Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des H in Salzburg, vertreten durch Dr. Rudolf Zitta, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Künstlerhausgasse 4, gegen den Bescheid des Plenums des Ausschusses der Salzburger Rechtsanwaltskammer vom 24. August 1999, betreffend Enthebung eines Amtsverteidigers, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
In dem gegen sechs Angeklagte, darunter den Beschwerdeführer, wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 StGB beim Landesgericht Salzburg geführten Strafverfahren, dessen Hauptverhandlung nahezu drei Jahre dauerte, hatte sich der Beschwerdeführer zunächst eines frei gewählten Verteidigers bedient. Am 30. Juni 1998 erklärte der Verteidiger gegenüber dem Gericht, er habe das Auftrags- und Vollmachtsverhältnis zum Beschwerdeführer beendet. Mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 6. Juli 1998 wurde daraufhin dem Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs. 3 StPO ein Verteidiger beigegeben, dessen Kosten er zu tragen hat. Mit Bescheid vom 6. Juli 1998 bestellte die Salzburger Rechtsanwaltskammer durch die Abteilung 3 des Ausschusses die E. Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft zum Amtsverteidiger für den Beschwerdeführer. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers gab das Plenum des Ausschusses mit Bescheid vom 14. Juli 1998 nicht Folge. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die zur Zl. 98/10/0330 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Bescheid des Ausschusses der Salzburger Rechtsanwaltskammer vom 15. Dezember 1998 wurde die
E. Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft über deren Antrag vom 4. November 1998 als Amtsverteidiger enthoben und gemäß § 45 Abs. 1 RAO Rechtsanwältin Dr. M. zum Amtsverteidiger des Beschwerdeführers bestellt. Am 26. Februar 1999 teilte Rechtsanwältin Dr. M. dem Gericht mit, dass sie "die Amtsverteidigung niederlegt". Das Landesgericht Salzburg verständigte hievon am 1. März 1999 den Ausschuss der Salzburger Rechtsanwaltskammer unter Hinweis auf die Dringlichkeit und ersuchte "um ehestmögliche Namhaftmachung eines neuen Amtsverteidigers, falls seitens der Rechtsanwaltskammer ein Grund für eine Umbestellung gesehen wird". Die Abteilung 3 des Ausschussses der Salzburger Rechtsanwaltskammer bestellte daraufhin mit Bescheid vom 5. März 1999 gemäß § 45 RAO in Verbindung mit § 41 Abs. 3 StPO Rechtsanwalt Dr. G. zum Verteidiger. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung. Dieser wurde mit Bescheid des Plenums des Ausschusses der Salzburger Rechtsanwaltskammer vom 6. April 1999 Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben. Begründend wurde dargelegt, die Behörde sei bei der Erlassung des Umbestellungsbescheides vom 5. März 1999 offenbar von der durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1996, G 127, 129/96, geschaffenen Rechtslage ausgegangen, wonach § 45 Abs. 1 RAO nicht mehr als Grundlage für die Bestellung des Amtsverteidigers angesehen werden könne; sie habe die "Zurücklegung des Mandates durch den Amtsverteidiger", weil sich der Beschwerdeführer weigere, Honorarvorschüsse zu leisten, daher als berechtigt angesehen. Nunmehr sei jedoch mit der Erweiterten Wertgrenzennovelle 1997 § 45 Abs. 1 RAO neu erlassen worden, wobei dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes durch die §§ 16 Abs. 5 und 26 Abs. 2 RAO Rechnung getragen und das Risiko der Uneinbringlichkeit des Honorars für den Amtsverteidiger weitgehend ausgeschaltet worden sei. Die Weigerung des Beschwerdeführers, Honorarvorschüsse zu leisten, stelle bei der gegebenen Rechtslage somit keinen der in § 45 Abs. 4 RAO genannten Enthebungsgründe dar. Am 14. April 1999 stellte Rechtsanwältin Dr. M. bei der belangten Behörde den Antrag, sie als Amtsverteidiger zu entheben und einen anderen Amtsverteidiger zu bestellen. Mit Schriftsatz vom 27. April 1999 nahm der Beschwerdeführer gegen diesen Antrag Stellung und beantragte, ihn abzuweisen; mit gesonderter Eingabe vom selben Tag begehrte er jedoch, Rechtsanwältin Dr. M. als Amtsverteidiger "wegen Befangenheit und aus weiteren wichtigen Gründen" zu entheben. Die Abteilung 3 des Ausschusses der Salzburger Rechtsanwaltskammer wies beide Anträge mit Bescheiden vom 29. April 1999 ab. Der Beschwerdeführer erhob gegen die Abweisung seines Antrages am 12. Mai 1999 Vorstellung. Am 14. Juni 1999 wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Jahren verurteilt. Er meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Am 15. Juni 1999 stellte Rechtsanwältin Dr. M. dem Beschwerdeführer Honorar für die Verteidigerleistungen in Rechnung; am selben Tag stellte sie beim Landesgericht Salzburg einen Kostenbestimmungsantrag gemäß § 395 Abs. 5 StPO.