TE Bvwg Beschluss 2018/4/18 W255 2151312-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.04.2018
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Entscheidungsdatum

18.04.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W255 2151312-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2018, Zahl 1086391403, Verf. Zahl 180287738, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA.

Afghanistan:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

1. Verfahrensgang:

Erstes (vorangegangenes) Asylverfahren:

1.1. Der Antragsteller (im Folgenden: AS) reiste Anfang September 2015 illegal in Österreich ein und stellte am 09.09.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Bei seiner Erstbefragung durch die Landespolizeidirektion Niederösterreich am 10.09.2015 führte der AS als Fluchtgrund an, dass er in Afghanistan in der Provinz XXXX geboren worden sei und ab etwa dem fünften Lebensjahr in XXXX , Iran, gelebt habe. Zu seinem Fluchtgrund gab der AS an, dass er den Iran habe verlassen müssen, da er Probleme mit seinem Vater gehabt habe. Sein Vater habe von ihm verlangt, dass er arbeiten gehe. Der AS hingegen habe die Schule besuchen wollen.

1.3. Am 21.11.2015 wurde der AS eine Untersuchung zwecks Feststellung seiner Minder- bzw. Volljährigkeit unterzogen. Der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) beauftragte gerichtsmedizinische Gutachter kam zum Schluss, dass das vom AS angegebene Geburtsdatum ( XXXX ) mit dem festgestellten Mindestalter bzw. fiktivem Geburtsdatum vereinbar sei und die Differenz nur 78 Tage betrage.

1.4. Am 08.09.2016 wurde der AS vom BFA, Regionaldirektion Niederösterreich, im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Farsi einvernommen. Dabei gab der AS an, gesund zu sein, in XXXX , Iran, geboren zu sein und noch nie in Afghanistan gewesen zu sein. Er sei schiitischer Muslim und Hazara. Der AS habe im Iran gemeinsam mit seinem Vater und dessen Frau gelebt. Seine Eltern hätten sich scheiden lassen und der AS wisse nicht, wo sich seine Mutter befinde. Der AS habe 10 Jahre die Schule in Qom besucht und sei danach auf Baustellen als Hilfsarbeiter arbeiten gegangen. Er habe keine Angehörigen mehr in seiner Heimat; seine Familie stamme aus der Provinz XXXX . Der AS wisse nicht, warum sein Vater Afghanistan verlassen habe. Er selbst habe keine Fluchtgründe betreffend Afghanistan. Der AS habe den Iran aus wirtschaftlichen Gründen verlassen. Der AS habe in die Schule gehen wollen. Er habe Probleme mit seinem Vater gehabt. Dieser habe den AS zwingen wollen, arbeiten zu gehen. Ein paar Freunde des AS seien vom Iran nach Afghanistan, konkret nach XXXX übersiedelt. Mit diesen stehe der AS in Kontakt. Er rufe sie ab und zu an, könne aber nicht angeben, wie oft. Seine Freunde würden eine Schule in XXXX besuchen. Er würde aber nicht bei ihnen leben können. Er wisse auch nicht, wo genau in XXXX sie leben würden.

1.5. Mit Bescheid vom 06.03.2017, Zl. 1086391403-151307077, wies das BFA den Antrag des AS auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 1 iVm. § 9 ASA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem AS nicht erteilt und es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des AS nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt IV.).

Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das BFA aus, dass der AS keine Fluchtgründe für sein Herkunftsland Afghanistan vorgebracht habe. Dem AS stehe eine interne Fluchtalternative für die Stadt XXXX offen, da der AS dort über soziale Anknüpfungspunkte (Freunde aus dem Iran) verfüge.

1.6. Gegen den unter 1.5. genannten Bescheid erhob der AS fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die belangte Behörde habe es gänzlich außer Acht gelassen, dass der AS zum Zeitpunkt seiner Flucht sein ganzes Leben im Iran verbracht habe. Sie habe sich nicht einmal mit der Tatsache auseinander gesetzt, dass der AS über keine Sozialisierung in Afghanistan verfüge. Der AS habe seine ganze Sozialisation und persönliche Entwicklung im Iran erfahren, wo er aufhältig gewesen sei. Der AS sei nie in Afghanistan gewesen; er kenne das Land nicht. Der AS habe daher keine sozialen Anknüpfungspunkte in Afghanistan und eine Rückkehr nach Afghanistan wäre daher eine Verletzung von Art. 3

EMRK.

1.7. Am 27.03.2017 langte eine Beschwerdeergänzung ein, in der der AS auf die Situation der Hazara in Afghanistan hinwies und vorbrachte, dass der bekämpfte Bescheid überhaupt keine klaren Feststellungen dazu enthalten habe. Mit ihren rechtlichen Ausführungen verkenne die belangte Behörde, dass die Zugehörigkeit zu einer ethnisch-religiös definierten Volksgruppe (schiitischer Hazara) einen Asylgrund darstelle. Ferner wies der AS darauf hin, dass Waisen, Straßenkinder und auf sich allein gestellte Jugendliche eine "soziale Gruppe" im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention darstellen würden.

