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10/07 Verfassungs- und VerwaltungsgerichtsbarkeitNorm
B-VG Art140 Abs1 Z1 litdLeitsatz
Zurückweisung eines Parteiantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des UWG betr die Sicherung des Anspruches auf Unterlassung irreführender Geschäftspraktiken durch Erlassung einstweiliger Verfügungen; Unzulässigkeit des aus Anlass eines Verfahrens betreffend eine einstweilige Verfügung gemäß den Bestimmungen der EO gestellten AntragsSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Sachverhalt und Antragsvorbringen
1. Mit Beschluss vom 4. Dezember 2017, 4 Cg 130/17s, erließ das Landesgericht Feldkirch zur Sicherung des Anspruches der klagenden und gefährdeten Partei auf Unterlassung unlauterer Praktiken eine einstweilige Verfügung gegenüber den beklagten Parteien (den antragstellenden Parteien im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof). Demnach hätten es die beklagten Parteien bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens zu unterlassen, näher bezeichnete (unrichtige) Angaben über die von der erstbeklagten Partei vertriebenen Ernährungsriegel zu machen.
2. Aus Anlass des gegen diesen Beschluss des Landesgericht Feldkirch erhobenen Rekurses stellen die antragstellenden Parteien einen auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützten Antrag auf Aufhebung des §24 UWG und der Wortfolge "auf Unterlassung der Angaben und," in §2 Abs1 UWG wegen Verfassungswidrigkeit.
II. Rechtslage
1. Die §§2 und 24 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 – UWG, BGBl 448/1984, idF BGBl I 49/2015, lauten:
"Irreführende Geschäftspraktiken
§2. (1) Eine Geschäftspraktik gilt als irreführend, wenn sie unrichtige Angaben (§39) enthält oder sonst geeignet ist, einen Marktteilnehmer in Bezug auf das Produkt über einen oder mehrere der folgenden Punkte derart zu täuschen, dass dieser dazu veranlasst wird, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte:
1. das Vorhandensein oder die Art des Produkts;
2. die wesentlichen Merkmale des Produkts oder die wesentlichen Merkmale von Tests oder Untersuchungen, denen das Produkt unterzogen wurde;
3. den Umfang der Verpflichtungen des Unternehmens, die Beweggründe für die Geschäftspraktik, die Art des Vertriebsverfahrens, die Aussagen oder Symbole jeder Art, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder die sich auf eine Zulassung des Unternehmens oder des Produkts beziehen;
4. den Preis, die Art der Preisberechnung oder das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils;
5. die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6. die Person, die Eigenschaften oder die Rechte des Unternehmers oder seines Vertreters, wie Identität und Vermögen, seine Befähigungen, sein Status, seine Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen sowie gewerbliche oder kommerzielle Eigentumsrechte oder Rechte an geistigem Eigentum oder seine Auszeichnungen und Ehrungen;
7. die Rechte des Verbrauchers aus Gewährleistung und Garantie oder die Risiken, denen er sich möglicherweise aussetzt.
(2) Jedenfalls als irreführend gelten die im Anhang unter Z1 bis 23 angeführten Geschäftspraktiken.
(3) Eine Geschäftspraktik gilt ferner als irreführend, wenn sie geeignet ist, einen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte und das Folgende enthält:
1. jegliche Vermarktung eines Produkts einschließlich vergleichender Werbung, die eine Verwechslungsgefahr mit einem Produkt oder Unternehmenskennzeichen eines Mitbewerbers begründet;
2. das Nichteinhalten von Verpflichtungen, die der Unternehmer im Rahmen eines Verhaltenskodex, auf den er sich verpflichtet hat, eingegangen ist, sofern
a) es sich nicht um eine Absichtserklärung, sondern um eine eindeutige Verpflichtung handelt, deren Einhaltung nachprüfbar ist, und
b) der Unternehmer im Rahmen einer Geschäftspraktik darauf hinweist, dass er durch den Kodex gebunden ist.
(4) Eine Geschäftspraktik gilt auch als irreführend, wenn sie
1. unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen vorenthält, die der Marktteilnehmer benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, oder
2. wesentliche Informationen gemäß Z1 unter Berücksichtigung der darin beschriebenen Einzelheiten verheimlicht, oder auf unklare, unverständliche, zweideutige Weise oder nicht rechtzeitig bereitstellt oder ihren kommerziellen Zweck nicht kenntlich macht, sofern dieser sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt
und somit geeignet ist, einen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
(5) Als wesentliche Informationen im Sinne des Abs4 gelten jedenfalls die im Unionsrecht festgelegten Informationsanforderungen in Bezug auf kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing. Bei der Beurteilung gemäß Abs4, ob bei der Geschäftspraktik im verwendeten Kommunikationsmedium Informationen vorenthalten wurden, sind die räumlichen oder zeitlichen Beschränkungen, die durch das Kommunikationsmedium auferlegt wurden und alle Maßnahmen, die der Unternehmer zur anderweitigen Zurverfügungstellung von Information getroffen hat, zu berücksichtigen.