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 29. April 1999 ab. Begründend wurde dargelegt, der Ausschuss habe über die Vorstellung ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und sowohl dem Beschwerdeführer als auch der Amtsverteidigerin und dem von ihr bestellten Substituten Rechtsanwalt Dr. W. Gehör eingeräumt. Im Hinblick auf dieses Ermittlungsverfahren wären allfällige Mängel des Verfahrens vor der Abteilung des Ausschusses nicht mehr relevant. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens seien nicht geeignet, zu einer anderen Entscheidung zu führen. Wie der Beschwerdeführer selbst einräume, habe er die Bestellung von Dr. M. zur Amtsverteidigerin nicht bekämpft. Über jene Teile der Vorstellungsbegründung, die die im Zusammenhang mit der Bestellung von Dr. M. stehenden Vorgänge betreffen, sei bereits rechtskräftig abgesprochen. In diese Rechtskraft dürfe durch die gegenständliche Entscheidung nicht eingegriffen werden. Die in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer geltend gemachten Umstände seien daher für die gegenständliche Entscheidung nicht mehr relevant. Dies betreffe etwa das Vorbringen, es sei dem Beschwerdeführer vor Bestellung der Amtsverteidigerin rechtswidrig die Möglichkeit genommen worden, Wünsche zu äußern, Einwendungen zu erheben, mit ihr Kontakt aufzunehmen, die Honorarfrage zu erörtern und darüber eine Vereinbarung zu treffen, sowie, dass es Sache der Amtsverteidigerin gewesen wäre, mit dem Beschwerdeführer schon als Voraussetzung für die "Übernahme der Amtsverteidigung" eine Honorarvereinbarung herbeizuführen sowie, dass die Amtsverteidigerin nicht über die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen verfüge und als gewissenhafter Rechtsanwalt die Übernahme der Verteidigung hätte ablehnen müssen. Ebenso sei es der belangten Behörde verwehrt, auf in der Vorstellung relevierte Umstände und Vorgänge einzugehen, die mit rechtskräftigen Bescheiden erledigte Verfahren beträfen, so insbesondere die Bestellungsvorgänge betreffend die E. Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft und Rechtsanwalt Dr. G. Der Beschwerdeführer stütze seinen Enthebungsantrag auf Befangenheit von Dr. M., die daraus abgeleitet werde, dass sich diese in ihrem Umbestellungsantrag vom 14. April 1999 selbst als befangen erklärt habe. Dr. M. habe dies mit der Weigerung des Vorstellungswerbers, Honorar zu bezahlen begründet, weiters mit seinem Vorwurf, er werde nicht sachgerecht und ordnungsgemäß verteidigt und schließlich mit dem lauten und unhöflichen Verhalten des Vorstellungswerbers. Unter Hinweis auf § 19 JN legte die belangte Behörde sodann dar, die Selbstanzeige der Befangenheit sei zwar ein Indiz für deren Vorliegen, reiche jedoch für sich allein nicht dafür aus, dass sich ein Richter bei seiner Entscheidung von anderen als sachlichen Gesichtspunkten würde leiten lassen. Bei einem bestellten Amtsverteidiger stelle sich die Situation nicht anders dar. Einer von ihm selbst ausgehenden Befangenheitsanzeige komme lediglich der Charakter eines Enthebungsantrages zu. Ob die Befangenheitsgründe tatsächlich vorlägen, sei von der über den Enthebungsantrag entscheidenden Instanz zu prüfen. Diesem Enthebungsantrag sei nicht Folge gegeben worden. Soweit der Beschwerdeführer die Enthebung von Dr. M. mit der Begründung begehre, diese habe seit 26. Februar 1999 für mehr als sechs Wochen die ihr obliegende Tätigkeit als Amtsverteidigerin eingestellt, könne in Anbetracht der dieser "Niederlegung" zugrundeliegenden Vorgänge weder eine Befangenheit noch gar eine bewusste Pflichtverletzung von Dr. M. abgeleitet werden. Die Niederlegung habe auf einer wenngleich unrichtigen Rechtsansicht beruht, die zunächst auch die Abteilung 3 des Ausschusses der Salzburger Rechtsanwaltskammer geteilt habe; diese habe daher Dr. G. als neuen Amtsverteidiger bestellt. Auch das Landesgericht Salzburg habe eine Wirksamkeit der Niederlegung für möglich gehalten, wie aus der Note vom 1. März 1999 hervorgehe. Nach der ersatzlosen Aufhebung des Umbestellungsbeschlusses am 6. April 1999 habe Dr. M. ihre Verteidigungstätigkeit wieder aufgenommen. Selbst wenn dieses Verhalten als Befangenheitsgrund angesehen werden könnte - was nicht der Fall sei -, hätte er unverzüglich geltend gemacht werden müssen. Dass die Amtsverteidigerin gegenüber dem Beschwerdeführer Kostenersatzansprüche erhoben und einen Kostenbestimmungsantrag gestellt habe, vermöge ebenfalls keine Befangenheit zu begründen. Das