1.8. Am 09.11.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Farsi und der Rechtsvertreterin des AS eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Dabei gab der AS an, in XXXX , Iran, geboren und aufgewachsen zu sein. Der AS sei noch nie in Afghanistan gewesen. Er sei ca. vier bis fünf Jahre im Iran in die Schule gegangen, sei jedoch aus der Schule geworfen worden, weil er keine Aufenthaltsdokumente besessen habe. Er habe sieben bis acht Jahre im Iran am Bau gearbeitet. Der Vater, die Stiefmutter, drei Stiefschwestern und zwei Stiefbrüder des AS würden in XXXX leben. Er habe keine leibliche Mutter bzw. wisse noch, wo diese sei und habe keine leiblichen Geschwister. Der AS stehe mit seinem Vater nicht in Kontakt. Mit seiner Stiefmutter nehme er manchmal Kontakt auf. Da er mit seinem Vater kein Verhältnis habe, sei auch der Kontakt zu seiner Stieffamilie gering. Der Vater habe den AS gegen dessen Willen im Iran gezwungen, am Bau zu arbeiten. Daher habe er eine schlechte Beziehung zu diesem. Der AS wisse nicht, wie es seiner Stieffamilie finanziell gehe. Er habe nie Geld von ihr bekommen. Sein Vater arbeite auf Baustellen und seine Stiefmutter sei Schneiderin. Der AS habe keine Familienangehörigen in Afghanistan aber drei Freunde, die als Studenten in der Stadt XXXX leben und mit denen der AS in Kontakt stehe. Der Hauptgrund für die Ausreise des AS aus dem Iran sei gewesen, dass er Schulbildung bekommen habe wolle. Zudem habe er ein schlechtes Verhältnis mit seinem Vater gehabt. Der AS habe niemanden in Afghanistan, der ihm eine Bleibe zur Verfügung stellen bzw. ihn unterstützen können würde. Er würde auf der Straße leben müssen, wo die Gefahr bestünde, dass er drogenabhängig werde oder bei einem Selbstmordattentat ums Leben komme. Seine Freunde seien von ihren Eltern nach XXXX geschickt worden, um dort zu studieren. Sie würden von ihren Eltern finanziell unterstützt. Die Situation des AS unterscheide sich massiv von der seiner Freunde. Er werde von niemandem unterstützt. Der rechtsfreundlichen Vertretung des AS wurde ein Auszug des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation vom 02.03.2017 (letzte Kurzinfo eingefügt am 25.09.2017) übergeben und eine Frist zur Stellungnahme bis längstens 23.11.2017 eingeräumt.

Der AS habe keine Familienangehörigen in Österreich. Er habe nach seiner Einreise in Österreich ca. ein Jahr bei einer österreichischen Familie gelebt. Er habe keinen Zugang zu einem Deutschkurs gehabt. Die Familie sei sehr bemüht gewesen, ihn in einer Schule anzumelden, aber in dem Dorf habe es nur eine Volksschule gegeben, die den AS mit seinen 17 Jahren nicht aufgenommen habe. Der AS habe in diesem einen Jahr Deutsch mit dieser Familie gelernt. Dann habe er einen Deutschkurs besucht, der einmal in zwei Wochen stattgefunden habe. Der AS habe eine A2 Prüfung gemacht und bestanden. Der AS habe die österreichische Familie, die ihn aufgenommen habe, bei ihrer Arbeit auf der Tankstelle unterstützt, ohne hierfür Geld erhalten zu haben. Er habe sich sonst nicht ehrenamtlich engagiert. Er würde in einer der elf Tankstellen seiner österreichischen Familie arbeiten dürfen, wenn er einen positiven Status erhalte. Der AS gehe nun in die Schule und wolle gerne eine Ausbildung als Krankenpfleger machen. Er habe viele österreichische Freunde. Der AS habe alles vorgebracht, was ihm wichtig gewesen sei.

1.9. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.11.2017, GZ W123 2151312-1/9E, wurde die Beschwerde des AS gegen den unter 1.6. genannten Bescheid des BFA als unbegründet abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass der AS afghanischer Staatsangehöriger sei und der Volksgruppe der Hazara angehöre. Der AS sei im Iran geboren und aufgewachsen und habe dort insgesamt zehn Jahre die Schule besucht. Der AS habe insgesamt ca. sieben bis acht Jahre am Bau gearbeitet. Die Familienangehörigen des AS würden im Iran leben. Der AS habe mit seiner Stiefmutter gelegentlich Kontakt. Der AS sei niemals in Afghanistan gewesen und habe auch keine Familienangehörigen in Afghanistan. Der AS verfüge über drei Freunde, die in der Hauptstadt XXXX leben würden. Die drei Freunde des AS seien vom Iran nach Afghanistan, Hauptstadt XXXX , gezogen und würden dort ohne Familienangehörige leben; deren Eltern würden weiterhin im Iran leben.

Der AS habe keine Familienangehörigen in Österreich. Der AS spreche schon Deutsch und habe einige Fragen des Richters in der mündlichen Verhandlung auf Deutsch verstanden. Jedoch habe der AS kein Deutschzertifikat vorweisen können. Der AS habe bei einer österreichischen Familie, die mehrere Tankstellen besitze, auf einer Tankstelle unentgeltlich gearbeitet. Sonstige ehrenamtliche Arbeiten habe der AS nicht ausgeführt. Der AS sei nicht im Besitz einer schriftlichen Einstellungszusage eines Dienstgebers. Er sei nicht Mitglied in einem Verein. Der AS habe österreichische Freunde. Der AS sei strafrechtlich unbescholten. Der AS sei gesund.

Es könne nicht festgestellt werden, dass der AS in Afghanistan aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit verfolgt werden würde.

Es könne nicht festgestellt werden, dass dem AS im Falle der Rückkehr in die Stadt XXXX ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde. Bei einer Rückkehr könne er mit finanzieller Hilfe seiner im Iran lebenden Familienangehörigen rechnen. Ferner könne der AS mit der Unterstützung seiner drei in XXXX befindlichen Freunde rechnen, womit ihm aber der Aufbau einer Existenzgrundlage in XXXX möglich sei. Seine Existenz würde er dort - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern können. Er sei auch in der Lage, in XXXX eine einfache Unterkunft zu finden. Der AS habe zunächst auch die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Der AS könne die Stadt XXXX von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen.

