TE OGH 2018/3/14 10ObS7/18d

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Veröffentlicht am 14.03.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter (Senat gemäß § 11a Abs 3 Z 1 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Mag. Doris Braun, Rechtsanwältin in Graz, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65–67, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm, Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge der außerordentlichen Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. November 2017, GZ 6 Rs 62/17k-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 31. Juli 2017, GZ 24 Cgs 120/17b-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Aus Anlass der Revision wird das angefochtene Urteil als nichtig aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung in einem Senat aufgetragen, in dem beide fachkundigen Laienrichter dem Kreis der Arbeitgeber angehören.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. 4. 2017 anerkannte die beklagte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt die Erkrankung (durch Lärm verursachte Schwerhörigkeit), die sich der Kläger als selbständig Erwerbstätiger (§ 8 Abs 1 Z 3 lit a ASVG) zugezogen hat, als Berufskrankheit gemäß Anlage 1 zum ASVG, laufende Nr 33. Sie lehnte einen Anspruch auf Versehrtenrente ab, weil keine Minderung der Erwerbsfähigkeit bestehe.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zuerkennung einer Versehrtenrente als Gesamtrente für die Folgen des Vorliegens dieser Berufskrankheit sowie einer bereits zuvor von der Beklagten anerkannten Berufskrankheit Nr 45 gemäß Anlage 1 zu § 177 ASVG.

Die Beklagte bestritt das Vorliegen der Voraussetzungen für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch.

Das Erstgericht sprach aus, dass die Erkrankung, die sich der Kläger als selbständig Erwerbstätiger zugezogen habe, als Berufskrankheit Nr 33 gemäß Anlage 1 zu § 177 ASVG anerkannt werde. Es wies das Begehren auf Zuerkennung einer Versehrtenrente für die Folgen dieser Berufskrankheit, sowie das Begehren auf Zuerkennung einer Versehrtenrente als Gesamtrente für die Folgen der erlittenen Berufskrankheiten Nr 33 und 45 gemäß Anlage 1 zu § 177 ASVG ab. Dem Senat gehörten neben der vorsitzenden Berufsrichterin zwei fachkundige Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber an.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung des Klägers wegen Nichtigkeit und gab der Berufung im Übrigen nicht Folge. Es sprach aus, dass die Revision an den Obersten Gerichtshof mangels Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht entschied über die Berufung des Klägers in nichtöffentlicher Sitzung. Dem Senat gehörten neben dem vorsitzenden Senatspräsidenten und zwei Berufsrichterinnen ein fachkundiger Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber und ein fachkundiger Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitnehmer an.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers, mit der er die Stattgebung des Klagebegehrens anstrebt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil aus Anlass des Rechtsmittels eine Nichtigkeit von Amts wegen wahrzunehmen ist und dieser Frage immer erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtssicherheit zukommt (RIS-Justiz RS0042743). Gemäß § 12 Abs 3 zweiter Halbsatz ASGG haben in Streitsachen unter anderem nach dem GSVG alle fachkundigen Laienrichter dem Kreis der Arbeitgeber anzugehören. Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung auch für Sozialrechtssachen, die Angelegenheiten der Unfallversicherung der gewerblich selbstständig tätigen Personen betreffen (RIS-Justiz RS0085526). Dagegen hat das Berufungsgericht verstoßen, weil dem erkennenden Senat ein fachkundiger Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehörte. Das Berufungsgericht war daher nicht vorschriftsmäßig besetzt, was die Entscheidung nach § 477 Abs 1 Z 2 ZPO nichtig macht (RIS-Justiz RS0042176). Der dem Berufungsgericht unterlaufene Verstoß gegen § 12 Abs 3 ASGG wurde auch nicht nach § 37 Abs 1 ASGG geheilt, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorhergehende mündliche Verhandlung erfolgte (RIS-Justiz RS0040259). Auch durch den Umstand, dass die nicht vorschriftsgemäße Besetzung des Berufungsgerichts in der Revision nicht gerügt wurde, ist keine Heilung der damit verbundenen Nichtigkeit eingetreten (vgl 10 ObS 44/17v mwN ua). Es musste daher aus Anlass der außerordentlichen Revision des Klägers (vgl dazu E. Kodek in Rechberger, ZPO4 § 506 Rz 4 mwN) der vorliegende Nichtigkeitsgrund von Amts wegen wahrgenommen, das angefochtene Urteil als nichtig aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung in vorschriftsgemäßer Besetzung aufgetragen werden (vgl zuletzt 10 ObS 44/17v).

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Textnummer

E121215

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:010OBS00007.18D.0314.000

Im RIS seit

24.04.2018

Zuletzt aktualisiert am

24.04.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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