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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §63 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, auf Grund des Vorlageantrags der E A in F, vertreten durch Mag. Thomas Raneburger, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Schlossgraben 10, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 11. Jänner 2018, LVwG-458- 3/2017-R16, betreffend Zurückweisung einer Revision, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1.1. Mit Erkenntnis vom 19. September 2017 wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 26. April 2017 betreffend die Erteilung eines Aufenthaltstitels als unbegründet ab. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
1.2. Mit Beschluss vom 31. Oktober 2017 bewilligte das Verwaltungsgericht der Antragstellerin die Verfahrenshilfe gemäß § 61 Abs. 1 und 2 VwGG. Mit Bescheid des Ausschusses der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer vom 6. November 2017 wurde Mag. Thomas Raneburger zum Verfahrenshelfer bestellt.
Das Erkenntnis vom 19. September 2017 wurde dem Verfahrenshelfer am 10. November 2017 zugestellt. Die sechswöchige Revisionsfrist endete daher am 22. Dezember 2017 (einem Freitag).
1.3. Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2017, zur Post gegeben am 21. Dezember 2017, erhob der Verfahrenshelfer ordentliche Revision gegen das Erkenntnis vom 19. September 2017. Er brachte dabei die Revision unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof (als Adressat) ein, wo die Sendung am 28. Dezember 2017 einlangte.
Der Verwaltungsgerichtshof übermittelte mit Verfügung vom 29. Dezember 2017 die Eingabe gemäß § 25a Abs. 5 VwGG zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht, wo die Sendung am 2. Jänner 2018 einging.
1.4. Über Vorhalt des Verwaltungsgerichts zur Verfristung der Revision wendete die Antragstellerin ein, die rechtzeitige Einbringung der Revision ergebe sich aus der - im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof sinngemäß anzuwendenden - Bestimmung des § 63 Abs. 5 letzter Satz AVG.
2.1. Mit Beschluss vom 11. Jänner 2018 wies das Verwaltungsgericht die Revision gemäß § 30a Abs. 1 VwGG als verspätet zurück.
Das Verwaltungsgericht stellte im Wesentlichen den oben dargelegten Verfahrensablauf fest.
Rechtlich folgerte es, nach § 25a Abs. 5 VwGG sei die - innerhalb der sechswöchigen Frist ab der Zustellung bzw. allfälligen Verkündung zu erhebende - Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Werde die Revision nicht dort, sondern fehlerhaft bei einer anderen Stelle eingebracht und von dieser weitergeleitet, so sei die Revisionsfrist nur dann gewahrt, wenn der Schriftsatz vor Fristablauf beim Verwaltungsgericht einlange oder von der anderen Stelle zumindest an einen Zustelldienst zur Übermittlung an das Verwaltungsgericht übergeben werde.
Vorliegend sei die Revision am vorletzten Tag der (vom 10. November bis zum 22. Dezember 2017 laufenden) Revisionsfrist zur Post gegeben und direkt beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht worden. Die Sendung sei dort erst am 28. Dezember 2017 und damit nach Ablauf der Revisionsfrist eingelangt sowie am 29. Dezember 2017 zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht weitergeleitet worden. Demnach sei die Revision erst nach Ablauf der Revisionsfrist beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt und damit auch die Weiterleitung an das zuständige Verwaltungsgericht und die dortige Einbringung verspätet erfolgt.
Soweit die Revisionswerberin argumentiere, die Rechtzeitigkeit der Revision ergebe sich aus der analog heranzuziehenden Bestimmung des § 63 Abs. 5 letzter Satz AVG, übersehe sie, dass nach § 62 Abs. 1 VwGG das AVG nur subsidiär heranzuziehen sei und das VwGG ausdrückliche Bestimmungen zur Einbringungsstelle einer Revision enthalte, sodass eine analoge Anwendung des § 63 Abs. 5 letzter Satz AVG zu verneinen sei.