Das Bundesverwaltungsgericht stützte diese Entscheidung auf aktuelle Länderfeststellungen, denen der AS und seine rechtsfreundliche Vertreterin nicht entgegengetreten sind.

1.10. Gegen das unter Punkt 1.9. genannte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erhob der AS fristgerecht Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

1.11. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27.02.2018, E 106/2018-5, wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Zweites (gegenständliches) Asylverfahren:

1.12. Mit Bescheid vom 22.03.2018 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG über den AS zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet.

1.13. Am 23.03.2018 stellte der AS aus der Schubhaft seinen (gegenständlichen) zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Wien die niederschriftliche Erstbefragung des AS statt. Dabei gab der AS an, dass er, seitdem er in Österreich lebe (September 2015), kein Muslim mehr sein wolle. Als er 2017 noch in XXXX gewohnt habe, habe er in Interview mit einem Journalisten einer XXXX Zeitung gehabt. Diesem Journalisten habe der AS mitgeteilt, dass er kein Muslim mehr sei. Er sei vom Islam ausgetreten. Dies sei in einem Artikel in der Zeitung veröffentlicht worden. Diesen Artikel habe der AS mit seinem Smartphone abfotografiert und an einige seiner Freunde weitergeleitet. Seine Freunde hätten dieses Bild auch an andere Kontakte, unter anderem nach Afghanistan und in den Iran, versendet. Der AS könne nicht nach Afghanistan zurückkehren, da er noch nie dort gewesen sei. Er kenne die Sprache nicht. Sie würden ihn töten, weil er kein Muslim mehr sei. Er würde auch im Iran aufgrund seines Religionsaustrittes getötet werden. Der AS sei durch seinen Österreichaufenthalt deutlich erkennbar westlich geprägt, was sich in seiner Schulbildung, seiner Kleidung und seinem Bekenntnis zur Religionsfreiheit und Frauenrechten niederschlage. Er wolle einmal eine Frau heiraten, die kein Kopftuch trage und sich auf der Straße frei bewegen könne. Er wolle, dass seine Kinder einmal freien Zugang zu Bildung haben und nicht Angst vor Entführungen oder Säureangriffe durch die Taliban. Der AS sei in Österreich hervorragend integriert. Seine Schulkameraden, Lehrer und auch der Schuldirektor würden geschlossen hinter ihm stehen. Von den Familien XXXX und XXXX würde er wie ein Familienmitglied behandelt. Sie hätten ihm auch eine verbindliche Einstellungszusage erteilt und zwar im Tankstellenunternehmen des Herrn XXXX sowie in der XXXX , bei der Frau XXXX Geschäftsführerin sei. Der AS interessiere sich sehr für Literatur und besuche wöchentlich den Buchhändler XXXX , wo er Bücher lesen und über Literatur sprechen könne. Er lese Bücher über verschiedene Glaubensrichtungen, weil er sich erkundigen wolle, welcher Religion er in Zukunft angehören wolle. Im Moment neige er sehr zum Christentum, wolle aber noch mehrere Bücher lesen. Wenn er sich dann entschieden habe, wolle er sich taufen lassen. Dies wäre in Afghanistan undenkbar. Die Religionslehrerin seiner Schule unterstütze ihn bei diesem Prozess. Seit er in Österreich sei, habe er ein freies Leben. In Afghanistan würde er von den Taliban wegen seines westlichen Lebensstils und seiner Überzeugungen verfolgt werden. Da der besagte Zeitungsartikel bis nach Afghanistan verbreitet worden sei, sei dort allgemein bekannt, dass der AS den Islam verlassen habe. Ihn erwarte die Todesstrafe. Dem AS sei erst in den letzten Wochen voll bewusst worden, dass er nun einen Grad der Verwestlichung angenommen habe, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu führen würde, dass sie ihn in Afghanistan töten würde. Auch sei dem AS jetzt erst wirklich bewusst geworden, dass das Versenden des Zeitungsartikels für ihn sehr gefährlich gewesen sei. Er sei überzeugt gewesen, dass er wegen seiner bisherigen Asylgründe in Österreich bleiben könne. Erst durch die zweite rechtskräftige negative Entscheidung sei ihm bewusst und denke er ständig daran, dass er in Afghanistan getötet werde, weil er diesen Zeitungsartikel versendet habe und weil er nun vollständig westlich geprägt und sozialisiert sei.

1.14. Mit Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG vom 23.03.2018 wurde festgestellt, dass die Anhaltung des AS in Schubhaft für die Höchstdauer aufrecht bleibe.

1.15. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 29.03.2018 wurde dem AS mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sowie seinen faktischen Abschiebeschutz aufzuheben.

1.16. Mit Schreiben vom 27.03.2018 und 28.03.2018 legte der rechtsfreundliche Vertreter des AS einen Zeitungsartikel der XXXX vom XXXX mit dem Titel " XXXX ", fünf Unterstützungsschreiben von Privatpersonen, Fotos, die den AS in Österreich bei verschiedenen Aktivitäten zeigen, eine Einstellungszusage der XXXX für den AS als Behindertenhelfer mit einem Bruttolohn von EUR 1.855,87 monatlich, eine Einstellungszusage als Tankstellenmitarbeiter mit einem Bruttolohn von EUR 1.540,- monatlich sowie eine Unterhaltszusage einer Privatperson vor.

