Entscheidungsdatum
01.03.2018Norm
StVO 1960 §4 Abs1 litaText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des AS, vertreten durch Dr. Viktor Igáli-Igálffy, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 14. März 2017, Zl. MDS2-V-16 105462/5, betreffend Bestrafungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Tatzeit zu allen drei Spruchpunkten „gegen 3:20 Uhr“ zu lauten hat und die Wendung „Alkoholmessung am 12.11.2016 um 10.17 Uhr – Rückrechnung auf Unfallzeitpunkt“ bei der Tatbeschreibung zu Spruchpunkt 1. ersatzlos entfällt.
2. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 474,-- Euro zu leisten.
3. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.
Zahlungshinweis:
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 3.081,-- Euro und ist gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen einzuzahlen.
Entscheidungsgründe:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer lenkte am 12. November 2016, gegen 03:20 Uhr, in ***, ***, das auf ihn zugelassene Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***, einen Kia Ceed.
Der Beschwerdeführer wies zu diesem Zeitpunkt einen Alkoholgehalt der Atemluft in Höhe von 0,71 mg/l auf.
Er lenkte das auf ihn zugelassene Kraftfahrzeug gegen drei am Straßenrand Höhe Ordnungsnummer *** bzw. *** der *** parkende Kraftfahrzeuge, welche dabei, ebenso wie das Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers beschädigt wurden. Er beschädigte ein Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen *** (rechte Fahrzeugseite, rechter Vorderreifen stark verzogen, Dellen und Kratzer), ein Leichtmotorrad mit dem behördlichen Kennzeichen *** (Heck, Bruch der Plastikverkleidung, Kennzeichenhalterung gebrochen) sowie ein weiteres Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen *** (Sprung des Glases des rechten Seitenspiegels, Verkleidung des Seitenspiegels abgebrochen).
Der Beschwerdeführer lenkte sein Kraftfahrzeug ohne anzuhalten weiter, bog an der Kreuzung ***/*** nach rechts ab und stellte sein Kraftfahrzeug nach einer Weiterfahrt von insgesamt etwas mehr als 100m in der *** auf Höhe der Ordnungsnummer *** ab.
Der Beschwerdeführer stieg sodann aus seinem Kraftfahrzeug aus und machte sich zu Fuß auf den Weg in Richtung seiner in der Nähe gelegenen Wohnung in der ***.
Als er gerade die Türe zum Wohnhaus aufsperrte rief ihn ein Mitarbeiter der Firma S an und erkundigte sich nach seinem Befinden, da die Sensoren des Kraftfahrzeuges des Beschwerdeführers einen Unfall an die Firma S weitergeleitet hatten. Der Beschwerdeführer gab gegenüber dem Mitarbeiter der Firma S bekannt, dass er seit ca. acht Stunden nicht mit seinem Kraftfahrzeug gefahren sei und dieses wohl gestohlen worden sein müsse. Der Beschwerdeführer wies den Mitarbeiter der Firma S an, diese Informationen an die Polizei weiterzugeben, was dieser auch tat.
Gegen 4:05 Uhr kamen zwei Polizeibeamte der Polizeiinspektion *** zur Wohnadresse des Beschwerdeführers – dieser wartete bereits vor der Haustür – und fuhren gemeinsam mit ihm zur Stelle, an welcher das Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers – laut Ortung der Firma S – abgestellt war. Der Beschwerdeführer gab nunmehr auch gegenüber den Polizisten an, dass er davon ausgehe, dass das Fahrzeug gestohlen worden sei, da er es seit mehreren Stunden nicht gelenkt habe.
Eine zu diesem Zeitpunkt angedachte Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt beim Beschwerdeführer scheiterte aufgrund eines Funktionsfehlers des geeichten Alkomaten, der sich an sich im Kofferraum des Streifenwagens befand. Es wurde daher vereinbart, dass der Beschwerdeführer am nächsten Abend gegen 19 Uhr zur Polizeiinspektion kommen solle, um dort seine Aussage als Geschädigter betreffend den vermeintlichen Autodiebstahl zu machen.