2.2. In Reaktion auf diesen Zurückweisungsbeschluss stellte die Revisionswerberin rechtzeitig einen Vorlageantrag beim Verwaltungsgericht (§ 30b Abs. 1 VwGG). Auf Grund dieses Vorlageantrags ist nunmehr der Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über die Revision berufen (vgl. VwGH 23.10.2014, Ro 2014/11/0067).
Die Revisionswerberin macht im Vorlageantrag einzig geltend, die Revision sei im Hinblick auf § 63 Abs. 5 letzter Satz AVG rechtzeitig eingebracht worden, die genannte Bestimmung sei hier anzuwenden.
3.1. Gemäß § 25a Abs. 5 VwGG ist die Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Nach § 26 Abs. 1 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision sechs Wochen. Gemäß § 26 Abs. 3 erster Satz VwGG beginnt für eine Partei, die innerhalb der Revisionsfrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt (§ 61), die Revisionsfrist mit der Zustellung des Bescheids über die Bestellung des Rechtsanwalts an diesen zu laufen.
Wird ein fristgebundenes Anbringen bei einer unzuständigen Stelle eingebracht, so erfolgt die Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters. Die Frist ist nur dann gewahrt, wenn die unzuständige Stelle das Anbringen zur Weiterleitung an die zuständige Stelle spätestens am letzten Tag der Frist einem Zustelldienst übergibt oder das Anbringen bis zu diesem Zeitpunkt bei der zuständigen Stelle einlangt (vgl. etwa VwGH 18.7.2014, Ro 2014/15/0025; 18.3.2015, Ro 2014/10/0108; je mwN).
Gemäß § 30a Abs. 1 bzw. § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist nicht zur Behandlung eignen, vom zuständigen Verwaltungsgericht bzw. vom Verwaltungsgerichtshof ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3.2. Vorliegend wurde die Revision zwar noch am 21. Dezember 2017, mithin am vorletzten Tag der - unstrittig vom 10. November bis zum 22. Dezember 2017 laufenden - sechswöchigen Revisionsfrist zur Post gegeben. Allerdings wurde die Revision - entgegen der Bestimmung des § 25a Abs. 5 VwGG (vgl. dazu auch § 24 Abs. 1 VwGG) - nicht an das Verwaltungsgericht als zuständige Einbringungsstelle, sondern an den insofern unzuständigen Verwaltungsgerichtshof (als Adressat) gesendet, wo die Eingabe am 28. Dezember 2017 und damit bereits nach Ablauf der Revisionsfrist einlangte. Die Weiterleitung der Revision (mit hg. Verfügung vom 29. Dezember 2017) an das Verwaltungsgericht als zuständige Einbringungsstelle, wo die Sendung am 2. Jänner 2018 einlangte, konnte an der Verspätung nichts mehr ändern. Demnach wurde die Revision vom Verwaltungsgericht zu Recht gemäß § 30a Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückgewiesen.
4. Soweit die Revisionswerberin die Rechtzeitigkeit der Einbringung der Revision aus § 63 Abs. 5 letzter Satz AVG ableiten will, übersieht sie, dass gemäß § 62 Abs. 1 VwGG das AVG auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nur insoweit anzuwenden ist, als im VwGG nicht anderes bestimmt ist.
Auf Grund der Bestimmungen des § 25a Abs. 5 VwGG und des § 24 Abs. 1 Z 1 VwGG (wonach Schriftsätze im Revisionsverfahren erst ab der Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof unmittelbar bei diesem einzubringen sind) ist jedoch in abschließender Weise geregelt, dass das Verwaltungsgericht als zuständige Einbringungsstelle für die Revision fungiert. Im Hinblick darauf ist die Bestimmung des § 63 Abs. 5 letzter Satz AVG nicht (sinngemäß bzw. analog) anwendbar.
5. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist mit Beschluss zurückzuweisen, wobei die gegenständliche Entscheidung an die Stelle des Zurückweisungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts tritt (vgl. VwGH 26.6.2014, Ro 2014/10/0068).
Wien, am 4. April 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2017220018.J00Im RIS seit
27.04.2018Zuletzt aktualisiert am
09.05.2018