TE Bvwg Beschluss 2018/4/18 W238 2176166-1

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Veröffentlicht am 18.04.2018
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Entscheidungsdatum

18.04.2018

Norm

AlVG §24
AlVG §25
AlVG §38
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W238 2176166-1/14E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER und Mag. Josef WURDITSCH als Beisitzer in der Beschwerdesache der Verlassenschaft des nach Einbringung der Beschwerde verstorbenen XXXX, geboren am XXXX, vertreten durch die Verlassenschaftskuratorin Rechtsanwältin Mag. Monika ROISER, Nestroyplatz 1/1/18, 1030 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Laxenburger Straße vom 31.07.2017, VN XXXX, betreffend rückwirkende Berichtigung der Bemessung der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 18.09.2015 bis 30.06.2017 gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 2 AlVG sowie Verpflichtung zur Rückerstattung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von € 2.337,71 gemäß § 38 iVm § 25 Abs. 1 AlVG beschlossen:

A) Das Beschwerdeverfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde

gemäß § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Laxenburger Straße (im Folgenden: AMS) vom 31.07.2017 wurde die Bemessung der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 18.09.2015 bis 30.06.2017 gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 2 AlVG rückwirkend berichtigt. Unter einem wurde der Beschwerdeführer gemäß § 38 iVm 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe iHv € 2.337,71 verpflichtet. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer seit 18.09.2015 in aufrechter, dem AMS nicht gemeldeter Lebensgemeinschaft mit XXXX befinde. Der Anspruch auf Notstandshilfe des Beschwerdeführers habe unter Berücksichtigung des anrechenbaren Einkommens seiner Lebensgefährtin neu beurteilt werden müssen.

2. In der gegen diesen Bescheid am 07.08.2017 fristgerecht erhobenen (irrtümlich mit 08.07.2017 datierten) Beschwerde führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er bei seiner geschiedenen Frau wohne, weil er keine Wohnung finde. Er schlafe jedoch getrennt von ihr in einem anderen Zimmer. Sie fahre auch schon jahrelang alleine mit den Kindern in den Urlaub. Der Beschwerdeführer bezahle einen Teil der Miete sowie der Strom- und Gaskosten.

3. Das AMS führte daraufhin zwecks Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ergänzende Ermittlungen durch. Insbesondere erfolgten niederschriftliche Befragungen des Beschwerdeführers sowie seiner geschiedenen Frau.

4. Am 16.10.2017 meldete die geschiedene Frau des Beschwerdeführers dem AMS, dass dieser verstorben sei.

5. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben des AMS vom 10.11.2017 vorgelegt. Eine Beschwerdevorentscheidung ist nicht ergangen. Anlässlich der Beschwerdevorlage bekräftigte die belangte Behörde nach ausführlicher Schilderung des Verfahrensganges, dass der Beschwerdeführer mit seiner geschiedenen Frau in einer Lebensgemeinschaft gelebt habe und die gebührende Notstandshilfe daher unter Anrechnung des vom AMS erhobenen Partnereinkommens festzustellen sei. Seitens des AMS wurde eine Neuberechnung der zu Unrecht bezogenen Notstandshilfe unter Berücksichtigung bestehender Rückzahlungsverpflichtungen vorgenommen, wobei sich - in Abweichung vom angefochtenen Bescheid - ein Rückforderungsbetrag iHv € 1.240,86 ergab.

6. Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 21.12.2017 wurde eine Verlassenschaftskuratorin zur Vertretung der Verlassenschaft für den verstorbenen Beschwerdeführer bestellt.

7. Am 27.12.2017 informierte das Bundesverwaltungsgericht die Verlassenschaftskuratorin im Wege der Übermittlung des Bescheides, der Beschwerde und des vom AMS anlässlich der Beschwerdevorlage verfassten Schreibens über das anhängige Beschwerdeverfahren und ersuchte um Mitteilung, ob namens der Verlassenschaft ein Eintritt in das verwaltungsgerichtliche Verfahren erfolgt.

8. Mit Eingabe vom 16.01.2018 teilte die Verlassenschaftskuratorin mit, dass seitens der Verlassenschaft ein Eintritt in das h.g. Beschwerdeverfahren erfolgt.

9. Am 13.04.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Eingabe der Verlassenschaftskuratorin ein, mit der die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des AMS zurückgezogen wurde. Seitens der Verlassenschaftskuratorin wurde in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass das Verlassenschaftsverfahren zwischenzeitig mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 04.04.2018 (nicht rechtskräftig) beendet worden sei. Aus dem Beschluss ergebe sich, dass die Verlassenschaft überschuldet sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist nach Einbringung der Beschwerde am 16.10.2017 verstorben.

Die vom Bezirksgericht XXXX bestellte Verlassenschaftskuratorin gab dem Bundesverwaltungsgericht auf Anfrage mit Schreiben vom 16.01.2018 zunächst bekannt, dass sie namens der Verlassenschaft in das Verfahren eintrete.

Mit Eingabe vom 13.04.2018 wurde die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid seitens der Verlassenschaftskuratorin zurückgezogen.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

Der Todestag des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Todesmeldung bzw. aus dem Eintrag ins Sterbebuch.

Die Feststellung, dass die durch die rechtswirksam bestellte Verlassenschaftskuratorin vertretene Verlassenschaft zunächst die Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens begehrte und die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid schließlich zurückzog, ergibt sich aus dem Inhalt des Gerichtsaktes.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

3.2. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Einstellung des Verfahrens:

3.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt der Tod des Beschwerdeführers grundsätzlich zur Einstellung des Beschwerdeverfahrens. Das Verfahren ist dann nicht als gegenstandslos einzustellen, wenn nach dem Gegenstand des Verfahrens eine Rechtsnachfolge der Erben in der Parteistellung des Beschwerdeführers möglich ist und die Erben auch erklären, das Verfahren fortsetzen zu wollen (vgl. etwa VwGH 08.09.1998, 97/08/0151 mwN).

Die Verlassenschaft ist mit der Erklärung der vom Bezirksgericht XXXX bestellten Verlassenschaftskuratorin, das gegenständliche Verfahren fortsetzen zu wollen, in die Parteistellung des verstorbenen Beschwerdeführers eingetreten. Daher war das gegenständliche Beschwerdeverfahren zunächst fortzusetzen.

3.4. Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6).

Dasselbe folgt sinngemäß aus § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG.

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Berufung zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. z.B. VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320, zur insofern auf die Rechtslage nach dem VwGVG übertragbaren Judikatur zum AVG).

Eine solche Erklärung lag im gegenständlichen Fall vor, da die Verlassenschaft nach dem Beschwerdeführer durch die rechtswirksam bestellte Verlassenschaftskuratorin die Zurückziehung eindeutig zum Ausdruck gebracht hat.

In welchen Fällen "das Verfahren einzustellen" ist (§ 28 Abs. 1 VwGVG), regelt das VwGVG nicht ausdrücklich. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).

Der Bescheid der belangten Behörde vom 31.07.2017 ist aufgrund der Zurückziehung der Beschwerde rechtskräftig geworden. Damit ist einer Sachentscheidung insoweit die Grundlage entzogen, weshalb mit Beschluss die Einstellung des betreffenden Beschwerdeverfahrens auszusprechen war.

3.5. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens wegen Zurückziehung der Beschwerde ist ihrem Wesen nach mit einer Zurückweisung vergleichbar. Für eine Zurückweisung sieht § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG ausdrücklich die Möglichkeit des Entfalls der mündlichen Verhandlung vor.

Die mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG aber auch deshalb unterbleiben, weil der Sachverhalt aus dem Verwaltungsakt in Verbindung mit der Beschwerde und ihrer Zurückziehung hinreichend geklärt ist. Art. 6 Abs. 1 EMRK steht dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Verfahrensgarantie des "fair hearing" iSd Art. 6 Abs. 1 EMRK kommt nicht zur Anwendung, wenn einer Entscheidung in der Sache Prozesshindernisse entgegenstehen (vgl. hiezu die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.063/2003 und 19.175/2010 sowie des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 21.11.2012, 2008/07/0161 und VwGH 23.06.2014, 2013/12/0224, je mwH). Diese Judikatur ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch auf Fälle übertragbar, in denen ein Erledigungsanspruch (erst) nach Beschwerdeeinbringung verloren geht.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. zur Einstellung bei Zurückziehung etwa VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320; 29.04.2015, Fr 2014/20/0047). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Beschwerdeführer verstorben, Verfahrenseinstellung, Verlassenschaft,
Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W238.2176166.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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