TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/11 W200 2141689-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.04.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.04.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W200 2141689-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Vorsitzende und die Richter Dr. KUZMINSKI und Mag. HALBAUER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , StA. Österreich, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice Landesstelle Wien vom 07.11.2016, Zl. 1245290776, mit welchem der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 1 und 2 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 01.08.2016 den Antrag auf Ausstellung eines Behinderten-passes. In einem Schreiben führte er aus, dass er an einer Behinderung (Geburtsfehler) am rechten Fuß leide. Bisher hätte er immer durchgehalten, mit fortschreitendem Alter er-scheine ihm das nicht mehr möglich. Er könne nur noch orthopädische Maßschuhe tragen und selbst dann schmerze der Fuß oder andere Teile des Bewegungsapparates manchmal schon nach wenigen Metern. Durch die Asymmetrie würden weitere Schmerzen in der Ferse, den Knien sowie entlang der Wirbelsäule auch im Ruhezustand auftreten. Dem Schreiben angeschlossen waren Fotos des rechten und linken Fußes sowie ein orthopädischer Befund vom 27.04.2016.

Das Sozialministeriumservice holte in weiterer Folge ein Gutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein, welches Folgendes ergab:

"Anamnese:

Angeborene Fehlbildung im Bereich des rechten Fußes, Deformität des Vor- und Rückfußes mit Makrodaktylie, Calcaneus altus und Verknöcherung der Plantarfaszie und massiver Hyperexostosenbildung

Operationen im Kleinkindesalter.

04/16 Amputation der distalen Phalanx und teilweise mittleren Phalanx der rechten 4. Zehe, Kalkaneusspornabmeißelung.

Beschwerden im Bereich von rechtem Fuß, Hüfte, Kreuz, Rücken und Nacken.

Derzeitige Beschwerden:

"Schmerzen habe ich ständig im rechten Fuß, im Sprunggelenk. Vor der letzten Operation hatte ich ständig Schmerzen. Die Schmerzen strahlen aus bis zum rechten Knie, teilweise bis zur rechten Schulter. Das rechte Bein ist 1 cm länger. Schmerzen habe ich bereits nach kurzer Gehstrecke, verwende daher einen Elektroroller. Laufen oder Ballsportarten sind nicht möglich."

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikamente Parkemed bei Bedarf, Magnesium.

Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. XXXX , 1100 Wien und Facharzt für Orthopädie, und bei Prof. XXXX , Krankenhaus Speising.

Sozialanamnese:

Verheiratet, 2 Kinder (9, 2 Jahre), lebt in Wohnung im 5. Stockwerk mit Lift. Berufsanamnese: Lehrer, BMS

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Bericht neurologische Abteilung Krankenanstalt Rudolfstiftung vom 11.12.2015 (Migräne mit Aura, sensible brachiofaciale Hemisymptomatik rechts mit expressiver Sprachstörung für die Dauer von 30 min., dann Kopfschmerzen. Neurologischer Status bei der Entlassung unauf-fällig)

Abl. 8, Bericht Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie vom 27.04.2016 (angeborene Fußfehl-bildung rechts mit Makrodaktylie, Calcaneus altus und Verknöcherung der Plantarfaszie mit massiver Hyperexostosenbildung und Deformität)

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: gut

Ernährungszustand: gut

Größe: 180 cm, Gewicht: 95 kg, Blutdruck: 140/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonoren Klopfschall, VA, HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang links ohne Anhalten und ohne Einsinken durchführbar, rechts angedeutet möglich.

Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu 2/3 möglich.

Die Beinachse ist im Lot. Muskelverhältnisse: Bandmaß Oberschenkel rechts 50 cm, links 51,5 cm, Unterschenkel rechts 43,5 cm, links 37 cm.

Beinlänge nicht ident, rechts + 1,5cm

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird im Bereich des rechten Fußes als vermindert angegeben.

Fuß rechts: Fußlänge rechts 46 cm, links 44 cm, Vorfuß Umfang rechts 32 cm, links 24 cm.

