Entscheidungsdatum
03.04.2018Index
L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol 81/01 WasserrechtsgesetzNorm
NatSchG Tir 2005 §7 Abs2 litb Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 28.02.2018, Zl ****, betreffend Übertretungen nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005 und dem Wasserrechtsgesetz 1959
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von Euro 360,- zu leisten.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahren:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde AA wegen der konsenslosen Errichtung eines Fischteiches auf dem Gst Nr **1, KG Z Land, und wegen der Nichtbefolgung des diesbezüglichen Auftrages gemäß § 138 Abs 1 WRG 1959 zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes vom 12.07.2017, Zl ****,
? zu Spruchpunkt 1 gemäß § 7 Abs 2 lit b Z 1 iVm § 45 Abs 1 lit a TNSchG 2005, zu einer Geldstrafe in Höhe von € 700,- bzw zu einer Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 8 Stunden,
? zu Spruchpunkt 2 gemäß § 9 Abs 1 iVm § 137 Abs 2 Z 1 WRG 1959 zu einer Geldstrafe in Höhe von € 400,- bzw zu einer Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 18 Stunden und
? zu Spruchpunkt 3 gemäß § 137 Abs 3 Z 8 WRG 1959 zu einer Geldstrafe in Höhe von € 700,- bzw zu einer Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 19 Stunde,
insgesamt also zu einer Geldstrafe in Höhe von € 1.800,- bzw zu einer Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 45 Stunden, sowie zur Bezahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von € 180,- verpflichtet.
Gegen dieses Straferkenntnis hat AA mit Schreiben vom 05.03.2018 fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und beantragt, die Strafe herabzusetzen oder allenfalls eine Ermahnung auszusprechen. Zur Begründung hat er seine wirtschaftlichen Verhältnisse ins Treffen geführt: Er sei geschieden und müsse Alimente für fünf minderjährige Kinder zahlen. Außerdem bestünden noch Schulden für die Errichtung eines Wohnhauses in Höhe von € 170.000,-. Derzeit sei er arbeitslos gemeldet. Im Sommer werde er neben der Landwirtschaft wieder als Maurer tätig sein. Im Übrigen habe er den Fischteich deshalb nicht fristgerecht zurückgebaut, da noch Jungfische im Teich gewesen seien. Überhaupt sei die Teichanlage eine Bereicherung für die Fauna.
Mit Parteiengehör vom 16.03.2018, Zl LVwG-2018/44/0589-1 und LVwG-2018/44/0590-1, hat das Landesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer sein Immobilienvermögen im Ausmaß von 303.114 m2 vorgehalten und ausgeführt, dass in Anbetracht dieses beträchtlichen Vermögens auch bei Sorgepflichten für eine geschiedene Ehefrau und fünf minderjährige Kinder sowie bei Schulden in Höhe von € 170.000,- auch bei einem allenfalls niedrigen Erwerbseinkommen keinesfalls von unterdurchschnittlichen Vermögensverhältnissen ausgegangen werden kann.
Dazu hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28.03.2018 mitgeteilt, dass das Jahreseinkommen seines landwirtschaftlichen Betriebes je Vollarbeitskraft ca € 7.600,- betrage. Er selbst sei noch bis April 2018 beim AMS gemeldet und werde anschließend seine Landwirtschaft im Vollerwerb bewirtschaften.
II. Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Gste Nr **2/4 (757 m2), **3 (3.2640 m2), **4 (186 m2), **5/7 (22 m2), **6 (25.587 m2), **7 (7.834 m2), **8 (33.204 m2), **9 (15.699 m2), **10 (34.927 m2), **11/12 (3.902 m2), **11/17 (29.608 m2), **11/22 (13.045 m2), **11/28 (29.536 m2), **12/42 (31.226 m2), **12/63 (5.249 m2), **13/1 (2.872 m2), **14 (1.790 m2), **15 (1.424 m2), **16 (966 m2), **17 (1.050 m2), **18 (1.043 m2), **19 (3.489 m2), **20 (3.172 m2), **21/1 (14.443 m2), **21/2 (180 m2), **22 (1.270 m2), **23 (3.021 m2), **24/1 (4.756 m2), **25 (130 m2), **26 (40 m2) und **27 (46 m2), alle KG Z Land.