Institut der Amtsverteidigung könne nicht durch die Weigerung des Beschuldigten, Kosten zu zahlen, unterlaufen werden. Es sei auch das Recht des Beschwerdeführers auf eine wirksame Verteidigung nicht verletzt worden. Der vom Beschwerdeführer hervorgehobene Umstand, dass wegen des ungewöhnlichen Umfanges des Verfahrens kein Rechtsanwalt innerhalb des vom Gericht vorgegebenen und vom Ausschuss der Rechtsanwaltskammer nicht beeinflussbaren zeitlichen Rahmens in der Lage sei, eine wirksame Verteidigung zu gewährleisten, könne nicht dazu führen, dass sich der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer der Vollziehung des Gesetzes durch Nichtbestellung entziehe. Dem Ausschuss der Rechtsanwaltskammer sei es im Hinblick auf die durch die Verfassung normierte Gewaltentrennung verwehrt, Entscheidungen des Gerichtes betreffend die Beigebung eines Amtsverteidigers nachzuprüfen. Ein zum Amtsverteidiger bestellter Rechtsanwalt sei nicht verpflichtet, die Verteidigung selbst zu führen. Er könne sich eines Substituten oder eines Rechtsanwaltsanwärters bedienen. Die Amtsverteidigerin habe sich eines Substituten in der Person des Dr. W. bedient. Das Argument, Dr. W. habe noch nie ein so großes Verfahren geführt, könne nicht verfangen, weil niemand in Österreich bisher in einem derart großen Verfahren verteidigt habe. Die Beurteilung der Qualität einer Verteidigung sei ex ante nicht möglich, aber auch ex post betrachtet nur schwer möglich. Nach der Aktenlage bestehe kein Hinweis auf eine Verletzung des Rechtes des Beschwerdeführers auf eine wirksame Verteidigung.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 30. November 1999, B 1748/99, ab und trat die Beschwerde über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers dem Verwaltungsgerichtshof ab.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 41 Abs. 1 Z. 1 und 4 StPO bedarf der Angeklagte u.a. in der Hauptverhandlung vor dem Geschworenen- oder dem Schöffengericht und zur Ausführung einer Nichtigkeitsbeschwerde und für den Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung über eine solche oder über eine Berufung gegen ein Urteil des Geschworenen- oder Schöffengerichts eines Verteidigers (notwendige Verteidigung).
Nach § 41 Abs. 3 StPO sind der Angeklagte und sein gesetzlicher Vertreter in den Fällen des Abs.1 aufzufordern, einen Verteidiger zu wählen oder die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers nach Abs. 2 zu beantragen. Wählt weder der Angeklagte noch sein gesetzlicher Vertreter für ihn einen Verteidiger, so ist ihm von Amts wegen ein Verteidiger beizugeben, dessen Kosten er zu tragen hat (Amtsverteidiger).
Hat das Gericht die Beigebung eines Verteidigers beschlossen, so ist der Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit er einen Rechtsanwalt zum Verteidiger bestelle (§ 42 StPO).
Nach § 45 Abs. 1 RAO idF der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 - WGN 1997, BGBl. I Nr. 140/1997, hat die Partei Anspruch auf die Bestellung eines Rechtsanwaltes durch die Rechtsanwaltskammer, wenn das Gericht die Beigebung eines Rechtsanwaltes beschlossen hat oder die Bewilligung der Verfahrenshilfe eine solche Beigebung einschließt.
§ 45 Abs. 4 erster Satz RAO lautet:
"Kann der bestellte Rechtsanwalt die Vertretung oder Verteidigung aus einem der in § 10 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz oder zweiter Satz angeführten Gründe oder wegen Befangenheit nicht übernehmen oder weiterführen, so ist er auf seinen Antrag, auf Antrag der Partei oder von Amts wegen zu entheben und ein anderer Rechtsanwalt zu bestellen."
§ 10 Abs. 1 RAO lautet:
"Der Rechtsanwalt ist nicht verpflichtet, die Vertretung einer Partei zu übernehmen, und kann dieselbe ohne Angabe der Gründe ablehnen; allein er ist verpflichtet, die Vertretung oder auch nur die Erteilung eines Rates abzulehnen, wenn er die Gegenpartei in derselben oder in einer damit zusammenhängenden Sache vertreten hat oder in solchen Angelegenheiten früher als Richter oder als Staatsanwalt tätig war. Ebenso darf er nicht beiden Teilen in dem nämlichen Rechtsstreit dienen oder Rat erteilen."
Die Beschwerde macht im Rahmen der Rechtsrüge (zusammengefasst) geltend, auf Seiten der bestellten Amtsverteidigerin liege sowohl eine Befangenheit im Sinne des § 45 Abs. 4 RAO als auch eine Interessenkollision im Sinne des § 10 Abs. 1 RAO vor; weiters sei im konkreten Fall mit der Bestellung (und Belassung) der Amtsverteidigerin dem Anspruch des Beschwerdeführers auf wirksame Verteidigung nicht Genüge getan. Dabei handle es sich um Enthebungsgründe, die die belangte Behörde nicht beachtet habe.