Deutliche Umfangsvermehrung und Weichteilvermehrung im Bereich der rechten Ferse, mäßig im Bereich des Mittelfußes, deutlich im Bereich des Vorfußes mit verstärkter plantarer Beschwielung, Rückfuß orthograd, bei Belastung in den Varus kippend, Längsgewölbe erhalten, Vorfuß verbreitet und deformiert mit verstärkter Plantarer Beschwielung, rechte Großzehe etwas vergrößert, Form annähernd unauffällig, 2. 3. Zehe sind verwachsen und umfangsvermehrt, Wackelbewegungen, 4. Zehe rückgekürzt auf proximale Phalanx, plastische Deckung, gut eingeteilt, 5. Zehe vergrößert, Form annähernd unauffällig.

Sprunggelenk rechts bandstabil, endlagige Bewegungseinschränkung.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie frei, Sprunggelenke rechts endlagig eingeschränkt, links frei, Zehen sind links frei beweglich, rechts siehe oben.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 80° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Becken rechts geringgradig höherstehend, zarte S-förmige Skoliose, in etwa im Lot. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Geringgradig Hartspann paralumbal. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: 0 cm, in allen Ebenen frei beweglich

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit orthopädischen Schuhen, das Gangbild mit Schuhen hinkfrei und nahezu unauffällig. Barfußgang rechts schleifend in geringgradiger Außenrotation des rechten Fußes mit gehemmtem Abrollen.

Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status Psychicus:

Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Angeborene Fußdeformität rechts 2 Stufen über dem unteren Rahmensatz, da mit orthopädischen Schuhen Kompensierbarkeit gegeben.

02.05.35

30%

3

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Unterer Rahmensatz, da zwar rezidivierende Beschwerden, jedoch keine funktionellen Einschränkungen vorliegend. Berücksichtigt wird der geringgradige Beckenschiefstand bei Beinlängendifferenz von 1,5 cm.

02.01.01

10%

 

Gesamtgrad der Behinderung

30 v. H.

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 nicht erhöht, da kein ungünstiges Zusammenwirken in be-hinderungsrelevantem Ausmaß vorliegt.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Zustand der Migräne mit Aura mit sensibler brachiofacialer Hemisymptomatik rechts und expressiver Sprachstörung 12/2015 erreicht keinen Behinderungsgrad, da einmaliges Auftreten und keine Dauerfolgen."

Mit Bescheid des Sozialministeriumservice vom 07.11.2016 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mangels vorliegender Voraussetzungen abgewiesen.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde rügte der Beschwerdeführer die Gutachtensfeststellung, dass die angeborene Fußdeformität mit orthopädischen Schuhen kompensierbar sei. Es handle sich laut allen behandelnden Ärzten um eine extreme, weit über das zivilisatorische Ausmaß hinausgehende Fehlbildung und orthopädische Maßschuhe kompensieren diese Fehlbildung nur dahingehend, dass überhaupt ein Tragen von Schuhen möglich sei. Die Beschwerden würden nicht kompensiert, sondern nur teilweise gelindert. Nicht beurteilt worden sei die teilweise Amputation von drei Zehen und die Narben im Bereich der Zehen, der Fußsohle und der Ferse. Diese Narben mit wesentlichem Substanz-verlust würden laufend schmerzen und die Funktionalität beim Tragen von orthopädischen Maßschuhen behindern. Außerdem seien die Zehengelenke in ungünstiger Stellung versteift. Weiters würde die Funktionseinschränkung im Sprunggelenk zwar erkannt, hätte aber keine niederschlagende Beurteilung gefunden. Die genannten Behinderungen und der beurteilte Beckenschiefstand würden ungünstig zusammenwirken, da dadurch die Schmerzen sowie die Beweglichkeitsbehinderung noch zusätzlich verstärkt würden.

Das Bundesverwaltungsgericht holte aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers ein orthopädisches Gutachten ein. Das Gutachten vom 24.03.2017 ergab Folgendes:

"Anamnese - Zwischenanamnese - Verlauf:

Seit Oktober 2016 keine Unfälle und OP am Bewegungsapparat.

