TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/22 99/04/0224

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Veröffentlicht am 22.03.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ZustG §17 Abs3;
ZustG §4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde der M Gesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. F u.a., Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. September 1999, Zl. MA 63-M 273/99, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Verfahren betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides wies der Landeshauptmann von Wien mit dem Bescheid vom 24. September 1999 die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 1./8. Bezirk vom 22. März 1999 als verspätet zurück. Zur Begründung führte der Landeshauptmann, soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist, aus, zum Vorhalt, dass der angefochtene erstbehördliche Bescheid am 1. April 1999 rechtswirksam zugestellt worden sei und somit die Berufung mit Posteingangsstempel vom 27. April 1999 als verspätet anzusehen sei, habe die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 12. Juli 1999 ausgeführt, dass Herr G.H. sich vom 25. März bis 8. April 1999 nicht in Österreich aufgehalten habe. Zum Beweis sei ein entsprechendes Flugticket übermittelt worden. Von der Erstbehörde sei als Empfänger des erstbehördlichen Bescheides die Beschwerdeführerin mit der Abgabeadresse W, verfügt worden. Der Bescheid sei durch das Zustellorgan der Post durch Hinterlegung zugestellt worden. Gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz könne eine Sendung durch Hinterlegung nicht rechtswirksam zugestellt werden, wenn der Zusteller Grund zur Annahme habe, dass sich der Empfänger oder sein Vertreter nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte. Dem Berufungsvorbringen sei bloß zu entnehmen, dass sich der handelsrechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Hinterlegung nicht an der Abgabestelle aufgehalten habe. Gehe die erkennende Behörde davon aus, dass der handelsrechtliche Geschäftsführer die einzige Person sei, die die Post für die Beschwerdeführerin an der Abgabestelle aus dem Hausbrieffach entnehme, dann sei die Zustellung am 1. April 1999 während des Auslandsaufenthaltes dieser Person nicht ordnungsgemäß zu Stande gekommen, da es für die Zulässigkeit einer Hinterlegung nicht auf den subjektiven Eindruck des Zustellers ankomme, sondern vielmehr darauf abgestellt werde, ob sich der Empfänger tatsächlich regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten habe. Es sei jedoch eine Sanierung der gesetzeswidrigen Hinterlegung im Sinn des § 17 Abs. 3, vierter Satz Zustellgesetz mit der Rückkehr dieser Person (8. April 1999) an die Abgabestelle am folgenden Tag eingetreten, da dieser, nämlich der 9. April 1999, noch innerhalb der Abholfrist gelegen sei. Es sei somit der erstbehördliche Bescheid rechtswirksam am 9. April 1999 zugestellt worden. Die zweiwöchige Berufungsfrist des § 63 Abs. 5 AVG habe somit bereits am 9. April 1999 zu laufen begonnen und am 23. April 1999 geendet. Der Berufung sei zu entnehmen, dass sie erst am 27. April 1999 verfasst und bei der Post aufgegeben worden sei. Die Berufung sei daher als verspätet zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 15. Dezember 1999, Zl. B 1873/99-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf meritorische Erledigung ihrer Berufung und auf Ausübung ihres Gewerbes verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes trägt sie vor, die belangte Behörde gehe zunächst richtigerweise davon aus, dass die Zustellung am 1. April 1999 während des Auslandsaufenthaltes des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Beschwerdeführerin nicht ordnungsgemäß zu Stande gekommen sei. Die in § 17 Abs. 1 Zustellgesetz geforderte regelmäßige Anwesenheit des Empfängers an der Abgabestelle sei wegen des 15-tägigen Auslandsaufenthaltes des handelsrechtlichen Geschäftsführers nicht gegeben gewesen, da durch diese Abwesenheit der Charakter der Geschäftsstelle der Gesellschaft als Abgabestelle im Sinn des Zustellgesetzes aufgehoben worden sei, sodass eine Hinterlegung gemäß § 17 Abs. 1 gesetzwidrig und demnach unzulässig gewesen sei. Daraus folge aber weiters, dass die von der belangten Behörde herangezogene Bestimmung des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz hier nicht anwendbar sei, da eine "hinterlegte Sendung" im Sinne dieser Bestimmung nicht vorliege. Dies habe der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 5. November 1984, Zl. 84/10/0176 ausgesprochen, dem nur eine einwöchige Abwesenheit zu Urlaubszwecken zu Grunde gelegen sei. Es sei daher davon auszugehen, dass die Zustellung des erstbehördlichen Bescheides im Sinne des § 7 Zustellgesetz erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Zukommens, somit am 19. April 1999 rechtswirksam erfolgt sei und damit die am 27. April 1999 erhobene und zur Post gegebene Berufung jedenfalls rechtzeitig gewesen sei.

Gemäß § 4 Zustellgesetz ist Abgabestelle im Sinne dieses Bundesgesetzes der Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf; das ist die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort.

Nach § 13 Abs. 3 leg. cit. ist, wenn der Empfänger keine natürliche Person ist, die Sendung einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen.

Gemäß § 17 Abs. 1 leg. cit. ist, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, das Geschäftsstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

Nach dem Abs. 3 dieser Gesetzesstelle ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Der Beschwerdeführerin ist zuzugestehen, dass das im letzten Halbsatz der zuletzt zitierten Bestimmung normierte Wirksamwerden der Zustellung voraussetzt, dass der zur Hinterlegung des Schriftstückes führende Zustellversuch an einer Abgabestelle im Sinn des § 4 Zustellgesetz vorgenommen wurde. Es trifft auch zu, dass der Verwaltungsgerichtshof in dem von der Beschwerdeführerin zitierten Erkenntnis ausgesprochen hat, dass schon eine kürzere Ortsabwesenheit (im konkreten Fall eine Woche zu Urlaubszwecken) den Charakter einer Räumlichkeit als Wohnung und damit als Abgabestelle im Sinn des § 4 Zustellgesetz aufhebt. Die Beschwerdeführerin übersieht aber, dass es sich hier um eine Betriebsstätte handelt. Der Charakter einer Räumlichkeit als Betriebsstätte bleibt solange aufrecht, als sie nicht aufgelassen wird. Derartiges wurde aber nicht behauptet.

Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Ort, an dem die Zustellung des erstbehördlichen Bescheides versucht wurde, durch den Auslandsaufenthalt des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Beschwerdeführerin seinen Charakter als Abgabestelle nicht verloren hat. Es wurde daher entsprechend der Regelung des § 17 Abs. 3 leg. cit. die Zustellung des erstbehördlichen Bescheides mit dem der innerhalb der Abholfrist erfolgten Rückkehr des handelsrechtlichen Geschäftsführers an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Ausgehend von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt, vermag der Verwaltungsgerichtshof daher in der Rechtsansicht der belangten Behörde, die in Rede stehende Berufung sei verspätet erhoben worden, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999040224.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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