TE Vwgh Beschluss 2018/3/21 Ra 2017/09/0040

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Veröffentlicht am 21.03.2018
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein
62 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

AuslBG §12c
AuslBG §4 Abs1
AuslBG §4b

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision der regionalen Geschäftsstelle Tulln des Arbeitsmarktservice, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Juli 2017, W151 2141726-1/8E, W151 2141979-1/4E, betreffend Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (Blaue Karte - EU) als Schlüsselkraft nach § 12c AuslBG (mitbeteiligte Parteien: 1. M GmbH, 2. V P, beide vertreten durch Oberhammer Rechtsanwälte GmbH, 1010 Wien, Karlsplatz 3/1), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Bund hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der Zweitmitbeteiligte, ein Staatsangehöriger von Mazedonien, beantragte am 11. April 2016 bei der Magistratsabteilung 35 der Bundeshauptstadt Wien die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Blaue Karte - EU“. Mit diesem Antrag legte er zugleich die Arbeitgebererklärung des Erstmitbeteiligten vor, aus der einerseits eine Beschreibung der künftigen Tätigkeit des Zweitmitbeteiligten und andererseits die ausdrückliche Zustimmung zur Vermittlung von Ersatzkräften hervorgeht. Darüber hinaus wurde eine Bestätigung der Austria Business Agency über die Förderung des Erstmitbeteiligten und die Stellung des Zweitmitbeteiligten als alleinige technische Schlüsselkraft, ein Firmenbuchauszug des Erstmitbeteiligten, eine Arbeitsbestätigung und ein Zeugnis für ein Praktikumsprogramm des Erstmitbeteiligten bei einem Unternehmen im IT-Bereich, mehrere Zeugnisse der Universität S, eine Bestätigung der Annahme der angemeldeten Masterarbeit des Zweitmitbeteiligten und eine Kopie seines Reisepasses vorgelegt.

2        Mit Bescheid der Revisionswerberin vom 6. Juni 2016 wurde dieser Antrag gemäß § 12c Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) abgewiesen, weil die angeforderten Unterlagen, nämlich der Vermittlungsantrag sowie ein Arbeitsvorvertrag, nicht fristgerecht nachgereicht worden und nach dem Ermittlungsverfahren die Erteilungsvoraussetzungen des § 12c AuslBG nicht erfüllt seien.

3        Dagegen erhoben beide Mitbeteiligte Beschwerde, in der sie auf die von der Revisionswerberin angeforderten Unterlagen Bezug nahmen und darüber hinaus ausführten, dem Bescheid fehle es auch an einer ausreichend konkreten Begründung, welche Unterlagen konkret gefehlt hätten und warum die Erteilungsvoraussetzung für die Blaue Karte - EU nicht vorgelegen hätte.

4        Im Rahmen der Beschwerdevorlage führte die Revisionswerberin aus, dass ein Arbeitsvorvertrag für die Prüfung der Voraussetzungen nach § 12c AuslBG notwendig sei, da weder der Arbeitgebererklärung noch dem Businessplan die notwendigen Angaben nach § 2 Abs. 2 AVRAG zu entnehmen seien. Das Formular Vermittlungsauftrag würde deshalb in diesem Verfahren Verwendung finden, da dieses genauere Angaben bezüglich der Vermittlung von Arbeitskräften auf den jeweiligen konkreten Arbeitsplatz enthalte.

5        Mit dem angefochtenen Beschluss behob das Bundesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Revisionswerberin zurück. Begründend führte sie aus, dass die Revisionswerberin kein Ersatzkraftverfahren durchgeführt habe und somit der maßgebliche Sachverhalt nicht feststehe. Neben der Darlegung der vom Zweitmitbeteiligten absolvierten Ausbildungen stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass aus der Arbeitgebererklärung hervorgehe, dass die vom Zweitmitbeteiligten auszuübende Tätigkeit als IT-Manager und Analyst technologische Kenntnisse in der Programmierung von IT-Systemen erfordere. Die Revisionswerberin habe bei der Prüfung der Arbeitsmarktlage von folgendem Anforderungsprofil auszugehen:

„Beschäftigung: unbefristete Beschäftigung 38,5 Wochenstunden (Vollzeit) Entlohnung brutto: € 4.300,-- monatlich

Tätigkeitsort: im Betrieb der Erstmitbeteiligten

berufliche Tätigkeit: IT Manager und Analyst

Anforderungen: technologische Kenntnisse in

Block Chain Technologies

Distributed Networks

Programmierung von IT-Systemen

Kryptographie von Daten

Stor J, SIA, IPFS, ETHEREUM API, MAIDSAFE

Konfigurierung von Pier to Pier Netzwerken“

6        Gegen diesen Beschluss richtet sich die außerordentliche Revision. Die Mitbeteiligten erstatteten eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der gegenständlichen Revision beantragen.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

8        Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

10       Dem in § 28 Abs. 3 VwGG normierten Erfordernis, dass die Revision gesondert die Gründe zu enthalten hat, warum die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen, wird nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet, Genüge getan. Vielmehr ist in den gesonderten Gründen konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Außerdem muss die Revision, damit sie zulässig ist, gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG von der Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, abhängen. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. etwa VwGH 31.1.2018, Ra 2017/10/0187; 2.6.2016, Ra 2015/08/0044; 17.2.2015, Ro 2015/09/0001, mwN; 16.12.2014, Ra 2014/11/0095).

