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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §6 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der M in Wien, geboren am 10. November 1968, vertreten durch Dr. Heinz-Wilhelm Stenzel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Annagasse 3A/22, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. März 1996, Zl. Fr 634/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Ghana, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 und Abs. 3 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, aus dem Bundesgebiet aus.
Diese Maßnahme begründete sie im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführerin am 21. Jänner 1996 illegal - ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes "bzw." einer Aufenthaltsberechtigung zu sein - nach Österreich eingereist sei. Am 25. Jänner 1996 habe sie einen Asylantrag eingebracht, der mit Bescheid vom 29. Jänner 1996 gemäß § 3 Asylgesetz 1991 abgewiesen worden sei. Da mit Ghana kein Sichtvermerksabkommen bestehe, sei die Beschwerdeführerin zur sichtvermerksfreien Einreise in das Bundesgebiet nicht berechtigt gewesen und deshalb unter Missachtung der Bestimmungen des Fremdengesetzes in das Bundesgebiet gelangt. Sie sei innerhalb eines Monats nach ihrer Einreise betreten worden. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung komme nur jenen Asylwerbern zu, die gemäß § 6 Asylgesetz direkt in das Bundesgebiet eingereist seien. Dieser Tatbestand liege nicht vor. Der rechtskräftige Abschluss des Asylverfahrens sei für die Zuständigkeit der Fremdenpolizeibehörde nicht erforderlich.
Eine Unterbringung und Versorgung durch die Caritas reiche für die Erbringung des Nachweises der Mittel zum Unterhalt nicht aus. Eine nicht bloß vorübergehende Sicherung des künftigen Unterhaltes könne daraus mangels eines durchsetzbaren Rechtsanspruches nicht abgeleitet werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Bescheid nach den wiedergegebenen unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen kein Bescheid zugrunde liegt, mit dem die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt oder mit dem der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde; die Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, kommt vorliegend daher nicht zum Tragen.
Gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 FrG idF vor der FrG-Novelle 1996 (BGBl. Nr. 436) können Fremde im Interesse der öffentlichen Ordnung mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie innerhalb eines Monats nach der Einreise den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt nicht nachzuweisen vermögen (Z. 4) oder wenn sie unter Missachtung der Bestimmungen des 2. Teiles des Fremdengesetzes oder unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sind und binnen eines Monats betreten werden (Z. 6).
In der Beschwerde bleiben die Feststellungen im angefochtenen Bescheid unbestritten, dass mit Ghana kein Sichtvermerksabkommen bestehe und die Beschwerdeführerin nicht über einen Sichtvermerk verfüge. Da sie weiters vier Tage nach ihrer Einreise bei Stellung eines Asylantrags Behördenkontakt hatte, somit innerhalb der normierten Monatsfrist betreten wurde, hegt der Verwaltungsgerichtshof gegen die Annahme der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 6 (erster Fall) FrG erfüllt sei, keine Bedenken.
Die Beschwerde geht, soweit sie auf die Fluchtgründe Bezug nimmt, am Inhalt des angefochtenen Bescheides vorbei. Der verfügten Ausweisung hält sie lediglich entgegen, die Beschwerdeführerin sei zum (asylrechtlichen) vorläufigen Aufenthalt in Österreich berechtigt.
Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Die genannte vorläufige Aufenthaltsberechtigung kommt nämlich gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 nur einem Asylwerber zu, "der gemäß § 6 eingereist ist". Die Beschwerdeführerin ist nicht direkt aus dem Staat (Ghana) gekommen, in dem Verfolgung befürchten zu müssen sie behauptet (§ 6 Abs. 1 leg. cit.). Gemäß § 7 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 2 leg. cit. sind Asylwerber zum vorläufigen Aufenthalt berechtigt, wenn diese in den Durchreisestaaten verfolgt oder von einer Rückschiebung bedroht waren und daher wegen des Vorliegens der in § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG genannten Gründe bei ihrer Einreise nicht zurückgewiesen werden dürfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1999, Zl. 96/21/0074).
Die Beschwerdeführerin brachte im Verwaltungsverfahren vor, sie sei nicht direkt nach Österreich gereist, unterlässt jedoch jegliche Behauptungen, sie sei in den durchreisten Staaten von einer Rückschiebung nach Ghana bedroht gewesen. Von daher gesehen vermochte die Beschwerdeführerin eine asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsberechtigung, die der Ausweisung entgegenstünde (s. § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991), nicht darzutun. Allein durch eine möglicherweise mit einem echten Reisedokument erfolgte und kontrollierte Einreise kann eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im genannten Sinn nicht begründet werden (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 96/21/0074).
Da die auf § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG gestützte Ausweisung mit dem Gesetz in Einklang steht, kann es dahingestellt bleiben, ob sie rechtens auch auf § 17 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. gegründet werden konnte.
Die weitwendigen Beschwerdeausführungen zu § 2 Asylgesetz 1991 gehen ins Leere, weil diese Bestimmung von der belangten Behörde nicht angewendet worden ist.
Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. März 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1996210840.X00Im RIS seit
20.11.2000