Entscheidungsdatum
10.04.2018Index
41/02 Passrecht FremdenrechtNorm
NAG §2 Abs1 Z9Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schattauer über die Beschwerde des Herrn R. D., geb.: 1995, StA: Mazedonien, Wien, W.-straße, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35 - Einwanderung, Staatsbürgerschaft - Niederlassungsbewilligungen und Ausländergrunderwerb, vom 18.09.2017, Zahl MA35-9/3179519-01, mit welchem der Antrag vom 17.08.2017 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Rot-Weiß-Rot - Karte plus (§ 46/1/2)" gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 iVm § 47 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG in der geltenden Fassung abgewiesen wurde,
zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 47 Abs. 2 NAG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Antrag im Grunde des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG zurückgewiesen wird.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Abweisung des laut Behördenstempel am 21.8.2017 (nicht persönlich, aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass die persönliche Antragstellung am 5.9.2017 nachgeholt wurde) eingebrachten Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung „Familienangehöriger“ durch den abweisenden Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18.9.2017, Zl. MA35-9/3171519-01. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer zufolge des Umstandes, dass seine als zusammenführende Person benannte Ehegattin J. D. am ...1998 geboren sei und demnach das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, kein Familienangehöriger iSd § 2 Abs. 1 Z 9 NAG sei. Da die Familienangehörigkeit iSd Bestimmung eine besondere Erteilungsvoraussetzung für den Zuspruch eines Aufenthaltstitels darstelle, könne eine Abwägung iSd § 11 Abs. 3 NAG unterbleiben.
In der gegen diese Entscheidung fristgerecht erhobenen Beschwerde bezieht sich der Beschwerdeführer auf sein bereits im behördlichen Verfahren erstattetes Vorbringen bzw. wiederholt er dieses. Demnach beruft er sich auf den Umstand, dass die zwischen ihm und J. D. am ...2017 geschlossene Ehe nach mazedonischem Recht Bestand habe. Weitere Ausführungen beziehen sich auf berücksichtigungswürdige Gründe iSd § 11 Abs. 3 NAG. Begehrt werde, dem Antrag auf Erteilung einer „fremdenrechtlichen Bewilligung stattzugeben, andernfalls den bekämpften Bescheid zu beheben und die Verwaltungssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.
Maßgeblicher Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist ein am ...1995 geborener mazedonischer Staatsangehöriger. Sein Reisedokument ist bis 29.5.2022 gültig. Laut diesem Dokument ist er zuletzt am 6.8.2017 in das Bundesgebiet eingereist. Eine nachfolgende Ausreise ist nicht dokumentiert. Das Einlangen seines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wurde von der Behörde mit Eingangsstempel vom 21.8.2017 dokumentiert. Der Beschwerdeführer heiratete am ...2017 in P., Mazedonien, die am ...1998 geborene mazedonische Staatsangehörige J. D.. Die Ehegattin hat einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ mit Gültigkeit bis 31.5.2022 inne. In der schriftlichen Antragsbegründung, gleichfalls mit behördlichem Eingangsstempel vom 21.8.2017 versehen, wird ein Zusatzantrag iSd § 21 Abs. 3 NAG gestellt und mit der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens sowie dem Fehlen familiärer Beziehungen zur Heimat begründet. Dem Antrag wurden weiters diverse Unterlagen zum Nachweis der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen im Sinne des § 7 Abs. 1 NAG-DV für den beantragten Aufenthaltstitel in Kopie beigefügt.
Mit Schreiben der Verwaltungsbehörde vom 24.8.2017 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 3 AVG vom Ergebnis der Beweisaufnahme (der Beschwerdeführer sei kein Familienangehöriger seiner Ehegattin, da diese die Altersgrenze von 21 Jahren nicht erreicht habe) verständigt und ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt. Mit weiterem Verbesserungsauftrag vom 24.8.2017 wurde dem Beschwerdeführer die Nachholung der persönlichen Antragstellung binnen Frist aufgetragen und erfolgte diese am 5.9.2017.