Nachdem die Spurensicherung beigezogen wurde, gelangten die Polizisten zur Auffassung, dass der Beschwerdeführer selbst der Lenker seines Kraftfahrzeuges gewesen sein musste. Daher kamen vier Polizeibeamte zur Wohnung des Beschwerdeführers und wurde um 10:34 Uhr bzw. 10:36 Uhr eine Untersuchung der Atemluft am geeichten Alkomaten durchgeführt, welche zum Ergebnis 0,35 bzw. 0,36 mg/l gelangte.
1.2. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:
Zeit:
12.11.2016, 03:20 Uhr
Ort:
Gemeindegebiet ***
***
Fahrzeug:
***, Personenkraftwagen
Tatbeschreibung:
1. Das Fahrzeug gelenkt, obwohl Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben und der Alkoholgehalt Ihrer Atemluft 0,71 mg/l, somit 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l betrug.
Am 12.11.2016 um 03.15 Uhr in ***, ***
Alkoholmessung am 12.11.2016 um 10.17 Uhr - Rückrechnung auf Unfallszeitpunkt
2. Sie sind als Lenker/in des angeführten Fahrzeuges mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben Ihr Fahrzeug nicht sofort angehalten.
Um 03.15 Uhr in ***, *** gegen Fahrzeug *** und *** sowie auf Höhe ONr. *** ***
3. Sie sind mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt, obwohl Sie und die Person(en) in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihre Namen und Anschriften nicht nachgewiesen haben.
Um 03.15 Uhr in ***, *** gegen Fahrzeug *** und *** sowie auf Höhe ONr. *** ***
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
zu 1. § 5 Abs.1, § 99 Abs.1a StVO 1960
zu 2. § 4 Abs. 1 lit. a StVO
zu 3. § 4 Abs. 5 StVO
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:
Geldstrafen von
falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafen von
Gemäß
zu 1. € 2.000,00
432 Stunden
§ 99 Abs.1a StVO 1960
zu 2. € 220,00
100 Stunden
§ 99 Abs. 2 lit. a StVO
zu 3. € 150,00
66 Stunden
§ 99 Abs. 3 lit. b StVO
Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro
€ 237,00
Gesamtbetrag:
€ 2.607,00“
Mildernd wertete die belangte Behörde, dass „keine einschlägigen Vormerkungen“ gegen den Beschwerdeführer vorlägen, erschwerend wurde gewertet, dass der Beschwerdeführer „über Stunden die Verwaltungsübertretungen geleugnet“ habe. Die belangte Behörde ging von einem Einkommen von ca. 1.850 Euro netto monatlich, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten aus.
1.3. Der Beschwerdeführer bezieht ein monatliches Nettoeinkommen von 1.850 Euro monatlich bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten. Der Beschwerdeführer ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen gründen auf der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2018, in welcher Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt, Einvernahme des Beschwerdeführers sowie der KW, AH und der Mutter des Beschwerdeführers, Frau HAS, als Zeugen.
Der Beschwerdeführer bestritt schon in der Beschwerde und auch in der Verhandlung nicht, dass er das Kraftfahrzeug zur Tatzeit gelenkt und auch den Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet hat (siehe nur das Schlusswort des Beschwerdeführers, wonach er „gar nicht abstreiten möchte, dass er das Fahrzeug allenfalls an diesem Abend gelenkt hat“; Verhandlungsschrift Seite 12); auch gegenüber der Polizei hat er eingeräumt, der Lenker des Kraftfahrzeuges gewesen zu sein er brachte diesbezüglich lediglich vor, dass das Ganze „für ihn ein Geheimnis“ sei. Unbestritten ist auch der Abstellort seines Fahrzeuges in etwas mehr als 100 m Entfernung von den sonst beschädigten parkenden Kraftfahrzeugen sowie der Inhalt der Meldung der Firma S an die Polizeiinspektion *** (dieser Inhalt ergibt sich insbesondere auch aus dem vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Einsatzprotokoll der Firma S; siehe den Eintrag „KDE – PKW steht nicht mehr dort wo eingeparkt-war ca. vor 8h lt. Ihm, werde LLZ verständigen und er soll bei seiner Wohnung warten“).
2.2. Explizit bestritten wurde seitens des Beschwerdeführers, dass er sich zum Zeitpunkt des Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe bzw. wurde die von der belangten Behörde angenommene Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt im Ausmaß von 0,71 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft bestritten.