1.17. Am 11.04.2018 wurde der AS vor dem BFA, Erstaufnahmestelle Ost, einvernommen. Dabei gab der AS an, gesund zu sein. Sein Großvater sei aus Afghanistan. Der AS sei im Iran geboren und kenne sich in Afghanistan nicht aus. Er könne nicht nach Afghanistan zurückkehren, da er kein Muslim sei. Jemand, der vom Islam abfalle, werde mit der Todesstrafe bestraft. Wenn er von hier aus nach Afghanistan zurückgeschickt werde, so könne er nicht einfach ein Leben, wie es dort üblich sei, führen. Dort würde er getötet werden. Hier befinde sich seine österreichische Familie. Er habe hier einen Beruf. Sein Leben finde hier statt, die Schule, seine Ausbildung. Er könne nicht das, was er sich aufgebaut habe, einfach so aufgeben und nach Afghanistan zurückkehren. Er habe sich mit dem Islam auseinandergesetzt. Es gebe viele Punkte, die er für sich ablehne. Er wolle ein Leben hier führen und mit seiner Ausbildung weitermachen. Er wolle hier eine Familie gründen, eine Frau kennenlernen und Kinder bekommen. Er wolle, dass seine Frau und er ein freies Leben führen. Seine Frau solle keinen Schleier tragen müssen. In Afghanistan sei das unmöglich. Er wolle, dass seine Frau Zugang zu Bildung habe. Seine Ehefrau solle alle Rechte und Freiheiten, die hier selbstverständlich seien, ausleben. Diese Rechte, von denen er spreche, würden in Ländern wie Afghanistan nicht existieren. Er habe hier die Möglichkeit, Religionsunterricht zu erhalten. Er sei müde vom Islam. All das, was wer gesagt habe, sei in Afghanistan unvorstellbar. Er habe sich nach seiner Einreise in Österreich mit dem Islam auseinandergesetzt und festgestellt, dass er nichts mehr mit dem Islam zu tun haben wolle. Es gebe keine Austrittserklärung. Er sei noch in der Selbstfindungsphase. Er wolle sich mit anderen Religionen auseinandersetzen, um herauszufinden, welche Religion ihm zusagen. Er sei zurzeit ohne Bekenntnis. Er habe im Jahr 2015 begonnen, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Im Jahr 2017 habe er mit dem Islam abgeschlossen. Er habe in XXXX gelebt. Dort sei er von einem Reporter interviewt worden. In der Zeitung stehe drinnen, dass er kein Muslim mehr sei. Ob er in dem Artikel namentlich erwähnt werde, wisse er nicht. Er habe das Foto in der Zeitung seinen im Iran lebenden Freunden geschickt. Diese hätten das Foto an ihre Bekannten nach XXXX weitergeschickt. Der AS habe damals eine Diskussion mit diesen Freunden gehabt. Er habe ihnen erzählt, dass er nicht mehr zum Islam gehöre. Sie hätten sich an ihm gerächt. Deswegen hätten sie sein Foto weitergeschickt. Auf Vorhalt, in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nichts davon erwähnt zu haben, gab der AS an, dass ihm diese Frage nicht gestellt worden sei.

Auf Befragung durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter gab der AS an, abzulehnen, dass Frauen gezwungen werden, einen Schleier zu tragen, täglich beten zu müssen, täglich den Koran rezitieren zu müssen und dass Frauen keine Rechte hätten. Im Fall der Rückkehr nach Afghanistan würden die Taliban ihm Spionage unterstellen und ihn töten. Der rechtsfreundliche Vertreter legte ein auf den Namen des AS ausgestelltes Sparbuch mit einem Guthaben iHv EUR 11.000 sowie Fotos, die Terroranschläge in XXXX zeigen, vor.

Dem AS wurden Länderfeststellungen zu Afghanistan übersetzt und zur Kenntnis gebracht. Er verzichtete darauf, diesbezüglich eine Stellungnahme abzugeben.

Das BFA verkündete gemäß § 12a Abs. 2 iVm. § 22 Abs. 10 AsylG mündlich den Bescheid, dass der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben werde. Begründend führte das BFA aus, dass das Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig negativ über den ersten Asylantrag (bzw. die Beschwerde gegen den diesbezüglich negativen Bescheid) entschieden habe und die Behandlung der Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof abgelehnt worden sei. Der AS sei seit 26.01.2018 in Österreich ohne behördliche Meldung. Er habe am 23.03.2018 im Stande der Schubhaft im Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel eine Folgeantrag gestellt. Dieser Folgeantrag werde voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Unter Beachtung sämtlicher bekannter Tatsachen könne kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 2, 3 und Art. 8 EMRK erkannt werden. Dieser Entscheidung wurden aktuelle Länderfeststellungen zu Afghanistan (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA zu Afghanistan mit Stand vom Jänner 2018) zugrunde gelegt. In der Rechtsmittelbelehrung dieses mündlich verkündeten und im Verhandlungsprotokoll schriftlich festgehaltenen Bescheides wurde darauf hingewiesen, dass die Beurkundung als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gelte. Die Verwaltungsakten würden unverzüglich von Amts wegen dem Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung übermittelt. Dies gelte als Beschwerde.

1.18. Mit Stellungnahme vom 11.04.2018 führte der rechtsfreundliche Vertreter des AS aus, dass es in XXXX beinahe wöchentlich zu Anschlägen komme und die katastrophale Sicherheitssituation evident sei. In ganz Afghanistan sei die Verschlechterung der Sicherheitslage eklatant. Für Rückkehrer sei ein soziales Netz unentbehrlich. 40% der Bevölkerung sei von der unsicheren Nahrungsmittelversorgung betroffen. Der AS habe kein soziales Netz in Afghanistan. Seine gesamte Familie lebe im Iran. In Afghanistan wäre ihm die Existenzgrundlage völlig entzogen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne der GFK sei nicht gewährleistet. Der AS sei von einer drohenden Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und Art 3 EMRK bedroht. Aus diesen Gründen könne die zuständige Behörde nur bei denkunmöglicher Gesetzesanwendung den Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufheben. Der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes stehe jedenfalls die drohende Verletzung seiner Rechte nach Art. 2, 3 und 8 EMRK gemä0ß § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG entgegen.

