Entscheidungsdatum
05.04.2018Index
80/02 ForstrechtNorm
ForstG 1975 §37 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Riedler über die Beschwerde von AA, BB, CC, DD und EE, sämtliche vertreten durch FF, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 23.01.2018, Zl ****, betreffend eine Angelegenheit nach dem Forstgesetz 1975,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit aufgehoben.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Sachverhalt:
Mit Eingabe vom 23.07.2017 beantragte die GG, Adresse 2, Y, „als Bevollmächtigter des Eigentümers der KK, Adresse 2, Y“, bei der Bezirkshauptmannschaft Y die Festlegung von befristeten Schonungsflächen auf den im EZ **** KG **** X vorgetragenen Grundstücken **1 und **2 um diese auch einzäunen zu können. Die in Rede stehenden Flächen seien vom Vorbesitzer mit einer Harvester-Komplettrodnung abgeholzt worden, eine Aufforstung sei damals nicht durchgeführt worden. Im Jahre 2016 sei die Aufforstung mit rund 900 Pflanzbäumen in Abstimmung mit der Forstabteilung der Bezirkshauptmannschaft Y durchgeführt worden. Trotz entsprechender Kennzeichnung seien vom Nachbarn AA Weidetiere – angeblich aufgrund seines Rechtes auf Waldweide – in die Schonungsflächen eingetrieben worden. Damit sei klar gegen die Bestimmung des § 37 Abs 1, 2 und 3 Forstgesetz 1975 verstoßen worden. Der Einwand des Weideberechtigten unter Verweis auf die Bestimmung des § 37 Abs 4 FG 1975 sei unter Hinweis auf die Bestimmung des Punktes 4 der Regulierungsurkunde vom 21.05.1892, Verfachbuch III. Punkt 4 nicht berechtigt, zumal bei Ausübung der Weide die jeweiligen forstgesetzlichen und forstpolizeilichen Bestimmungen zu beachten seien und das Weidevieh unter verlässliche Obhut zu stellen sei. Nachdem der Nachbar sich nicht an die gesetzlichen Bestimmungen gehalten habe und mit seinem Weidevieh rücksichtlos die Aufforstung ruiniert habe, müssten die Flächen neuerlich aufgeforstet werden. Um in Zukunft Derartiges zu vermeiden, würde der Antrag auf Feststellung von Schonungsflächen gestellt. Unterzeichnet wurde der Antrag von JJ als Geschäftsführer der GG.
Mit Bescheid vom 23.01.2018, Zl ****, legte die Bezirkshauptmannschaft Y als Forstbehörde I. Instanz über Antrag der GG, Adresse 2, Y, vertreten durch Herrn JJ, auf Festlegung von Schonungsflächen auf Teilflächen der Grundstück **1 und **2, beide KG X, die sich aus beiliegendem Lageplan (Ortofoto) vom 23.01.2018 ergebenden Teilflächen der Grundstücke **1 KG X, im Ausmaß von ca 9350 m² und **2 KG X im Ausmaß von etwa 3350 m² bis 31.12.2018 gemäß § 37 Abs 3 Forstgesetz 1975 in der geltenden Fassung in Schonung. Festgelegt wurde, dass sich der Umfang der Schonungslegung aus dem genannten Plan ergibt, die Dauer der Schonungslegung bis zum 31.12.2028 festgelegt wird und die Kennzeichnung der Schonungsfläche durch einen Weidezaun zu erfolgen hat, den der Grundeigentümer errichten und erhalten muss. Verfügt wurde, dass auf den Schonungsflächen die Waldweide nicht ausgeübt werden darf und Tiere von den Schonungsflächen fernzuhalten sind (Zaun). Dieser Bescheid wurde unter Punkt 1. des Verteilers an die GG, zH Herrn JJ, Adresse 2, Y, erlassen, nicht jedoch gegenüber dem Eigentümer der in Schonung zu legenden Grundstücke **1 und **2 in EZ **** KG **** X, nämlich die KK.