Aufgrund der Stellungnahme der medizinischen Amtssachverständigen der belangten Behörde vom 28. November 2016 geht das Landesverwaltungsgericht jedoch davon aus, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt gegen 3:20 Uhr einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,71 mg/l aufgewiesen hat. Die Amtssachverständige gelangte zu diesem Wert ausgehend vom festgestellten Alkoholgehalt von 0,35 mg/l um 10:34 Uhr unter Annahme einer stündlichen Abbaurate für Alkohol im Körper von 0,1 Promille. Diese „Rückrechnung“ ist nachvollziehbar und stellt vor dem Hintergrund, dass der durchschnittliche Verbrennungswert von Alkohol im Blut im Verlauf einer Stunde ungefähr 0,10 bis 0,12 Promille beträgt, überdies die für den Beschwerdeführer günstigere Annahme dar.
Soweit sich der Beschwerdeführer auf einen Nachtrunk berufen hat, folgt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich dieser Behauptung schon deshalb nicht, weil er gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten, welche die Messung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt um 10:34 Uhr vorgenommen haben, keinen Nachtrunk angegeben hat (siehe die diesbezüglich glaubwürdige Aussage der Zeugin KW, Verhandlungsschrift Seite 7; es ist kein Grund ersichtlich, dass die Zeugin diesbezüglich die Unwahrheit sagen sollte). Erst in seiner bereits von seinem rechtsfreundlichen Vertreter eingebrachten Rechtfertigung gab er – wiederum unkonkret und insofern unglaubwürdig – an, er habe „zur Nervenberuhigung hochprozentige Alkoholiker (Bacardi Rum 38%)“ zu sich genommen. In der Verhandlung sprach der Beschwerdeführer dann – freilich erst über konkrete Befragung durch den Beschwerdeführervertreter – erstmalig davon, „ungefähr einen Viertel Liter Bacardi gemeinsam mit Cola konsumiert zu haben“.
Auch die Aussage der Mutter des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht, spricht nicht gegen die Verneinung eines Nachtrunks, hat diese doch ausgesagt, dass sie leere Gläser abgewaschen und eine Bacardi-, eine Whiskey- und eine Wodka-Flasche weggestellt habe (Verhandlungsschrift Seite 11) – insofern ist es auch logisch, dass die gegen 10:30 Uhr einschreitenden Polizeibeamten keine Flaschen und Gläser wahrnehmen konnten (Aussage der Zeugin KW; Verhandlungsschrift Seite 7). Die Mutter hat jedoch selbst keinerlei Wahrnehmungen betreffend den vom Beschwerdeführer behaupteten Nachtrunk gemacht.
3. Rechtliche Erwägungen:
3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) in der im Tatzeitpunkt anzuwendenden Fassung vom 12. November 2016 lauten auszugsweise:
„§ 4. Verkehrsunfälle.(1) Alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, haben
a)
wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten,
[…]
(5) Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die im Abs. 1 genannten Personen die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.
[…]
§ 5. Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol.(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.
[…]
§ 99. Strafbestimmungen.(1) […]
(1a) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1200 Euro bis 4400 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.
[…]
(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2 180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen,
a)
der Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizeidienststelle verständigt,
[…]
(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,
a)
[…],
b)
wer in anderer als der in Abs. 2 lit. a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalles nicht Hilfe leistet,
[…]“
3.2.1. Zu Spruchpunkt 1 (Lenken in alkoholisiertem Zustand):
Nach den Feststellungen lenkte der Beschwerdeführer sein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, wobei der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,71 mg/l betrug.
Es ist nichts hervorgekommen, das am Vorliegen zumindest fahrlässigen Verhaltens des Beschwerdeführers, was bei Ungehorsamsdelikten wie dem vorliegenden für die Strafbarkeit ausreicht, Zweifel aufkommen hätte lassen (vgl. § 5 Abs. 1 VStG).
Der Beschwerdeführer hat somit eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen und auch zu verantworten.
3.2.2. Zu Spruchpunkt 2 (nicht sofort angehalten):
Voraussetzung für die Anhalte- und Meldepflicht des § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 und des § 4 Abs. 5 leg. cit. ist als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (zB VwGH vom 5. Mai 2017, Ra 2016/02/0036).