2. Feststellungen:

Der Antragsteller ist Staatsangehöriger Afghanistans.

Das vom Antragsteller mit Antrag vom 09.09.2015 angestrengte und zu Zl. 1086391403-151307077 (BFA) bzw. W123 2151312-1 (BVwG) geführte (erste) Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.11.2017 negativ abgeschlossen. Mit diesem Erkenntnis wurde zugleich eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen.

Das Erkenntnis wurde dem Antragsteller am 28.11.2017 durch Übermittlung an den damaligen ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt.

Der Antragsteller verfügte von 27.01.2018 bis 21.03.2018 über keine aufrechte Meldung im österreichischen Bundesgebiet.

Mit Bescheid des BFA vom 22.03.2018 wurde über den Antragsteller zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet. Der Antragsteller befand sich von 22.03.2018 bis 13.04.2018 in Schubhaft.

Am 23.03.2018 stellte der Antragsteller aus der Schubhaft seinen zweiten (gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz. Dieser zweite (gegenständliche) Antrag auf internationalen Schutz wurde damit begründet, dass sich der Antragsteller vom Islam abgewendet habe und zwischenzeitlich über eine westliche Verhaltensweise verfügen würde.

Der Antragsteller ist seit 2 1/2 Jahren in Österreich aufhältig. Der Antragsteller verfügt über keine Verwandten in Österreich. Er führt keine Lebensgemeinschaft mit einer in Österreich wohnhaften Person. Der Antragsteller verfügt in Österreich über eine starke Unterstützung, insbesondere durch zwei befreundete Familien und weitere Freunde, die sich gegenüber dem BFA bereit erklärt haben, den Antragsteller bei sich wohnen zu lassen und ihn für den Fall der Erteilung eines entsprechenden Aufenthaltstitels bei sich bzw. ihren Unternehmen einzustellen. Der Antragsteller hat bisher in Österreich in der Tankstelle, die einer jener Familien gehört, die ihn unterstützen, ausgeholfen, ohne hierfür bezahlt worden zu sein. Er ist bisher keiner bezahlten Erwerbstätigkeit in Österreich nachgegangen und hat sich auch nicht ehrenamtlich engagiert. Der Antragsteller verfügt über - gemessen an seiner kurzen Aufenthaltsdauer in Österreich - gute Deutschsprachkenntnisse. Er ist nicht Mitglied in einem Verein in Österreich. Er ist strafgerichtlich unbescholten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass sich der Antragsteller mit innerer Überzeugung vom Islam abgewendet hat und dies in Afghanistan weit verbreitet wurde. Es kann nicht festgestellt werden, dass der AS aufgrund einer (nicht feststellbaren) Abkehr vom Islam in Afghanistan im Falle der Rückkehr bedroht würde.

Eine Konversion zum Christentum ist durch den Antragsteller bisher nicht erfolgt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass sich der Antragsteller mit innerer Überzeugung vom Islam abgewendet hat und dies in Afghanistan weit verbreitet wurde. Es kann nicht festgestellt werden, dass der ASaufgrund einer (nicht feststellbaren) Abkehr vom Islam in Afghanistan im Falle der Rückkehr bedroht würde.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der AS im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan auf Grund einer "westlichen" Orientierung bzw. seiner "westlichen" persönlichen Wertehaltung, Lebensweise und politischen Überzeugung in Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre. Es kann nicht festgestellt werden, dass konkret der AS über eine ausgeprägte und im Vergleich zu anderen jungen afghanischen Menschen in irgend einer Art exponierte "westliche" Orientierung bzw. "westliche", persönliche Wertehaltung, Lebensweise und politische Überzeugung verfügt oder eine solche integrer Bestandteil seiner Identität geworden wäre.

Es kann nicht festgestellt werden, dass sich eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes seit rechtskräftiger Erledigung des Erstantrages vom 28.11.2017 ergeben hätte.

Hinweise auf gesundheitliche Probleme liegen nicht vor und wurden vom Antragsteller auch nicht behauptet.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat bzw. in XXXX ist zwischenzeitlich nicht eingetreten.

3. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Antragstellers, zum Gang des ersten Asylverfahrens sowie des gegenständlichen Verfahrens wurden auf Grundlage des in Rechtskraft erwachsenen oben zitierten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.11.2017 sowie der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde getroffen.

Die Rechtskraft des Erkenntnisses mit dem über den Antrag des Antragstellers vom 09.09.2015 negativ entschieden wurde und zugleich eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, ergibt sich daraus, dass das Erkenntnis am 22.11.2017 dem (damaligen) rechtsfreundlichen Vertreter des AS am 28.11.2017 zugestellt wurde. Der Rückschein über die erfolgte Zustellung liegt im Akt auf.

Die Feststellungen zur Antragsbegründung des Antragstellers im zweiten Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz gründen auf der Erstbefragung durch Organe der Sicherheitspolizei am 23.03.2018 sowie der Einvernahme durch Organe des BFA vom 11.04.2018.

Die Feststellung zur Schubhaft ergibt sich aus dem durch die belangte Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, in welchem der Amtsvermerk sowie der Mandatsbescheid über die verhängte Schubhaft vom 22.03.2018 einliegen.