Mit Schriftsatz vom 26.02.2018 wurde von AA, BB, CC, DD und EE, alle vertreten durch FF, in ihrer Eigenschaft als Eigentümer dienstbarkeitsberechtigter Liegenschaften auf den in Schonung zu legenden Flächen Beschwerde gegen den zitierten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 23.01.2018 erhoben und wurden als Beschwerdegründe Nichtigkeit des Bescheides, Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Hingewiesen wurde darauf, dass der bekämpfte Bescheid über den Antrag der GG, vertreten durch Geschäftsführer JJ, abspreche. Gemäß § 37 Abs 3 Forstgesetz dürfe die Waldweide in zur Verjüngung bestimmten Waldteilen, in denen das Weidevieh die bereits bestehende oder erst heranzuziehende Verjüngung schädigen könnte, nicht ausgeübt werden. Die Behörde habe auf Antrag des Waldeigentümers oder des Weideberechtigten unter Bedachtnahme auf die im § 1 leg cit festgelegten Grundsätze den Umfang, die Dauer und die Kennzeichnung der Schonungsflächen durch Bescheid festzulegen. Grundbücherlicher Alleineigentümer der dienenden Grundstücke sei die KK. Die Antragstellerin sei somit weder Waldeigentümer noch Weideberechtigter, sodass ihr keinerlei Antragslegitimation zukomme, weshalb der verfahrensgegenständliche Antrag zurückzuweisen gewesen wäre. Das bloße Anführen „als Bevollmächtigter des Eigentümers der KK“ im Antrag reiche für eine allfällige Antragslegitimation nicht aus, zumal keine dementsprechende Vollmacht im Akt befindlich sei. Zudem behandle die belangte Behörde im bekämpften Bescheid auch lediglich die GG als Antragstellerin und erwähne mit keinem Wort die tatsächliche Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Grundstücke. Der bekämpfte Bescheid der belangten Behörde sei aus diesen Gründen nichtig und daher als nichtig aufzuheben. Zur behaupteten Mangelhaftigkeit des Verfahrens und zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung erfolgten umfangreiche Ausführungen.
Von der KK, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft LL, wurde in ihrer Stellungnahme vom 20.03.2018 mitgeteilt, dass die KK – nachfolgend „ Waldeigentümerin“ genannt – der GG Vollmacht zur Antragstellung erteilt habe. Diese habe auch ausdrücklich auf die Bevollmächtigung hingewiesen. Der belangten Behörde sei bekannt, dass der betroffene Hof W von der GG, vertreten durch den Geschäftsführer JJ, bewirtschaftet werde. Sie habe offensichtlich keine Zweifel an der Bevollmächtigung und Antragslegitimation gehabt. Der Bescheid der belangten Behörde sei der bevollmächtigten GG zugestellt worden und somit auch der Waldeigentümerin zugegangen. Eine Nichtigkeit liege sicher nicht vor. Im übrigen wurden zu den Beschwerdepunkten umfangreiche Ausführungen getroffen und wurde beantragt, die Beschwerde zurück – in eventu abzuweisen.
II. Rechtslage:
Nach § 37 Abs 3 Forstgesetz 1975, BGBl Nr 440/1975 idF BGBl I Nr 102/2015, darf in zur Verjüngung bestimmten Waldteilen, in denen das Weidevieh die bereits bestehende oder erst heranzuziehende Verjüngung schädigen könnte (Schonungsflächen), die Waldweide nicht ausgeübt werden. Die Weidetiere sind von den Schonungsflächen fernzuhalten. Auf Antrag des Waldeigentümers oder des Weideberechtigten hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die im § 1 festgelegten Grundsätze den Umfang, die Dauer und die Kennzeichnung der Schonungsflächen durch Bescheid festzulegen.
Nach § 10 Abs 1 AVG 1991, BGBl Nr 51/1991 idgF können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.
III. Erwägungen:
Festlegungen von Schonungsflächen im Sinne des § 37 Abs 3 Forstgesetz 1975 sind antragsbedürftige Verwaltungsakte, die Festlegung von Schonungsflächen durch Bescheid hat auf Antrag des Waldeigentümers oder des Weideberechtigten durch die Behörde zu erfolgen.
Der Antrag auf Feststellung von Schonungsflächen auf den Grundstücken **1 und **2 in EZ **** KG X wurde von der GG als Bevollmächtigter des Eigentümers der KK mit Eingabe vom 23.07.2017 eingebracht. Die KK bediente sich bei ihrer Antragsstellung der Vertretung eines gewillkürten Vertreters nach § 10 Abs 1 AVG.
Gemäß § 10 Abs 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert ist, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. In der Eingabe vom 23.07.2017 tritt die GG als Bevollmächtigter des Eigentümers der KK auf.
Adressat eines Bescheides ist eine individuell bestimmte Person, auf deren konkrete subjektive Rechtsverhältnisse sich der Abspruch bezieht. Dabei handelt es sich um die Parteien, die dem Verfahren als künftige Adressaten des Bescheides beizuziehen wären und denen gegenüber der Bescheid auch erlassen werden muss. Aus einem Bescheid muss hervorgehen, an wen er sich richtet, da jede individuelle Norm an eine oder mehrere bestimmte Person(en) adressiert sein muss.
Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung sind (zwar) keine strengen Anforderungen an die Bezeichnung des Bescheidadressaten gestellt, als es insofern für die Gültigkeit des Bescheides (bzw für die Wirksamkeit gegenüber einer Person) hinreicht, dass der Adressat der Erledigung insgesamt eindeutig entnommen werden kann. Diesem Erfordernis ist daher bei schriftlichen Ausfertigungen Rechnung dann getragen, wenn aus der Zusammenschau von Adressierung bzw Bescheidkopf, Spruch, Begründung oder Zustellverfügung im Zusammenhang mit den anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig erkennbar ist, welchem individuell bestimmten Rechtsträger gegenüber die Behörde einen Bescheid erlassen wollte.
