbare Punkte: 10

Berufserfahrung (pro Jahr) Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)

2 4

 

 

Sprachkenntnisse

maximal anrechenbare Punkte: 15

Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau oder Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung oder Englischkenntnisse zur vertieften selbständigen Sprachverwendung

10 15

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 20

bis 30 Jahre bis 40 Jahre

20 15

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte Zusatzpunkte für Profisportler/innen und Profisporttrainer/innen

75 20

erforderliche Mindestpunkteanzahl

50

Das BVwG geht von folgenden rechtlichen Erwägungen aus, an die die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren gebunden ist (somit ist darüber nicht neuerlich zu entscheiden):

a) Der BF erfüllt die Punkteanzahl gemäß Anlage C des § 12b Z 1 AuslBG.

Der BF wurde am XXXX geboren und ist serbischer Staatsangehöriger. Er verfügt über ein Diplom der Universität XXXX , welches nach ENIC NARIC einem Bachelorstudium der Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Bank-, Finanz- und Rechnungswesen entspricht. Dafür sind ihm als Qualifikation 30 Punkte gemäß Anlage C des AuslBG zuzuerkennen. Er hatte zum Antragszeitpunkt das 30. Lebensjahr nicht vollendet und sind ihm für sein Alter 20 Punkte zuzuerkennen (dazu: Deutsch, Nowotny, Seitz, Kommentar zum AuslBG, ÖBG Verlag, 2014, zu §§ 12 ff, Seite 355, vor 332, wonach beim Alter auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist). Aufgrund eines bis einschließlich Wintersemester 2016 absolvierten Studiums in Österreich sind ihm für seine Sprachkenntnisse 15 Punkte zuzuerkennen. Somit erreicht er insgesamt 65 Punkte gemäß Anlage C des AuslBG, womit die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 50 Punkten überschritten ist.

b) Erfüllung der Voraussetzungen des geforderten Bruttoentgelts

Gemäß § 12b Z 1 AuslBG werden Ausländer/innen zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft weiters nur zugelassen, wenn sie für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt.

Auch diese Voraussetzung hat der BF erfüllt.

Da der BF zum Antragszeitpunkt 2016 das 30. Lebensjahr nicht überschritten hatte, sind ihm mindestens 50 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen für die beabsichtigte Beschäftigung von der potentiellen Arbeitgeberin zu bezahlen. Im Jahr 2016 betrug die monatliche Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955

4860, dem BF sind daher mindestens € 2430 zu vergüten. In der Arbeitgebererklärung wird eine Bezahlung von € 2480 angeführt, womit diesem Erfordernis Rechnung getragen wird.

Die belangte Behörde führte dazu lediglich im Vorlageschreiben kursorisch aus, dass eine Überzahlung vorliege, rechtliche Erwägungen im Bescheid finden sich dazu aber nicht.

Selbst wenn sich diese Erwägung rechtlich korrekt im Bescheid gefunden hätte, so ist für das BVwG keine Überzahlung erkennbar, zumal damit lediglich die gesetzlich geforderte Entlohnung durch die potentielle Arbeitgeberin gewährleistet wird. Da sich dieses Vorbringen aber ohnehin nur im Vorlageschreiben befindet und keine rechtliche Auseinandersetzung dazu im Bescheid enthalten ist, war ein weiteres Eingehen darauf seitens des erkennenden Gerichts auch nicht geboten.

c) Nachzuholendes Ersatzkraftverfahren

Im Sinne des § 4 Abs 1 AuslBG ist eine Zulassung als Schlüsselkraft gem § 12b Z 1 nur dann zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt und wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Wie unter a) und b) dargelegt, erfüllt der BF sämtliche Erfordernisse gemäß § 12 b Z1, es wäre daher Aufgabe der belangten Behörde gewesen, ein Ersatzkraftverfahren durchzuführen, was jedoch unterblieb. Dieses ist im fortgesetzten Verfahren nachzuholen, wobei das Tätigkeits- somit Anforderungsprofil - sich nach der präzisierten Arbeitgebererklärung und dem Vermittlungsauftrag laut Aktenlage zu richten hat.