Aktuelle Beschwerden:

Belastungsabhängige Schmerzen im rechten oberen Sprunggelenk mit Ausstrahlung in das Bein. Dann auch bei längeren Gehstrecken Ausstrahlung bis in die gesamte rechte Körperhälfte und bis in den Nacken reichend. Eine Auslösung von Migräneattacken, die alle 2-4 Wochen auftreten, wird diskutiert. Schmerzen auch im Bereich der HWS und im Nacken. Fallweise Taubheitsgefühl in den Fingern. Orthopädische Schuhe werden getragen.

Letzte physikalische Therapie: 2010

Schmerzstillende Medikamente:

Mexalen, Parkemed ca. alle 2-3 Wochen. Beide Medikamente als Bedarfsmedikation.

Hilfsmitten/Behelfe:

Orthopädische Schuhversorgung.

Sozialanamnese: Lehrer, übt Beruf aus. Wohnung 5. Stock mit Lift.

Befunde, Röntgen, MRT:

Mitqebrachte:

Im Rahmen der Untersuchung wurden keine neuen Befunde vorgelegt.

Im Akt vorhandene ( auszugsweise):

• Aktenblatt 8: Befund aus der Ordination Dr. XXXX vom 27.4.2016:

Befund Fuß rechts: Fersenvarusstellung, orthopädischer Schuh lateral abgetragen, Fußdeformität mit deutlicher Verbreiterung des Vorfußes, MTP ll-IV, Gelenk wackelsteif, Druckschmerz plantar MTP ll-IV, MTP I Gelenk 10/0/50, deutlich hypertrophe Zehen ll/lll, Teilamputation dick IV, OSG 50/0/5, Ferse flexibel, USG bandfest.

WS gerade, Beckenschiefstand links -1, Druckschmerz im Bereich der HWS beidseits, paravertebral mit Muskelhartspann. Neuro beidseits UE und OE intakt.

• Aktenblatt 10 Patientenbrief Neurologische Abteilung KH

Rudolfstiftung vom 11.12.2015:

Diagnose: Migräne mit Aura.

Orthopädischer Status:

Größe (cm) 180 cm

Gewicht (kg) 94 kg

Allgemein Kommt alleine, aufrecht gehend, normale Straßenkleidung, orthopädischer Schuh.

An- und Auskleiden rasch, selbständig, ohne Fremdhilfe.Guter AZ und EZ. Rechtshänder.

Caput, Thorax, Abdomen unauffällig.

Die Haut ist rosig, normal durchblutet, im Bereich des rechten Fußes OP-Narben strichförmig, nicht hypertroph. Hauttemperatur im Vorfuß im Bereich der rechten Achillessehne und der Zehen normal.

Gangbild Mittelschrittig, Hinkkomponente auf der rechten Seite mit planem Aufsetzen im Vorfußgang. Zehen- Fersenstand, Einbeinstand und Hocke möglich. Transfer auf die Untersuchungsliege gelingt selbstständig, Wendebewegungen auf der Untersuchungsliege selbstständig und rasch.

Gesamt

Wirbelsäule

Beckenschiefstand links -1cm, Schultern gerade, symmetrische Taillendreiecke, phys. Krümmungen. Mittelkräftig seitengleiche Muskulatur. Keine Atrophien.

HWS S 30/0/20, R je 70, Fje 30.

BWS R je 30, Ott normal.

LWS FBA +10, Reklination 20, Rotation und Seitneigen je 20. Mäßiger Facettenschmerz L5/S1 auf beiden Seiten.

Grob neurologisch: Hirnnerven frei. An der OE mittellebhafte Muskeleigenreflexe, Sensibilität, grobe Kraft, Koordination symmetrisch und seitengleich.

UE: Patellarsehnenreflexe sind seitengleich auslösbar,

Achillessehnenreflex rechts nicht sicher auslösbar, links normal.

