TE Vfgh Erkenntnis 1997/11/28 B676/97

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Veröffentlicht am 28.11.1997
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Index

32 Steuerrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
VfGG §88

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung der die Familienbesteuerung betreffenden Bestimmungen des EStG 1988 mit E v 17.10.97, G168/96 ua. Die belangte Behörde hat dadurch, daß sie den für die Kinder geleisteten Unterhaltszahlungen die steuerliche Anerkennung versagt hat , Gesetzesbestimmungen angewendet, die vom Verfassungsgerichtshof mit dem eben zitierten Erkenntnis aufgehoben wurden. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß sich ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers als nachteilig erweist. Kostenzuspruch. In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-- und Reisekosten in Höhe von S 3.360,20, die dem Beschwerdeführer für seine Teilnahme an den öffentlichen mündlichen Verhandlungen im Gesetzesprüfungsverfahren erwachsen sind, enthalten.

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Der Beschwerdeführer bezog im Jahre 1994 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. In seinem Haushalt leben die in seinem Betrieb angestellte Ehefrau und zwei Kinder. In seiner Berufung gegen den für das Jahr 1994 (erklärungsgemäß) erlassenen Einkommensteuerbescheid begehrte er der Sache nach die Berücksichtigung seiner Unterhaltspflichten.

2. Mit dem nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 Abs1 B-VG bekämpften, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Beschwerde die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie die Verletzung von Rechten wegen Anwendung eines für verfassungswidrig erachteten Gesetzes und beantragt die kostenpfichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde begehrt.

II.Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.

1. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlaß anderer Beschwerdeverfahren mit Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, G168/96 ua., die Worte "und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen" in §20 Abs1 Z1 EStG 1988, BGBl. 400, §33 Abs4 Z3, §34 Abs7 Z1 und §57 Abs2 Z3 lita EStG 1988 idF BGBl. 312/1992 sowie §33 Abs4 Z3 lita und §34 Abs7 Z1 und 2 EStG 1988 idF BGBl. 818/1993 als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG ist ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind einem Anlaßfall (im engeren Sinn) jene Fälle gleichzuhalten, die im Zeitpunkt des Beginns der mündlichen Verhandlung über eine in der Beschwerdesache präjudizielle Gesetzesstelle anhängig sind (vgl. VfSlg. 10616/1985, 11711/1988).

3. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 26. März 1997 eingelangt. Der Zeitpunkt des Beginns der mündlichen Verhandlung im Normenprüfungsverfahren G168/96 ua. war der 6. Oktober 1997. Die Gesetzesaufhebung (vgl. Pkt. II.1.) wirkt daher auch für sie.

Der angefochtene Bescheid ist in Anwendung von als verfassungswidrig aufgehobenen Bestimmungen ergangen. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß sich ihre Anwendung für den Beschwerdeführer als nachteilig erweist (zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen an Ehegatten vgl. allerdings VfSlg. 13067/1992, S 567, und VfSlg. 13297/1992). Die belangte Behörde verkennt, daß der Bescheid an der durch die Gesetzesaufhebung bereinigten Rechtslage zu messen ist, so daß ihre aus den Entscheidungsgründen entwickelte Argumentation ins Leere geht. Der Beschwerdeführer ist demnach durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid war daher aufzuheben.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. Im zugesprochenen Kostenbetrag ist Umsatzsteuer in Höhe von

S 3.000,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B676.1997

Dokumentnummer

JFT_10028872_97B00676_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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