TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/11 W126 2155014-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.04.2018
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Entscheidungsdatum

11.04.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W126 2155014-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Robert BITSCHE, Nikolsdorfergasse 7-11/15, 1050 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.03.2017, Zl. 1070562603-150549811, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.11.2017 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, §§ 55, 57 AsylG 2005 sowie §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 22.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

In der Erstbefragung am 23.05.2015 gab der Beschwerdeführer an, aus der Provinz Bamyan in Afghanistan zu stammen. Er gehöre der Volksgruppe der Hazara an und sei schiitischer Muslim. Bis zu seinem zweiten Lebensjahr habe er in Afghanistan gelebt, danach sei er mit seinen Eltern, seinem Bruder und seinen drei Schwestern in den Iran gezogen. Er habe keine Schulbildung erhalten und im Iran als Hilfsarbeiter gearbeitet. Zu seinem Fluchtgrund befragt führte er an, dass seine Eltern wegen des Krieges aus Afghanistan geflüchtet seien. Den Iran habe der Beschwerdeführer verlassen müssen, da er kein Bleiberecht und Angst vor einer Abschiebung gehabt habe. Außerdem würden Afghanen im Iran benachteiligt werden.

Im medizinischen Sachverständigengutachten vom 01.08.2015 im Rahmen eines Verfahrens zur Altersfeststellung des Beschwerdeführers wurde ein nicht unterschreitbares Mindestalter von 19 Jahren festgestellt und ein spätestmögliches fiktives Geburtsdatum festgelegt.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) vom 08.09.2015 wurde festgestellt, dass es sich beim Beschwerdeführer um eine volljährige Person handelt.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 29.03.2017 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, in Österreich bisher Deutschkurse besucht zu haben, Sport zu machen, zu kochen und Freunde zu treffen. Im Iran habe er fünf Jahre lang als Bauarbeiter und auch bei einer Obstplantage als Gärtner gearbeitet. Der Vater des Beschwerdeführers sei schon älter, die Mutter und Schwestern seien als Hilfsarbeiterinnen tätig. Der Bruder des Beschwerdeführers arbeite bei einer Granatapfelplantage. Der Beschwerdeführer sei zwei Jahre alt gewesen, als er Afghanistan verlassen habe. Seine Eltern hätten Afghanistan wegen der Taliban verlassen. Der letzte Wohnort in Afghanistan sei in der Provinz Bamyan gewesen. In Afghanistan habe er keine Verwandten. Den Iran habe er verlassen, da er keine Dokumente gehabt habe. In Kabul habe er noch nie gelebt und er glaube, dass es dort nicht sicher sei und er als Hazara keine Chance haben würde.

Der Beschwerdeführer legte im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA diverse Teilnahmebestätigungen von Deutschkursen sowie ein Referenzschreiben der katholischen Pfarre XXXX vom 28.03.2017 vor.

2. Mit angefochtenem Bescheid vom 31.03.2017 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status als Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 (Spruchpunkt II.) ab und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 (Spruchpunkt III). Unter Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Begründend wurde in der Beweiswürdigung zusammengefasst dargelegt, dass der Beschwerdeführer keine Verfolgung im Herkunftsstaat Afghanistan vorgebracht habe und davon ausgegangen werde, dass er sich als alleinstehender gesunder, junger und arbeitsfähiger Mann in Afghanistan, beispielsweise in Kabul, eine Existenz aufbauen könne. Er besitze Sprachkenntnisse in Farsi, Dari und Deutsch und habe schon wertvolle Berufserfahrungen in den verschiedensten Bereichen gesammelt. Seine Arbeitserfahrungen wären auch in Afghanistan von Vorteil. Seine Geschwister und Mutter seien berufstätig und würden den Beschwerdeführer für den Anfang in Kabul finanziell unterstützen können. Der Beschwerdeführer könne zusätzlich die finanzielle Rückkehrhilfe beanspruchen. Der Beschwerdeführer sei mit den Gepflogenheiten Afghanistan bestens vertraut, da er im Iran mit seiner Familie gelebt und auch im Iran afghanische Freunde gehabt habe. Auch in Österreich stehe er in Kontakt mit anderen Afghanen. Selbst wenn er noch nie in Kabul gelebt habe, habe dies keinen Einfluss auf die Existenzsicherung. Eine Aneignung von Kenntnissen der örtlichen Gegebenheiten und der vorhandenen Infrastruktur würde in Kürze erfolgen. Der Beschwerdeführer sei ganz allein in der Lage gewesen, die gefährliche Flucht vom Iran nach Europa anzutreten und lebe seit etwa eineinhalb Jahren in Österreich, wo die Landessprache eine andere sei, er keine sozialen Anknüpfungspunkte und auch keine familiären Beziehungen habe. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb er nicht in einer Stadt in Kabul, wo er mit den kulturellen Gepflogenheiten vertraut sei und die dortige Landessprache beherrsche, leben könne.

In der rechtlichen Beurteilung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass während des Verfahrens keine Anhaltspunkte zu Tage getreten seien, die darauf hindeuten würden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in eine ausweglose und die Existenz bedrohende Lage geraten würde. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland würde auch eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul vorliegen.

Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 31.03.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater zur Seite gestellt.

Der Beschwerdeführer wurde weiters darüber informiert, dass er gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch bis zum 14.04.2017 in Anspruch zu nehmen.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den ihm beigegeben Rechtsberater, fristgerecht Beschwerde gegen die Spruchpunkte II und folgende des Bescheides wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens. In der Beschwerde wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nur die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan geprüft und sich mit der Sicherheitslage in der Provinz Bamyan überhaupt nicht auseinandergesetzt habe. Die belangte Behörde habe die Sicherheitslage der Provinz Bamyan im Bescheid vom 14.03.2017, im Fall IFA- XXXX , als volatil bezeichnet. Die Sicherheitslage sei im gegenständlich angefochtenen Bescheid nicht entsprechend gewürdigt worden.

