TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/27 99/10/0175

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Veröffentlicht am 27.03.2000
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1E;
E3L E15202000;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
59/04 EU - EWR;
82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

11997E234 EG Art234;
31979L0112 Etikettierungs-RL Art2 Abs1 lita sublitii;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
EURallg;
LMG 1975 §9 Abs3;
LMG 1975 §9;
VwGG §38;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde der B GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Punz, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 15/15, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz vom 25. November 1998, Zl. 331.429/2-VI/B/12/98, betreffend Zulassung gesundheitsbezogener Angaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 25. November 1998 gab die belangte Behörde dem Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Zulassung gesundheitsbezogener Angaben nicht Folge und ließ für das Produkt "TRINK APFELESSIG MIT BLÜTENHONIG" die gesundheitsbezogenen Angaben "anregend für die Verdauung" und "entschlackt" nicht zu.

In der Begründung heißt es, der beigezogene Amtssachverständige habe ausgeführt, Essig werde gemeinhin als Würzmittel verwendet und eine von der beschwerdeführenden Partei nicht näher erklärte, die Verdauung anregende Wirkung sei aus der Zusammensetzung des in Rede stehenden Produktes nicht ableitbar. Zur Erklärung bzw. zum Nachweis des in der Ernährungsphysiologie bzw. -medizin nicht definierten Begriffes "entschlackt" wären allenfalls noch Unterlagen vorzulegen. Diese Sachverständigenäußerungen seien der beschwerdeführenden Partei zur Kenntnis gebracht worden. Diese habe in ihrer Stellungnahme erklärt, in der Literatur werde dem Apfelessig auch eine die Verdauung anregende Wirkung zugeschrieben. Hinsichtlich des Begriffes "entschlackt" habe die beschwerdeführende Partei die Auffassung vertreten, hiebei handle es sich um einen Begriff des allgemeinen Sprachgebrauchs, welcher für eine insgesamt die Verdauung fördernde Wirkung stehe.

Die neuerliche Befassung des Amtssachverständigen habe ergeben, dass die Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei nicht geeignet sei, eine andere Entscheidung herbeizuführen.

Den vorgelegten Unterlagen zufolge handle es sich bei dem in Rede stehenden Erzeugnis um einen mit 6 % Blütenhonig, Apfeldicksaft und Gewürzextrakt versetzten Obstgäressig aus Äpfeln. Empfohlen werde die Einnahme von zwei bis vier Esslöffeln in Wasser oder Tee vor einer Mahlzeit. Die Eigenschaft des Erzeugnisses als Verzehrprodukt sei nicht strittig. Zu prüfen gewesen sei, ob eine Zulassung der beantragten gesundheitsbezogenen Angaben mit dem Schutz der Verbraucher vor Täuschung vereinbar sei. Eine Zulassung gesundheitsbezogener Angaben dürfe nur dann erfolgen, wenn diese Angaben der Wahrheit entsprächen, dem Produkt also jene Wirkung auch tatsächlich innewohne, deren Vorhandensein auf Grund der betreffenden Angaben zumindest von einem nicht unbeträchtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise erwartet werde. Den der Entscheidung vollinhaltlich zugrunde gelegten, in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Amtssachverständigen zufolge werde die dem in Rede stehenden Produkt auf Grund der beantragten gesundheitsbezogenen Angaben zugeschriebene Wirkung auf die Verdauung auf Grund der Zusammensetzung bzw. der Inhaltstoffe nicht erzielt und habe eine solche Wirkung auch nicht durch geeignete Unterlagen belegt werden können.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 8. Juni 1999, Zl. B 2416/98-8, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie bringt vor, der angefochtene Bescheid enthalte praktisch keine Begründung, da die Ausführungen des Amtssachverständigen so kurz seien, dass eine Überprüfung gar nicht möglich sei und außerdem die dokumentierten Angaben der beschwerdeführenden Partei letztlich in das Verwaltungsverfahren keinen Eingang gefunden hätten. Außerdem stehe § 9 Abs. 1 lit. a des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG) in Widerspruch zur EG-Etikettierungsrichtlinie, da Art. 2 Abs. 1 lit. e dieser Richtlinie es lediglich verbiete, einem Lebensmittel krankheitsbezogene Angaben beizugeben, während § 9 LMG alle gesundheitsbezogenen Angaben verbiete. Im Beschwerdefall liege eine sonstige gesundheitsbezogene Angabe und nicht eine krankheitsbezogene Angabe vor. Es werde daher angeregt, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs betreffend die Vereinbarkeit des § 9 LMG mit der Etikettierungsrichtlinie einzuholen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 9 Abs. 1 LMG ist es verboten, beim Inverkehrbringen von

Lebensmitteln, Verzehrprodukten oder Zusatzstoffen

a) sich auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jung erhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlank machende oder gesund erhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken;

b) auf Krankengeschichten, ärztliche Empfehlungen oder auf Gutachten hinzuweisen;

c) gesundheitsbezogene, bildliche oder stilisierte Darstellungen von Organen des menschlichen Körpers, Abbildungen von Angehörigen der Heilberufe oder von Kuranstalten oder sonstige auf Heiltätigkeiten hinweisende Abbildungen zu verwenden.

Nach § 9 Abs. 3 leg. cit. hat der Bundesminister für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf Antrag für bestimmte Lebensmittel oder Verzehrprodukte gesundheitsbezogene Angaben mit Bescheid zuzulassen, wenn dies mit dem Schutz der Verbraucher vor Täuschung vereinbar ist.

Nicht mit dem Schutz der Verbraucher vor Täuschung vereinbar sind gesundheitsbezogene Angaben, die Wirkungen suggerieren, die das Produkt nicht hat.

Die belangte Behörde hat die Abweisung des Antrages auf Zulassung der gesundheitsbezogenen Angaben damit begründet, dass das Produkt "Trink Apfelessig mit Blütenhonig" die von den gesundheitsbezogenen Angaben suggerierten Wirkungen auf die Verdauung nicht hat. Sie hat sich dabei auf die von ihr eingeholten Amtssachverständigenäußerungen gestützt. Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei liegt daher eine Begründung des angefochtenen Bescheides vor. Ob die Ausführungen des Amtssachverständigen kurz waren oder nicht, ist ohne Belang, da es nicht auf den Umfang dieser Ausführungen ankommt, sondern auf ihren Inhalt. Die beschwerdeführende Partei bringt nichts vor, was geeignet wäre, an der Richtigkeit der Sachverständigenaussagen Zweifel zu erwecken. Sie erläutert auch nicht, worum es sich bei den "dokumentierten Angaben" der beschwerdeführenden Partei handelt, welche ihrer Behauptung zufolge nicht "Eingang in das Verwaltungsverfahren" gefunden haben und was aus diesen "dokumentierten Angaben" abzuleiten wäre.

Die beschwerdeführende Partei meint, die Nichtzulassung der gesundheitsbezogenen Angaben verstosse gegen Gemeinschaftsrecht, weil Art. 2 der Richtlinie 79/112/EWG (Etikettierungsrichtlinie) nur krankheitsbezogene Angaben verbiete, während § 9 LMG auch gesundheitsbezogene Angaben untersage und es sich im Beschwerdefall um solche (bloß) gesundheitsbezogenen Angaben handle.

Nach Art. 2 Abs. 1 der Etikettierungsrichtlinie dürfen die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, nicht

a) geeignet sein, den Käufer irre zu führen, und zwar insbesondere nicht

i) über die Eigenschaften des Lebensmittels, namentlich über Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart;

ii) durch Angabe von Wirkungen oder Eigenschaften, die das Lebensmittel nicht besitzt;

iii) indem zu verstehen gegeben wird, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen;

b) vorbehaltlich der Gemeinschaftsvorschriften über natürliche Mineralwässer und über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, einem Lebensmittel Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen lassen.

Mit dieser Regelung steht das Verbot, das von der Beschwerdeführerin angemeldete Produkt mit den beantragten gesundheitsbezogenen Angaben zu versehen, nicht in Widerspruch.

Selbst dann nämlich, wenn diese Angaben nicht unter das Verbot des Art. 2 Abs. 1 lit. b der Etikettierungsrichtlinie fielen, wie die beschwerdeführenden Partei meint, wäre für diese daraus nichts gewonnen, verbietet doch Art. 2 Abs. 1 lit. a sublit. ii der Etikettierungsrichtlinie eine Etikettierung, die geeignet ist, den Käufer durch Angaben von Wirkungen oder Eigenschaften, die das Lebensmittel nicht besitzt, irre zu führen. Genau um solche Angaben aber handelt es sich bei den in Rede stehenden gesundheitsbezogenen Angaben. Deren Zulassung wurde daher zu Recht untersagt. Für ein Vorabentscheidungsverfahren besteht kein Grund (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1999, 98/10/0326).

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. März 2000

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999100175.X00

Im RIS seit

09.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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