TE Bvwg Beschluss 2018/4/11 W198 2191885-1

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Veröffentlicht am 11.04.2018
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Entscheidungsdatum

11.04.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W198 2191885-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter in der Beschwerdesache des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.01.2018, Zl. XXXX, den Beschluss gefasst:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer stellte am 07.12.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er an, Staatsangehöriger von Afghanistan zu sein und am 01.01.2000 geboren worden zu sein. Im Zuge der Erstbefragung brachte der Beschwerdeführer vor, dass er seine Heimat wegen der Taliban verlassen habe. Jene hätten verhindert, dass er in die Schule gehe und hätten ihn genötigt, sich ihnen anzuschließen. Hätte er sich geweigert, wäre er ermordet worden. Einmal hätten sie ihn auch bereits gefasst, aber er habe fliehen können.

2. Mit Verfahrensanordnung vom 26.04.2016 wurde dem Beschwerdeführer das Ergebnis des Gutachtens zur Altersfeststellung vom 10.04.2016 mitgeteilt, aus dem sich als spätestmögliches Geburtsdatum der XXXX ergibt.

3. In einer Stellungnahme der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 08.06.2016 wurden Ausführungen zur Feststellung der Volljährigkeit getätigt.

4. Am 08.11.2017 brachte der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl betreffend seine Fluchtgründe zusammengefasst vor, dass die Taliban gewollt hätten, dass der Beschwerdeführer mit ihnen zusammenarbeite. Eines Tages, als er gerade am Weg zur Schule gewesen sei, hätten sie den Beschwerdeführer mitgenommen. Er sei ca. 15-20 Tage bei den Taliban gewesen und hätten sie ihm gezeigt, wie man Selbstmordattentate ausführt. Dem Beschwerdeführer sei schließlich die Flucht gelungen und sei er in der Folge aus Afghanistan ausgereist.

5. Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 26.01.2018 den Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab, erkannte dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht zu (Spruchpunkt III.), erließ im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gewährte gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI); weiters erkannte das Bundesamt einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 und 5 BFA-VG ab (Spruchpunkt VII.).

Hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde führte das Bundesamt begründend aus, dass § 18 Abs. 1 Z 3 und 5 BFA-VG im gegenständlichen Fall zutreffe, da der Beschwerdeführer über seine wahre Identität getäuscht habe. Auf Seite 3 des Sachverständigengutachtens zu seinem Lebensalter sei vom Beschwerdeführer ausgeführt worden, dass eine Tazkira nie ausgestellt worden sei; umso interessanter sei die Tatsache, dass er vor der belangten Behörde eine Kopie einer Tazkira in Vorlage gebracht habe. Für die Behörde stehe fest, dass für den Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftssatt keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben ist. Da dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden sei und ihm auch sonst keine reale und menschenrechtsverletzende Gefahr im Herkunftsstaat drohe, sei es ihm zumutbar, den Ausgang seines Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten.

6. Gegen den verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheid wurde mit Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 06.04.2018 Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wurde unter anderem die Rechtswidrigkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung geltend gemacht.

Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde im Wesentlichen vor, dass er sein Heimatland aus Furcht vor Verfolgung durch die Taliban, die ihm aufgrund seiner Flucht (Entzug vor Zwangsrekrutierung) eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellen, verlassen habe. Es wurde in der Folge auf zahlreiche Länderberichte verwiesen und wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde nach einem mangelhaften Ermittlungsverfahren das Verfahren zusätzlich mit einer mangelhaften Beweiswürdigung belastet habe. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht versucht habe, das Bundesamt über seine wahre Identität zu täuschen. Er verfüge über eine Tazkira, die er der belangten Behörde auch vorgelegt habe. Eine absichtliche Täuschung könne dem Beschwerdeführer keinesfalls unterstellt werden und wolle er auch anmerken, dass er das in Österreich aufgrund eines Gutachtens festgestellte Alter akzeptiert habe. Auch § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG sei nicht erfüllt, zumal es keinesfalls offensichtlich sei, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Bedrohungssituation nicht den Tatsachen entspreche. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei aus menschenrechtlichen Gründen geboten.

7. Die gegenständliche Beschwerde langte samt Verwaltungsakt am 10.04.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A)

§ 18 BFA-VG lautet auszugsweise:

"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) - (7)..."

Das Bundesamt stützt sich in seiner gegenständlichen Entscheidung in Spruchpunkt VII. auf § 18 Abs. 1 Z 3 und 5 BFA-VG.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Im vorliegenden Fall kann ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes nicht ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers in den in Aussicht genommenen Zielstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde.

Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers scheint im Hinblick auf die einschlägigen Länderberichte nicht von vornherein als unvertretbar. Für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedeutet das im konkreten Fall im Rahmen der vorzunehmenden Grobprüfung, dass nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist, dass das Refoulementverbot der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan entgegensteht.

Da eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG derzeit nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit von vornherein auszuschließen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Der Beschwerde ist somit gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Über die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides wird gesondert entschieden werden, wobei die Glaubwürdigkeit des Beschwerdevorbringens im Rahmen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens zu klären sein wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W198.2191885.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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