Die Negativfeststellung im Hinblick auf eine "westlich" geprägte Verhaltensweise stützt sich darauf, dass eine darauf basierende Gefährdung lediglich pauschal behauptet, nicht jedoch substantiiert dargelegt wurde. Es wird nicht verkannt, dass der AS durchaus Integrationsfortschritte in Österreich gemacht hat. Dies ist aber nicht gleichzusetzen damit, dass er eine "westliche" Verhaltensweise tief verinnerlicht hätte und über eine "westliche" Identität verfügen würde. Derartiges wurde vom AS auch nicht konkret dargelegt. Aus den Angaben des AS gegenüber dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht lässt sich ableiten, dass es der AS schätzt, in Österreich gewisse Rechte/Freiheiten zu haben, die er in Afghanistan in diesem Ausmaß nicht hätte, sondern derzeit selbst auf der Suche nach für ihn persönlich passenden Antworten für sein Leben ist und keineswegs ausstrahlt, eine vermeintlich "westliche" Identität bereits angenommen zu haben und danach zu leben. Die diesbezügliche Behauptung ist daher viel zu vage und lässt offen, warum - und aus welcher Annahme konkret - der AS im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevanter Verfolgung aufgrund seiner - sinngemäß - behaupteten Zugehörigkeit zur Gruppe der "westernized people" ausgesetzt sein sollte.

Die Negativfeststellung, dass eine Konversion bis dato noch nicht erfolgt ist und nicht festgestellt werden kann, dass sich der Antragsteller mit innerer Überzeugung vom Islam abgewendet hat und dies in Afghanistan weit verbreitet wurde sowie, dass nicht festgestellt werden kann, dass der AS aufgrund einer (nicht feststellbaren) Abkehr vom Islam in Afghanistan im Falle der Rückkehr bedroht würde, beruht auf folgenden Erwägungen:

Im nunmehr am 23.03.2018 angestrengten zweiten Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz brachte der Antragsteller erstmals vor, dass er sich vom Islam abgewendet habe und kein Muslim mehr sei. Folgt man seinen weiteren Ausführungen, so habe er sich seit seiner Einreise in Österreich im September 2015 mit dem Islam und anderen Religionen auseinandergesetzt und sei seit seiner Einreise in Österreich im September 2015 kein Muslim mehr. Im Jahr 2017 sei in einer XXXX Zeitung ein Artikel erschienen, in dem davon berichtet worden sei, dass sich der AS vom Islam abgewendet habe. Diesen Artikel, samt Foto des AS, habe der AS seinen Bekannten im Iran und Afghanistan geschickt und diese hätten ihn an andere Personen weitergeleitet, um dem AS zu schaden. Würde der AS nach Afghanistan zurückkehren, würde ihm aus diesem Grund einerseits die Todesstrafe und andererseits Verfolgung durch die Taliban drohen.

Entgegen der Behauptung des AS, seit September 2015 kein Muslim mehr zu sein, hat der AS im ersten Asylverfahren nicht nur zur Gänze verschwiegen, sich je kritisch mit dem Islam befasst zu haben (geschweige denn, sich von diesem abgewendet zu haben), sondern selbst auf Befragung gegenüber den Asylbehörden angeführt, schiitischer Muslim zu sein. Sogar in der Beschwerdeergänzung vom 27.03.2017 wurde von der (damaligen) rechtsfreundlichen Vertretung extra auf die dem AS in Afghanistan drohende Gefahr aufgrund seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit (Hazara und schiitischer Muslim) hingewiesen ("Mit ihren rechtlichen Ausführungen verkennt die belangte Behörde, dass die Zugehörigkeit zu einer ethnisch-religiös definierten Volksgruppe (schiitischer Hazara) einen Asylgrund darstellt."), jedoch mit keinem Wort erwähnt, dass sich der AS in kritischer Weise mit dem Islam beschäftigen würde.

Jener Artikel, auf den sich der AS bezieht, wurde am XXXX in den XXXX unter dem Titel " XXXX " veröffentlicht. Der Artikel bezieht sich auf vier namentlich nicht genannte Asylwerber aus Afghanistan, die nun ihre Bleibe in XXXX gefunden und sich sehr gut integriert hätten. Einer der jungen Männer sei in XXXX in einer Kirche sehr engagiert. In den Artikel wurde ein Foto einer Frau, die sich für die vier Asylwerber engagiert, samt drei dieser vier Asylwerber (darunter der AS) integriert.

Der Artikel ist somit 2 1/2 Monate vor der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anlässlich des ersten Antrags auf internationalen Schutzes des AS und 3 Monate vor dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erschienen. Dennoch wurde weder dieser Artikel, noch dessen angebliche Weiterleitung durch den AS an dessen Bekannte, noch deren angebliche Weiterleitung an weitere unbekannte Personen vom AS nur ansatzweise thematisiert. Die Frage des Richters des Bundesverwaltungsgerichts am 09.11.2017, ob der AS alles, was ihm wichtig sei, im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorbringen habe können, jedoch vom (rechtsfreundlich vertretenen) AS in der mündlichen Verhandlung klar bejaht.

Der AS hat im Rahmen des zweiten Asylverfahrens den Artikel vorgelegt, wusste aber nicht einmal, ob er selbst namentlich darin erwähnt wird. Jene Information im Artikel, das sich einer der jungen Männern in XXXX in einer Kirche sehr engagiert habe, kann sich nur auf einen anderen Asylwerber beziehen, zumal der AS nie behauptet hat, sich in einer Kirche engagiert oder eine solche überhaupt nur betreten zu haben.

