TE Vwgh Beschluss 2018/3/22 Ra 2016/15/0028

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Veröffentlicht am 22.03.2018
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofrätin Dr. Büsser und den Hofrat Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Mag. (FH) E F in A, vertreten durch Dr. Friedrich Lorenz, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Johannesgasse 25, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 2. Februar 2016, Zl. RV/2100962/2015, betreffend Einkommensteuer 2013, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, der im Streitjahr 36 Jahre alt war und über Wohnungen in A und in W (seit 1999) verfügte, bezog im Jahr 2013 Einkünfte aus einem Dienstverhältnis zur niederösterreichischen Fachhochschule W. Daneben erzielte er Einkünfte aus der Lehrtätigkeit an einem steirischen Berufsförderungsinstitut (BFI), das in der Nähe seiner Wohnung in A gelegen war. Vom BFI erhielt der Revisionswerber (als Teil der Entlohnung) Kilometergelder für die insgesamt 25 Fahrten von und nach W. Im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis zur Fachhochschule W machte der Revisionswerber in der Einkommensteuererklärung 2013 Werbungskosten für Familienheimfahrten nach A (1.098,72 EUR) und doppelte Haushaltsführung (5.919,96 EUR für die Wohnung in W) geltend. Zudem beanspruchte er Kilometergelder (1.967,70 EUR) für seine Fahrten von W zum BFI und retour.

2 Das Finanzamt erließ einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013, in dem es lediglich die Kilometergelder für die Fahrten des Revisionswerbers von W zum BFI und retour, nicht aber die Aufwendungen für Familienheimfahrten nach A und doppelte Haushaltsführung berücksichtigte.

3 Eine gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 gerichtete Beschwerde wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab.

4 Der Revisionswerber beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte im Vorlageantrag ergänzend zum Vorbringen in der Beschwerde aus, er sei im Rahmen eines freien Dienstvertrages für das BFI tätig. Den Gewinn aus dieser Tätigkeit für das Jahr 2013 habe er mittels Einnahmen-Ausgabenrechnung ermittelt. Die Fahrtkostenersätze des BFI habe er als Betriebseinnahmen und die tatsächlichen Fahrtkosten als Betriebsausgaben geltend gemacht. Leider habe er bei der Dokumentation der tatsächlichen Fahrtkosten von W zum BFI für Hin- und Rückfahrt dasselbe Datum (jenes der Vortragstätigkeit am BFI) eingetragen. Tatsächlich habe er nach erfolgter Nachbearbeitung der Lehrveranstaltungen am BFI, welche regelmäßig zwischen 18.00 und 22.00 Uhr stattgefunden hätten, in seiner ca. 15 Minuten entfernten Wohnung in A genächtigt. Die Rückfahrt nach W habe somit nicht am selben Abend, sondern frühestens am nächsten Werktag stattgefunden.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde keine Folge. Es stellte u. a. fest, dass der Revisionswerber im September 1999 - neben seinem melderechtlichen Hauptwohnsitz in A - einen Wohnsitz in W begründet habe und seit 2009 Angestellter der Fachhochschule W sei, was im Jahr 2013 "seine ständige Anwesenheit" in W erfordert habe. Dass der Revisionswerber, wie er dies im Vorlageantrag vorgebracht habe, jeweils am Abend nach der Lehrtätigkeit am BFI nicht unmittelbar zu seiner Wohnung in W zurückgefahren sei, sondern in seiner Wohnung in A übernachtet habe, sei den weiteren Feststellungen des Bundesfinanzgerichts zufolge seiner "Bequemlichkeit" geschuldet. Die Werbungskosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung stünden dem Revisionswerber nicht zu. Eine Revision erklärte des Bundesfinanzgericht für nicht zulässig.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit vorgebracht wird, das Bundesfinanzgericht weiche in Bezug auf die Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung und die Unzumutbarkeit der Heimfahrt ab einer bestimmten Entfernung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Eine nicht gelöste Rechtsfrage liege auch insoweit vor, "ob eine Mindestanzahl an Heimfahrten zur steuerlichen Geltendmachung der doppelten Haushaltsführung und der Familienheimfahrten erforderlich ist".

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein Beschluss gemäß Abs. 1 ist gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 Aufwendungen bzw. Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

11 Wenn dem Arbeitnehmer Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss und die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, sind diese Mehraufwendungen Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 EStG 1988.

12 Nach der Rechtsprechung des VwGH kann bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer die Wohnung am Beschäftigungsort - ungeachtet der melderechtlichen Bezeichnung dieses Wohnsitzes - durchaus den steuerlichen (Familien)Wohnsitz darstellen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Wohnung am Beschäftigungsort den Wohnbedürfnissen des Arbeitnehmers nicht weniger entspricht, als eine außerhalb des Beschäftigungsortes gelegene weitere Wohnung dieses Arbeitnehmers (vgl. idS z.B. VwGH 24.9.2007, 2006/15/0024; 9.9.2004, 2002/15/0119; und 18.12.1997, 96/15/0259).

13 Das Bundesfinanzgericht stellte im angefochtenen Erkenntnis fest, dass der Revisionswerber im September 1999 - neben seinem melderechtlichen Hauptwohnsitz in A - einen Wohnsitz in W begründet habe und seit 2009 Angestellter der Fachhochschule W sei, was im Jahr 2013 "seine ständige Anwesenheit" in W erfordert habe. In A habe der Revisionswerber ebenfalls über eine Wohnung verfügt. In dieser Wohnung habe er genächtigt, wenn er am in der Nähe gelegenen BFI seiner selbständigen Tätigkeit nachgegangen sei. Das BFI habe dem Revisionswerber das Kilometergeld für die Fahrten von der Wohnung in W und retour ausbezahlt. Die Nächtigungen in A seien laut angefochtenem Erkenntnis aus Gründen der "Bequemlichkeit" erfolgt.

14 Aufgrund der im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen, gegen die sich die Revision nicht wendet, ist unstrittig, dass der Revisionswerber im Jahr 2013 und davor zwei Wohnsitze hatte. Die Revision geht nicht darauf ein, welche der beiden vom Revisionswerber bewohnten Wohnungen (und aus welchen Gründen) den so genannten Familienwohnsitz bilden soll. Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts hat der Revisionswerber die Wohnung in A (dem Revisionsvorbringen zufolge 25 Mal im Jahr) nach Absolvierung von Lehrveranstaltungen am in der Nähe gelegenen BFI aus "Bequemlichkeit" aufgesucht. Bei der gegebenen Sachlage besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Wohnung in W nicht den "Familienwohnsitz" bilden würde, dessen Kosten als Kosten der Lebensführung nach § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 nicht abziehbar sind. Die Fahrten vom Beschäftigungsort in W zur (Zweit)Wohnung in A stellen vor diesem Hintergrund keine "Familienheimfahrten" im Sinne der Rechtsprechung zur doppelten Haushaltsführung dar. Die geltend gemachten Fahrtkosten von W zu den Lehrveranstaltungen am BFI wurden vom Bundesfinanzgericht als Betriebsausgaben anerkannt. Solcherart hängt das rechtliche Schicksal der Revision nicht von der Lösung der im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens angezogenen Rechtsfragen ab.

15 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

16 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. März 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016150028.L00

Im RIS seit

26.04.2018

Zuletzt aktualisiert am

29.06.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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