In der vom Beschwerdeführer am 7.9.2017 eingebrachten Stellungnahme bezieht dieser sich darauf, dass seine Ehe nach mazedonischem Recht gültig sei, dass mazedonisches Ehe- und Familienrecht in Österreich nicht anerkannt werden könne, sei ihm nicht erkennbar. Laut Motivenbericht zum NAG sei einziger Hintergrund dieser Bestimmung, zu verhindern, dass Minderjährige zur Ehe gezwungen werden könnten, vorliegende Ehe sei aber nicht zwischen Minderjährigen geschlossen worden.
In weiterer Folge wurde der nunmehr in Beschwerde gezogene Bescheid vom 18.9.2017 erlassen; die dagegen am 4.10.2017 bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde wurde zusammen mit dem Verwaltungsakt mit Schreiben vom 9.10.2017 dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vorgelegt.
Obige Feststellungen ergeben sich zur Gänze aus dem Inhalt des behördlichen Verwaltungsaktes, insbesondere den vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden und Nachweisen sowie aufgrund seines eigenen Vorbringens.
Maßgebliche Rechtsvorschriften nach dem NAG:
Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist …
9. Familienangehöriger: wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels; …
Bestimmungen über die Familienzusammenführung
§ 46. (1) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ist ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, und
1. der Zusammenführende einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41, einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a Abs. 1, 4 oder 7a, eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 1, eine „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“, sofern dieser Niederlassungsbewilligung eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG zu Grunde liegt, oder eine „Niederlassungsbewilligung – Forscher“ gemäß § 43c innehat,
1a. der Zusammenführende als nunmehriger Inhaber eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ ursprünglich einen Aufenthaltstitel nach Z 1 innehatte,
2. ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende
a) einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ innehat,
b) einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs. 1, 4 oder 7a innehat,
c) Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt, oder
d. als unionsrechtlich aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger über eine Aufenthaltskarte gemäß § 54 oder eine Daueraufenthaltskarte gemäß § 54a verfügt.
(2) Soll im Fall einer Familienzusammenführung gemäß Abs. 1 Z 2 oder Abs. 4 ein Aufenthaltstitel quotenfrei erteilt werden, hat die Behörde auch über einen gesonderten Antrag als Vorfrage zur Prüfung der Gründe nach § 11 Abs. 3 zu entscheiden und gesondert über diesen abzusprechen, wenn dem Antrag nicht Rechnung getragen wird. Ein solcher Antrag ist nur zulässig, wenn gleichzeitig ein Antrag in der Hauptfrage auf Familienzusammenführung eingebracht wird oder ein solcher bereits anhängig ist.
(3) Familienangehörigen von Inhabern eines Aufenthaltstitels „Blaue Karte EU“ kann ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ ausgestellt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen. Gleiches gilt, wenn der nunmehrige Inhaber eines Aufenthaltstitels ursprünglich einen Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU“ innehatte. Bei Familienangehörigen von Inhabern eines Aufenthaltstitels „Blaue Karte EU“ richtet sich die Geltungsdauer des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ nach der Geltungsdauer des Aufenthaltstitels des Zusammenführenden.
(4) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ist eine „Niederlassungsbewilligung“ zu erteilen, wenn
1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen,
2. ein Quotenplatz vorhanden ist und
3. der Zusammenführende eine „Niederlassungsbewilligung“, eine „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“, eine „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ oder eine „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“, es sei denn der „Niederlassungsbewilligung – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ liegt eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 lit. i AuslBG zu Grunde, innehat.
(5) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen gemäß §§ 43 Abs. 2 oder 44 kann eine „Niederlassungsbewilligung – ausgenommen Erwerbstätigkeit“ erteilt werden, wenn
1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
2. im Fall von Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen im Sinne des § 44 Abs. 1 ein Quotenplatz vorhanden ist.
§ 2 Abs. 1 Z 9 NAG 2005 bestimmt bezüglich der Altersgrenze allgemein, dass der Ehegatte - zum Zeitpunkt der Antragstellung - das 21. Lebensjahr bereits vollendet haben muss, gleichgültig, ob es sich um einen österreichischen Staatsbürger, einen Zusammenführenden anderer Staatsangehörigkeit oder den antragstellenden Fremden handelt (vgl. VwGH 29.02.2012, 2010/21/0509; 14.06.2012, 2010/21/0440).