Der Beschwerdeführer hat Sorgepflichten für eine geschiedene Ehefrau und fünf minderjährige Kinder. Er hat Schulden in der Höhe von € 170.000,- für die Errichtung eines Wohnhauses und ist noch bis April 2018 beim AMS gemeldet. Anschließend wird er seine Landwirtschaft im Vollerwerb bei einem Jahreseinkommen von ca € 7.600,- bewirtschaften.
III. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Grundbuch und dem Beschwerdevorbringen und blieben im Verfahren unbestritten.
IV. Erwägungen:
Der Beschwerdeführer hat in seinem Rechtsmittel lediglich die Höhe der verhängten Strafe bekämpft (auch beim Begehren auf Verhängung einer Ermahnung handelt es sich nur um eine Strafberufung: VwGH 22.09.1993, 93/06/0049). Die Tatvorwürfe selbst, also die konsenslose Errichtung eines Fischteiches und die Missachtung des diesbezüglichen Auftrages zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes wurden nicht bestritten. Seitens des Landesverwaltungsgerichtes ist somit lediglich über die Frage der Strafbemessung, nicht aber auch über die Frage der Schuld abzusprechen.
Bezüglich der Strafbemessung sind zunächst die für die begangenen Verwaltungsübertretungen vorgesehenen Strafrahmen von Bedeutung:
? Zu Spruchpunkt 1: Wer ein nach § 7 Abs 2 TNSchG 2005 bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne naturschutzrechtliche Bewilligung ausführt, begeht gemäß § 45 Abs 1 lit a TNSchG 2005 eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu € 30.000,- zu bestrafen.
? Zu Spruchpunkt 2: Gemäß § 137 Abs 2 Z 1 WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu € 14.530,-, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen, wer ohne gemäß § 9 Abs 1 WRG 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung Tagwässer benutzt oder der Benutzung dienende Anlagen errichtet, ändert oder betreibt.
? Zu Spruchpunkt 3: Gemäß § 137 Abs 3 Z 8 WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu € 36.340,- im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer einem ihm gemäß § 138 Abs 1 WRG 1959 erteilten Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nicht nachkommt.
Die Behörde hat den Strafrahmen zu Spruchpunkt 1 somit zu lediglich ca 2,3 %, zu Spruchpunkt 2 zu ca 2,7 % und zu Spruchpunkt 3 zu ca 1,9 % ausgeschöpft.
Nach § 19 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Bezüglich der Strafbemessung hat die belangte Behörde ausgeführt, dass der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretungen hoch und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten ausreichend seien. Als Verschuldensforum sei von Fahrlässigkeit auszugehen. Mildernd wurde nichts gewertet.
Dazu ist zunächst klarzustellen, dass zumindest hinsichtlich des Vorwurfs zu Spruchpunkt 3 von einer vorsätzlichen Tatbegehung auszugehen ist. Schließlich hat der Beschwerdeführer die Nichtbefolgung des Wiederherstellungsauftrages gemäß § 138 Abs 1 WRG 1959 damit begründet, dass er die im Teich befindlichen Jungfische nicht „vernichten“ wollte. Er hat somit den Wiederherstellungsauftrag bewusst ignoriert, um seine Fische im konsenslos errichteten Teich nicht abfischen zu müssen. Diese wissentliche Tatbegehungsform ist erschwerend zu werten.