Den rechtlichen Erwägungen der belangten Behörde, dass dieses unterbleiben konnte, da es dem BF aus gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen ohnehin nicht möglich gewesen wäre, die gesellschaftsrechtliche "Leitung" der KG zu übernehmen, kann nicht gefolgt werden: Dem Parteiwillen war, besonders aus den ergänzend vorgelegten Schreiben, eindeutig zu entnehmen, dass es sich dabei nur um die faktische Leitung des Eissalons handeln solle und nicht, wie von der belangten Behörde angenommen, um die gesellschaftsrechtliche Leitung der KG. Im Übrigen wäre es an der belangten Behörde gelegen, amtswegig den objektiven Parteiwillen im Parteiengehör zu ermitteln, was ebenfalls unterblieben ist.

Die Prüfung der Arbeitsmarktlage erübrigt sich nach ständiger Rechtsprechung des VwGH nur dann, wenn der Arbeitgeber die Stellung einer Ersatzkraft von vornherein ablehnt (vgl. VwGH vom 24.01.2014, Zl. 2013/09/0070), was im vorliegendem Fall nicht gegeben ist. Aus der Aktenlage geht hervor, dass die Arbeitgeberin in der Arbeitgebererklärung der Vermittlung von Ersatzkräften ausdrücklich zugestimmt hat und die Tätigkeit in der Arbeitgebererklärung ausreichend umschrieben und danach auch noch präzisiert hat.

Die belangte Behörde hat daher in weiterer Folge eine Prüfung der Arbeitsmarktlage durchzuführen und gegebenenfalls der Arbeitgeberin Arbeitssuchende, die ihrer Meinung nach fähig und bereit sind, den von dieser zu besetzenden Arbeitsplatz zu den angebotenen Bedingungen auszufüllen, namhaft zu machen. Erst dann kann rechtlich einwandfrei beurteilt werden, ob Ersatzkräfte zur Verfügung stehen oder kein Interesse an einer solchen Vermittlung besteht (vgl. dazu VwGH, 24.01.2014, 2013/09/0070 unter Verweis VwGH 06.03.1997, 94/09/0387).

Die belangte Behörde hat bei der Prüfung der Arbeitsmarktlage von einem Tätigkeits- somit Anforderungsprofil - auszugehen, welches sich nach der präzisierten Arbeitgebererklärung und dem Vermittlungsauftrag laut Aktenlage richtet.

Da die belangte Behörde kein Ersatzkraftverfahren durchgeführt hat, steht der maßgebliche Sachverhalt nicht fest, sodass eine Entscheidung in der Sache selbst durch das Bundesverwaltungsgericht nicht zulässig ist. Die Durchführung eines Ersatzkraftverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht verbietet sich aus rechtlichen Gründen, weil das Bundesverwaltungsgericht keine Befugnis zur Arbeitsvermittlung hat und ihm eine solche auch nicht gemäß § 17 VwGVG zukommt.

Der bekämpfte Bescheid war daher zu beheben und die Beschwerdesache zur Durchführung der Arbeitsmarktprüfung sowie gegebenenfalls Prüfung des § 4 Absatz 1 Ziffern 2 bis 9 AuslBG und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Zum in der Beschwerdevorlage getätigten Vorbringen des überzogenen Anforderungsprofils:

Es reicht rechtlich nicht aus, wenn die Behörde im Vorlageschreiben Ausführungen tätigt, die keine Deckung im Bescheid finden. Die Behörde hätte im Wege der Beschwerdevorentscheidung nochmals Möglichkeit gehabt, ihre ergänzenden Erwägungen in einem neuerlichen Bescheid mit den nötigen Feststellungen, einer darauf basierenden Beweiswürdigung sowie den rechtlichen Erwägungen auszuführen. Eine Darlegung weiterer Erwägungen lediglich im Vorlageschreiben erfüllt dieses Gebot nicht.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 10.12.2014, Zl. Ra 2014/09/0034, mit Blick auf sein Grundsatzerkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zu § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG festgehalten, dass sich die Zurückverweisung einer Rechtssache wie im vorliegende Fall wegen der Notwendigkeit der Prüfung der Arbeitsmarktlage gemäß § 4 Abs. 1 und § 4b AuslBG im Rahmen des zulässigen bewegt. Zur Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall existiert daher eine Rechtsprechung des VwGH, weswegen im gegenständlichen Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt.

Schlagworte

Arbeitsmarktprüfung, Ermittlungspflicht, Ersatzkraft, Kassation,
mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W151.2146670.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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