Die Anordnung des § 4 Abs. 1 lit. a StVO, das Fahrzeug sofort anzuhalten, hat den Zweck, dass der Lenker, nachdem er sich vom Ausmaß des Verkehrsunfalles überzeugt hat, die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen, so insbesondere die nach § 4 Abs. 1 lit b und c, Abs. 2 und 5 StVO vorgesehenen, trifft. Daraus folgt, dass der mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehende Lenker eines Kraftfahrzeuges der Anhaltepflicht nicht schon dadurch nachkommt, dass er das Fahrzeug kurzfristig an der Unfallstelle zum Stillstand bringt, im Übrigen aber – ohne sich um die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zu kümmern – mit dem Fahrzeug die Unfallstelle wieder verlässt.
Von einem sofortigen Anhalten im Sinne des § 4 Abs. 1 lit.a StVO 1960 kann nicht die Rede sein, wenn das beteiligte Fahrzeug nicht unmittelbar nach Kenntnisnahme des Verkehrsunfalls am Unfallort, sondern erst in einiger Entfernung davon angehalten wird (vgl. schon VwGH vom 19. Februar 1982, 81/02/0267).
Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bei drei Kraftfahrzeugen auf Höhe der *** bzw. *** angefahren ist. Er lenkte sein Kraftfahrzeug weiter, nach einer Kreuzung nach rechts und blieb sodann insgesamt knapp 100 Meter von der Unfallstelle entfernt stehen.
Schon vor diesem Hintergrund kann nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer „sofort“ im Sinne des § 4 Abs. 1 lit.a StVO 1960 angehalten hätte.
Es ist nichts hervorgekommen, das am Vorliegen zumindest fahrlässigen Verhaltens des Beschwerdeführers, was bei Ungehorsamsdelikten wie dem vorliegenden für die Strafbarkeit ausreicht, Zweifel aufkommen hätte lassen (vgl. § 5 Abs. 1 VStG). Die durch keinerlei konkrete Beweisanbote aufgestellte Behauptung des Beschwerdeführers, wonach er sich „an nichts erinnern könne“ reicht dafür nicht aus. Gegenständlich ist vielmehr anzunehmen, dass der Beschwerdeführer deshalb nicht sofort angehalten hat, um seine alkoholisierte Fahrt zu vertuschen.
Er hat somit auch diese Verwaltungsübertretung begangen und zu verantworten.
3.2.3. Zu Spruchpunkt 3 (Meldepflicht verletzt):
Die Meldepflicht nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 kann zwar auch durch einen Dritten erfüllt werden, dass bedeutet aber nicht, dass die Verpflichtung an sich übertragbar wäre, sondern es wird dem Verpflichteten damit die rechtliche Möglichkeit eingeräumt sich diesbezüglich auch der Mitwirkung eines Dritten zu bedienen, weshalb der Verpflichtete strafbar bleibt, wenn er sich nicht davon überzeugt ob der Bote auch den Auftrag im Sinne des Gesetzes befolgt hat (vgl. VwGH vom 18. September 1991, 90/03/0254). Auch die Überzeugung, ob der Beauftragte der Meldepflicht nach Abs. 5 nachgekommen ist, hat ohne unnötigen Aufschub zu erfolgen (VwGH vom 26. März 2004, 2003/02/0279).
Festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer zunächst bestritten hat, der am Unfall beteiligte Lenker gewesen zu sein. Vielmehr hat er dem Mitarbeiter der Firma S – und dieser wiederum der Polizei – mitgeteilt, dass sein Kraftfahrzeug anscheinend gestohlen wurde, da er es vor acht Stunden geparkt und seither nicht mehr bewegt hatte. Diese Meldung hat S an die Polizei weitergegeben.
Eine mittels Boten an die Polizei übermittelte Auskunft, in welcher die Lenkereigenschaft gerade nicht angegeben wird, erfüllt nicht die Verständigungspflicht gemäß § 4 Abs. 5 StVO 1960.
Überdies hat der Beschwerdeführer auch gegenüber den in der Folge gegen 4:00 Uhr bei ihm eingetroffenen Polizeibeamten – also rund 40 Minuten nach dem Unfallgeschehen – noch angegeben, er habe das Kraftfahrzeug nicht gelenkt, sondern sei dieses vermutlich gestohlen worden.