Als entscheidend für die normative Wirkung einer Erledigung ist also anzusehen, dass für die Beteiligten des Verfahrens sowie aber auch in weiterer Folge für die Verwaltungsgerichte und den Verwaltungsgerichtshof die Identität der Bescheidadressaten zweifelsfrei und eindeutig feststeht.
Nur im Falle, als der Adressat (zumindest) eindeutig erkennbar ist und die gewählte Bezeichnung für das gleiche Rechtsubjekt geändert bzw vervollständigt werden wollte, käme aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch eine Berichtung einer Fehlbezeichnung gemäß § 62 Abs 4 AVG in Betracht. Auch eine Umdeutung (bzw Deutung) eines bloß fehlerhaft bezeichneten Bescheidadressaten wäre nur in jenen Fällen möglich und geboten, in denen der gesamte Bescheidinhalt die von der Behörde gewählte Personenumschreibung als ein – den wahren behördlichen Willen verfälschendes - Vergreifen im Ausdruck erkennen ließe. Ein (gänzlicher) Austausch des Bescheidadressaten als solchen darf hingegen nicht erfolgen (vgl. hiezu auch Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Teilband, § 56, RZ 34 ff).
Um den Bescheid dem Eigentümer der in Schonung zu legenden Grundstücke **1 und **2, beide vorgetragen in EZ **** KG **** X (Alleineigentümer KK) zurechnen zu können bzw ihn als an diesen Eigentümer erlassen zu beurteilen, müsste der Liegenschaftseigentümer, die KK, als Adressat des Bescheides eindeutig und ohne jeglichen Zweifel ausgemacht werden können bzw als solche erkennbar sein. An den Liegenschaftseigentümer als Antragssteller wäre – da vertreten durch die GG – die Zustellung an die GG bzw deren Geschäftsführer JJ in ihrer Funktion als Zustellungsbefähigter der KK gemäß § 9 Zustellgesetz der Bescheid zu erlassen gewesen.
Dies trifft jedoch gegenständlich nicht zu. Der bekämpfte Bescheid nimmt sowohl im Betreff (GG; Festlegung einer Schonungsfläche auf den Gst **1 und **2, beide KG X, als auch im Spruch (Antrag der GG) und schließlich in der Zustellverfügung (GG, zH Herrn JJ) ausschließlichen Bezug auf einen der GG zugerechneten Antrag. Eine weitere Zustellverfügung auf die Ausfertigung des Bescheides an die KK findet sich nicht. Auch auf dem Rückschein der Sendung (Bescheid zu Zl ****) wird einzig die GG unter seiner Zustelladresse als Empfängerin der Sendung bezeichnet. Die Eigentümerin der in Schonung gelegten Flächen **1 und **2 in EZ **** KG X (KK) als Antragstellerin scheint im angefochtenen Bescheid nicht auf. Ein Vertretungsverhältnis der GG zur KK wird nicht offenkundig. Vielmehr ergibt sich aus einer Gesamtsicht der vorliegenden Bescheidausfertigung keinerlei Zweifel für den Betrachter und auch nicht für das erkennende Gericht daran, dass über ein der GG zugerechnetes Ansuchen entschieden wurde und dass diese Gesellschaft auch Adressatin des Bescheides ist.
Dass der bekämpfte Bescheid über einen Antrag der GG, vertreten durch Geschäftsführer JJ, und somit nicht über einen Antrag des Waldeigentümers der verfahrensgegenständlichen Grundstücke, nämlich der KK, abspricht, wurde von den Beschwerdeführern in ihrer Beschwerde geltend gemacht.
Die belangte Behörde entschied damit über einen nicht der GG zuzurechnenden Antrag und damit ohne entscheidungsauslösenden Antrag dieser Gesellschaft, in Unzuständigkeit. Die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes ohne entsprechenden Antrag belastet einen Bescheid in derartigem Sinne mit Rechtswidrigkeit.
§ 27 VwGVG verpflichtet das Verwaltungsgericht das Verwaltungsgericht, Unzuständigkeit der Behörde von Amts wegen wahrzunehmen. Diese Rechtswidrigkeit wurde von den Beschwerdeführern auch ausdrücklich moniert.
Da die Entscheidung aus formellen Gründen zu treffen war, waren keine weiteren inhaltlichen Überlegungen zum behördlichen Abspruch anzustellen. Bereits die Akten haben erkennen lassen, dass die mündliche Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Der maßgebliche Sachverhalt stand aufgrund der Aktenlage ausreichend fest. Es waren Rechtsfragen zu klären. Einem Entfall der Verhandlung stand weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Riedler
(Richter)
Schlagworte
Unzuständigkeit; falscher BescheidadressatEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.41.0526.1Zuletzt aktualisiert am
25.04.2018