RS Vfgh 2018/2/27 E1328/2016

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Veröffentlicht am 27.02.2018
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Index

L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Stmk BauG §26
Stmk RaumOG 2010 §22, §40
Stadtentwicklungskonzept 4.0 der Landeshauptstadt Graz §1, §28

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Abweisung der Beschwerde gegen einen die Errichtung eines Mehrparteien-Wohngebäudes im Landschaftsschutzgebiet bewilligenden Bescheid mangels Vorliegens eines Bebauungsplanes

Rechtssatz

Mit LGBl 81/1981 wurde ua ein in der Stadtgemeinde Graz gelegenes Gebiet zum Landschaftsschutzgebiet nach dem Stmk NaturschutzG 1976 erklärt. Dieses Gebiet wird als 'Landschaftsschutzgebiet Nr 30 (Nördliches und östliches Hügelland von Graz)' bezeichnet." Das Baugrundstück liegt in diesem Gebiet.

Gemäß §40 Abs4 Z3 Stmk RaumOG 2010 hat die Erlassung von Bebauungsplänen in einem Landschaftsschutzgebiet gemäß den naturschutzrechtlichen Bestimmungen "jedenfalls" zu erfolgen, wenn die zusammenhängend unbebauten Grundflächen 3000 m² übersteigen, sofern kein räumliches Leitbild gemäß §22 Abs7 Stmk RaumOG 2010 erlassen wurde.

Die Landeshauptstadt Graz verfügt seit mehr als 10 Jahren über ein Leitbild, das aber nicht in Form einer Verordnung als generelle, allgemein verbindliche Norm erlassen wurde. In §28 Abs8 Stadtentwicklungskonzept 4.0 wurde als eine Maßnahme die Überarbeitung dieses Räumlichen Leitbildes und der Erlass eines Räumlichen Leitbildes gemäß §22 Abs7 Stmk RaumOG 2010 (als Teil des örtlichen Entwicklungskonzeptes) zwar angeordnet, zumindest bis zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung wurde eine solche Verordnung aber nicht erlassen. Da auch die zusammenhängend unbebauten Grundflächen, in denen das Baugrundstück liegt, 3000 m² übersteigen, wäre gemäß §40 Abs4 Z3 Stmk RaumOG 2010 ein Bebauungsplan jedenfalls zu erlassen. Trotz dieser gesetzlichen Verpflichtung der Landeshauptstadt Graz zur Erlassung eines Bebauungsplans lag ein solcher zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung nicht vor.

Die Bestimmungen des Bebauungsplans können Nachbarrechte iSd §26 Abs1 Stmk BauG beeinflussen. Nachbarn können also aus dem Bebauungsplan unmittelbar oder mittelbar subjektive Rechte ableiten. Nach der Rechtsprechung des VfGH zu Flächenwidmungs- und Bebauungsvorschriften haben Nachbarn jedenfalls einen Anspruch darauf, dass ein Bauwerk, das nach solchen Vorschriften nicht errichtet werden darf, auch nicht errichtet wird.

Im vorliegenden Fall, in dem die Erlassung eines Bebauungsplans zwingend vorgesehen ist, kann die Frage, ob die Baubewilligung für ein eingereichtes Bauprojekt zu erteilen ist, nur anhand eines Bebauungsplans abschließend beurteilt werden. Da ein solcher zum Entscheidungszeitpunkt nicht vorlag, hätte das Landesverwaltungsgericht Steiermark nicht zu dem Ergebnis kommen dürfen, dass die Beschwerde gegen die Baubewilligung abzuweisen ist.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Bebauungsplan, Baubewilligung, Nachbarrechte, Rechte subjektive öffentliche

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:E1328.2016

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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