(6) Bei einer Aufforderung an Verbraucher zum Kauf gelten folgende Informationen als wesentlich im Sinne des Abs4, sofern sich diese Informationen nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben:
1. die wesentlichen Merkmale des Produkts in dem für das Medium und das Produkt angemessenen Umfang;
2. Name und geographische Anschrift des Unternehmens und gegebenenfalls des Unternehmens, für das gehandelt wird;
3. der Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben oder, wenn dieser vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art seiner Berechnung;
4. gegebenenfalls Fracht-, Liefer- und Zustellkosten oder, wenn diese vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können;
5. die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen sowie das Verfahren zum Umgang mit Beschwerden, falls sie von den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt abweichen;
6. gegebenenfalls das Bestehen eines Rücktritts- oder Widerrufsrechts.
(7) Der Anspruch auf Schadenersatz kann gegen Personen, die sich gewerbsmäßig mit der Verbreitung öffentlicher Ankündigungen befassen, nur geltend gemacht werden, wenn sie die Unrichtigkeit der Angaben kannten, gegen ein Medienunternehmen nur, wenn dessen Verpflichtung bestand, die Ankündigung auf ihre Wahrheit zu prüfen (§4 Abs2).
[…]
Einstweilige Verfügungen
§24. Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen erlassen werden, auch wenn die im §381 EO bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen."
2. §381 des Gesetzes vom 27. Mai 1896 über das Exekutions- und Sicherungsverfahren (Exekutionsordnung – EO), RGBl. 79/1896, idF BGBl I 69/2014, lautet:
"2. Zur Sicherung anderer Ansprüche.
§381.
Zur Sicherung anderer Ansprüche können einstweilige Verfügungen getroffen werden:
1. wenn zu besorgen ist, dass sonst die gerichtliche Verfolgung oder Verwirklichung des fraglichen Anspruches, insbesondere durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes, vereitelt oder erheblich erschwert werden würde; als solche Erschwerung ist es anzusehen, wenn die Entscheidung in Staaten vollstreckt werden müsste, in denen die Vollstreckung des Anspruchs weder durch völkerrechtliche Verträge noch durch Unionsrecht gesichert ist;
2. wenn derartige Verfügungen zur Verhütung drohender Gewalt oder zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nöthig erscheinen."
III. Zur Zulässigkeit
1. Gemäß Art140 Abs1a B-VG iVm §62a Abs1 Z9 VfGG ist die Stellung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG "im Verfahren betreffend einstweilige Verfügungen gemäß den Bestimmungen der EO" nicht zulässig.
2. Wie der Verfassungsgerichtshof mit näherer Begründung im Beschluss vom 13. Oktober 2016, G665/2015, darlegte, bestehen gegen diesen Ausnahmetatbestand in §62a Abs1 Z9 VfGG keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
3. Entgegen den Behauptungen der antragstellenden Parteien besteht für den Verfassungsgerichtshof kein Zweifel, dass mit dem Begriff "einstweilige Verfügungen" in §24 UWG das entsprechende Rechtsinstitut in der Exekutionsordnung gemeint ist und §24 UWG (lediglich) erleichterte Voraussetzungen für die Erlassung von einstweiligen Verfügungen im Bereich des Wettbewerbsrechts (in Abweichung von §381 EO) normiert (vgl. ErlRV 464 BlgNR 1. GP, 16); aus diesem Grund handelt es sich bei einem Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß §24 UWG um ein "Verfahren betreffend einstweilige Verfügungen gemäß den Bestimmungen der EO" iSd §62a Abs1 Z9 VfGG (vgl. VfGH 14.10.2016, G217/2016).
4. Damit erweist sich der Antrag der antragstellenden Parteien auf Aufhebung des §24 UWG und der Wortfolge "auf Unterlassung der Angaben und," in §2 Abs1 UWG wegen Verfassungswidrigkeit schon deshalb als unzulässig, weil er aus Anlass eines Verfahrens betreffend einstweilige Verfügungen gemäß den Bestimmungen der Exekutionsordnung gestellt wird (§62a Abs1 Z9 VfGG).
5. Bei diesem Ergebnis hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob weitere Prozesshindernisse bestehen.
6. Der Antrag ist somit gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Parteiantrag, Wettbewerbsrecht, Wettbewerb unlauterer, Verfügung einstweiligeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2018:G412.2017Zuletzt aktualisiert am
25.04.2018