Die belangte Behörde habe weiters die Tatsache, dass der Beschwerdeführer keinerlei familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte in Afghanistan habe, in der Entscheidung gänzlich unberücksichtigt gelassen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative würde ihm unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände und des Fehlens eines hinreichenden unterstützenden sozialen oder familiären Netzwerks in Afghanistan sowie auch im Hinblick auf die allgemein schlechte Versorgungslage in Afghanistan derzeit nicht zur Verfügung stehen. Es könne angesichts der schwierigen Versorgungslage nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in der Lage wäre, selbständig Fuß zu fassen und seine existenziellen Grundbedürfnisse zu decken, zumal er von vornhinein nicht über die nötigen finanziellen Mittel für eine Ansiedlung in einer Stadt verfüge. Die soziale Absicherung liege traditionell bei den Familien und den Stammesverbänden. Afghanen, die außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit im westlich geprägten Ausland zurückkehren, würden auf größere Schwierigkeiten als solche Rückkehrer, die in Familienverbänden geflüchtet seien und in einen solchen zurückkehren, stoßen, da ihnen das notwendige soziale oder familiäre Netzwerk sowie die erforderlichen Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen würden.

4. Am 02.05.2017 langte die Beschwerde samt Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Schreiben vom 17.05.2017 teilte Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1060 Wien, dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass er vom Beschwerdeführer zur weiteren Vertretung im gegenständlichen Verfahren beauftragt worden sei.

Am 13.10.2017 löste der Verein Menschenrechte Österreich das Vollmachtsverhältnis mit dem Beschwerdeführer auf.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.10.2017 wurden dem Beschwerdeführer das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan - Gesamtaktualisierung vom 02.03.2017 inkl. Kurzinformation (aktuelle Version mit Stand Ende September 2017), die Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, das Gutachten von Mag. Karl Mahringer vom 05.03.2017 mit aktualisierter Ergänzung vom 15.05.2017 sowie EJPD, Notiz Afghanistan, Alltag in Kabul, Juni 2017 (Referat von Thomas Ruttig am 12.04.2017) vorab zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt.

Am 14.11.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer, seine Rechtsvertreterin und eine Vertrauensperson des Beschwerdeführers teilnahmen. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm (entschuldigt) nicht an der Verhandlung teil.

Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung zusammengefasst an, im Mai 2015 nach Österreich gekommen zu sein und seinen Lebensunterhalt durch Leistungen des österreichischen Staates zu sichern. Sein Alltag in Österreich sehe so aus, dass er Deutschkurse besuche und zu Hause seine Hausaufgaben mache. Er spreche nur wenig Deutsch, weil er als Analphabet nach Österreich gekommen sei und es schwer für ihn sei, die Sprache zu lernen. In Österreich habe er lesen und schreiben gelernt und habe viele Freunde. Ein paar davon habe er über den Freund, der ihn heute begleite, kennen gelernt. Seine heutige Begleitperson kenne er aus dem Heim in XXXX . Im Iran habe er als Maurer gearbeitet und er plane, in Österreich eine Ausbildung zum Maurer zu machen. In Österreich habe er keine Verwandten. Im Iran habe er fünfzehn Jahre lang gelebt. Den Iran habe er verlassen, weil er dort über keine Papiere verfügt habe. Seine Eltern und Onkel mütterlicherseits würden im Iran leben. Eine Tante mütterlicherseits sei verstorben und sein Vater sei ein Einzelkind. Die Eltern des Beschwerdeführers seien Analphabeten und hätten die Gesetzeslage im Iran nicht verstanden, weshalb sie die Möglichkeit, einen Aufenthaltstitel im Iran zu bekommen, verpasst hätten. Dem Beschwerdeführer sei dies daher auch nicht mehr möglich gewesen. Er sei gezwungen worden, den Iran zu verlassen, weil er entweder nach Syrien hätte gehen müssen oder nach Afghanistan abgeschoben worden wäre. In beiden Ländern herrsche Krieg und er habe nicht in den Krieg gehen wollen. Der Beschwerdeführer habe Kontakt zu seiner Familie im Iran. Seine Eltern, seine drei Schwestern und sein Bruder würden im Iran leben. In Afghanistan habe er keine Verwandten. Die Eltern des Beschwerdeführers hätten 15 Jahre vor der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Iran Afghanistan verlassen. Weder seine Eltern noch er seien nach dem Verlassen Afghanistans noch einmal in Afghanistan gewesen. Als er seine Eltern nach dem Grund ihrer Flucht aus Afghanistan gefragt habe, hätten diese geantwortet, dass sie wegen des Krieges der Taliban von dort weggegangen seien. Die Eltern hätten keine persönlichen Feindschaften gehabt. Der Beschwerdeführer könne nicht in Afghanistan leben, weil er nicht dort aufgewachsen sei und die afghanische Gesellschaft nicht kennen würde. Seine Aussprache habe sich vollständig verfärbt. Wenn der Beschwerdeführer in Österreich Afghanen nach einer Adresse frage, werde ihm vorgeworfen, dass er seine eigene Muttersprache nicht sprechen könne und er werde ausgelacht. Im Iran habe er bei der Arbeit Farsi sprechen müssen. Die Aussprache habe er auch von den Kindern, mit denen er damals im Iran gespielt habe, gelernt. Die Eltern des Beschwerdeführers hätten in Afghanistan in XXXX , Bamyan gewohnt. Die genaue Dorfbezeichnung würde er nicht kennen. Sein Bruder arbeite im Iran in einer Gärtnerei. Sein Vater habe früher verschiedene Arbeiten wie zB im Baubereich oder in Gärtnereien ausgeführt, aber er leide an Beinschmerzen, weshalb er nicht mehr arbeiten würde. Seine Mutter und seine beiden Schwestern würden Teppiche knüpfen. Einmal im Monat würden sie in Blumengärten arbeiten, einmal im Jahr würden sie nach Teheran gehen, um Äpfel zu pflücken und im Winter würden sie Baumwolle ernten. Der Familie gehe es im Iran finanziell gut. Auch seine Onkels würden im Baubereich arbeiten. In Kabul könne er nicht als Maurer arbeiten, da dort keine Sicherheit herrsche und er dort diskriminiert bzw. wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den Hazara bedroht und schikaniert werden würde.

Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers verwies auf die gutachterliche Stellungnahme von Hila Asef vom 15.09.2017 und brachte ergänzend vor, dass der Beschwerdeführer mehr als die Hälfte seines Lebens im Iran verbracht habe und es nachvollziehbar sei, dass er bei seiner Flucht nicht zurück nach Afghanistan gekehrt sei, weil die Sicherheitslage nach wie vor schlecht und volatil sei. Anschläge würden das gesamte Staatsgebiet, inklusive der großen Städte, betreffen. Der Beschwerdeführer habe durch seinen Aufenthalt im Iran auch den Dialekt Farsi angenommen. Weiters verfüge er über keine Anknüpfungspunkte in Afghanistan. Er habe keine Schul- und Berufsausbildung genossen und würde bei einer etwaigen Rückkehr mit Sicherheit in eine aussichtslose Situation geraten.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung legte der Beschwerdeführer diverse Unterstützungsschreiben und Bestätigungen über Kursbesuche in Deutsch vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Muslim. Seine Muttersprache ist Dari.

Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und im erwerbsfähigen Alter. Er ist ledig und hat keine Kinder.

Er stammt aus dem Distrikt Yakawlang in der Provinz Bamyan. Seine Familie hat Afghanistan aufgrund des dort herrschenden Krieges verlassen, als der Beschwerdeführer ungefähr zwei Jahre alt war.

Der Beschwerdeführer lebte fünfzehn Jahre lang gemeinsam mit seinen Eltern, seinem Bruder und seinen drei Schwestern im Iran. Die Familie des Beschwerdeführers lebt ebenso wie seine Onkeln mütterlicherseits nach wie vor im Iran. Der Beschwerdeführer hat regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie. Der Vater des Beschwerdeführers kann altersbedingt nicht mehr arbeiten, die Mutter und die Geschwister des Beschwerdeführers arbeiten unter anderem in Gärtnereien und verdienen so ihren Lebensunterhalt. Die Onkel des Beschwerdeführers sind im Iran im Baubereich tätig.

Der Beschwerdeführer arbeitete im Iran als Maurer. Er verließ den Iran und reiste nach Europa, da er über keinen Aufenthaltstitel im Iran verfügte.

1.2. Zur Rückkehrmöglichkeit nach Afghanistan:

In Afghanistan hat der Beschwerdeführer keine verwandtschaftlichen oder sonstigen Nahebeziehungen.

Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz Bamyan in Afghanistan ist nicht zumutbar.

Eine Ansiedlung des Beschwerdeführers in Kabul ist möglich und zumutbar. Er kann die Stadt Kabul von Österreich sicher mit dem Flugzeug erreichen. Der Beschwerdeführer hat bislang nicht in Kabul gelebt hat und verfügt dort über kein familiäres Netzwerk, er kann sich aber in Kabul eine Existenz aufzubauen und diese mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern, wobei er seine Berufserfahrung, unter anderem als Maurer, im Iran nutzen kann. Er hat auch die Möglichkeit, zunächst finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen.

Weiters kann der Beschwerdeführer mit finanzieller Hilfe seiner im Iran lebenden Familie rechnen. Die finanzielle Situation der Familie des Beschwerdeführers im Iran ist gut. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seiner Familie im Iran.

1.3. Zur Situation des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit seiner Asylantragstellung am 22.05.2015 in Österreich.

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen oder Verwandte in Österreich. Er hat freundschaftliche Kontakte zu österreichischen Privatpersonen.

Der Beschwerdeführer wird im Rahmen der Grundversorgung versorgt. Der Beschwerdeführer ist bisher in Österreich keiner bezahlten Erwerbstätigkeit nachgegangen und ist nicht Mitglied eines Vereins.

Er absolvierte seit Beginn seines Aufenthaltes in Österreich einen Anfängerkurs als Vorbereitung für A1-Deutschkurse, die Kurse "A1 Deutsch als Zweitsprache - Grundstufe 1/2", "A1 Deutsch als Zweitsprache Grundstufe 1", "Deutsch als Zweitsprache Grundstufe 1/2" und "Deutsch lernen für AsylwerberInnen - A 1.3" im Ausmaß von 50 Unterrichtseinheiten. Seit 02.10.2017 besucht er das " XXXX Jugendcollege" im Rahmen von 20 Wochenstunden. Er engagiert sich in Österreich ehrenamtlich und nimmt an regelmäßigen Treffen im Rahmen eines Begegnungscafes im Austausch von Asylsuchenden und der einheimischen Bevölkerung der Pfarre in XXXX teil.

Der Beschwerdeführer ist zum Zeitpunkt dieser Entscheidung strafrechtlich unbescholten.

1.4. Zur maßgeblichen Lage in Afghanistan im konkreten Fall werden nachfolgende Feststellungen getroffen:

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.01.2017).

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al- Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.02.2017).

Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghanischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.01.2017).

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 05.01.2017).

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.08. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).

Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.05.2017).

Zivile Opfer

Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen (UNAMA 10.2016). Zwischen 1.1. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) - dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation waren weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten, sowie unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (IED), und gezielter und willkürlicher Tötungen (UNAMA 6.2.2017).

UNAMA verzeichnete 3.512 minderjährige Opfer (923 Kinder starben und 2.589 wurden verletzt) - eine Erhöhung von 24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres; die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn. Hauptursache waren Munitionsrückstände, deren Opfer meist Kinder waren. Im Jahr 2016 wurden 1.218 weibliche Opfer registriert (341 Tote und 877 Verletzte), dies deutet einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vorjahr an (UNAMA 6.2.2017).

Hauptsächlich waren die südlichen Regionen von dem bewaffneten Konflikt betroffen: 2.989 zivilen Opfern (1.056 Tote und 1.933 Verletzte) - eine Erhöhung von 17% gegenüber dem Jahr 2015. In den zentralen Regionen wurde die zweithöchste Rate an zivilen Opfern registriert: 2.348 zivile Opfer (534 Tote und 1.814 Verletzte) - eine Erhöhung von 34% gegenüber dem Vorjahreswert, aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Angriffe auf die Stadt Kabul. Die östlichen und nordöstlichen Regionen verzeichneten einen Rückgang bei zivilen Opfern: 1.595 zivile Opfer (433 Tote und 1.162 Verletzte) im Osten und

1.270 zivile Opfer (382 Tote und 888 Verletzte) in den nordöstlichen Regionen. Im Norden des Landes wurden 1.362 zivile Opfer registriert (384 Tote und 978 Verletzte), sowie in den südöstlichen Regionen 903 zivile Opfer (340 Tote und 563 Verletzte). Im Westen wurden 836 zivile Opfer (344 Tote und 492 Verletzte) und 115 zivile Opfer (25 Tote und 90 Verletzte) im zentralen Hochgebirge registriert (UNAMA 6.2.2017).

Laut UNAMA waren 61% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben (hauptsächlich Taliban), 24% regierungsfreundlichen Kräften (20% den afghanischen Sicherheitskräften, 2% bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppen und 2% internationalen militärischen Kräften); Bodenkämpfen zwischen regierungsfreundlichen Kräften und regierungsfeindlichen Kräften waren Ursache für 10% ziviler Opfer, während 5% der zivilen Opfer vorwiegend durch Unfälle mit Munitionsrückständen bedingt waren (UNAMA 6.2.2017).

Landesweit war der bewaffnete Konflikt weiterhin Ursache für Verluste in der afghanischen Zivilbevölkerung. Zwischen dem 01.01. und 30.06.2017 registrierte die UNAMA 5.243 zivile Opfer (1.662 Tote und 3.581 Verletzte). Dies bedeutet insgesamt einen Rückgang bei zivilen Opfern von fast einem 1% gegenüber dem Vorjahreswert. Dem bewaffneten Konflikt in Afghanistan fielen zwischen 1.1.2009 und 30.6.2017 insgesamt 26.512 Zivilist/innen zum Opfer, während in diesem Zeitraum 48.931 verletzt wurden (UNAMA 7.2017).

Im ersten Halbjahr 2017 war ein Rückgang ziviler Opfer bei Bodenoffensiven zu verzeichnen, während sich die Zahl ziviler Opfer aufgrund von IEDs erhöht hat (UNAMA 7.2017).

Die Provinz Kabul verzeichnete die höchste Zahl ziviler Opfer - speziell in der Hauptstadt Kabul: von den 1.048 registrierten zivilen Opfer (219 Tote und 829 Verletzte), resultierten 94% aus Selbstmordattentaten und Angriffen durch regierungsfeindliche Elemente. Nach der Hauptstadt Kabul verzeichneten die folgenden Provinzen die höchste Zahl ziviler Opfer: Helmand, Kandahar, Nangarhar, Uruzgan, Faryab, Herat, Laghman, Kunduz und Farah. Im ersten Halbjahr 2017 erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer in 15 von Afghanistans 34 Provinzen (UNAMA 7.2017)

Schiiten

Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10-19% geschätzt (AA 9.2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Zu der schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und die ethnischen Hazara (USDOS 10.8.2016). Die meisten Hazara Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an. Im letzten Jahrhundert ist allerdings eine Vielzahl von Hazara zur Ismaili-Sekte übergetreten. Es gibt einige Hazara-Gruppen, die zum sunnitischen Islam konvertierten. In Uruzgan und vereinzelt in Nordafghanistan sind einige schiitische Belutschen (BFA Staatendokumentation 7.2016).

Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind in Afghanistan selten. Sowohl im Rat der Religionsgelehrten (Ulema), als auch im Hohen Friedensrat sind Schiiten vertreten; beide Gremien betonen, dass die Glaubensausrichtung keinen Einfluss auf ihre Zusammenarbeit habe (AA 9.2016). Afghanische Schiiten und Hazara sind dazu geneigt weniger religiös und gesellschaftlich offener zu sein, als ihre religiösen Brüder im Iran (CRS 08.11.2016).

Die Situation der afghanisch schiitisch-muslimischen Gemeinde hat sich seit dem Ende des Taliban-Regimes wesentlich gebessert (USCIRF 30.04.2015). Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung gegen die schiitische Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch gab es Berichte zu lokalen Vorfällen (USDOS 10.08.2016).

Ethnische Hazara sind gesellschaftlicher Diskriminierungen ausgesetzt (USDOS 13.04.2016). Informationen eines Vertreters einer internationalen Organisation mit Sitz in Kabul zufolge, sind Hazara, entgegen ihrer eigenen Wahrnehmung, keiner gezielten Diskriminierung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ausgesetzt (Vertrauliche Quelle 29.09.2015).

Afghanischen Schiiten ist es möglich ihre Feste öffentlich zu feiern - manche Paschtunen sind über die öffentlichen Feierlichkeiten verbittert, was gelegentlich in Auseinandersetzungen resultiert (CRS 08.11.2016). Im November 2016, hat ein Kämpfer der IS-Terrormiliz, während einer religiösen Zeremonie in der Bakir-al-Olum-Moschee - einer schiitischen Moschee in Kabul - am schiitischen Feiertag Arbain, einen Sprengstoffanschlag verübt (Tolonews 22.11.2016; vgl. auch: FAZ 21.11.2016). Bei diesem Selbstmordanschlag sind mindestens 32 Menschen getötet und 80 weitere verletzt worden (Khaama Press 22.11.2016). In Kabul sind die meisten Moscheen trotz Anschlagsgefahr nicht besonders geschützt (FAZ 21.11.2016). Am 23. Juli 2016 wurde beim schwersten Selbstmordanschlag in der afghanischen Geschichte die zweite Großdemonstration der Enlightenment-Bewegung durch den ISKP angegriffen. Es dabei starben über 85 Menschen, rund 240 wurden verletzt. Dieser Schlag richtete sich fast ausschließlich gegen Schiiten (AA 9.2016).

Einige Schiiten bekleiden höhere Ämter (CRS 08.11.2016); sowie andere Regierungsposten. Schiiten verlautbarten, dass die Verteilung von Posten in der Regierung die Demographie des Landes nicht adäquat berücksichtigte. Das Gesetz schränkt sie bei der Beteiligung am öffentlichen Leben nicht ein - dennoch verlautbarten Schiiten - dass die Regierung die Sicherheit in den Gebieten, in denen die Schiiten die Mehrheit stellten, vernachlässigte. Hazara leben hauptsächlich in den zentralen und westlichen Provinzen, während die Ismailiten hauptsächlich in Kabul, den zentralen und nördlichen Provinzen leben (USDOS 10.08.2016).

Unter den Parlamentsabgeordneten befinden sich vier Ismailiten. Manche Mitglieder der ismailitischen Gemeinde beschweren sich über Ausgrenzung von Position von politischen Autoritäten (USDOS 10.08.2015).

Hazara

Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus. (CRS 12.01.2015). Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind die schiitische Konfession (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) und ihre ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten. Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Ihre Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage grundsätzlich verbessert (AA 9.2016); sie haben sich ökonomisch und politisch durch Bildung verbessert (CRS 12.01.2015). In der öffentlichen Verwaltung sind sie jedoch nach wie vor unterrepräsentiert. Unklar ist, ob dies Folge der früheren Marginalisierung oder eine gezielte Benachteiligung neueren Datums ist (AA 9.2016). In der Vergangenheit wurden die Hazara von den Pashtunen verachtet, da diese dazu tendierten, die Hazara als Hausangestellte oder für andere niedere Arbeiten einzustellen. Berichten zufolge schließen viele Hazara, auch Frauen, Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in Informationstechnologie, Medizin oder anderen Bereichen ein, die in den unterschiedlichen Sektoren der afghanischen Wirtschaft besonders gut bezahlt werden (CRS 12.01.2015).

Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (AA 9.2016; vgl. auch: USDOS 13.04.2016). Im Jahr 2015 kam es zu mehreren Entführungen von Angehörigen der Hazara (AA 9.2016; vgl. auch: UDOS 13.04.2016; NYT 21.11.2015; World Hazara Council 10.11.2016; RFE/RL 25.02.2016). Im Jahr 2016 registrierte die UNAMA einen Rückgang von Entführungen von Hazara. Im Jahr 2016 dokumentierte die UNAMA 15 Vorfälle in denen 82 Hazara entführt wurden. Im Jahr 2015 wurden 25 Vorfälle von 224 entführten Hazara dokumentiert. Die Entführungen fanden in den Provinzen Uruzgan, Sar-e Pul, Daikundi, Maidan Wardak und Ghor statt (UNAMA 06.02.2017). Im Juli 2016 sprengten sich mehrere Selbstmordattentäter bei einem großen Protest der Hazara in die Luft, dabei wurden mindestens 80 getötet und 250 verletzt; mit dem IS verbundene Gruppen bekannten sich zu dem Attentat (HRW 12.01.2017).

Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (Brookings 31.10.2016).

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016).

Im Zeitraum 01.09.2015 - 31.05.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Im Zeitraum 01.09.2015. - 31.05.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.01.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.01.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.01.2017).

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 08.02.2017; Khaama Press 10.01.2017; Tolonews 04.01.2017a; Bakhtar News 29.06.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.07.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 04.01.2017).

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 02.01.2017; vgl. auch: UNAMA 06.02.2017).

Bamyan

Bamyan liegt im Süden des Hindu Kush und im Norden der Baba-Berge. Die Provinz hat folgende administrative Einheiten, zu denen auch die Provinzhauptstadt Bamyan City zählt: Yakawlang, Waras, Shaibar, Sayghan, Kahmard und Panjab (Pajhwok o.D.ad).

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 454.633 geschätzt (CSO 2016). Der Großteil der Bevölkerung sind Hazara 70%, Tadschiken machen 20% und Pashtunen 5% aus (Pajhwok o.D.ad; vgl. auch: auch:

Xinhua 12.12.2016). Etwa 90% der Bevölkerung fühlen sich dem schiitischen Islam zugehörig (Pajhwok o.D.ad).

Im Zeitraum 01.09.2015 - 31.05.2016 wurden in der Provinz Bamyan 33 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Die zentral gelegene Provinz Bamyan - mit ihrer friedlichen Umgebung, historischen Denkmälern und wunderschönen Landschaft - wird als eine der friedlichsten und sichersten Orte in Afghanistan geschätzt. Im Gegensatz zu anderen Teilen des Landes, wird selten von sicherheitsrelevanten Vorfällen in Bamyan berichtet (Xinhua 12.12.2016; DW 04.08.2016). Nur in einer Handvoll der 34 Provinzen Afghanistans (wie Balkh, Bamyan, Ghor, Daikundi, Jawzjan und Samangan) stellen die Taliban keine große Bedrohung dar. Die fehlende Mehrheit der Paschtunen erklärt die relative Stabilität dieser Provinzen (Lobe Log Foreign Policy 14.09.2016).

Die Provinz Bamyan wird hauptsächlich mit Kartoffeln in Verbindung gebracht. Im Jahr 2015 produzierte die Provinz fast 350.000 Tonnen Kartoffeln - etwa 60% des gesamten Verbrauchs Afghanistans (NYT 31.08.2016).

Bamyan Verbindung

Im Norden von Kabul hat eine Straße durch den Ghorband Distrikt ihren Ausgangspunkt. An vielen Orten ist die Straße in einem schlechten Zustand mit Schlaglöchern. In der Vergangenheit gab es einige Talibanangriffe, aber auch Überfälle durch Diebe und Kidnapper (Der Spiegel 30.09.2014).

Eine weitere Möglichkeit um nach Bamyan zu gelangen ist die Straße, die in Maidan Shahr, 30 km südwestlich von Kabul, beginnt. Mit Stand September 2014 ist das neue Projekt noch in Bearbeitung. Ziel des Projektes ist es eine Schnellstraße zu errichten. Sobald diese Straße fertig gestellt ist, soll die Strecke Kabul-Bamyan in drei Stunden Autofahrt absolviert werden können (Der Spiegel 30.09.2014).

Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Einem Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge, verkomplizieren rückkehrende Flüchtlinge die Situation der bereits mehr als eine Million Binnenvertriebenen, deren Anzahl sich aufgrund des Aufstandes im Jahr 2016 erhöht hat. Nach Meinung des IWF wird dies die Kapazitäten des Landes überfordern (DAWN 28.01.2017).

Die Zahl der Internvertriebenen im Jahr 2017 betrug 9.759 (Stand 04.02.2017) (UN OCHA 05.02.2017). 636.503 Menschen wurden insgesamt im Jahr 2016 aufgrund des Konfliktes vertrieben (UN OCHA 29.01.2017). Mehr als die Hälfte dieser Menschen (56%) waren Kinder unter 18 Jahren. Von Binnenvertreibung betroffen waren 31 Provinzen in unterschiedlichem Ausmaß; alle 34 Provinzen beherbergten Binnenvertriebene. Im Jahr 2016 stammten die meisten Binnenvertriebenen aus den Provinzen Kunduz, Uruzgan, Farah und Helmand. Gleichzeitig nahmen die Provinzen Helmand, Takhar, Farah, Kunduz und Kandahar die meisten Binnenvertriebenen auf. Viele Menschen suchen also in der Nähe ihrer Heimat Schutz. Binnenvertriebene tendieren dazu aus ländlichen Gebieten in die Provinzhauptstädte zu ziehen, oder in die angrenzenden Provinzen zu gehen. Sobald der Konflikt zu Ende ist, versuchen sie bald wieder nach Hause zu kehren (AAN 28.12.2016).

Der verhängnisvollste Monat war Oktober, in welchem die Taliban mehrere Provinzhauptstädte gleichzeitig angriffen: Kunduz City, Farah City, Maimana, und Lashkar Gah. Der Anstieg der IDP-Zahlen ist auch auf den Rückzug internationaler Truppen zurückzuführen, die durch Luftangriffe unterstützten; mittlerweile haben die Taliban ihre Angriffstaktik geändert und sind zu Bodenoffensiven übergegangen. Bodenoffensiven sind nicht nur die Ursache für Tote und Verletzte innerhalb der Zivilbevölkerung, sondern zwingen die Menschen aus ihren Heimen zu fliehen (AAN 28.12.2016).

Im Rahmen von humanitärer Hilfe wurden Binnenvertriebene, je nach Region und Wetterbedingungen, unterschiedlich unterstützt: Bargeld, Paket für Familien, winterliche Ausrüstung, Nahrungspakete, Hygienepakete, Decken, Zelte, und andere Pakete, die keine Nahrungsmittel enthielten usw. Auch wurde Aufklärung in Bereichen wie Hygiene betrieben (UN OCHA 05.02.2017; vgl. auch: UN OCHA 29.01.2017; UN OCHA 01.11.2016; UN OCHA 01.10.2016; vgl. ACBAR 07.11.2016).

Unterschiedliche Organisationen, wie z.B. das Internationale Rote Kreuz (IRC) oder das Welternährungsprogramm (WFP) usw. sind je nach Verantwortungsbereichen für die Verteilung von Gütern zuständig.

Dazu zählten: Nahrung, Zelte, sowie andere Güter, die keine Nahrungsmittel waren (IOM 17.04.2016; vgl. auch ACBAR 15.05.2016).

UNHCR unterstützt Rückkehrer/innen mit finanziellen Beihilfen in vier Geldausgabezentren, außerdem mit Transiteinrichtungen und elementaren Gesundheitsleistungen. Zusätzlich wurden sie in anderen Bereichen aufgeklärt, wie z.B. Schuleinschreibungen, Gefahren von Minen etc. (UNHCR 6.2016).

Im Jänner 2017 wurde ein humanitärer Plan für US$ 550 Millionen aufgestellt, mit dem Ziel im Jahr 2017 die vulnerabelste und marginalisierteste Bevölkerung des Landes zu unterstützen. Ziel sind strategische und lebensnotwendige Interventionen: Nahrung, Unterkunft, Gesundheitsvorsorge, Ernährung, sauberes Wasser und Hygiene. Im Rahmen des "Afghanistan 2017 Humanitarian Response Plan" sollen etwa 5,7 Millionen Menschen erreicht werden (UN News Centre 23.01.2017).

Rückkehr

Seit Jänner 2016 sind mehr als 700.000 nicht registrierte Afghanen aus dem Iran und Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt (Thomson Reuters Foundation 12.01.2017); viele von ihnen sind, laut Internationalem Währungsfonds (IMF), hauptsächlich aus Pakistan, aus dem Iran, Europa und anderen Regionen nach Afghanistan zurückgekehrt. Viele Afghan/innen, die jahrzehntelang im Ausland gelebt haben, kehren in ein Land zurück und sind Konflikten, Unsicherheit und weitreichender Armut ausgesetzt. Aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen, sind Rückkehrer/innen im Allgemeinen arm. Auch wenn reichere Rückkehrer/innen existieren, riskiert ein typischer rückkehrender Flüchtling in die Armut abzurutschen (RFL/RE 28.01.2017). Die meisten Rückkehrer/innen (60%) entschlossen sich - laut UNHCR - in den städtischen Gegenden Kabuls, Nangarhar und Kunduz niederzulassen (UNHCR 6.2016).

IOM verlautbarte eine Erhöhung von 50.000 Rückkehrer/innen gegenüber dem Vorjahr. UNHCR hat im Jahr 2016 offiziell 372.577 registrierte Afghanen in die Heimat zurückgeführt. Laut UNHCR und IOM waren der Großteil der Rückkehrer junge Männer aus dem Iran, die auf der Suche nach Arbeit oder auf dem Weg nach Europa waren (Thomson Reuters Foundation 12.01.2017). Der Minister für Flüchtlinge und Repatriierung sprach sogar von einer Million Flüchtlinge, die im letzten Jahr nach Afghanistan zurückgekehrt sind - davon sind über 900.000 freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt sind (Khaama Press 17.01.2017).

Erhaltungskosten und Situation in Kabul

Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, für eine Person sind abhängig von den Ausgaben und liegen durchschnittlich zwischen 150-250 USD pro Person. Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kleidung, Nahrung und Transport, die Unterbringung (Miete) ist dabei nicht berücksichtigt. Die Haus- oder Wohnungsmiete hängt von der Lage ab. Die Unterbringung im Zentrum der Stadt beträgt für eine Ein-Zimmer Wohnung (Bad und Küche) beginnend von 6.000 AFA (88 USD) bis zu 10.000 AFD (146 USD) pro Monat (IOM 22.04.2016). In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen. Private Immobilienhändler bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser, Apartments etc. an. Rückkehrer können bis zur 2 Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden (IOM 2016).

Unterstützung durch verschiedene Organisationen Vorort

Eine steigende Zahl von Institutionen bietet Mikrofinanzleistungen an. Die Voraussetzungen hierfür unterscheiden sich, wobei zumeist der Fokus auf die Situation/Gefährdung des Antragenden und die Nachhaltigkeit des Projekts gelegt wird. Rückkehrer und insbesondere Frauen erhalten regelmäßig Unterstützung durch Mikrofinanzleistungen. Jedoch sind die Zinssätze in der Regel vergleichsweise hoch (IOM 2016).

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme - WFP) hat in Afghanistan eine neunmonatige Operation eingeleitet, um die wachsenden Zahl der Rückkehrer/innen aus Pakistan und Binnenvertriebe zu unterstützen, indem ihnen Notfallsnahrung und andere Mittel zur Verfügung gestellt werden:

Sowohl das WFP als auch andere UN-Organisationen arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Die Organisation bietet 163.000 nicht-registrierten Rückkehrer/innen, 200.000 dokumentierten Rückkehrer/innen und 150.000 Binnenvertriebenen, Flüchtlingen Nahrungs- und Finanzhilfe an; auch 35.000 Flüchtlinge in den Provinzen Khost und Paktika wurden unterstützt. Das WAFP hat seine Unterstützungen in Ostafghanistan verstärkt - um Unterernährung zu vermeiden; das WFP unterstützte mehr als 23.000 Kleinkindern aus Rückkehrer-Familien. Ziel des WFP ist es 550.000 Menschen durch Notfallsorganisationen zu helfen (UN News Centre 15.11.2016).

Einige Länder arbeiten auch eng mit IOM in Afghanistan im Rahmen des Programms Assisted Voluntary Return zusammen - insbesondere, um die Reintegration zu erleichtern. IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten, Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerber/innen Unterstützung nach der Ankunft im Land (AA 9.2016). Mit Ausnahme von IOM gibt es keine weiteren Organisationen, die Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrer/innen in Afghanistan anbieten (IOM 2016).

Auszüge aus dem Bankensystem in Afghanistan

Nach einer Zeit mit begrenzten Bankdienstleistungen, entstehen im Finanzsektor in Afghanistan schnell mehr und mehr kommerzielle Banken und Leistungen. Die kommerziellen Angebote der Zentralbank gehen mit steigender Kapazität des Finanzsektors zurück. Es ist einfach in Afghanistan ein Bankkonto zu eröffnen. Die Bank wird nach folgendem fragen: Tazkira/ (Personalausweis/Pass); 2 Passfotos und AFA 1,000 bis 5,000 als Mindestkapital für das Bankkonto (IOM 2016). Bis heute sind mehr als ein Dutzend Banken im Land aktiv (IOM 2016).

Internationaler Geldtransfer via SWIFT ist seit 2003 über die Zentralbank verfügbar. Auch kommerzielle Banken bieten derzeit internationalen Geldtransfer an, manche nutzen eigene Möglichkeiten, andere greifen auf die Ressourcen der Zentralbank zurück. Die Zentralbank kann die Nachfrage des Bankensektors nach Bargeld in afghanischer Währung sowie in US Dollar bedienen. Um Geld nach Afghanistan zu überweisen, müssen die Betroffenen ein Konto in Afghanistan haben. Die Zentralbank beabsichtigt, sich vom kommerziellen Bankgeschäft zurückzuziehen, da die kommerziellen Banken ihre Tätigkeiten in Afghanistan ausbauen. Die Zentralbank kann Überweisungen und andere Bankdienstleistungen in den Provinzen in ganz Afghanistan gewährleisten (IOM 2016). Geldtransferanbieter wie Western Union sind ebenfalls weit verbreitet (IOM 2016; vgl. auch: Western Union Holdings, Inc 2016 und Azizi Bank 2014).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zu seiner Herkunft ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren. Die Volljährigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt befindlichen medizinischen Sachverständigengutachten (Untersuchungsdatum 24.07.2015).

Das Datum der Einreise nach Österreich sowie das Datum der Asylantragstellung basiert auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes.

Die Gründe für das Verlassen Afghanistans schilderte der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren gleichbleibend. Der Beschwerdeführer gab sowohl in der Erstbefragung am 23.05.2015 als auch in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 29.03.2017 sowie im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.11.2017 an, Afghanistan mit seinen Eltern und Geschwistern im Alter von zwei Jahren aufgrund des dort herrschenden Krieges verlassen zu haben. Auf Nachfrage im Rahmen der mündlichen Verhandlung führte der Beschwerdeführer an, dass dies die einzige Auskunft seiner Eltern bezüglich der Ausreise aus Afghanistan gewesen sei und dass diese auch keine persönlichen Feindschaften in Afghanistan gehabt hätten. Es wurde im gesamten Verfahren kein Vorbringen erstattet, wonach der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan Schwierigkeiten mit staatlichen Einrichtungen oder Privatpersonen ausgesetzt sein könnte.

Die Feststellungen zu seiner Situation sowie der Situation seiner Familie im Iran ergibt sich ebenso aus den während des gesamten Verfahrens gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers. Es besteht kein Grund an der Richtigkeit dieser Schilderung zu zweifeln.

Die Feststellungen zum Aufenthalt und zu den Einkunftsquellen der Familie des Beschwerdeführers im Iran stützen sich auf dessen Angaben im Asylverfahren sowie in der Beschwerdeverhandlung. In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer explizit an, dass es seiner Familie im Iran finanziell gut geht.

Die mögliche und regelmäßige Kontaktaufnahme des Beschwerdeführers mit seiner Familie im Iran geht ebenfalls aus dessen Erzählungen in der Beschwerdeverhandlung hervor.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer gesund ist, konnte aufgrund der Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung getroffen werden. Zweifel an der grundsätzlichen Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers sind während des gesamten Verfahrens nicht aufgetreten.

2.2. Die fallbezogenen Feststellungen zur Lage in Afghanistan stützen sich auf das dem Parteiengehör unterworfene Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 02.03.2017, Kurzinformation eingefügt am 25.09.2017 und beruhen auf einer Vielzahl von im Länderinformationsblatt angeführten verschiedenen, voneinander unabhängigen Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen. In ihrer Kernaussage bieten diese Dokumentationen ein stimmiges und einheitliches Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche und besteht daher für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der darin getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln.

Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. So hat sich insbesondere auch seit der Verhandlung auf Basis der aktuellen Quellenlage, vor allem der aktualisierten Version des Länderinformationsblatts vom 30.01.2018, die Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers nicht wesentlich verändert beziehungsweise nicht in einer Weise verändert, die für den Beschwerdeführer für die Frage der Schutzgewährung entscheidungswesentlich wäre.

Insofern bietet das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan eine ausreichende Entscheidungsgrundlage im gegenständlichen Fall und brauchen weitere Berichte wie die dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27.10.2017 vorab zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht übermittelten Quellen nicht herangezogen werden beziehungsweise braucht auf diese nicht näher eingegangen zu werden, zumal sie mit dem Länderinformationsblatt im Wesentlichen in Einklang stehen und allesamt keine Situation insbesondere in Kabul aufzeigen, welche - wenngleich schwierig - generell einer Rückkehr entgegenstehen würde (vgl. dazu auch die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung unter 3.1.1. und 3.1.2 zu Art. 3 EMRK und der Frage der Zumutbarkeit einer Übersiedlung nach Kabul). Der Beschwerdeführer, vertreten durch einen Rechtsanwalt, nahm zu den Länderberichten im Rahmen der am 14.11.2017 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ergänzend Stellung und trat den Quellen nicht substantiiert entgegen. Es wurden diesbezüglich die nach wie vor schlechte und volatile Sicherheitslage, das ganze Staatsgebiet betreffende Anschläge sowie die persönliche Situation des Beschwerdeführers und die ihm drohende Gefahr, bei einer Rückkehr in eine ausweglose Lage zu geraten, geltend gemacht.

Was die wirtschaftliche Lage in Afghanistan anbelangt, so ist aus den Länderberichten ersichtlich, dass diese im Allgemeinen schwierig ist, die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln jedoch grundsätzlich gewährleistet ist. Dabei wird nicht verkannt, dass sich die Lage für Rückkehrer aufgrund der wirtschaftlichen Lage in Afghanistan als durchaus schwierig erweisen kann, jedoch kann, wie dargetan, auf Basis der Quellenlage nicht davon ausgegangen werden, dass eine Rückkehr nach Afghanistan allgemein nicht zugemutet werden kann und für jeden Rückkehrer eine existenzbedrohende Situation entsteht. Ein solcher Schluss kann auch nicht aus der vom Beschwerdeführervertreter vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme von Hila Asef als länderkundige Sachverständige vom 15.09.2017 zur Situation von Afghanen, die ihr ganzes Leben im Iran verbracht haben und dann nach Afghanistan zurückkehren, gezogen werden. In der gutachterlichen Stellungnahme werden Probleme wie zB die drohende Arbeitslosigkeit und damit einhergehende finanzielle Schwierigkeiten in Bezug auf Rückkehrer aus dem Iran thematisiert und angeführt, dass Rückkehrer, die über kein soziales Netzwerk verfügen und auch keine finanzielle Unterstützung zugesichert bekommen, häufig gezwungen seien, in Zelten zu leben und nur geringen Zugang zu Nahrungsmitteln und Wasser zu haben. Dass die Situation ein Ausmaß erreichen würde, wonach Rückkehrer (aus dem Iran) generell in eine ausweglose Lage geraten, lässt sich daraus aus Sicht des erkennenden Verwaltungsgerichts nicht ableiten.

2.3. Die Feststellung zu den Folgen einer Ansiedlung des Beschwerdeführers in seiner Herkunftsprovinz Bamyan ergeben sich aus den Länderberichten. Bamyan zählt zwar zu den sichersten Provinzen Afghanistans, wo überwiegend Hazara leben, jedoch kann auf Basis der Quellenlage in individuellem Fall nicht mit hinreichender Sicherheit gesagt werden, dass dem Beschwerdeführer dort unter Berücksichtigung seiner persönlichen Situation eine Ansiedlung und Existenzsicherung tatsächlich möglich und zumutbar ist.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer bislang nicht in Kabul gelebt hat und dort über kein familiäres Netzwerk verfügt, ergibt sich aus seinem Vorbringen, wonach er die Provinz Bamyan im Alter von zwei Jahren verlassen hat und seine Eltern und Geschwister im Iran leben.

Dass dem Beschwerdeführer eine Ansiedlung in Kabul möglich und zumutbar ist, basiert auf einer Zusammenschau der länderspezifischen Feststellungen (siehe die obigen Erwägungen unter 2.2.) und den beim Beschwerdeführer vorliegenden persönlichen Umständen. Diesbezüglich sind insbesondere auch seine Sprachkenntnisse und seine berufliche Erfahrung (fünfjährige Tätigkeit als Bauarbeiter, Arbeit als Gärtner in Obstplantage) zu berücksichtigen.

Für eine existenzielle Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle einer Niederlassung in der Stadt Kabul, wie seitens des Beschwerdeführervertreters in der Verhandlung vorgebracht wurde, bestehen keine Hinweise. Es gibt keinen Anhaltspunkt, wieso er in Kabul nicht in der Lage sein sollte, seine Existenz - etwa auch durch Gelegenheits- und Hilfsarbeiten - zu sichern und eine einfache Unterkunft zu finden. Wie dargelegt, könnte er seine Berufserfahrung nutzen, um in Kabul Fuß zu fassen. Dass er auch mit finanzieller Hilfe seiner im Iran lebenden Familie rechnen könnte, ergibt sich daraus, dass er die finanzielle Situation als gut beze

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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