TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/16 W157 2150687-2

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Veröffentlicht am 16.04.2018
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Entscheidungsdatum

16.04.2018

Norm

ABGB §1332
AVG §71
AVG §71 Abs1 Z1
AVG §72
B-VG Art.133 Abs4
TKG 2003 §107 Abs2 Z1
TKG 2003 §109 Abs3 Z20
VwGVG §33 Abs1
VwGVG §33 Abs2
VwGVG §33 Abs3
VwGVG §33 Abs4
VwGVG §44 Abs3
VwGVG §50
ZustG §17 Abs1
ZustG §17 Abs3
ZustG §2 Z4

Spruch

W157 2150687-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Margret KRONEGGER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 07.12.2017, XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem Straferkenntnis vom 08.09.2016, BMVIT-635.540/0216-III/FBL/2016, verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer als Vorsitzenden des Vereins XXXX eine Verwaltungsstrafe gemäß § 107 Abs. 2 Z 1 iVm § 109 Abs. 3 Z 20 TKG.

2. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 09.01.2017 Beschwerde erhoben und ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand "gem. § 71 AVG" gestellt. Zu dem Wiedereinsetzungsantrag führte der Beschwerdeführer begründend aus, er sei ehrenamtlicher Mitarbeiter des Vereins XXXX mit Sitz in Linz und sei ihm die dauernde persönliche Anwesenheit am Vereinssitz nicht zumutbar. Diese sei auch nicht gesetzlich verpflichtend. Der Vereinsbehörde sei seine Meldeadresse bekannt und sei es somit jederzeit möglich, ihm Dokumente an diese Adresse zuzustellen.

3. Mit undatiertem Schriftsatz, beim Bundesverwaltungsgericht am 21.03.2017 eingelangt, übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen das Straferkenntnis einschließlich des unerledigten Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

4. Mit hg. Beschluss vom 28.11.2017 wurde die Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 08.09.2016 gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG wegen Verspätung zurückgewiesen und der Antrag auf Widereinsetzung in den vorigen Stand zuständigkeitshalber an die belangte Behörde weitergeleitet.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG in Verbindung mit § 24 VStG ab.

In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe trotz telefonischer Mitteilung durch den Finanzverantwortlichen das hinterlegte Schriftstück nicht abgeholt. Weiters könne es dem Beschwerdeführer als Vorsitzenden des Vereins zugemutet werden, entsprechende Vorkehrungen zu treffen, damit an den Vereinssitz adressierte behördliche Schreiben auch entgegengenommen würden. Der Beschwerdeführer habe das ihm zumutbare Maß an Aufmerksamkeit und Mühe seit der Hinterlegung nicht nur verfehlt, sondern so krass unterschritten, dass sich das Urteil auffallender Sorglosigkeit gründen lasse.

Zur Zustellung des Straferkenntnisses wurde insbesondere festgehalten, dass der Zusteller davon ausgehen durfte, dass sich der Vorsitzende eines Vereins regelmäßig am Vereinssitz aufhalte. Als der Beschwerdeführer vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt habe, seien ihm noch 27 Tage zur Erhebung der Beschwerde verblieben. Die Hinterlegung des Schriftstückes sei jedenfalls rechtmäßig erfolgt und auch die Verständigung darüber sei ordnungsgemäß in die Abgabeeinrichtung eingelegt worden.

6. Mit Schreiben vom 03.01.2018 erhob der Beschwerdeführer Rechtsmittel gegen den angefochtenen Bescheid. Er wies darauf hin, dass er sich nur unregelmäßig und dann oft nur abends bzw. an Wochenenden am Vereinssitz aufhalte. Die Behauptung der belangten Behörde, dass er aufgrund der jeweiligen telefonischen Mitteilung durch den Finanzverantwortlichen zu jeder Zeit in der Lage gewesen sei, Zustellvorgänge am Vereinssitz wahrzunehmen, sei ihm nicht nachvollziehbar. Er habe alle Vorkehrungen getroffen, damit an den Vereinssitz adressierte behördliche Schreiben auch entgegengenommen würden, da er entsprechende Vollmachten ausgestellt habe und es in seiner fast zehnjährigen Tätigkeit als Vorsitzender keinen vergleichbaren Fall gebe, bei dem ein behördliches Schriftstück nicht in Empfang genommen hätte werden können. Die Behörde habe die unterbliebene Zustellung an den bevollmächtigten Finanzverantwortlichen selbst verschuldet, da sie eine Versendung "als ‚RSa'" ausschließlich "zu persönlichen Handen" für notwendig erachte bzw. sei diesfalls von einer Zustellung an die Meldeadresse auszugehen. Die Vorgehensweise der Behörde sei für den Beschwerdeführer nicht vorhersehbar gewesen.

Der Beschwerde wurde eine Stellungnahme des Kassiers bzw. Finanzverantwortlichen des Vereins XXXX vom 02.01.2018 beigeschlossen, in der dieser im Wesentlichen ausführt, er habe den Vorsitzenden nur über die Hinterlegung eines behördlichen Schriftstückes informiert. Dessen Inhalt und die Rechtsmittelfristen seien ihm nicht bekannt gewesen, lediglich die Behörde und deren Geschäftszahl. Von der gegenständlichen Strafverfügung habe er erst im Dezember 2016 Kenntnis erlangt. Der Vorsitzende des Vereins erfülle seine Sorgfaltspflichten vorbildlich und sei auch nicht nachvollziehbar, dass dessen Meldeadresse der Behörde nicht bekannt gewesen wäre.

7. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 12.01.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Straferkenntnis vom 08.09.2016 wurde nach einem Zustellversuch an der Adresse des Vereins XXXX am 12.09.2016 bei der Post hinterlegt. Die bezughabende Hinterlegungsanzeige (Beginn der Abholfrist: 13.09.2016) wurde in die Abgabeeinrichtung eingelegt.

Am 15.09.2016 wurde der Beschwerdeführer vom Finanzverantwortlichen des Vereins über die Hinterlegung eines behördlichen Schriftstücks (des Straferkenntnisses vom 08.09.2016) in Kenntnis gesetzt.

Das Schriftstück mit dem Straferkenntnis vom 08.09.2016 wurde innerhalb der Abholfrist nicht behoben und am 04.10.2016 an die belangte Behörde zurückgesendet.

Die am 12.01.2017 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde einschließlich des gegenständlichen Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand datiert vom 09.01.2017.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes und dem damit in Einklang stehenden Vorbringen des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen betreffend den Zustellversuch und die Hinterlegung des Schriftstückes beruhen insbesondere auf dem im Akt (in Kopie) aufliegenden Rückschein der Post.

Die Feststellung betreffend die Kenntnis des Beschwerdeführers von der Hinterlegung eines Schriftstückes ergibt sich aus der vom Beschwerdeführer vorgelegten Stellungnahme des Finanzverantwortlichen des Vereins vom 29.12.2016. Soweit der Finanzverantwortliche bzw. Kassier in der Stellungnahme vom 02.01.2018 darauf hinweist, er habe erst im Dezember 2016 von der gegenständlichen Strafverfügung Kenntnis erlangt, bezieht sich diese Aussage offenkundig nur auf den konkreten Inhalt des Schriftstückes (bzw. des Straferkenntnisses), zumal er in derselben Stellungnahme zuvor angegeben hat, er habe "zu jenem Zeitpunkt" (bei telefonischer Information des Beschwerdeführers über ein hinterlegtes behördliches Schriftstück) lediglich die Behörde und deren Geschäftszahl gekannt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zuständigkeit und Kognitionsbefugnis:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist (im Wesentlichen gleichlautend Art. 135 Abs. 1 B-VG sowie § 2 VwGVG).

Mangels einer solchen gesetzlichen Anordnung einer Senatszuständigkeit liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 38 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes - FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

3.2. Im Beschwerdefall maßgebende Rechtsvorschriften:

§ 33 VwGVG lautet auszugsweise wie folgt:

"Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

[...]"

3.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Versäumen der Beschwerdefrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung und nicht die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt. Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in seiner Rechtsprechung auch bereits festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (VwGH 30.05.2017, Ra 2017/19/0113, mwH).

Um die Wiedereinsetzung zu rechtfertigen, muss das Ereignis für den Wiedereinsetzungswerber entweder unvorhergesehen oder unabwendbar gewesen sein. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ("oder") genügt das Vorliegen eines der beiden Momente, um den Wiedereinsetzungsanspruch zu begründen (Hengstschläger3 Rz 605 FN 1188). Der Antragsteller muss an der zeitgerechten Vornahme einer befristeten Prozesshandlung durch ein Ereignis verhindert gewesen sein, das er nicht vorhergesehen hat oder dessen Eintritt er nicht abwenden konnte. Mit den Begriffen "unvorhergesehen" und "unabwendbar" sind nicht objektive Eigenschaften des "Ereignisses" angesprochen, vielmehr umschreiben sie die Relation zum Antragsteller (Hengstschläger/Leeb, AVG § 71, Stand 01.04.2009, rdb.at, Rz 37 mit Hinweis auf Walter/Thienel AVG § 71 Anm 9).

"Unabwendbar" ist ein Ereignis dann, wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden kann; "unvorhergesehen" ist es hingegen, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte (VwGH 10.10.1991, 91/06/0162, mwH).

Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird im Bereich der Zivilprozessordnung, z.B. von Fasching im Lehrbuch des österreichischen Zivilprozesses, Rz. 580, als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber oder sein Vertreter dürfe also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (VwGH 17.05.1990, 90/06/0062).

Im Wiedereinsetzungsantrag sind neben den Angaben zur Rechtzeitigkeit die Gründe anzuführen, auf die er sich stützt, und ist ihr Vorliegen glaubhaft zu machen (VwGH 19.06.1990, 90/04/0101). Es ist bereits im Antrag konkret jenes unvorhersehbare oder unabwendbare Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG zu beschreiben, das den Wiedereinsetzungswerber an der Einhaltung der Frist oder an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gehindert hat (VwGH 27.01.2005, 2004/11/0212; vgl. auch VwGH 30.09.1990, 91/19/0045 zu § 46 VwGG). Die Behörde ist auf Grund der Antragsbedürftigkeit des Verfahrens ausschließlich an die vom Wiedereinsetzungswerber (rechtzeitig) vorgebrachten tatsächlichen Gründe gebunden. Es ist ihr verwehrt, von sich aus weitere Gesichtspunkte in die Prüfung mit einzubeziehen (VwGH 14.12.1995, 95/19/0622; 27.02.1996, 95/04/0218; 25.02.2003, 2002/10/0223; Hengstschläger3 Rz 610; Thienel4 324). Eine amtswegige Prüfung, ob sonstige vom Antragsteller nicht geltend gemachte Umstände die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, hat also nicht zu erfolgen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 71, Stand 01.04.2009, rdb.at, Rz 115).

3.4. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt, dass der Beschwerdeführer rechtzeitig von der Hinterlegung des Straferkenntnisses Kenntnis erlangt und die hinterlegte Briefsendung dennoch nicht behoben hat. Ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne von § 33 Abs. 1 VwGVG (bzw. § 71 Abs. 1 Z 1 AVG) liegt daher gegenständlich nicht vor. Auch wenn der Beschwerdeführer durch die Benachrichtigung des Finanzverantwortlichen des Vereins keine Kenntnis vom Inhalt des hinterlegten Bescheides hatte, war ihm jedenfalls bekannt, dass ein an ihn persönlich gerichtetes Schreiben der belangten Behörde bei der Post hinterlegt wurde. Es wäre dem Beschwerdeführer daher möglich gewesen, den Bescheid innerhalb der Abholfrist zu beheben und wäre ihm dann noch hinreichend Zeit für die Einbringung einer Beschwerde zur Verfügung gestanden (vgl. VwGH 24.02.2000, 2000/02/0027).

3.5. Zur fristauslösenden Zustellung des Straferkenntnisses vom 08.09.2016 ist Folgendes festzuhalten:

Der Beschwerdeführer hat sich eigenem Vorbringen zufolge zum Zeitpunkt der Hinterlegung des Schriftstücks nicht an der Abgabestelle aufgehalten, da nicht an seiner Wohnadresse, sondern am Vereinssitz zugestellt wurde.

Da es sich bei dem Sitz des Vereins, dessen Vorsitzender der Beschwerdeführer ist, um eine Abgabestelle im Sinne von § 2 Z 4 ZustG handelt, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Zustellung an dieser Adresse. Auch eine Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers schließt die Zulässigkeit einer Hinterlegung noch nicht aus:

Voraussetzung für eine Hinterlegung im Sinne des § 17 Abs. 1 ZustG ist u.a. das Vorliegen eines Grundes für die Annahme des Zustellers, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. "Grund zur Annahme" heißt dabei, dass bestimmte objektive Tatsachen (Namensschild, frühere Zustellungen am selben Ort) vorliegen müssen, aus denen der Zusteller mit einiger Sicherheit ableiten kann, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält (VwGH 27.02.1997, 95/16/0134, mit Hinweis auf Walter/Mayer, Das österreichische Zustellrecht, 91).

Da es sich bei der Zustelladresse - auch weiterhin - um den Vereinssitz handelt, an den zweifellos regelmäßig auch an den Vorsitzenden adressierte Briefsendungen zugestellt werden, ist davon auszugehen, dass der Zusteller Grund zur Annahme hatte, dass der Beschwerdeführer sich regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Dem ist der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, dass er sich nicht dauernd am Vereinssitz aufhalte, nicht substantiiert entgegengetreten. Vielmehr hat der Beschwerdeführer in der Rechtsmittelschrift selbst darauf hingewiesen, dass es in seiner fast zehnjährigen Tätigkeit als Vorsitzender keinen vergleichbaren Fall gebe, bei dem ein behördliches Schriftstück nicht in Empfang genommen hätte werden können.

Die durch den dritten Satz des § 17 Abs. 3 ZustG normierte Zustellwirkung wird nicht durch Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0052, mwH).

Eine die Zustellwirkung von § 17 Abs. 3 dritter Satz ZustG ausschließende Abwesenheit von der Abgabestelle lag im gegenständlichen Fall nicht vor, zumal der Beschwerdeführer offenkundig dafür Vorsorge getroffen hat, durch regelmäßig am Vereinssitz aufhältige Vorstandsmitglieder von allfälligen Zustellungen in Kenntnis gesetzt zu werden, wie dies auch im vorliegenden Fall erfolgt ist (vgl. Stellungnahmen des Finanzverantwortlichen des Vereins vom 29.12.2016 und 02.01.2018).

Im Ergebnis steht daher fest, dass Hinterlegung der an den Beschwerdeführer gerichteten Briefsendung mit dem Straferkenntnis vom 08.09.2016 zulässig war und die Zustellung am ersten Tag der Abholfrist (13.09.2016) gültig erfolgt ist. Die Beschwerde vom 09.01.2017 war daher verspätet.

3.6. Die Beschwerde gegen den nunmehr angefochtenen Bescheid war sohin als unbegründet abzuweisen.

3.7. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG entfallen, da sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und die Durchführung einer Verhandlung von keiner Partei beantragt wurde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegt auch dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/07/0053).

Schlagworte

Abgabestelle, Aufmerksamskeitsdefizit, Beschwerdefrist, Frist,
Fristversäumung, Gültigkeit, Hinterlegung, Kognitionsbefugnis,
minderer Grad eines Versehens, Ortsabwesenheit, Rechtzeitigkeit,
Sorgfaltspflicht, unabwendbares Ereignis, unvorhergesehenes und
unabwendbares Ereignis, Verein, verspätete Beschwerde,
Verwaltungsstrafe, Wiedereinsetzung, Wiedereinsetzungsantrag,
zumutbare Sorgfalt, Zustelladresse, Zustellung, Zustellung durch
Hinterlegung, Zustellwirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W157.2150687.2.00

Zuletzt aktualisiert am

23.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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