Angenommen, aus diesem Artikel hätte sich tatsächlich eine - wie vom AS behauptete - derart massive Gefährdung für seine Person entwickelt, wäre davon auszugehen, dass sich der AS erstens näher mit dem Artikel befasst hätte und zweitens diesen Artikel samt seiner behaupteten Abkehr vom Islam schon im ersten Asylverfahren erwähnt hätte, zumal er behauptet, bereits seit September 2015 kein Muslim mehr zu sein.

Das diesbezügliche Vorbringen des AS ist daher nicht glaubhaft.

Schließlich ist auch der Zeitpunkt seines plötzlichen Vorbringens der Abkehr vom Islam in Anbetracht seiner möglicherweise kurz bevorstehenden Abschiebung äußerst verdächtig und lässt sich in Zusammenschau mit seinem widersprüchlichen Vorbringen hierzu, auf die mangelnde Ernsthaftigkeit seiner Abkehr vom Islam bzw. der mangelnden Ernsthaftigkeit seines Interesses am Christentum schließen. Dass eine Ernsthaftigkeit eines Interesses am Christentum in Wahrheit nicht besteht, geht auch aus dem Umstand hervor, dass der Antragsteller innerhalb des selben (zweiten) Verfahrens zunächst behauptete, schon sehr zum Christentum zu neigen (Erstbefragung vom 23.03.2018), während er wenige Wochen später angab, sich mit anderen Religionen erst auseinandersetzen zu wollen, um herauszufinden, welche Religion ihm zusage (Einvernahme vom 11.04.2018).

Zu der Feststellung, dass seit rechtskräftigem Abschluss des Erstantrages des Antragstellers keine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist, ist auszuführen, dass seine Behauptung in Zusammenhang mit der (bereits im September 2015 erfolgten) Abkehr vom Islam / Interesse für das Christentum, keinen maßgeblich geänderten Sachverhalt darstellt, der geeignet wäre, zu einem - vom den Erstantrag auf internationalen Schutz erledigenden Erkenntnis vom 22.11.2017 - abweichenden Ergebnis zu führen. Zudem ist das Vorbringen des Antragstellers zum Christentum konvertieren zu wollen - wie bereits erwähnt - ebenso wenig glaubhaft, wie jenes über eine "westliche" Identität zu verfügen.

Das nunmehrige Vorbringen in Wahrheit konfessionslos zu sein, ist in Anbetracht der Äußerungen im Vorverfahren, schlichtweg nicht glaubwürdig und erweckt vielmehr den Eindruck, als wolle der Antragsteller die Behörde, im Wissen dass sein Interesse am christlichen Glauben nicht ernsthaft vorliegt, jedoch davon überzeugen.

Es ist somit davon auszugehen, dass der Antragsteller das neue Vorbringen als ultima ratio offensichtlich dazu benutzte, seinen weiteren Aufenthalt in Österreich sicherzustellen. Der Entscheidung über den Folgeantrag werden insofern die vom Asylwerber neu vorgebrachten Fluchtgründe hinsichtlich seiner Abkehr vom Islam voraussichtlich nicht zugrunde gelegt werden können. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert.

Dass eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation in Afghanistan nicht eingetreten ist, ergibt sich aus dem gegenständlichen Bescheid der belangten Behörde vom 11.04.2018, welche ihrer Entscheidung die in das Verfahren eingeführten aktuellsten Lageinformationen zur Allgemeinsituation in Afghanistan zugrunde legte.

Die Feststellung im Hinblick auf den Gesundheitszustand stützt sich auf die eigenen diesbezüglich glaubhaften Angaben des AS.

Die Feststellungen zur Integration des AS stützen sich auf die vom AS getätigten Angaben und die von ihm im zweiten Asylverfahren vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Dokumente.

Des Weiteren ist dazu noch auszuführen, dass keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es liegen ferner keine Umstände vor, welche seiner Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Aus diesen Gründen war die entsprechende Feststellung einer unveränderten Situation im Herkunftsstaat zu treffen.

4. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012 idgF (BFA-VG), entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I. Nr. 10/2013 idgF (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 33/2013 idgF (VwGVG), die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 31 abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Überprüfung der Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, hat durch das Bundesverwaltungsgericht mittels Beschluss zu erfolgen (§ 22 Abs. 10 AsylG letzter Satz; siehe auch Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht 2016, K 7 zu § 22 BFA-VG, S. 283).

Zu Spruchpunkt A)

Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" betitelte § 12a AsylG 2005 idgF lautet:

"(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

[...]

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn

1. der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhASt macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2. sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.

(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden."

Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes" betitelte § 22 BFA-VG lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Da im gegenständlichen Fall die belangte Behörde im Zuge eines Folgeantrages des Antragstellers gemäß § 12a Abs. 2 AsylG den faktischen Abschiebeschutz des Antragstellers aufgehoben hat, war diese Entscheidung gemäß § 22 BFA-VG vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen.

Zu den Voraussetzungen des § 12a AsylG im gegenständlichen Fall ist festzustellen, dass gegen den Antragsteller mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.11.2017, zugestellt am 28.11.2017, bereits eine aufrechte und rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt. Insofern ist die Z 1 des § 12a AsylG erfüllt.

Im gegenständlichen Verfahren hat der Antragsteller erklärt, dass seine Fluchtgründe die gleichen geblieben seien, aber neu sei, dass er sich vom Islam abgewendet habe und über eine "westliche" Verhaltensweise verfügen würde.

Bezüglich der Fluchtgründe des Vorverfahrens liegt eindeutig entschiedene Sache vor und braucht daher hierauf nicht weiter eingegangen zu werden.

Zum (neuen) Fluchtvorbringen der Abkehr vom Islam und der "westlichen" Verhaltensweise/Identität:

Die Z 2 des § 12a AsylG verlangt, dass der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist. Aus den erläuternden Bemerkungen zum mit BGBl. 122/2009 eingefügten § 12a AsylG 2005 geht hervor, dass die Z 2 des § 12a eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Folgeantrages verlangt.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Behauptet die Partei in einem neuen Antrag (zB Asylantrag), dass in den für die Beurteilung ihres Begehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist, so muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz für das Verfahren zukommt und an den die Prognose anknüpfen kann, dass eine andere Beurteilung des Antrages und ein anderes Verfahrensergebnis nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen (grundlegend VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391; vgl. auch VwGH 22.11.2005, 2005/01/0626; 21.03.2006, 2006/01/0028). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der neuerliche Antrag zulässig oder wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen ist, mit der Glaubwürdigkeit des neuen Vorbringens betreffend die Änderung des Sachverhaltes "beweiswürdigend" auseinander zu setzen (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 15.03.2006, 2006/17/0020).

Jedoch berechtigt nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern. Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte (VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451).

Unter Zugrundelegung der obigen Feststellungen ergibt sich aus dem Vorbringen des Antragstellers zu seinem Folgeantrag vom 23.03.2018 im Vergleich zu seinem Vorbringen im Verfahren betreffend seinen Erstantrag vom 09.09.2015 kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt. Sein Vorhaben zum Abkehr vom Islam sowie zur "westlichen" Identität ist wie in der Beweiswürdigung konkret dargelegt, nicht überzeugend und wird vom Gericht als ein Vorbringen eingestuft, mit welchem der Antragsteller keine berechtigten neuen Asylgründe darlegen möchte, sondern alleinig fremdenpolizeiliche, insbesondere aufenthaltsbeendende, Maßnahmen verhindern und damit die ungerechtfertigte Verlängerung des faktischen Aufenthaltes in Österreich bewirken möchte.

Nach Anstellung einer Prognose über den voraussichtlichen Ausgang des Folgeantrages vom 23.03.2018 kommt das Bundesverwaltungsgericht sohin zum Ergebnis, dass der gegenständliche Folgeantrag des Antragstellers gemäß § 68 Abs. 1 AVG voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil im Zuge der Grobprüfung durch das Gericht keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes im Vergleich zum Vorverfahren hervorgetreten ist.

Die Z 3 des § 12a AsylG verlangt eine Prüfung der Gefährdungssituation im Hinblick auf die relevanten Bestimmungen der EMRK, da die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes eine Außerlandesbringung des Asylwerbers zur Folge haben könnte (Grundsatz des Non-Refoulement).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 68 Abs. 1 AVG hat es sich um eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes zu handeln, was nur dann anzunehmen sein wird, wenn sich daraus voraussichtlich eine in den Hauptinhalten anders lautende Entscheidung ergeben würde.

Auch die für den Antragsteller maßgebliche Ländersituation in seinem Herkunftsstaat Afghanistan ist im Wesentlichen gleich geblieben.

Bereits im ersten Verfahren hat das Bundesasylamt für Fremdenwesen und Asyl (rechtskräftig) ausgesprochen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde.

Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren vor der belangten Behörde sind keine Risiken für den Antragsteller im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des Antragstellers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des Antragstellers bzw. dessen Rechtsberaterin wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hierzu getätigt.

Der VwGH hat zu Ra 2016/01/0096, vom 13.9.2016, ausgeführt, dass nach der ständigen Judikatur des EGMR, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. etwa das Urteil des EGMR vom 5. September 2013, I. gg. Schweden, Nr. 61204/09).

Demzufolge müsste die Gefährdung des Antragstellers im Sinne des Art. 3 EMRK, sofern diese nicht von vornherein klar ersichtlich ist, von diesem belegt werden.

Dies umso mehr, als im obzitierten Beschluss der VwGH auch auf die Rechtsprechung des EGMR verwiesen hat, die davon ausgeht, dass die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert sei, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde (vgl. VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, vgl. die Urteile des EGMR jeweils vom 12.01.2016, jeweils gegen Niederlande: S. D. M., Nr. 8161/07; A. G. R., Nr. 13 442/08; A. W. Q. und D. H., Nr. 25 077/06; S. S., Nr. 39 575/06; M. R. A. u.a., Nr. 46 856/07).

Der Antragsteller brachte in seiner Einvernahme am 11.04.2018 diesbezüglich lediglich vor, nicht in Afghanistan leben zu können, da er noch nie dort gelebt habe, über kein familiäres oder soziales Netzwerk verfüge und von den Taliban umgebracht werden würde. Im Widerspruch dazu wurde vom AS gegenüber dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht unter anderem angeführt, in regelmäßigem Kontakt mit drei afghanischen Freunden zu stehen, die in XXXX leben und dort studieren.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Wie der VwGH zu Ra 2016/19/0036 vom 25.5.2016, ausführt, kann die Außerlandesschaffung eines Fremden auch dann gegen Art. 3 EMRK verstoßen, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden könnten. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden höchstgerichtlichen Judikatur ist eine solche Situation jedoch nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.

Im Verfahren sind keine Umstände aufgezeigt worden bzw. zu Tage getreten, dass zwischenzeitlich - seit Erlassung der nunmehr rechtskräftigen Rückkehrentscheidung durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.11.2017 - der Antragsteller einer außergewöhnlichen, exzeptionellen Gefährdung bei einer Rückkehr nach Afghanistan bzw. XXXX ausgesetzt wäre.

Entsprechend den obigen Ausführungen, stellt - nach einer Grobprüfung des Aktes - aus Sicht des BVwG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG durch das BFA ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Es wurde dem Antragsteller Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 11.04.2018 einvernommen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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