Vorerst ist zu klären, ob das Erfordernis dieses Lebensalters auch auf den Zusammenführenden zu beziehen ist und nicht nur auf den nachziehenden Drittstaatsangehörigen. An sich ist der Begriff "Familienangehöriger" nicht auf den Zusammenführenden, sondern auf den Nachziehenden bezogen, da dieser der Fremde ist, der den Aufenthaltstitel begehrt. Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG spricht von "Ehegatten und eingetragenen Partnern", was jedoch auch die Umschreibung eines bestimmten Personenkreises bedeuten kann und nicht unbedingt auf das konkrete Ehepaar bezogen werden muss. Da jedoch mit dieser Bestimmung die Richtlinie 2003/86/EG vom 22.09.2003 (betreffend das Recht auf Familienzusammenführung) umgesetzt werden soll, ist eine Auslegung anhand dieser Richtlinie vorzunehmen.
Diese sieht in Art. 4 Abs. 5 Folgendes vor:
"Zur Förderung der Integration und zur Vermeidung von Zwangsehen können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Zusammenführende und sein Ehegatte ein Mindestalter erreicht haben müssen, das höchstens auf 21 Jahre festgesetzt werden darf, bevor der Ehegatte dem Zusammenführenden nachreisen darf."
Demnach müssen beide Ehepartner das vom Mitgliedstaat festgelegte Alterserfordernis erfüllen (vgl. VwGH 14.06.2012, 2010/21/0440).
Mit seinem Urteil vom 17.07.2014, Rs C-338/13, beantwortete der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ein vom Verwaltungsgerichtshof an ihn herangetragenes Ersuchen um Vorabentscheidung vom 29. Mai 2013, EU 2013/0002-1 (2011/22/0175), dahin, dass der Unionsgesetzgeber den Mitgliedstaaten dadurch einen Gestaltungsspielraum lassen wollte, indem er nicht präzisiert hat, ob die nationalen Behörden zur Klärung der Frage, ob die Voraussetzung des Mindestalters erfüllt ist, auf den Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Familienzusammenführung oder auf den Zeitpunkt der Entscheidung über diesen Antrag abstellen müssen (Rn. 14). Durch die hier vorliegende nationale Regelung werde weder die Ausübung des Rechts auf Familienzusammenführung verhindert noch die Familienzusammenführung übermäßig erschwert (Rn. 16). Es stehe im Einklang mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Rechtssicherheit, wenn zur Klärung der Frage, ob die Voraussetzung des Mindestalters erfüllt sei, auf den Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Familienzusammenführung abgestellt wird (Rn. 17). Die genannte Richtlinienbestimmung stehe somit der aufgezeigten nationalen Regelung nicht entgegen (Rn. 19).
Auch wenn die Regelung des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG 2005 als Schutzmaßnahme für Betroffene vor arrangierten (Kinder)Ehen dient und dem Phänomen von Zwangsehen entgegenwirken soll, erkannte der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17.06.2011, B 711/10, die dort vorgesehene Altersgrenze als sachlich gerechtfertigt und zu keinem verfassungsrechtlich relevanten Systembruch führend, weil der Gesetzgeber verschiedene Rechtsinstitute und Verwaltungsmaterien nicht gleichartig regeln muss.
Bei dem Erfordernis, dass im Falle eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG zum Zwecke der Familienzusammenführung beide Ehegatten ein Mindestalter von 21. Lebensjahren nachweisen müssen, handelt es sich um eine formale Erteilungsvoraussetzung zum Zeitpunkt der Antragstellung, die bei Nichterfüllung die Zurückweisung eines solchen Antrags zur Folge hat. Eine „Heilung“ durch Zeitablauf ist ausgeschlossen (vgl. RV 330/2009 zu BGBl. Nr. I 122/2009)
Im vorliegenden Fall hat die Ehegattin des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Stellung des gegenständlichen Antrags auf Erteilung des Aufenthaltstitels zum Zwecke der Familiengemeinschaft das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet. Der Beschwerdeführer ist somit nicht Familienangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG, was aber nach § 46 Abs 1 NAG Voraussetzung für die Erteilung des von ihm beantragten Aufenthaltstitels wäre (in diesem Sinne VwGH 26.06.2013, Zl. 2012/22/0250; 20.08.2013, 2013/22/0176).