11       Diesen Erfordernissen kommt das Revisionsvorbringen nicht nach:

12       Das Bundesverwaltungsgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, dass ausgehend von der festgestellten Ausbildung und der die Mindestbruttoentlohnung nach § 12c AuslBG überschreitenden Entlohnung die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG vorlägen. Die Revisionswerberin habe aber von einer Prüfung der Arbeitsmarktlage abgesehen, weil das Formular Vermittlungsauftrag nicht ausgefüllt retourniert worden sei. Nach der Aktenlage habe die Erstmitbeteiligte in der Arbeitgebererklärung der Vermittlung von Ersatzkräften ausdrücklich zugestimmt und die Tätigkeit auch ausreichend beschrieben.

13       In der Folge erstellte das Bundesverwaltungsgericht das unter Rz 5 wiedergegebene Anforderungsprofil und trug der Revisionswerberin im Wege der Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG die Durchführung eines Ersatzkraftverfahrens auf.

14       Zunächst ist festzuhalten, dass in den Zulässigkeitsausführungen der Revision nicht dargelegt wird, inwiefern die Aufhebung und Zurückverweisung unzulässig gewesen wäre (siehe zur Anwendung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG und der Wirkung eines Aufhebungsbeschlusses VwGH 28.3.2017, Ro 2016/09/0009; 23.2.2017, Ra 2016/09/0103; 14.12.2015, Ra 2015/09/0057, je mwN).

15       Hingegen beschränken sich die Zulassungsausführungen in der Revision auf das Aufwerfen von allgemein gehaltenen Anfechtungspunkten und „zu klärenden Fragen grundsätzlicher Natur“, wie der Zulässigkeit der Verwendung englischer Berufsbezeichnungen, der Angabe von Mischverwendungen, der Einbeziehung der Behörde in ein Zurückweisungsverfahren und der Ergänzung der Arbeitgebererklärung durch einen Vermittlungsauftrag für Ersatzarbeitskräfte. Diesen aufgeworfenen Fragen fehlt eine Verknüpfung zwischen einer individualisierten Rechtsfrage, dem von der Revisionswerberin dieser konkret zugrunde gelegten Sachverhalt und der darauf basierenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, die den Verwaltungsgerichtshof erst rechtlich in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegt (vgl. VwGH 12.3.2018, Ra 2018/09/0008). Die Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden Revision enthalten keine Darlegungen, warum das Schicksal der Revision von den behaupteten Rechtsfragen abhängen sollte.

16       Wenn die Revisionswerberin im Hinblick auf unpräzise Angaben zur Berufsbezeichnung und Tätigkeitsbeschreibung ein Abweichen vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 10. September 2015, Ro 2015/09/0011, aufzeigen möchte, ist damit für die Revisionswerberin nichts gewonnen, weil hier die Berufsbezeichnung präziser ist als in dem diesem Erkenntnis zugrundeliegenden Fall. Der Begriff „IT-Manager“ ist im Zusammenhalt mit der in der Arbeitgebererklärung spezifizierten Tätigkeitsbeschreibung ausreichend klar.

17       Die Revisionswerberin hat keine Arbeitsmarktprüfung durchgeführt und begründet dies in den Revisionsausführungen im Wesentlichen damit, dass keine ausreichend konkreten Angaben zur Berufsbezeichnung und keine präzise Tätigkeitsbeschreibung vorlagen. Auch wenn Aufgabe der Behörde lediglich die Prüfung ist, ob die von der Arbeitskraft zu leistenden Tätigkeiten konkret umschrieben sind, in den betrieblichen Notwendigkeiten ihre Deckung finden und die darüber erbrachten Nachweise ausreichen, so das zitierte Erkenntnis vom 10. September 2015, ist ausgehend von der Zulassungsbegründung eine Abweichung von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht zu erkennen.

18       Es wäre der Revisionswerberin im Übrigen im Fall von Unklarheiten freigestanden, den Mitbeteiligten die Möglichkeit zur Einräumung einer Stellungnahme zur allfälligen Konkretisierung der Umschreibung der Tätigkeit zu geben. Im Fall einer mangelhaften Arbeitgebererklärung ist deren Ergänzung zu beauftragen. Die Durchführung eines Ersatzkraftstellungsverfahrens durfte daher nicht von vornherein abgelehnt werden (vgl. VwGH 23.2.2017, Ra 2016/09/0103, mwN). Zu einer Präzisierung der beruflichen Tätigkeit wurden die Mitbeteiligten entgegen den Revisionsausführungen nämlich nicht aufgefordert.

19       Auch das Beharren auf der Vorlage eines Vermittlungsauftrages ist daher irrelevant, weil bereits in der Arbeitgebererklärung unzweifelhaft angegeben wurde, die Vermittlung von Ersatzkräften zu wünschen. Damit bedarf es zusätzlich keines weiteren Vermittlungsauftrages mehr, weil das Ziel der Arbeitsvermittlung durch das Arbeitsmarktservice von Amts wegen anzustreben ist (vgl. VwGH 24.1.2014, 2013/09/0070).

20       Mit dem Verweis, der Dienstvorvertrag sei nicht vorgelegt worden, stellt die Revisionswerberin keinen Konnex zu einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar.

21       Nach dem Gesagten wurden in der für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision maßgebenden Zulässigkeitsbegründung keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

22       Die beantragte mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG unterbleiben.

23       Der Ausspruch über den Aufwandersatz ergibt sich aus den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 21. März 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017090040.L00

Im RIS seit

21.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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