Zum Verschulden wird auf die Ausführungen zu 3.2.2. verwiesen.
Der Beschwerdeführer hat somit auch diese Verwaltungsübertretung begangen und zu verantworten.
3.2.4. Zur Höhe der verhängten Strafen:
Gemäß § 19 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der Beschwerdeführer hat ein Monatseinkommen von 1.850 Euro netto und weist keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen auf. Er hat keine Sorgepflichten und kein Vermögen.
Die belangte Behörde wertete das Fehlen von einschlägigen Vormerkungen zu Unrecht als mildernd, allerdings ist mittlerweile Tilgung eingetreten, weshalb dem Beschwerdeführer im Ergebnis dieser Milderungsgrund zuzubilligen ist. Zu Unrecht wertete die belangte Behörde das Leugnen des Beschwerdeführers als Erschwerungsgrund (vgl. VwGH vom 16. Jänner 1974, 0251/73).
Hinsichtlich Spruchpunkt 1. verhängte die belangte Behörde eine Geldstrafe in der Höhe von 2.000 Euro, wobei der Strafrahmen gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 von 1.200 bis 4.400 Euro reicht.
Diese Geldstrafe ist nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes nicht als überhöht anzusehen, blieb doch von der belangten Behörde unberücksichtigt, dass die Mindeststrafe von 1.200 Euro schon für das Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand vorgesehen ist. Bereits das Lenken eines Fahrrades in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit zumindest 1,2 Promille ist somit mit mindestens 1.200 Euro zu bestrafen ist. Gegenständlich ist daher erschwerend zu werten, dass der Beschwerdeführer ein Kraftfahrzeug lenkte. In Zusammenschau mit dem Einkommen des Beschwerdeführers in der Höhe von 1.850 Euro monatlich netto kann die verhängte Geldstrafe in der Höhe von 2.000 Euro im Ergebnis nicht als überhöht angesehen werden.
Auch die zu Spruchpunkt 2. und 3. verhängten Geldstrafen können nicht als überzogen angesehen werden, bewegten sich diese doch bei nicht ganz 10 % (Spruchpunkt 2.) bzw. etwas mehr als 20 % (Spruchpunkt 3.) des zur Verfügung stehenden Strafrahmens, was angesichts des Verhaltens des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit seinem Einkommen unter Berücksichtigung des Vorgesagten mit einer Bemessung iSd § 19 VStG im Einklang steht.
3.2.5. Ergebnis:
Die Beschwerde ist somit insgesamt als unbegründet abzuweisen, wobei die im Spruch ersichtlichen Präzisierungen des Spruchs des angefochtenen Straferkenntnisses vorzunehmen waren, wozu das Landesverwaltungsgericht nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet ist (vgl. zB VwGH vom 20. Mai 2015, Ra 2014/09/0033).
3.3. Zum Kostenausspruch:
Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat; dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Geldstrafe zu bemessen (hier insgesamt 474 Euro).
3.4. Zur Unzulässigkeit der Revision:
3.4.1. Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Normenwortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH vom 29. Juli 2015, Ra 2015/07/0095) und im Übrigen nur Fragen der Beweiswürdigung vorliegen, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht berufen ist (vgl. allgemein zur Beweiswürdigung zB VwGH vom 28. Juni 2017, Ra 2017/02/0038, bezüglich des Umstandes, dass im Falle von situationsbezogenem Verhalten kein medizinisches Gutachten eingeholt werden muss VwGH vom 9. September 2005, 2004/02/0097, sowie zur Annahme einer stündlichen Alkohol-Abbaurate von 0,10 bis 0,12 zB auch VwGH vom 28. Februar 2003, 99/02/0167).
3.4.2. Eine nach den Kriterien des § 19 VStG vorgenommene Strafbemessung ist eine einzelfallbezogene Abwägung, die im Allgemeinen keine grundsätzliche Rechtsfrage darstellt (zB VwGH vom 9. Juni 2017, Ra 2017/02/0018), weshalb die Revision auch diesbezüglich unzulässig ist.
Schlagworte
Verkehrsrecht; Straßenverkehr; Verwaltungsstrafe; Anhaltepflicht; Verständigungspflicht;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.939.001.2017Zuletzt aktualisiert am
24.04.2018