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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der D in G, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 11. Oktober 1999, GZ: A17-C-25.994/1999-1, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: A), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Die Mitbeteiligte suchte beim Magistrat der Landeshauptstadt Graz um die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit sechs Wohnungen und insgesamt acht PKW-Abstellplätzen (davon zwei in Freiaufstellung) auf den näher angeführten Grundstücken an. In der im erstinstanzlichen Verfahren anberaumten mündlichen Verhandlung erhob die Beschwerdeführerin Einwendungen in Bezug auf die Bebauungsdichte und im Hinblick auf befürchtete überhöhte Immissionen auf Grund von Abgasen und Lärm, die aus den acht PKW-Abstellplätzen resultieren würden.
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 23. Juli 1999 wurde der Mitbeteiligten die Bewilligung zur plan- und beschreibungsgemäßen Errichtung eines Wohnhauses für sechs Wohnungen mit 6 PKW-Abstellplätzen auf dem näher angeführten Grundstück unter Auflagen erteilt. In der Begründung dieses Bescheides wurde nach den Ausführungen in der Beschwerde dazu dargelegt, dass mit Schreiben vom 1. Juli 1999 noch vor der Begutachtung durch das Umweltschutzamt das Ansuchen für die Errichtung der zwei PKW-Abstellplätze in "Freiaufstellung" zurückgezogen worden sei. Weiters sei in diesem Schreiben mitgeteilt worden, dass entlang der nördlichen und südlichen Garagenöffnungen und der Zufahrt - sofern nicht durch den Einschnitt bereits vorgegeben - ein Damm errichtet werden solle. In den Plänen und in der Baubeschreibung seien die zwei PKW-Abstellplätze in Freiaufstellung herausgestrichen bzw. die Dammerrichtung mit Kodierungen in den Plänen unter den Baubeschreibungen eingetragen worden. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin betreffend die Bebauungsdichte wurden im erstinstanzlichen Bescheid zurückgewiesen, jene betreffend überhöhte Immissionen als unbegründet abgewiesen.
In der von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Berufung wurde die Einwendung betreffend die in der Verhandlung geltend gemachten befürchteten Immissionen an Abgasen und Lärm von den das Baugrundstück benützenden Kraftfahrzeugen nicht aufrecht erhalten. Das Berufungsvorbringen betraf ausschließlich die Frage der Anzahl der Geschoße, die allenfalls erforderliche Grundabtretung der Mitbeteiligten, die offensichtlich geplante Verbreiterung der B-Straße auf 8 m, die Reduzierung des Baugrundstückes auf Grund dieser Erweiterung der B-Straße und die sich daraus ergebende Auswirkung auf die Verbauungsdichte, die sich allenfalls aus der Verbreiterung der B-Straße für die Beschwerdeführerin ergebende Abtretungsverpflichtung eines Teiles ihres Grundstückes und letztlich die Frage der Einhaltung des Erscheinungsbildes bzw. des Ortscharakters im Hinblick auf das verfahrensgegenständliche Bauobjekt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde u.a. die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass ausschließlich die Beschwerdeführerin betreffend die vorgetragenen befürchteten KFZ-Emissionen eine Einwendung im Rechtssinne gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. Baugesetz erhoben habe, wozu jedoch jeweils in den Berufungsschriftsätzen keinerlei Berufungsanträge und Berufungsgründe geltend gemacht worden seien. Der Berufungsbehörde sei es gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes untersagt, in Fällen eines eingeschränkten Mitspracherechtes einer Partei, wie typischerweise bei Nachbarberufungen im Baubewilligungsverfahren, über jenen Themenkreis hinauszugehen, in welchem dem Nachbarn ein Mitspracherecht zustehe. Die bereits dargestellten Berufungsgründe der Beschwerdeführerin beträfen eindeutig nicht die in der Verhandlung am 27. Mai 1999 erstattete Einwendung im Rechtssinne hinsichtlich befürchteter Kfz-Emissionen. Es sei daher Präklusion im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG eingetreten und sei daher diese Berufung abzuweisen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass Präklusion angenommen worden sei. Es sei im erstinstanzlichen Verfahren eine wesentliche Projektänderung erfolgt, die Beschwerdeführerin habe erst in der Berufung zu dem geänderten Projekt Stellung nehmen können.