Diffuse geringe Sensibilitätsabschwächung im Wechsel von hypersensiblen im Wechsel zonenverstärkter Sensibilität im Bereich des Mittel- und Vorfußes auf der rechten Seite. Keine Zuordnung zu Dermatomen oder Nervenwurzeln möglich.

Obere Extremität

Allgemein Rechtshänder, normale Achse, normale Gelenkkontur, kräftige seitengleiche Muskulatur, keine Atrophien. Handgelenkspulse sind gut tastbar, seitengleiche Gebrauchspuren.

Schulter re S 50/0/180, F 180/0/30, Rotation frei.

Schulter li S 50/0/180, F 180/0/30, Rotation frei.

Ellbogen re S 0/0/130, R je 90, bandstabil.

Ellbogen li S 0/0/130, R je 90, bandstabil.

Handgelenk re S je 60, bandstabil, schlank.

Handgelenk li S je 60, bandstabil, schlank.

Langfinger re Frei beweglich.

Langfinger li Frei beweglich.

Nackengriff Gut möglich.

Schürzengriff Gut möglich.

Kraft Keine Einschränkungen. Spitz- Zangengriff, Oppositionsgriff gut

Fingerfertigkeit möglich.

Untere Extremität

Allgemein

Beinlänge links -1cm, normale Achse, Hypertrophie im Bereich des rechten Fußes ab Ferse beginnend. Hier auch plumpe Sprunggelenkskontur. Fußpulse sind bds. gut tastbar. Seitengleiche Gebrauchspuren.

Hüfte re S 0/0/120, R je 30, Fje 30.

Hüfte li S 0/0/120, Rje 30, Fje 30.Ö

Knie re S 0/0/150, bandfest, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, gutes Patellaspiel, Zohlenzeichen negativ.

Knie li S 0/0/150, bandfest, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, gutes Patellaspiel, Zohlenzeichen negativ.

Ob. Sg Rechts S 10/0/20, Links S 20/0/40 bandfest.

Unt. Sg Links S je 5, Rechts in Neutralstellung mit Wackelbewegungen

Füße:

Links gerade Ferse, gut ausgebildetes Längsgewölbe mit mäßiggradigem Hohlfuß.

Rechts: von der Ferse an hypertroph, Fersenvarus 5 Grad, Hohlfußstellung, im Mittelfuß fächerförmige Verbreiterung im Sinn eines Flossenfußes. Makrodaktily.

Großzehenbeweglichkeit der normal konfigurierten Großzehe ist mit S 40/0/10. Im Bereich des 2. Strahles eine nach oben reichende Exostosenbildung mit mäßiggradiger Schwielenbildung. 3., 4. Strahl sind hypertroph. Plantare Schwielenbildung 2-5 beidseits.

Beurteilung - Fragenbeantwortung - Stellungnahme:

Frage 1:

Diagnosen:

 

Funktionseinschränkungen

Pos.Nr

GdB%

1

Angeborene Fußfehlstellung mit Makrodaktyli- und Z. n. mehrfachen Fußoperationen rechts. Eine Stufe unter dem oberen Rahmensatz dieser Positionsnummer, da Überlastungszeichen im Vorfußbereich bei der Notwendigkeit orthopädischer Schuhversorgung.

02.05.35

30

2

Degenerativer Wirbelsäulenschaden. Unterer Rahmensatz dieser Positionsnummer, da funktionelle Beschwerden mit Beckenschiefstand jedoch keine maßgeblichen Abnützungszeichen und Funktionsausfälle feststellbar sind.

02.01.01

10

Frage 2:

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 v. H., da mit Leiden 2 keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegend ist.

Frage 3:

Aus orthopädischer Sicht ist mit einem Dauerzustand zu rechnen.

Beurteilung:

Es findet sich eine komplexe Vorfußfehlstellung in Form einer angeborenen Vergrößerung der jeweiligen Zehenstrahle. Durch Korrekturoperationen ist im 2. und 3. Strahl eine Zehenfehlstellung verblieben. Die korrigierten Zehen haben keinen Bodenkontakt, sodass funktionell diese Zehen als amputiert zu werten sind.

Im Vorfußbereich befindet sich eine deutliche flossenförmige Verbreiterung. Das Fußgewölbe ist im Sinn eines Hohlfußes erhöht und gut ausgebildet. Der Rückfuß zeigt eine leichte Einwärtsdrehung der Ferse wie es typisch ist für eine Hohlfußfehlstellung.

Im oberen Sprunggelenk findet sich eine ausreichende Restbeweglichkeit um ein adäquates Abrollen im Gehen zu erreichen.

Eine orthopädische Schuhversorgung ist zwingend und kompensiert die Fehlstellung."

Im gewährten Parteiengehör wurde gerügt, dass der Gutachter die Fußstellung als eine Fehlstellung, die mit orthopädischen Schuhen kompensiert werde, erkenne. Laut dem Gutachten seines Orthopäden-Teams des Fußzentrums Wien könnten orthopädische Schuhe diese Fehlstellung nicht kompensieren, sondern würden lediglich dazu dienen, die Beschwerden zu lindern. Es sei nicht ersichtlich, warum die Beurteilung der Behinderung des Fußes "eine Stufe unter dem oberen Rahmensatz" ausfalle, da seine Fußdeformität von allen behandelnden Ärzten als extrem, weit über das zivilisatorische Ausmaß hinausgehend, beurteilt worden sei. Im Gutachten sei diesmal die teilweise Amputation von zwei Zehen und die flossenförmige Verbreiterung des Fußes erkannt worden, diese Fakten hätten aber keinen Niederschlag im Grad der Behinderung gefunden. Die Amputation der dritten Zehe sei nicht erkannt worden und hätte daher ebenfalls keinen Niederschlag im Grad der Behinderung gefunden. Auch die Versteifung der verbliebenen Zehengelenke sei nicht berücksichtigt worden. Auch entspreche die Beschreibung des Gutachters, dass das Fußgewölbe im Sinne eines Hohlfußes erhöht und gut ausgebildet sei und der Rückfuß eine leichte Einwärtsdrehung der Ferse, wie es typisch für eine Hohlfußstellung sei, zeige, nicht der Beschreibung des behandelnden Arztes, wonach es sich um eine ungewöhnlich ausgeprägte Fußfehlform sowohl des Rück- als auch des Vor- und Mittelfußes handle. Das "gut ausgebildete Fußgewölbe" sei 2011 im Rahmen einer mehrstündigen OP von Verwucherungen und Verkalkungen (Fersensporn) befreit und wiederhergestellt worden, damit der Fuß überhaupt wieder belastet werden könne. Die extreme Einwärtsdrehung der Ferse hätte vom OP-Team nicht behoben werden können. Diese und vorherige OPs hätten Narben mit großem Substanzverlust und ausgeprägter Funktionsbehinderung hinterlassen, welche ebenfalls nicht in die Beurteilung eingeflossen seien. Abschließend sei die Funktionseinschränkung im Sprunggelenk zwar erkannt worden, hätte aber auch keinen Niederschlag in der Beurteilung gefunden. Die genannten Behinderungen und der beurteilte Beckenschiefstand würden ungünstig zusammenwirken, da dadurch die Schmerzen sowie die Beweglichkeitsbehinderung noch zusätzlich verstärkt würden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.

1.2. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:

beschwerderelevanter Status:

Gangbild Mittelschrittig, Hinkkomponente auf der rechten Seite mit planem Aufsetzen im Vorfußgang. Zehen- Fersenstand, Einbeinstand und Hocke möglich. Transfer auf die Untersuchungsliege gelingt selbstständig, Wendebewegungen auf der Untersuchungsliege selbstständig und rasch.

Wirbelsäule

Beckenschiefstand links -1cm, Schultern gerade, symmetrische Taillendreiecke, phys. Krümmungen. Mittelkräftig seitengleiche Muskulatur. Keine Atrophien.

HWS S 30/0/20, R je 70, Fje 30.

BWS R je 30, Ott normal.