Im Übrigen hat eine unbestrittene Grundbuchrecherche durch das Landesverwaltungsgericht ergeben, dass der Beschwerdeführer Alleineigentümer von Grundstücken im Ausmaß von über 30 ha ist. In Anbetracht dieses umfassenden Liegenschaftsvermögens fallen die offenen Schulden in Höhe von € 170.000,- für die Errichtung eines Wohnhauses – die Grundstücke des Beschwerdeführers sind zum Teil bebaut (zB das Gst Nr **2/4 als Bauland gemäß § 38 TROG 2016) – und die Sorgenpflichten sowie das unterdurchschnittliche Einkommen nicht derart relevant ins Gewicht, dass dies eine Reduzierung der ohnehin im untersten Bereich des Strafrahmens verhängten Strafen rechtfertigen würde.
Soweit der Beschwerdeführer ins Treffen führt, dass der gegenständliche Fischteich eine Bereicherung für die Fauna darstelle, wird zum einen festgehalten, dass die übertretenen Verwaltungsvorschriften nicht (primär) den Schutz der Fauna zum Ziel haben, sondern vielmehr das Umweltmedium Gewässer in seiner Gesamtheit und die am Gewässer Berechtigten vor nicht bewilligten Eingriffen schützen. Zum anderen sind bei künstlich geschaffenen Fischteichen die Grenzwerte für wässrige Emissionen aus Aquakulturanlagen gemäß der Abwasseremissionsverordnung Aquakultur, BGBl II Nr 397/2004, einzuhalten. Nur im Rahmen eines behördlichen Bewilligungsverfahrens kann sichergestellt werden, dass die Abwasseremissionen des Fischteiches zu keiner unzulässigen Beeinträchtigung der Gewässer – und damit auch zu keiner Verletzung der daran Berechtigten – führen. Ohne Durchführung eines behördlichen Bewilligungsverfahrens können die Auswirkungen des Fischteiches auf den natürlichen Tier- und Pflanzenbestand nicht beurteilt werden.
Dem Beschwerdeführer ist jedoch Recht zu geben, soweit er die zu Spruchpunkt 1 angeführte Strafnorm des § 7 Abs 2 lit b TNSchG 2005 (Bewilligungspflicht im Bereich stehender Gewässer) kritisiert. Unter Zugrundelegung des von der Behörde festgestellten Sachverhaltes wäre diesbezüglich eine zulässige (vgl VwGH 15.05.2017, 2017/17/0214) Richtigstellung der rechtlichen Grundlage des Spruchpunktes 1 erforderlich und § 7 Abs 2 lit a TNSchG 2005 (Bewilligungspflicht im Bereich fließender Gewässer) als jene Verwaltungsvorschrift anzuführen, die durch die Tat verletzt worden ist. Infolge der rechtskräftig entschiedenen Schuldfrage ist dem Landesverwaltungsgericht eine derartige Berichtigung jedoch verwehrt. Im Ergebnis würde dem Beschwerdeführer aber auch eine Berichtigung nicht zum Erfolg verhelfen, da § 7 Abs 2 lit a und b TNSchG 2005 gemäß § 45 Abs 1 lit a TNSchG 2005 dem selben Strafrahmen von € 30.000,- unterliegen.
Zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens ist anzumerken, dass gemäß § 52 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) bei der Bestätigung eines Straferkenntnisses die Verpflichtung zur Vorschreibung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 20% der verhängten Strafe besteht; auf die diesbezüglichen Bestimmungen sei hier verwiesen.
Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 3 Z 2 VwGVG verzichtet werden, da sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet und der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt hat.
Abschließend wird der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er bei der belangten Behörde einen Antrag auf Ratenzahlung einbringen kann, sofern er die Strafe auf Grund seiner finanziellen Situation nicht sofort zur Gänze bezahlen kann.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Spielmann
(Richter)
Schlagworte
Konsenslose Errichtung eines Fischteiches; Nichtbefolgung WiederherstellungsauftragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.44.0589.2Zuletzt aktualisiert am
27.04.2018