Gemäß § 42 Abs. 1 AVG i.d.F. BGBl. Nr. 158/1998 verliert eine Person ihre Stellung als Partei, wenn eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht wurde, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt. In Übereinstimmung mit § 42 Abs. 1 AVG ordnet § 27 Abs. 1 Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995 an, dass, wenn eine Bauverhandlung kundgemacht wurde, nur die Nachbarn Parteistellung behalten, die spätestens am Tag vor der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 26 Abs. 1 erhoben haben.
Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über
1.
die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
2.
die Abstände (§ 13);
3.
den Schallschutz (§ 43 Abs. 2 Z. 5);
4.
die Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1);
5.
die Vermeidung einer Brandgefahr, einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung (§ 61 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und § 65 Abs. 1);
6.
die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6).
Nach der hg. Judikatur (siehe die hg. Erkenntnisse vom 11. September 1997, Zl. 97/06/0134, und vom 23. September 1999, Zl. 98/06/0196) ergibt sich aus § 26 Abs. 1 Stmk. BauG kein Nachbarrecht in Bezug auf eine einzuhaltende Bebauungsdichte. Dies gilt auch dann, wenn die Bebauungsdichte in einer Verordnung festgelegt ist. Es handelt sich dabei nicht um eine Bestimmung des Bebauungsplanes im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG, mit der eine Immissionsschutz verbunden ist. Auf das diesbezügliche Vorbringen war daher nicht einzugehen.
Soweit die Beschwerdeführerin Lärmimmissionen aus den das verfahrensgegenständliche Baugrundstück benützenden Kraftfahrzeugen geltend gemacht hat, hat sie rechtzeitig ein Nachbarrecht im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 3 Stmk. BauG geltend gemacht. Aus dem in § 26 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. verwiesenen § 43 Abs. 2 Z. 5 ergibt sich in Bezug auf den einzuhaltenden Schallschutz das Gebot, dass das Bauwerk derart geplant und ausgeführt sein muss, dass der von den Benützern oder von Nachbarn wahrgenommene Schall auf einem Pegel gehalten wird, der nicht gesundheitsgefährdend ist und bei dem zufrieden stellende Wohn- und Arbeitsbedingungen sichergestellt sind. Es kann im Übrigen dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführerin gemäß § 26 Abs. 1 leg. cit. ein Nachbarrecht im Hinblick auf Immissionen durch Abgase, die durch das Baugrundstück benützende Kfz verursacht würden, zusteht, da nach den eigenen Ausführungen der Beschwerdeführerin die Einwendungen betreffend Immissionen von Abgasen und Lärm durch Kraftfahrzeuge in der Berufung nicht aufrecht erhalten wurden. Die Frage derartiger Immissionen war somit nicht Gegenstand der Entscheidung der belangten Behörde. Die belangte Behörde war nicht gehalten, diese Frage im angefochtenen Bescheid näher zu behandeln und die Entscheidung diesbezüglich zu begründen. Auf die entsprechenden Ausführungen betreffend Immissionen durch Lärm und Abgase ist daher im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens nicht näher einzugehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1998, Zl. 95/06/0173). Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Verfahren rechtzeitig nur Einwendungen in Bezug auf das Nachbarrecht im Hinblick auf befürchtete Immissionen durch das Baugrundstück benützende Kraftfahrzeuge geltend gemacht hat, die in ihrer Berufung aber nicht weiter verfolgt wurden.
Da eine Verletzung in Verfahrensrechten immer nur soweit in Betracht kommt, als eine Verletzung in materiellen Rechten möglich ist, war auch auf das Beschwerdevorbringen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht mehr näher einzugehen. Ausdrücklich ist in diesem Zusammenhang aber darauf hinzuweisen, dass - wie sich dies aus dem eigenen Beschwerdevorbringen ergibt - die verfahrensgegenständliche Projektänderung im Rahmen der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gekommen ist. Sofern sie im Hinblick auf diese Projektänderung in nachbarrechtlicher Hinsicht Bedenken hatte, hätte sie entsprechende Einwendungen ihrer Berufung erheben müssen. Die Verletzung eines Nachbarrechtes im Sinne des § 26 Abs. 1 Stmk. BauG, die sich auf die vorgenommene Projektänderung bezogen hätte, wurde in der Berufung der Beschwerdeführerin nicht vorgetragen.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis war auf den Antrag der Beschwerdeführerin, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht mehr einzugehen.
Wien, am 23. März 2000
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999060188.X00Im RIS seit
02.07.2001