LWS FBA +10, Reklination 20, Rotation und Seitneigen je 20. Mäßiger Facettenschmerz L5/S1 auf beiden Seiten.

Grob neurologisch: Hirnnerven frei. An der OE mittellebhafte Muskeleigenreflexe, Sensibilität, grobe Kraft, Koordination symmetrisch und seitengleich.

UE: Patellarsehnenreflexe sind seitengleich auslösbar,

Achillessehnenreflex rechts nicht sicher auslösbar, links normal.

Diffuse geringe Sensibilitätsabschwächung im Wechsel von hypersensiblen im Wechsel zonenverstärkter Sensibilität im Bereich des Mittel- und Vorfußes auf der rechten Seite. Keine Zuordnung zu Dermatomen oder Nervenwurzeln möglich.

Obere Extremität

Allgemein Rechtshänder, normale Achse, normale Gelenkkontur, kräftige seitengleiche Muskulatur, keine Atrophien. Handgelenkspulse sind gut tastbar, seitengleiche Gebrauchspuren.

Schulter re S 50/0/180, F 180/0/30, Rotation frei.

Schulter li S 50/0/180, F 180/0/30, Rotation frei.

Ellbogen re S 0/0/130, R je 90, bandstabil.

Ellbogen li S 0/0/130, R je 90, bandstabil.

Handgelenk re S je 60, bandstabil, schlank.

Handgelenk li S je 60, bandstabil, schlank.

Langfinger re Frei beweglich.

Langfinger li Frei beweglich.

Nackengriff Gut möglich.

Schürzengriff Gut möglich.

Kraft Keine Einschränkungen. Spitz- Zangengriff, Oppositionsgriff gut

Fingerfertigkeit möglich.

Untere Extremität

Allgemein

Beinlänge links -1cm, normale Achse, Hypertrophie im Bereich des rechten Fußes ab Ferse beginnend. Hier auch plumpe Sprunggelenkskontur. Fußpulse sind bds. gut tastbar. Seitengleiche Gebrauchspuren.

Hüfte re S 0/0/120, R je 30, F je 30.

Hüfte li S 0/0/120, R je 30, F je 30.Ö

Knie re S 0/0/150, bandfest, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, gutes Patellaspiel, Zohlenzeichen negativ.

Knie li S 0/0/150, bandfest, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, gutes Patellaspiel, Zohlenzeichen negativ.

Ob. Sg Rechts S 10/0/20, Links S 20/0/40 bandfest.

Unt. Sg Links S je 5, Rechts in Neutralstellung mit Wackelbewegungen

Füße:

Links: gerade Ferse, gut ausgebildetes Längsgewölbe mit mäßiggradigem Hohlfuß.

Rechts: von der Ferse an hypertroph, Fersenvarus 5 Grad, Hohlfußstellung, im Mittelfuß fächerförmige Verbreiterung im Sinn eines Flossenfußes. Makrodaktily.

Großzehenbeweglichkeit der normal konfigurierten Großzehe ist mit S 40/0/10. Im Bereich des 2. Strahles eine nach oben reichende Exostosenbildung mit mäßiggradiger Schwielenbildung, 3., 4. Strahl sind hypertroph. Plantare Schwielenbildung 2-5 beidseits.

1.3. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

 

Funktionseinschränkungen

Pos.Nr

GdB%

1

Angeborene Fußfehlstellung mit Makrodaktyli- und Z. n. mehrfachen Fußoperationen rechts. Eine Stufe unter dem oberen Rahmensatz dieser Positionsnummer, da Überlastungszeichen im Vorfußbereich bei der Notwendigkeit orthopädischer Schuhversorgung.

02.05.35

30

2

Degenerativer Wirbelsäulenschaden. Unterer Rahmensatz dieser Positionsnummer, da funktionelle Beschwerden mit Beckenschiefstand, jedoch keine maßgeblichen Abnützungszeichen und Funktionsausfälle feststellbar sind.

02.01.01

10

Der Gesamtgrad

der Behinderung beträgt 30 v. H., da mit Leiden 2 keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegend ist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:

Bereits das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie, MSc Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 14.10.2016 basierend auf einer Untersuchung ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche auf.

Aufgrund der Beschwerde holte das BVwG ein Gutachten eines Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, das grundsätzlich zum gleichlautenden Ergebnis führte.

Beide Fachärzte stufen die Fußdeformation rechts unter Pos.Nr. 02.05.35 mit 30 % ein.

Wenn der Beschwerdeführer ausführt, dass eine andere Einstufung gerechtfertigt sei, so ist dazu auszuführen, dass die Pos.Nr. 02.05.35 die einzig mögliche ist - PosNr. 02.05.36 beinhaltet Fußdeformationen beider Extremitäten.

Fußdeformitäten (Pos.Nr. 02.05.XX) werden in der Anlage zur EVO wie folgt beschrieben:

Fußdeformitäten nicht kompensiert:

Fußdeformitäten und Restzustand nach operativer Sanierung je nach Funktionsstörung.

Kompensierbare Fehlstellungen, beispielsweise durch Schuheinlagen und nicht über das zivilisatorische Ausmaß hinausgehende Fehlstellungen, sind nicht im Sinne einer Behinderung einzuschätzen (Senk-Spreiz-Hohlfuß).

Beide Gutachter beschreiben den Zustand des Beschwerdeführers nach den erfolgten Operationen: Der Orthopäde beschreibt eine komplexe Vorfußfehlstellung in Form einer angeborenen Vergrößerung der jeweiligen Zehenstrahle und Korrekturoperationen im 2. und 3. Strahl, wodurch eine Zehenfehlstellung verblieben ist. Die korrigierten Zehen haben keinen Bodenkontakt, sodass funktionell diese Zehen als amputiert zu werten sind.

Der Beschwerdeführer bringt im Parteiengehör dazu vor, dass der Gutachter die Amputation der dritten Zehe nicht erkannt hätte. Dem ist entgegenzuhalten, dass das BVwG im Gutachtenserstellungsauftrag ersucht hatte genau anzugeben, welche Leiden (Amputation,.....) eventuell von anderen Funktionseinschränkungen umfasst werden und warum. Diese Frage wurde vom Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie insofern beantwortet als trotz Korrekturoperation des 2. und 3. Strahls eine Zehenfehlstellung verblieben sei, die korrigierten Zehen keinen Bodenkontakt hätten, sodass funktionell diese Zehen als amputiert zu werten seien. Beim

4. Strahl (Amputation der teilweise mittleren Phalanx der rechten 4. Zehe) ist dies nicht der Fall.

Wenn der Beschwerdeführer die Beschreibung des Sachverständigen des "gut ausgebildeten Fußgewölbes" kritisiert, so verkennt er, dass diese Beschreibung den linken Fuß betrifft.

Zu den Ausführungen, dass laut Gutachter das Fußgewölbe im Sinne eines Hohlfußes erhöht und gut ausgebildet sei und der Rückfuß eine leichte Einwärtsdrehung der Ferse, wie es typisch für eine Hohlfußstellung sei, zeige, und dies nicht der Beschreibung des behandelnden Arztes, wonach es sich um eine ungewöhnlich ausgeprägte Fußfehlform sowohl des Rück- als auch des Vor- und Mittelfußes handle, entspreche, so darf nicht verkannt werden, dass der Facharzt für Orthopädie sehr wohl eine komplexe Vorfußfehlstellung beschrieben hat.

Wenn der Beschwerdeführer ausführt, dass seine Fußdeformität von allen behandelnden Ärzten als extrem, weit über das zivilisatorische Ausmaß hinausgehend, beurteilt worden sei, so schließen sich diesen Ausführungen beide Gutachter an: Nicht über das zivilisatorische Ausmaß hinausgehende Fehlstellungen sind nämlich nicht im Sinne einer Behinderung einzuschätzen.

Zur monierten Funktionseinschränkung im Sprunggelenk ist auszuführen, dass dieses tatsächlich von beiden Gutachtern erkannt worden ist:

Gutachten vom 14.10.2016: "Sprunggelenk rechts bandstabil, endlagige Bewegungseinschränkung";

Gutachten vom 24.02.2017: "plumpe Sprunggelenkskontur; oberes Sprunggelenk rechts S 10/0/20, links S 20/0/40; unteres

Sprunggelenk: links S je 5, rechts in Neutralstellung mit Wackelbewegung";

Der Facharzt für Orthopädie führt dazu nachvollziehbar in seinem Gutachten aus, dass sich im oberen Sprunggelenk eine ausreichende Restbeweglichkeit finde, um ein adäquates Abrollen im Gehen zu erreichen.

Hinzuweisen ist auch auf die Beschreibung des Gangbildes beider Gutachter: Einerseits "Kommt selbständig gehend mit orthopädischen Schuhen, das Gangbild mit Schuhen hinkfrei und nahezu unauffällig. Barfußgang rechts schleifend in geringgradiger Außenrotation des rechten Fußes mit gehemmtem Abrollen." und andererseits "Mittelschrittig, Hinkkomponente auf der rechten Seite mit planem Aufsetzen im Vorfußgang. Zehen- Fersenstand, Einbeinstand und Hocke möglich. Transfer auf die Untersuchungsliege gelingt selbstständig, Wendebewegungen auf der Untersuchungsliege selbstständig und rasch."

Beide Fachärzte stufen die beim Beschwerdeführer vorliegende Fußdeformation unter Pos.Nr. 02.05.35 mit 30% ein, unter anderem mit der Begründung, dass eine orthopädische Schuhversorgung notwendig ist und die Fehlstellung kompensiert. Dies soll keinesfalls bedeuten, dass der Beschwerdeführer im Falle der Benützung von orthopädischen Schuhen symptomfrei ist - wie der Beschwerdeführer in seinem Parteiengehör vermeint -, sondern dass deren Benützung die komplexe Deformität auszugleichen bzw. abzumildern versucht.

Leiden 2 (degenerative Wirbelsäulenschaden) wird ebenfalls gleichlautend von beiden Fachärzten unter Pos.Nr. 02.01.01. mit 10% eingestuft - dies da keine maßgeblichen Abnützungszeichen und Funktionsausfälle feststellbar sind.

Beide Fachärzte kommen auch zu dem nachvollziehbaren Schluss, dass das Leiden 1 durch Leiden 2 nicht erhöht wird, da kein ungünstiges Zusammenwirken in behinderungsrelevantem Ausmaß vorliegt.

Beide eingeholte Sachverständigengutachten werden in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt. Zweifel am Inhalt der Gutachten bestehen für das BVwG keine - die Gutachten sind schlüssig und nachvollziehbar, weisen keine Widersprüche und Ungereimtheiten auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Beide eingeholte fachärztliche Gutachten kommen zum selben Ergebnis: Einstufung des Leiden 1 unter Pos.Nr. 02.05.35, 30%, Leiden 2 unter Pos.Nr. 02.01.01. mit 10% und in weiterer Folge zu einem Gesamtgrad der Behinderung von 30%.

Für den erkennenden Senat ergibt sich kein Anhaltspunkt vom festgestellten Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 von Hundert abzuweichen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Zu A)

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpass hat den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).

Im vom BVwG eingeholten Gutachten wurde ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 % festgestellt.

Die mit Email vom 01.06.2017 (neuen) vorgelegten medizinischen Unterlagen waren gemäß § 46 BBG idF des BGBl. I Nr. 57/2015 keiner Beurteilung zu unterziehen, da neue Tatsachen und Beweismittel nach Vorlage des Beschwerdeaktes an das BVwG nicht mehr vorgebracht werden dürfen.

Nachdem die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der bei der beschwerdeführenden Partei festgestellten Gesundheitsschädigungen.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurden zwei fachärztliche Gutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, sind diese gleichlautend und wurden dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Für den erkennenden Senat lässt sich aus einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten.

Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W200.2141689.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten