Gbk 2018/2/26 GBK II/284/15

JUSLINE Allgemeines Dokument

Veröffentlicht am 26.02.2018
beobachten
merken

Diskriminierungsgrund

Religion

Diskriminierungstatbestand

Diskriminierung der Antragstellerin auf Grund der Religion bei den sonstigen Arbeitsbedingungen

Text

SENAT II DER GLEICHBEHANDLUNGSKOMMISSION

Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/284/15 gem. § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Frau A (in Folge: Antragstellerin) vom 17.12.2015 wegen behaupteter Diskriminierung auf Grund der Religion bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 17 Abs. 1 Z 6 GlBG und bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. 1 Z 7 GlBG durch Firma B (in Folge: Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:

Eine Diskriminierung der Antragstellerin auf Grund der Religion bei den sonstigen Arbeitsbedingungen durch die Antragsgegnerin

l i e g t n i c h t v o r.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Antragstellerin von 25.5.2015 bis 26.7.2015 bei der Firma C zur Förderung der Integration am Arbeitsmarkt als Transitarbeitskraft beschäftigt und vom 26.5.2015 bis 30.6.2015 bei der Antragsgegnerin im Rahmen einer Überlassung zur Arbeitsleistung an einen Dritten tätig gewesen sei. (Der gegen die Firma C gerichtete Teil des Antrags wurde im Laufe des GBK-Verfahrens zurückgezogen).

Sie sei gläubige Muslimin, in Pakistan geboren und bei der Antragsgegnerin als Küchenhilfskraft eingesetzt gewesen. Mit der Küchenleiterin und deren Stellvertreterin habe sie die Vereinbarung getroffen, während des Fastenmonats Ramadan ihre Pause zu teilen, um abends essen zu können. Sie habe zwischen 16 und 17 Uhr eine 20-minütige Pause und um 21 Uhr eine zehnminütige Essenspause gemacht und sei die einzige Muslimin im Heurigenlokal gewesen. Mit einer Kollegin in der Küche, Frau „D", habe es wegen der Pausenvereinbarung immer wieder Probleme gegeben.

Am 30.6.2015 sei sie während ihrer abendlichen Essenspause um 21:00 Uhr auf Anweisung von Frau „D" von einer Kellnerin aufgefordert worden ein kaputtes Glas wegzuräumen. Sie habe dieser gesagt, dass sie das jetzt nicht machen könne, weil sie gerade esse und die Arbeit in zehn Minuten machen würde. Daraufhin habe eine andere Kollegin den Boden geputzt. Frau D habe dann eine Kellnerin zur Chefin Frau B geschickt, um sich darüber zu beschweren, dass sie esse und die Arbeit nicht machen wolle.

Frau B sei daraufhin zu ihr gekommen und habe gefragt, was das Problem sei. Sie habe ihr gesagt, dass sie gerade eine Pause mache, weil sie wegen des Ramadan nur am Abend essen könne. Frau B habe zu ihr gesagt: „Es interessiert uns nicht, ob das, was Sie tun etwas mit ihrer Religion zu tun hat oder nicht. Das ist nicht der richtige Arbeitsplatz für Sie. Tschüss, auf Wiedersehen".

Am nächsten Tag habe sie einen Anruf vom Büro der Antragsgegnerin erhalten, in dem ihr mitgeteilt worden sei, dass sie dort nicht mehr gebraucht würde.

Sie sei die einzige Muslimin im Heurigenlokal gewesen und fühle sich diskriminiert, weil sie wegen ihrer Religion nicht mehr bei der Antragsgegnerin erwünscht gewesen sei und die Überlassung und in weiterer Folge auch das Arbeitsverhältnis durch die C Gemeinnützige Gesellschaft mbH beendet worden sei.

In der Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Antragstellerin als Küchenhilfskraft im Zuge eines Überlassungsvertrages beschäftigt gewesen sei und die Antragsgegnerin als großer Heurigenbetrieb schon immer mit DienstnehmerInnen unterschiedlicher Herkunft, Sprachen und Religionen zusammengearbeitet habe. Es sei nie ein Thema gewesen und es habe auch nie Probleme gegeben, im Gegenteil sei immer auf gutes Einvernehmen unter den DienstnehmerInnen Wert gelegt worden. Aber genau so viel Wert werde auch auf die Zufriedenheit der Gäste gelegt und da müssten alle zusammenarbeiten und manchmal auch Dinge in ihren Pausen erledigen, die keinen Aufschub erlauben. Dazu zähle unter anderem, Glasscherben im vollbesetzten Gastgarten unverzüglich zu entfernen, da Verletzungsgefahr bestehe und man nicht 10 Minuten warten könne. Die Pause werde deshalb ja nicht gestrichen, sondern um einige Minuten verschoben.

Auf Hinterfragen des Vorfalles durch Frau B sich wortlos umzudrehen und die kalte Schulter zu zeigen, sei sicherlich nicht als ausreichende Kommunikation zu werten und entspreche auch nicht einem gebührlichen Verhalten der Dienstgeberin gegenüber. Frau B sei darüber sehr verärgert gewesen und habe sich dahingehend auch geäußert, indem sie gemeint habe, die Antragstellerin sei unter diesen Umständen fehl am Platz.

Dies sei aber nicht der einzige, sondern nur der ausschlaggebende Grund der Vertragsauflösung mit C gewesen. Auch davor habe es schon mehrfach Beschwerden gegeben, dass die Antragstellerin ihr übertragene Arbeiten einfach verweigere mit der Begründung, sie wäre keine Putzfrau — diese Aufgaben gehörten aber auch zu jenen einer Küchenhilfe und bei Einstellung habe die Antragstellerin versichert, mit allen ihr zugeteilten Arbeiten kein Problem zu haben.

Weiters sei festzuhalten, dass der Antragsgegnerin bis zum antragsgegenständlichen Vorfall nicht bekannt gewesen sei, dass die Antragstellerin Muslimin sei — man habe bei deren Einstellung nicht gefragt, weil es kein Thema sei, die Antragstellerin habe die Antragsgegnerin aber auch nicht darüber informiert, dass sie zu Ramadan eine gesonderte Pausenregelung benötige.

BEFRAGUNGEN

Die Antragstellerin gab bei ihrer Befragung ergänzend an, dass sie die Arbeit sehr gut erledigt habe, mit Frau D, einer Polin, die schlecht Deutsch sprach und ebenfalls Küchenhilfe gewesen sei, habe sie Probleme gehabt. Sie selbst habe im Ramadan um ca. 15 Uhr 15 Minuten Pause gemacht und mit ihrer Küchenleiterin besprochen, dass sie um ca. 21 Uhr esse.

Auf Frage nach von ihr mit der Aussage, dass sie keine Putzfrau sei, verweigerten Arbeiten gab sie an, dass dies ein Problem mit der Firma C gewesen sei. Im Küchenbereich habe sie alles gemacht, auch geputzt, mit Gästen habe sie keinen Kontakt gehabt.

Den Dialog mit Frau D habe es gegeben, als sie gerade eine halbe Semmel gegessen habe – sie habe Frau D gefragt, warum diese nicht eine andere Frau frage. Diese sei dann zur Chefin gegangen, die dann zu ihr gekommen sei und sie gefragt habe, warum sie das gesagt habe. Dieser habe sie mitgeteilt, dass sie gerade esse und Ramadan habe, daraufhin sei sie gefragt worden, warum sie nicht in der Pause gegessen habe. Daraufhin habe sie erklärt, dass sie Muslimin sei und nicht vor Sonnenuntergang essen dürfe.

Es habe 30 Minuten Pause gegeben, Dienstbeginn sei um 13 Uhr gewesen. Die Pause sei zwischen 15 und 17 Uhr genommen worden. Frau B habe von der Vereinbarung betreffend die Pause nichts gewusst. Die Vereinbarung mit der Küchenchefin sei gewesen, dass sie ihre Pause geteilt habe, 15 - 20 min sei sie in der frischen Luft gesessen, am Abend gegen 21 Uhr habe sie in der Küche eine Semmel und ein Joghurt gegessen.

In dieser Abendpause sei sie zum Arbeiten aufgefordert worden, die Chefin habe dann zu ihr gesagt: „Ich habe kein Interesse an deinen Problemen, … - warum hast Du nicht früher gegessen?“ Darauf habe sie erwidert, dass sie Muslimin sei, dann habe die Chefin mit ihr geschimpft und gemeint, dass dies nicht der richtige Platz für sie wäre. Sie habe geweint, die Kolleginnen hätten alles gehört und Frau D sei gefragt worden, warum sie immer ein Problem mit ihr habe. Am nächsten Tag sei ihr im Büro mitgeteilt worden, dass sie nicht mehr zu kommen bräuchte. Zur Frage nach den Namen der beiden älteren Kolleginnen, die das Gespräch mitgehört haben sollen, gab die Antragstellerin an, an deren Namen keine Erinnerung mehr zu haben.

Die Vertreterin der Antragsgegnerin, Frau B, gab bei ihrer Befragung an, dass sich die Antragstellerin, die über C gekommen sei, bei der mittlerweile pensionierten Buchhalterin und ihr selbst vorgestellt habe. Sie habe die Antragstellerin gefragt, ob diese bereit wäre, auch andere Arbeiten - so dies notwendig sei - zu übernehmen, was diese bejaht habe.

Die Pause könne sich saisonal nach Arbeitsanfall ändern, nachmittags säßen die MitarbeiterInnen im Garten oder im Lokal, der Heurige öffne normalerweise nachmittags, aber es gebe auch Mittagsgruppen.

An besagtem Tag (Anm: 30.6.2015) seien im vollbesetzten Gastgarten Gläser zerbrochen, die Kellnerin E sei zu ihr gekommen und habe gemeint, dass die Antragstellerin dies nicht wegräume. Es habe sich um einen Notfall gehandelt, daher sei sie zur Antragstellerin gegangen und habe diese gefragt, warum sie nicht ihre Pause unterbrechen könne.

Die Thematik betreffend die Nahrungsaufnahme im Ramadan sei ihr bekannt, weil sie sehr viel mit Pakistani zu tun habe. Damals habe sie nicht gewusst, dass die Antragstellerin während des Tages nichts esse, es sei aber anzunehmen, dass eine aus Pakistan stammende Person muslimischen Glaubens sei. Sie habe die Antragstellerin angesprochen, diese habe ihr jedoch keine Antwort gegeben, daran könne sie sich genau erinnern.

Bereits mehrmals zuvor habe eine Kellnerin zur Antragstellerin am Nachmittag etwas gesagt, die Antragstellerin habe Arbeiten aber nicht verrichten wollen. Sie selbst versuche, so etwas zu kalmieren, im Sommer sei viel zu tun, manchmal gebe es halt Spannungen. Damals habe Vollbetrieb geherrscht, die anderen Personen seien mit der Essenszubereitung beschäftigt gewesen, einzig die Antragstellerin habe in der Küche nichts gearbeitet.

Sie sei bemüht, mit allen auszukommen und schätze das Personal, aber wenn etwas passiere, müsse es erledigt werden. Überdies wäre es normal gewesen, wenn die Antragstellerin bei Schwierigkeiten mit anderen Bediensteten oder Pausen ins Büro gekommen wäre, um darüber zu sprechen, was sie aber nicht gemacht habe.

Die gesonderte Pausenvereinbarung der Antragstellerin sei ihr nicht bekannt gewesen. Auf Frage gab sie an, dass die Antragstellerin ihr in der damaligen Situation auch nicht gesagt habe, dass sie Muslima sei und man sie fertig essen lassen solle. Sie habe auch sicher nicht „Tschüss“ gesagt, das sei nicht ihre Diktion.

Die Antragstellerin verneinte im Zuge einer nochmaligen kurzen Befragung, dass sich dies aus ihrer Sicht so zugetragen habe wie von Frau B geschildert und gab an, dass sie gesagt habe, dass sie 10 Minuten Pause habe, weil sie um 22 Uhr nach Hause gehen müsse. Die Frage, ob sie sich hätte vorstellen können die Essenspause zu unterbrechen wurde mit dem Hinweis beantwortet, dass bei einem Dienstende um 22 Uhr nicht möglich gewesen sei, wie hätte sie hinausgehen können, putzen, Hände waschen und weiter essen – sie ein Mensch und kein Hund. Sie würde immer ihr Essen respektieren. Frau B habe sie gefragt, warum sie nicht früher gegessen habe, darauf habe sie erwidert, dass sie Muslimin sei, den Ramadan einhalte und vorher nicht essen könne. Dann habe Frau B unhöflich etwas mit „Religion“ gesagt und sie habe zu weinen begonnen. Frau B hätte gesagt: “Religion ist zu Hause, Religion ist nicht hier“.

Die Vertreterin der Antragsgegnerin, Frau B, widersprach dieser Darstellung und meinte, dass sie mit den anderen Personen gar nicht darüber gesprochen habe, sondern gegangen sei. Ferner habe sie auch nicht mit der Antragstellerin geschrien, weil sie nie schreie.

Am nächsten Tag habe sie mit ihrer Buchhalterin besprochen, sich von der Antragstellerin zu trennen, da es nicht funktioniere, wenn diese keine Antwort gebe und eine notwendige Arbeit nicht erledige. Zu den anderen in der Stellungnahme erwähnten Vorfällen habe sie nur durch Mitarbeiterinnen Kenntnis erlangt.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat II der GBK stu?tzt sein Prüfungsergebnis auf die schriftlichen Vorbringen und die mündlichen Befragungen der Antragstellerin und der Vertreterin der Antragsgegnerin.

BEGRÜNDUNG

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

1.   Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

"§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

….

6. bei den sonstigen Arbeitsbedingungen

"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine „Bescheinigung“ des behaupteten nach dem GlBG verbotenen Motivs, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/r AntragstellerIn sprechen als dagegen (vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen).

Wenn dem/der AntragstellerIn die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen Zusammenhang zwischen den sonstigen Arbeitsbedingungen und dessen/deren Religion indizieren, gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn, zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der AntragsgegnerIn glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs 2 oder 20 GlBG vorliegt.

2. Der Senat geht bei seiner rechtlichen Prüfung von folgendem Sachverhalt aus, der auf Basis der schriftlichen Stellungnahmen und der Befragung der oben genannten Auskunftspersonen auf Grund der darzulegenden Erwägungen festgestellt wurde:

Die muslimische Antragstellerin war vom 26.5.2015 bis 30.6.2015 bei der Antragsgegnerin als Küchenhilfe beschäftigt. Ihre 30-minütige Arbeitspause war laut Vereinbarung mit der Küchenleiterin, von der die Vertreterin der Antragsgegnerin allerdings nicht informiert gewesen war, geteilt, um der Antragstellerin während des Ramadan nach Sonnenuntergang die Nahrungsaufnahme (Fastenbrechen) zu ermöglichen.

Schon in der Vergangenheit gab es Probleme hinsichtlich der Erledigung einzelner Arbeitsaufträge, die die Antragstellerin unter dem Hinweis darauf, dass sie keine Reinigungskraft sei, ablehnte. Es wurde von Seiten der Antragsgegnerin darüber hinweggegangen, da man hoffte, dass „man sich wieder einkriegen werde“. Dies ergibt sich aus der insoweit glaubhaften und nachvollziehbaren Aussage der Vertreterin der Antragsgegnerin.

Am 30.6.2015 wurde die Antragstellerin, die damals als einzige in der Küche gerade nicht gearbeitet, sondern den zweiten Teil ihrer Pause konsumiert hatte, von einer Kellnerin aufgefordert, zerbrochene Gläser im Gastgarten wegzuräumen, was von der Antragstellerin mit dem Hinweis auf ihre Pause abgelehnt worden war.

Auf Beschwerde der Kellnerin bei der Vertreterin der Antragsgegnerin kam diese in der Folge in die Küche um zu klären, warum die Antragstellerin die ihr übertragene dringliche Arbeit nicht ausführen habe wollen. Insoweit decken sich die Aussagen der beiden Verfahrensparteien. Dass eine Aufforderung zur Unterbrechung der Pause erfolgte, ist darauf zurückzuführen, dass zu diesem Zeitpunkt alle anderen Personen in der Küche beschäftigt waren und – so der Eindruck der Antragsgegnerin – nur die Antragstellerin zur Erledigung der Arbeit (Wegräumen von Scherben) zur Verfügung stand. Eine solche Aufforderung wäre auch an andere zu diesem Zeitpunkt nicht beschäftigte DienstnehmerInnen gerichtet worden. Dies ergibt sich aus der insoweit nachvollziehbaren und der Lebenserfahrung entsprechenden Aussage der Vertreterin der Antragsgegnerin. Über den in diesem Zusammenhang behaupteten Wortwechsel divergieren hingegen die Angaben von Antragstellerin und Antragsgegnerin. Laut Vertreterin der Antragsgegnerin habe die Antragstellerin ihr auf ihre Frage gar nicht geantwortet, sondern sich einfach wortlos umgedreht, wohingegen die Antragstellerin behauptete, dass sie ihr mitgeteilt habe, dass sie Muslimin sei und Ramadan habe und die Frage, warum sie nicht in der Pause gegessen habe, mit dem Hinweis darauf, dass sie erst nach Sonnenuntergang essen dürfe, beantwortet habe.

Die Vertreterin der Antragsgegnerin hatte dem Senat glaubhaft geschildert, dass ihr das Thema der Nahrungsaufnahme im Ramadan bekannt sei, da sie bereits viel mit aus Pakistan gebürtigen Personen zu tun gehabt hätte. Überdies gab sie an, damals zwar nicht aktiv gewusst zu haben, dass die Antragstellerin Muslimin sei, dass dies jedoch – da diese aus Pakistan stamme – zu vermuten gewesen sei.

Im Hinblick auf den von beiden an der Situation beteiligten Personen gewonnenen persönlichen Eindruck hat der Senat die Darstellung der Vertreterin der Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin ihr keine Antwort gegeben habe, als glaubwürdiger erachtet als die Darstellung der Antragsgegnerin, die von einer Bezugnahme auf deren Religion durch die Vertreterin der Antragsgegnerin ausgeht. Der Senat ist daher zur Auffassung gelangt, dass die von der Antragstellerin behauptete Aussage von Frau B gar nicht gefallen ist.

In weiterer Folge ist es zur Auflösung des Überlassungsverhältnisses mit der C Gemeinnützige Gesellschaft mbH gekommen, die nachfolgend durch letztere erfolgte Kündigung der Antragstellerin ist auf Grund der Antragsrückziehung gegen die Arbeitskräfteüberlasserin jedoch nicht mehr Thema des GBK-Verfahrens. Deshalb war vom Senat nur zu würdigen, ob die Beendigung des Überlassungsverhältnisses im Zusammenhang mit der Weigerung der Antragstellerin, eine ihr aufgetragene dringliche Arbeit zu erledigen, als Diskriminierung der Antragstellerin auf Grund der Religion bei den sonstigen Arbeitsbedingungen zu qualifizieren ist.

3. Dieser Sachverhalt war vom Senat im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Diskriminierungsverbot auf Grund der Religion bei den sonstigen Arbeitsbedingungen zu prüfen.

In rechtlicher Hinsicht ist somit folgendes abzuleiten:

3.1. Bei dem Tatbestand der Diskriminierung bei den „sonstigen Arbeitsbedingungen“ handelt es sich grundsätzlich um einen Auffangtatbestand, der weit auszulegen ist. Daher wäre vorbehaltlich der Prüfung der genauen Umstände im Einzelfall auch eine diskriminierende Pausengestaltung bzw. auch eine Unterbrechung der Pause darunter zu subsummieren.

Im vorliegenden Fall wurde zwischen Antragstellerin und Küchenleitung eine Teilung der 30-minütigen Arbeitspause vereinbart, um der Antragstellerin die Nahrungsaufnahme entsprechend ihren religiösen Geboten zu ermöglichen. Mit der bloßen Aufforderung an sie, die im Gastgarten zerbrochenen Gläser wegzuräumen, wurde eine Unterbrechung ihrer Pause intendiert, welche für sich genommen jedoch noch keine Diskriminierung auf Grund der Religion darstellen kann, da dieser Aufforderung jeglicher Bezug zur Religion einer Person fehlt, auch zwar auch dann, wenn die Pause eine zeitliche Lage hat, die einen religiösen Bezug hat.

Unabhängig davon, ob einE ArbeitnehmerIn überhaupt während einer Pause gem. § 11 AZG verpflichtet ist auf Aufforderung Arbeiten zu leisten (zum Freizeitcharakter der Ruhepause siehe zB Schrank, Arbeitszeitgesetze3 (2015) § 11 Rz 2), lässt sich die Aufforderung nicht als Diskriminierung auf Grund der Religion qualifizieren.

Der Senat ging davon aus, dass der Grund für die Aufforderung zur Pausenunterbrechung darin lag, dass die Antragstellerin damals die einzige nicht mit der Erbringung von Arbeitsleistungen beschäftigte Mitarbeiterin gewesen war und die Antragsgegnerin eine Unterbrechung als notwendig ansah, um die auf Grund der damit verbundenen Verletzungsgefahr für Gäste und Bedienstete Gefahrenquelle zu beseitigen, und danach den Rest der Pause zu konsumieren. Diese Weisung wäre daher auch jeder anderen Person unabhängig vom Grund ihrer Pausenregelung erteilt worden bzw. wohl auch an Personen die zu dem Zeitpunkt gerade nicht beschäftigt waren.

Der Antragsgegnerin war es somit möglich zu beweisen, dass die Anweisung zum Wegräumen der Scherben während einer in ihrer Lage religiös motivierten Pause nicht wegen der Religion der Antragstellerin, sondern wegen eines nicht vorhersehbaren Arbeitsanfalls erfolgte und dass es wahrscheinlicher ist, dass dieses Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war.

Ob die Antragstellerin dieser Weisung während ihrer gesetzlichen Ruhepause nach § 11 AZG Folge hätte leisten müssen, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, da davon auszugehen war, dass eine derartige Weisung auch anderen ArbeitnehmerInnen erteilt worden wäre.

3.2. Im vorliegenden Fall ist es in weiterer Folge zur Auflösung des Überlassungsvertrages gekommen, da die Vertreterin der Antragsgegnerin sich auf Grund des Umstands, dass es bereits davor einige Probleme betreffend die Nichterledigung von Arbeitsanweisungen durch die Antragsgegnerin gegeben hatte, dazu entschlossen hatte und offensichtlich der Konflikt im Zusammenhang mit der Unterbrechung der Pause dazu den letzten Anstoß gegeben hatte.

Diese Entscheidung gründet sich daher nicht auf ein i.S.d. GlBG diskriminierendes Motiv (in concreto: auf der Religion der Antragstellerin) seitens der Antragsgegnerin, sondern resultiert aus der unternehmerischen Entscheidung, dass eine Zusammenarbeit mit einer Mitarbeiterin, die auf Frage nicht antworte und notwendige Arbeiten nicht erledige, nicht funktionieren könne. Die Vertreterin der Antragstellerin hatte überdies angegeben, dass sie – da die Antragstellerin ja erst kurz im Betrieb gewesen sei – bezüglich der anderen Probleme mit der Arbeitsbereitschaft der Antragstellerin – zunächst habe abwarten wollen, ob diese „sich einkriege“.

Damit war es aus Sicht des Senates wahrscheinlicher, dass die Weigerung der Antragstellerin, eine aus Sicht der Antragsgegnerin auch während der gesetzlichen Arbeitspause unverzüglich zu verrichtende Arbeit auszuführen samt der daran anschließenden Kommunikationsverweigerung, das Motiv für die Beendigung war als die Religionszugehörigkeit der Antragstellerin. Unabhängig davon, ob dieser Weisung tatsächlich hätte nachgekommen werden müssen, ging der Senat davon aus, dass auch einer Vergleichsperson unabhängig von deren Religionsbekenntnis dieselbe Behandlung widerfahren wäre.

Durch die Auflösung des Überlassungsvertrages – also quasi das „Zurückschicken“ der Antragstellerin zum Überlasserbetrieb – liegt somit keine Diskriminierung der Antragstellerin bei den sonstigen Arbeitsbedingungen auf Grund der Religion durch die Antragsgegnerin vor, da jede andere Person – unabhängig von der jeweiligen Religionszugehörigkeit - unter den Umständen des Einzelfalles dieselbe Behandlung erfahren hätte.

Dessen ungeachtet regt der Senat der Antragsgegnerin gegenüber an, künftig mit ArbeitnehmerInnen, bei denen von der Antragsgegnerin eine religiöse Zugehörigkeit vermutet wird, die Abweichungen von den betriebsüblichen Pausenzeiten erforderlich erscheinen lässt, dieses Thema proaktiv zur Sprache zu bringen, um Unklarheiten über vereinbarte Arbeitspausen hintanzuhalten und dann diese Pausenregelungen entsprechend zu respektieren.

Zuletzt aktualisiert am

20.04.2018
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten