Entscheidungsdatum
18.04.2018Norm
BBG §40Spruch
W264 2182432-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde der
XXXX , Sozialversicherungsnummer XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 12.12.2017, Pass Nr. XXXX , in der Form der Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A) Der angefochtene Bescheid in der Form der Ausstellung eines Behindertenpasses wird ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die über die Beschwerde der
XXXX , Sozialversicherungsnummer XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 12.12.2017, Pass Nr. XXXX , in der Form der Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), beschlossen:
A) Das Verfahren wird gemäß § 31 Abs 1 VwGVG eingestellt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin ist seit 27.10.2011 im Besitz eines Behindertenpasses mit der Passnummer XXXX und einem eingetragenen Grad der Behinderung von 60 vH.
2. Die Beschwerdeführerin beantragte am 5.12.2017 die Neufestsetzung des Grades der Behinderung und legte medizinische Beweismittel vor.
3. Das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten vom 6.12.2017 einer Ärztin für Allgemeinmedizin ergab einen bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesamtgrad der Behinderung von 50 vH. Unter anderem war der geringere Grad darin begründet, dass das vormals als Leiden 1 nunmehr im Leiden 2 angeführt ist und durch die Änderung der Einschätzungsverordnung um eine Stufe gesenkt wurde.
4. Der Beschwerdeführerin wurde mit Erledigung vom 12.12.2017 ein Behindertenpass mit dem neu eingetragenen Grad der Behinderung von 50 vH übermittelt.
5. Im vorgelegten Akt ist ein Aktenvermerk einliegend, wonach die Partei wegen Namensänderung (von " XXXX " wieder zum vormals geführten Namen " XXXX ") keinen Behindertenpass innegehabt habe und die Beschwerdeführerin den Behindertenpass in Scheckkartenformat mit der Eintragung des GdB von 60% erhalten habe, nicht aber die Mitteilung.
6. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin aus, dass sie hiermit ihren Antrag auf Neufestsetzung vom 5.12.2017 zurückziehe und einen Behindertenpass in Scheckkartenformat mit der Eintragung des bisherigen Grades der Behinderung iHv 60% begehre.
7. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht den bezughabenden Akt mit Beschwerdevorlageschreiben vom 10.1.2018 zur Entscheidung vor und langte dieser noch am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der verfahrensleitende Antrag vom 5.12.2017 wurde in der Beschwerde vom 5.1.2018 ausdrücklich zurückgezogen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung über die Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages ergibt sich aus der im durch die Behörde vorgelegten Fremdakt befindlichen Beschwerde der Beschwerdeführerin, in welcher sie ausdrücklich erklärt, dass sie hiermit ihren Neufestsetzungsantrag vom 5.12.2017 zurückziehe.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die maßgeblichen formellrechtlichen Rechtsgrundlagen sind jene des Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) und des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG).
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im Bundesbehindertengesetz (BBG) normiert § 45 Abs. 3, dass in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses oder auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grad der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen hat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor und war entsprechend dem § 45 Abs. 4 ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundiger Laienrichter hinzuzuziehen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte - mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes - ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Ad Spruchpunkt A) des Erkenntnisses:
Behebung des Bescheides in der Form der Ausstellung eines Behindertenpasses
Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne des § 28 Abs 2 Z 1 VwGVG fest.
Gemäß § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden. Die Zurückziehung eines Antrages ist so lange möglich, als dieser noch unerledigt ist. Dies bedeutet für jene Fälle, in denen der verfahrenseinleitende Antrag auf die Einleitung eines mit Bescheid abzuschließenden Verfahrens gerichtet ist, dass eine Antragszurückziehung bis zur Bescheiderlassung, im Fall einer Berufung, auch bis zur Erlassung des Berufungsbescheides möglich ist. Diese zum früheren Berufungsverfahren vor den Verwaltungsbehörden ergangene Rechtsprechung ist auf das seit 1.1.2014 bestehende Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten zu übertragen (VwGH vom 6.7.2016, Ra 2016/08/0041 mwN).
Die Zurückziehung des ursprünglichen Antrages während des Beschwerdeverfahrens bewirkt den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung eines Bescheides und damit nachträglich seine Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht ist damit angehalten, den bekämpften Bescheid ersatzlos aufzuheben (vgl. VwGH vom 23.1.2014, 2013/07/0235; VwGH vom 19.11.2014, Ra 2014/22/0016 und VwGH vom 12.9.2016, Ra 2014/04/0037).
§ 41 Abs 3 BBG normiert, dass ein Bescheid nur dann zu erteilen ist, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß § 45 Abs 2 BBG Bescheidcharakter zu.
Im vorliegenden Fall einer noch offenen Beschwerde hat die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ihren ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrag zurückgezogen. Einem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß § 42 Abs 2 Bescheidcharakter zu. Der von der Beschwerdeführerin bekämpfte Bescheid vom 12.12.2017 in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 vH war somit ersatzlos zu beheben.
Gemäß § 43 Abs 1 BBG ist der ausgestellte Behindertenpass mit dem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 vH von der belangten Behörde einzuziehen.
Ad Spruchpunkt A) des Beschlusses:
Einstellung des Verfahrens:
Da die Beschwerdeführerin den verfahrenseinleitenden Antrag zurückgezogen hat und der angefochtene Bescheid, in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses, ersatzlos behoben wurde, ist der Beschwerdegegenstand vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr gegeben.
Nach der Rechtsprechung des VwGH geht aus den Bestimmungen des § 28 Abs 1 und
§ 31 Abs 1 VwGVG hervor, dass eine bloß formlose Beendigung eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt (vgl. VwGH vom 29.4.2015, Fr 2014/20/0047). Daher war das Verfahren mit Beschluss einzustellen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im vorliegenden Fall betreffen die ersatzlose Behebung auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen und wird in diesem Zusammenhang auf VwGH 23.1.2014, 2013/07/0235 hingewiesen und ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die ersatzlose Behebung des Bescheides in der Form der Ausstellung eines Behindertenpasses gegeben sind und das Verfahren mit Beschluss einzustellen ist. Diesbezüglich wurde ebenfalls auf die klare Rechtsprechung, betreffend eine Einstellung des Verfahrens bei Wegfall der Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichtes, die sich aus der Entscheidung des VwGH 29.4.2015, Fr 2014/20/0047 ergibt, verwiesen.
Schlagworte
Antragszurückziehung, Einstellung, ersatzlose BehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W264.2182432.1.00Zuletzt aktualisiert am
27.04.2018