Grundsätzlich ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Fehlen einer besonderen Erteilungsvoraussetzung eine Abwägung nach Art. 8 EMRK nicht vorzunehmen (in diesem Sinne etwa VwGH 17.04.2013, 2010/22/0204, mwN). Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 17.11.2011, Zl. 2010/21/0494, dargelegt, dass in bestimmten Konstellationen zur Erzielung eines der EMRK gemäßen Ergebnisses der Begriff "Familienangehöriger" von der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG abzukoppeln ist. Dies hat vor allem bei jenen Personen zu erfolgen, denen ein aus Art. 8 EMRK abzuleitender Anspruch auf Familienzusammenführung zukommt, diese jedoch nach der Rechtslage nicht zur Stellung eines Antrags aus „humanitären Gründen“ berechtigt sind, etwa weil sie sich nicht im Bundesgebiet aufhalten und ein solcher Antrag eine Inlandsantragstellung erfordert (in diesem Sinne VfGH 27.06.2008, G 246, 247/07). Als einzige Alternative muss daher nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes in solchen Fällen der Begriff „Familienangehöriger“ von der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG abgekoppelt werden. Besteht ein aus Art. 8 EMRK ableitbarer Anspruch auf Familiennachzug, so ist demnach als "Familienangehöriger" aus verfassungsrechtlichen Gründen auch jener - nicht im Bundesgebiet aufhältige - Angehörige erfasst, dem ein derartiger Anspruch zukommt (vgl. auch VwGH 13.11.2012, 2011/22/0074).
Da aus dem Akteninhalt abzuleiten ist, dass sich der Beschwerdeführer weiterhin in Österreich aufhält, liegt im vorliegenden Fall eine solche Konstellation aber gerade nicht vor. Ihm ist im Falle des Vorliegens von Gründen nach Art. 8 EMRK für die sofortige Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Bundesgebiet die Möglichkeit eingeräumt, gerade darauf gestützt die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu beantragen (vgl. § 55 AsylG 2005 idgF). Somit ist aber auch mit Blick auf Art. 8 EMRK fallbezogen nicht geboten, den Begriff "Familienangehöriger" von der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG abzukoppeln, um einen Familiennachzug aus dem Ausland zu ermöglichen und ein Ergebnis im Sinne des Art. 8 EMRK zu erzielen (vgl. dazu auch VwGH 13.11.2012, 2011/22/0074; 05.05.2011, 2011/22/0111, sowie 20.08.2013, 2013/22/0176 u.a.).
Das Erfordernis des Erreichens des 21. Lebensjahres der Beteiligten bei einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ stellt eine formale Erteilungsvoraussetzung dar. Darauf gründend ist der Spruch des angefochtenen Bescheids insofern abzuändern, als der vorliegende Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 NAG zurückgewiesen wird (in diesem Sinne auch VwGH 19.11.2014, Ra 2014/22/0123).
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte ungeachtet des entsprechenden Antrages des Beschwerdeführers unterbleiben, da die Sachlage aufgrund der vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Urkunden und Nachweise in Zusammenhalt mit seinem eigenen Tatsachenvorbringen beurteilt wurde, sodass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten hätte lassen. Aufgrund der Aktenlage sind auch in Bezug auf die Rechtsfragen bzw. die rechtliche Bewertung des Sacherhalts keine Aspekte hervorgekommen, die mittels Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung hätten geklärt werden müssen.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gründet sich darauf, dass keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Richtlinienkonforme Auslegung, Legaldefinition, Familienangehöriger, Mindestalter, formale ErteilungsvoraussetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.151.059.13920.2017Zuletzt aktualisiert am
27.04.2018