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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art130 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Marktgemeinde Ö, vertreten durch B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH in 1040 Wien, Gußhausstraße 6, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 26. September 2017, LVwG 41.31-962/2017-6, betreffend eine Angelegenheit nach dem Eisenbahngesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie; mitbeteiligte Partei: Ö Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Jarolim Flitsch Rechtsanwälte GmbH, Volksgartenstraße 3, 1010 Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 I. Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (im Folgenden: belangte Behörde) vom 28. April 2016, mit dem die Auflassung einer näher bezeichneten Eisenbahnkreuzung mit einem öffentlichen Interessentenweg im Gemeindegebiet der revisionswerbenden Partei gemäß § 48 Abs. 1 Z 2 Eisenbahngesetz (EisbG) angeordnet wurde, wegen Unzuständigkeit zurück. Ferner sprach das LVwG aus, dass gegen diese Entscheidung eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.
2 Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, es sei für die Beschwerde nicht zuständig, weil nach Art. 131 Abs. 2 B-VG das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt würden, zuständig sei. Nach Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG sei das "Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen" in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache. Aus Art. 102 Abs. 2 B-VG iZm Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG ergebe sich, dass das "Verkehrswesen", zu dem auch das Verkehrswesen bezüglich Eisenbahnen gehöre, zu den Angelegenheiten zähle, die sowohl in mittelbarer als auch in unmittelbarer Bundeverwaltung vollzogen werden könnten. Je nachdem, ob der Vollzugsbereich unmittelbare Bundesverwaltung oder mittelbare Bundesverwaltung darstelle, seien die Bescheide aufgrund des EisbG im jeweiligen Vollzugsbereich bei den Landesverwaltungsgerichten oder beim Bundesverwaltungsgericht anzufechten. Der Rechtszug gegen Bescheide der belangten Behörde in der unmittelbaren Bundesverwaltung gehe somit an das Bundesverwaltungsgericht. Auch die in § 12 Abs. 4 EisbG eingeräumte Delegationsmöglichkeit an den Landeshauptmann ändere nichts an der Zuordnung der in § 12 Abs. 3 leg. cit. genannten Angelegenheiten zur unmittelbaren Bundesverwaltung. Die diesbezügliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Starkstromwegegesetz (VwGH 12.9.2016, Ro 2016/04/0014) könne nur dann herangezogen werden, wenn das "Verkehrswesen" in Art. 102 Abs. 2 B-VG nicht genannt wäre und sich seine Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung auch aus anderen Bestimmungen nicht ergäbe. Die Erläuterungen der Regierungsvorlage 1618 BlgNR XXIV. GP zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 betreffend die Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte würden sich ebenso nur auf Angelegenheiten beziehen, die von vornherein in mittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehen seien.
3 Die Revision gegen diese Entscheidung werde für zulässig erachtet, da bislang noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestehe und weil die sachliche Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Bundesverwaltungsgericht und den Landesverwaltungsgerichten in Eisenbahnangelegenheiten zweifelhaft sei.
4 Gegen diesen Beschluss des LVwG richtet sich die vom Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten vorgelegte ordentliche Revision, in welcher die revisionswerbende Partei beantragte, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Beschluss dahingehend abändern, dass der Beschwerde der revisionswerbenden Partei stattgegeben werde, in eventu den angefochtenen Beschluss wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts bzw. wegen Verletzung von Verfahrensvorschiften aufheben.
5 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision beantragte.
6 II. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 III. Ausgehend von dieser Rechtslage ist die Revision nicht zulässig:
10 Die Frage, ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG, also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Einbringung der Revision -
bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (VwGH 26.6.2014, Ra 2014/03/0005).
11 Der Revisionsfall gleicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Ko 2018/03/0001, entschieden wurde. Aus den in dieser Entscheidung dargelegten Gründen, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz iVm § 43 Abs. 9 VwGG verwiesen wird, erweist sich auch die hier vorliegende Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG als unzulässig. Die im Zulässigkeitsvorbringen aufgeworfene Rechtsfrage der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte in Angelegenheiten des EisbG wurde mittlerweile in dieser Entscheidung geklärt, der angefochtene Beschluss hat die sich daraus ergebenden Leitlinien beachtet (vgl. dazu VwGH 26.6.2014, Ra 2014/03/0005). Im genannten Erkenntnis vom heutigen Tag hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide, welche von der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde aufgrund ihrer Zuständigkeiten gemäß § 12 Abs. 3 EisbG erlassen wurden, zuständig ist.
12 IV. In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
13 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
14 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 20. März 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018030001.J00Im RIS seit
25.04.2018Zuletzt aktualisiert am
09.05.2018