Im vorliegenden Fall ist es zweckmäßig, zunächst allgemein den Inhalt der angeführten Begriffe und ihre Eignung als Enthebungsgründe im Sinne des § 45 Abs. 4 RAO zu klären, bevor auf das Vorbringen des Beschwerdeführers im Einzelnen eingegangen wird.
Was den Inhalt des Begriffes "Befangenheit" im vorliegenden Zusammenhang betrifft, ist auf die Bedeutung, die diesem Begriff allgemein nach den Verfahrensgesetzen (vgl. z.B. § 72 StPO, § 19 JN, § 7 AVG) - wenngleich es dort um die Befangenheit von Gerichtspersonen bzw. Verwaltungsorganen geht - insofern zurückzugreifen, als auch dem Befangenheitsbegriff des § 45 Abs. 4 RAO das Element der Hemmung des pflichtgemäßen (sachlichen) Handelns durch psychologische Motive zugrunde liegt. Anders als die zuvor genannten Vorschriften, die auf die Sicherstellung der Objektivität bei der Vollziehung der Gesetze gerichtet sind, soll die Regelung des § 45 Abs. 1 und 4 RAO Gewähr leisten, dass der bestellte Rechtsanwalt an der Wahrnehmung seiner Pflichten gegenüber dem Vertretenen - insbesondere der Pflicht, die Rechte der Partei mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten (vgl. § 9 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 2 erster Satz RAO) - nicht durch psychologische Motive gehemmt sei.
Soweit die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides unter dem Gesichtspunkt geltend macht, die belangte Behörde habe Gründe nicht beachtet, aus denen sich die Befangenheit der Amtsverteidigerin bzw. das Vorliegen einer einen Enthebungsgrund darstellenden Interessenkollision ergebe, wird darauf noch einzugehen sein. Darüber hinaus macht die Beschwerde geltend, die belangte Behörde habe nicht beachtet, dass im vorliegenden Fall mit der Bestellung des Amtsverteidigers eine wirksame Verteidigung nicht gewährleistet sei. Insoweit ist zunächst eine Auseinandersetzung mit der Frage geboten, ob die belangte Behörde zur Wahrnehmung der zuletzt genannten Umstände - so sie gegeben wären - als Enthebungsgründe überhaupt berufen war. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von § 45 Abs. 4 RAO nicht ohne weiteres.
Im soeben erwähnten Zusammenhang stellt sich zunächst die Frage, ob ein gesetzliches Gebot des Einschreitens von Gericht oder Behörde besteht, wenn Umstände hervorkommen, die zusammenfassend als "Schlechtvertretung" durch den Amtsverteidiger zu bezeichnen sind. Gegebenenfalls ist die Frage zu lösen, ob die Pflicht zum Einschreiten in einem solchen Fall das Gericht oder die Verwaltungsbehörde trifft.
In der erstgenannten Frage ist zunächst die durch Art. 6 Abs. 3 lit. c MRK begründete Pflicht der Gewährleistung eines wirksamen Beistandes in den Blick zu nehmen. Der EGMR hat im Urteil vom 13. Mai 1980, Artico gegen Italien, EuGRZ 1980, 662, dargelegt, die verschiedenen Rechte, die in Art. 6 Abs. 2 MRK in nicht erschöpfender Weise aufgezählt sind, stellten einzelne Aspekte des Begriffes eines fairen Gerichtsverfahrens in strafrechtlichen Angelegenheiten dar (Z. 32). Abs. 3 lit. c garantiere das Recht auf eine angemessene Verteidigung entweder durch den Angeklagten selbst oder einen Verteidiger; dieses Recht werde verfestigt durch eine Verpflichtung auf Seiten des Staates, in gewissen Fällen einen Rechtsbeistand unentgeltlich zu gewähren. Dem Vorbringen der Regierung, die diese Verpflichtung mit der Bestellung eines Pflichtverteidigers als erfüllt ansah, erwiderte der Gerichtshof, die Bestellung alleine gewährleiste keinen wirksamen Beistand, denn der zum Pflichtverteidiger bestimmte Anwalt könnte sterben, schwer krank werden, für einen ausgedehnten Zeitraum verhindert sein oder sich seinen Aufgaben entziehen. Falls den Behörden das Eintreten eines solchen Umstandes bekannt werde, hätten sie den Anwalt entweder zu ersetzen oder darauf hinzuwirken, dass er seinen Verpflichtungen nachkäme (Z. 33).
Im erwähnten Urteil führte der Gerichtshof weiters aus, Art. 6 Abs. 3 lit. c mache einen Anspruch auf das von ihm statuierte Recht u. a. von der Voraussetzung abhängig, dass der Angeklagte nicht über die zur Bezahlung eines Verteidigers ausreichenden Mittel verfüge (Z. 34). Davon ist der Gerichtshof zwar in der Folge nicht ausdrücklich abgegangen; andererseits hat er aber in seinen weiteren Urteilen, die zu diesem Themenkomplex ergingen, nicht auf das Merkmal der Mittellosigkeit des Angeklagten abgestellt. Vielmehr spricht der Gerichtshof im erwähnten Zusammenhang allgemein von "Pflichtverteidigung" (vgl. z.B. das Urteil vom 19. Dezember 1989, Kamasinski gegen Österreich, ÖJZ 1990/10 - MRK); dabei hat er nicht darauf abgestellt, ob der Angeklagte über die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers verfügte und es somit in der Hand hatte, durch die Bestellung eines Wahlverteidigers selbst für seine wirksame Vertretung zu sorgen. Es ist daher geboten, bei der Auslegung innerstaatlicher Vorschriften, die die Beigebung und Enthebung eines "Pflichtverteidigers" regeln, den Maßstab der im Artico-Urteil umschriebenen Pflichten der staatlichen Behörden auch dann anzulegen, wenn die Beigebung eines Verteidigers aus anderen Gründen als jenem der Mittellosigkeit des Angeklagten erfolgt.
Davon ausgehend ist die Frage zu lösen, ob angesichts einer Regelung, bei der die Beschlussfassung über die Beigebung eines Verteidigers dem Gericht, dessen Bestellung jedoch der Rechtsanwaltskammer zugewiesen ist, die Pflicht zur Einwirkung auf den Verteidiger bzw. zu dessen Enthebung wegen "Schlechtvertretung" das Gericht oder die Rechtsanwaltskammer trifft.
Im Erkenntnis vom 26. Februar 1992, 92/01/0032 (Slg. 13590/A), hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, auch nach der Bestellung eines Amtsverteidigers sei das Gericht verhalten, in einer den Gesetzen entsprechenden Weise sicherzustellen, dass dem Angeklagten alle gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten einer ordnungsgemäßen Verteidigung zustehen. Das Gericht habe einzuschreiten, wenn ihm Umstände zur Kenntnis kämen, welche die Gefahr einer Beeinträchtigung der Verteidigungsmöglichkeit des Angeklagten mit sich bringen können.
Diese Aussage wiederholte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 18. Mai 1995, Zl. 94/19/0783; ferner wird im Erkenntnis vom 26. Februar 1992, 92/01/0033, "zur Frage der Unzulässigkeit des vorliegenden Enthebungsantrages" auf das oben erwähnte Erkenntnis vom selben Tag, 92/01/0032, verwiesen.
Soweit dem die Auffassung zugrunde liegt, es bestehe im Rahmen der durch § 45 Abs. 4 RAO eingeräumten Kompetenz der Rechtsanwaltskammer zur Enthebung eines Amtsverteidigers keine Zuständigkeit zur Wahrnehmung der Pflicht, eine den wirksamen Beistand gewährleistende Amtsverteidigung sicherzustellen, wird dies nicht aufrechterhalten.
Dabei ist zunächst auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1982, Slg. 9535/1982, hinzuweisen. Dort hatte der Verfassungsgerichtshof zu § 45 Abs. 1 und 3 RAO idF BGBl. Nr. 570/1973 (also vor der Einführung von § 45 Abs. 4 RAO) dargelegt, unter "Bestellung" gemäß § 45 Abs. 1 RAO sei offenbar jeder Akt gemeint, der von einer Rechtsanwaltskammer gesetzt werde, um einer vom Gericht beschlossenen "Beigebung eines Rechtsanwaltes" zu entsprechen. Unter Hinweis auf Art. 6 Abs. 3 lit. c MRK und die dazu ergangene Rechtsprechung des EGMR führte der Verfassungsgerichtshof weiters aus, § 45 Abs. 1 RAO sei in einem die Verpflichtung zur Beigebung eines Rechtsanwaltes vollziehenden Sinn zu verstehen, womit an die Rechtsanwaltskammer das Gebot gerichtet sei, alle Verwaltungsakte zu setzen, die dafür erforderlich seien, dass eine diesem Verfassungsgebot entsprechende Pflichtverteidigung sichergestellt sei. Die verfassungskonforme Auslegung gebiete folglich, unter "Bestellung" nicht nur die einmalige Bestellung eines Pflichtverteidigers, sondern auch die Vornahme einer - z.B. bei einer im Kollisionsfall unzulässig werdenden Vertretung - erforderlichen Enthebung und Neubestellung eines Verfahrenshelfers zu verstehen. Dass der Begriff "Bestellung" im § 45 Abs. 1 RAO in diesem Sinne vom Gesetzgeber auch tatsächlich gebraucht werde, gehe überdies aus den Materialien
(847 Blg. NR XIII. GP) deutlich hervor.
In dem über eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ergangenen Urteil vom 3. Februar 1994, JBl. 1994, 767, hat der Oberste Gerichtshof zunächst darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgerichtshof im soeben zitierten Erkenntnis keinen Zweifel daran gelassen habe, dass an die Rechtsanwaltskammern - und nicht etwa an die Gerichte - das Gebot gerichtet sei, alle Verwaltungsakte zu setzen, um eine dem Art. 6 Abs. 3 lit. c MRK entsprechende, nicht bloß die "Bestellung", sondern den wirksamen "Beistand" gewährleistende Pflichtverteidigung sicherzustellen, und daher auch eine allenfalls erforderliche Enthebung und Neubestellung (Umbestellung) eines Verfahrenshelfers vorzunehmen. Auch den Gesetzesmaterialien zur Änderung der RAO, BGBl. Nr. 383/1983, womit § 45 Abs. 4 RAO eingefügt wurde (5 Blg. NR XVI. GP) sei kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass mit der Novellierung eine teilweise (Rück-)Übertragung der Entscheidungskompetenz über die Enthebung (Umbestellung) eines Rechtsanwaltes - außer den in § 45 Abs. 4 RAO nF ausdrücklich aufgezählten Fällen - an das Gericht in Erwägung gezogen worden wäre. Es sollte vielmehr - wie ausdrücklich angeführt wird - eine dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. 9535/1982 entsprechende Gesetzeslage geschaffen werden. Dem Gesetzgeber könne auch sonst nicht zugesonnen werden, eine nur durch einen Umkehrschluss deduzierbare Regelung einer teilweisen Rückübertragung der Entscheidungskompetenz an das Gericht gewollt zu haben. Zum einen wäre es bereits unter dem Blickwinkel des Art. 94 B-VG verfassungsrechtlich bedenklich, eine Enthebung des Verteidigers als contrarius actus zu der in jedem Fall durch die Rechtsanwaltskammer bescheidmäßig vorzunehmenden Bestellung teilweise wieder den Gerichten zuzuweisen, wobei unklar bliebe, nach welchen sachlich gerechtfertigten Gesichtspunkten die Zuweisung einer Entscheidungskompetenz in einer Reihe von Fällen an die Rechtsanwaltskammer und in einer anderen Reihe von ihrer Bedeutung nach durchaus gleichwertigen Fällen an das Gericht vorgenommen worden wäre. Zum Zweiten seien Fälle vorstellbar, in denen ein Angeklagter die Enthebung des bestellten Verteidigers sowohl aus einem der in § 10 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz oder zweiter Satz RAO namentlich angeführten Gründe und/oder wegen Befangenheit als auch aus anderen Gründen - etwa wie hier unter Behauptung mangelnder fachlicher Fähigkeiten des Rechtsanwaltes auf einem bestimmten Sachgebiet - begehre. Diesfalls käme es zu einer Doppelkompetenz des Gerichtes und der Rechtsanwaltskammer über ein und denselben Gegenstand, nämlich die Enthebung eines bestimmten bestellten Rechtsanwaltes, bei der im Fall des Vorliegens von Enthebungsgründen beider Arten das Zuvorkommen ausschlaggebend wäre. Eine Verfassungswidrigkeit unter dem Gesichtspunkt des Art. 94 B-VG läge klar auf der Hand (vgl. zu diesem Themenkreis weiters Tipold, Die Enthebung des von einer Rechtsanwaltskammer bestellten Verteidigers, ZfV 1994, 307).
Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes an. Soweit darin ein Abgehen von der im Erkenntnis vom 26. Februar 1992, 92/01/0032, vertretenen Auffassung liegt, bedurfte dies keiner Befassung eines verstärkten Senates im Sinne des § 13 Abs. 1 VwGG, weil dem zuletzt erwähnten Erkenntnis eine völlig andere Fallkonstellation zugrunde lag; dort hatte der Beschwerdeführer die Enthebung des Amtsverteidigers begehrt, weil dieser die Erhebung eines Rechtsmittels von der Erteilung eines ausdrücklichen Auftrages durch den Beschwerdeführer abhängig gemacht hatte. In den Erkenntnissen vom 26. Februar 1992, 92/01/0033, und vom 18. Mai 1995, 94/19/0783, hatte der Verwaltungsgerichtshof auf die im ersterwähnten Erkenntnis vertretene Auffassung nur im Rahmen einer Hilfsbegründung und somit ohne tragende Bedeutung für das Ergebnis verwiesen.
Es ist somit davon auszugehen, dass der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer die ihm durch § 45 Abs. 4 RAO eingeräumte Kompetenz zur Enthebung eines bestellten Verteidigers auch dann wahrzunehmen hat, wenn hervorkommt, dass in der Person des beigegebenen Verteidigers eine wirksame Vertretung im Sinne des Art. 6 Abs. 3 lit. c MRK nicht gegeben ist.
Im Einzelnen macht die Beschwerde als inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend, die belangte Behörde habe im Zusammenhang mit der "Verweigerung der Amtsverteidigung" die Rechtslage verkannt. Die Beschwerde bezieht sich damit erkennbar auf die Erklärung der Amtsverteidigerin vom 26. Februar 1999, die Amtsverteidigung "niederzulegen", auf die die belangte Behörde am 5. März 1999 mit einer Umbestellung reagierte, die im Instanzenzug am 6. April 1999 ersatzlos behoben wurde. In dem somit in Rede stehenden Zeitraum wurde der Beschwerdeführer durch den mit Bescheid vom 5. März 1999 zum Amtsverteidiger bestellten Rechtsanwalt Dr. G. vertreten. Die Beschwerde bezeichnet diesen Vorgang als "Verweigerung der Amtsverteidigung durch Rechtsanwalt Dr. M." und vertritt die Auffassung, es liege eine Pflichtverletzung der Amtsverteidigerin vor, die zu ihrer Enthebung hätte führen müssen. In diesem Zusammenhang genüge es, dass die Amtsverteidigerin einen im Gesetz nicht vorgesehenen Schritt gesetzt und ihre vermeintlich gefährdeten Interessen über die Interessen des Beschwerdeführers gestellt habe.
Die Beschwerde stellt nicht eindeutig klar, welchem Enthebungsgrund die beschriebenen Umstände nach ihrer Auffassung zu subsumieren wären, bezieht sich im gegebenen Zusammenhang aber mehrfach auf die Frage der rechtzeitigen Geltendmachung einer Befangenheit und den Zusammenhang zwischen einem "Verschulden des Amtsverteidigers" und der Annahme einer Befangenheit. Sollte darin die Auffassung liegen, die Erklärung der Amtsverteidigerin, die Verteidigung "niederzulegen", stelle den Enthebungsgrund der Befangenheit im Sinne des § 45 Abs. 4 RAO dar, wäre dem nicht zu folgen. Die Annahme einer Befangenheit im Sinne der zitierten Vorschrift setzt das Vorliegen einer Hemmung des pflichtgemäßen Handelns durch psychologische Motive voraus. Dafür bildet die mehrfach erwähnte Erklärung keinen Anhaltspunkt. Es erübrigt sich daher auch eine Auseinandersetzung mit den Darlegungen der Beschwerde, der "Befangenheitsgrund der Untätigkeit von Dr. M." sei rechtzeitig geltend gemacht worden.
Soweit die an der Verpflichtung des Staates, eine den wirksamen Beistand gewährleistende Pflichtverteidigung sicherzustellen, orientierte Entscheidungsbefugnis der Rechtsanwaltskammer im Sinne des § 45 Abs. 4 RAO in Rede steht, ist hervorzuheben, dass die Enthebung eines Amtsverteidigers nur dann geboten ist, wenn der wirksame Beistand (in Zukunft) nicht anders als durch die Bestellung eines anderen Pflichtverteidigers gewährleistet werden kann. Es handelt sich im erwähnten Zusammenhang bei der Enthebung nicht um eine Sanktion für bestimmte Verhaltensweisen des Pflichtverteidigers in der Vergangenheit. Es ist somit nicht zu prüfen, ob die Auffassung der Amtsverteidigerin, es bestehe eine rechtliche Grundlage für die "Niederlegung der Amtsverteidigung", vertretbar war, weil aus der "Niederlegung" jedenfalls nicht abgeleitet werden kann, dass die Gewährung wirksamen Beistandes in Zukunft (aus der Sicht des Zeitpunktes der Entscheidung über den Enthebungsantrag) nicht anders als durch Bestellung eines anderen Amtsverteidigers hätte sichergestellt werden können. Es kann auch nicht gesagt werden, dass die Vorgangsweise der Amtsverteidigerin Schlüsse auf persönliche Verhältnisse oder eine Einstellung gegenüber dem Strafverfahren zuließe, auf deren Grundlage die wirksame Vertretung des Beschwerdeführers nur mit der Enthebung der Amtsverteidigerin und der Bestellung eines anderen Amtsverteidigers sichergestellt werden könnte. Es ist daran zu erinnern, dass der EGMR im Artico-Urteil Mängel der wirksamen Verteidigung, die zur Bestellung eines anderen Pflichtverteidigers Anlass geben können, mit den Worten umschrieben hat, der Rechtsanwalt könne sterben, ernstlich erkranken, für einen längeren Zeitraum daran gehindert sein, seine Verpflichtungen auszuüben oder sich diesen entziehen. Selbst wenn die Vorgangsweise der Amtsverteidigerin Dr. M., die Verteidigung "niederzulegen", als Versuch gewertet würde, sich der Verpflichtung ohne hinreichende rechtliche Grundlage zu entziehen, war jedenfalls die in der Behebung des Umbestellungsbescheides am 6. April 1999 zum Ausdruck kommende Auffassung, die Amtsverteidigerin müsse weiterhin ihren Pflichten nachkommen, eine zur Gewährleistung wirksamen Beistandes ausreichende Maßnahme, zumal unbestritten ist, dass die Amtsverteidigerin nach der Behebung des Umbestellungsbescheides in der Hauptverhandlung (durch ihren Substituten) einschritt. Die Enthebung der Amtsverteidigerin wegen ihrer Erklärung, die Verteidigung "niederzulegen", war somit nicht geboten. Auch nach der Rechtsprechung des EGMR stellt sich die Enthebung des Amtsverteidigers als ultima ratio dar, wenn die wirksame Verteidigung des Angeklagten nicht anders als durch Bestellung eines anderen Verteidigers sichergestellt werden kann; der Gerichtshof hat darauf verwiesen, dass den Behörden zur Erfüllung der Verpflichtung zur Gewährleistung wirksamen Beistandes auch der Weg offen stehe, den Amtsverteidiger zur Erfüllung seiner Pflichten zu verhalten (Artico gegen Italien, Z. 36). Auch wenn in der Erklärung der Amtsverteidigerin, die Verteidiung "niederzulegen", eine Pflichtverletzung gesehen würde, stellte die in der Behebung des Umbestellungsbescheides gelegene Auffassung, dass die Amtsverteidigerin die Verteidigung weiterzuführen habe, eine angemessene und ausreichende Reaktion der Rechtsanwaltskammer dar, der die Amtsverteidigerin auch entsprochen hat.
Es ist im vorliegenden Zusammenhang somit auch nicht zielführend, wenn die Beschwerde darauf verweist, die Niederlegung der Amtsverteidigung habe für den Beschwerdeführer "einen erheblichen Mehraufwand an Anwaltshonorar, nämlich des gefertigten Anwaltes, nach sich gezogen". Auch wenn dies zuträfe, handelte es sich nicht um einen Umstand, der erkennen ließe, dass die wirksame Verteidigung des Beschwerdeführers in Zukunft nur durch die Bestellung eines anderen Amtsverteidigers sichergestellt werden könnte.
Als weiteren Grund, der zur Enthebung der Amtsverteidigerin hätte führen müssen, macht die Beschwerde geltend, die Amtsverteidigerin habe zu einem Zeitpunkt, zu dem die Verteidigung noch nicht abgeschlossen gewesen sei, vom Beschwerdeführer Honorar verlangt und sogar einen Kostenbestimmungsantrag beim Strafgericht gestellt. Überdies müsse der gefertigte Anwalt (der Beschwerdevertreter) das Begehren von S 240.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer für die Ausführung einer Strafberufung als eindeutig sittenwidrig qualifizieren. Darin liege eine Situation, die der im § 10 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz geregelten Interessenkollision vergleichbar sei, weil der Anwalt gleichzeitig die Interessen des Angeklagten und seinen eigenen Interessen vertreten müsse.
Auch darin ist der Beschwerde nicht zu folgen. Nach der Rechtsprechung im Standesrecht der Rechtsanwälte liegt Doppelvertretung nach § 10 RAO vor, wenn der Anwalt beide Teile im nämlichen Rechtsstreit vertritt oder ihnen auch nur einen Rat erteilt (§ 10 Abs. 1 zweiter Satz RAO) oder eine Partei vertritt oder berät, nachdem er die Gegenpartei in derselben oder einer damit zusammenhängenden Sache vertreten oder beraten hatte (§ 10 Abs. 1 erster Satz RAO). Neben diesen Fällen der echten oder materiellen Doppelvertretung wegen offensichtlicher Interessenkollision wird in der Rechtsprechung der Tatbestand der formellen Doppelvertretung darin gesehen, dass derselbe Anwalt in zwei gleichzeitig anhängigen Rechtssachen einmal als Vertreter der einen Partei, das andere Mal als Vertreter ihres Prozessgegners, insbesondere vor demselben Gericht, auftritt, weil durch dieses gleichzeitige Aufscheinen in der Öffentlichkeit das eine Mal für und das andere Mal gegen ein und dieselbe Person das Vertrauen der rechtsuchenden Bevölkerung erschüttert wird und es überdies zu einer Interessenkollision kommen kann (vgl. Erkenntnis der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission vom 8. Mai 1995, 10 Bkd 1/95 uva).
Diesen Fällen ist es entgegen der Auffassung der Beschwerde keineswegs gleichzusetzen, wenn der Anwalt die ihm aus der Vertragsbeziehung oder aus sonstigem Rechtsgrund gegen den Vertretenen entstandenen Ansprüche geltend macht; durch die gerichtliche oder außergerichtliche Geltendmachung der aus dem Vertretungsverhältnis regelmäßig entstehenden Ansprüche wird der Rechtsanwalt nicht zur "Gegenpartei" im Sinne der standesrechtlichen Regeln über die Doppelvertretung. Es liegt auch keine Interessenkollision im Sinne dieser Regelungen vor, weil es an einander entgegengesetzten Interessen fehlt; vielmehr muss ein Interesse des Rechtsanwaltes, der seine Honoraransprüche geltend macht, an ordnungsgemäßer Besorgung des Auftrages angenommen werden, weil dem Leistungsbegehren sonst der Einwand der Schlechterfüllung entgegengesetzt werden könnte. Selbst aus einer allenfalls "verfrühten" Geltendmachung der Ansprüche (vor deren Fälligkeit) könnte schon aus den genannten Gründen keine Interessenkollision abgeleitet werden. Es erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung mit der Frage, welche Regelung der Fälligkeit der Honoraransprüche des Amtsverteidigers der Strafprozessordnung und ergänzend heranzuziehenden Regelungen zu entnehmen ist. Allerdings ist im vorliegenden Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es angesichts gesetzlicher Regelungen in vergleichbaren Fällen (vgl. z.B. § 16 Abs. 4 zweiter Satz RAO) und bei einer Amtsverteidigung mit einer zeitlichen Inanspruchnahme wie im vorliegenden Fall, die geeignet ist, den Rechtsanwalt an der Betreuung seiner anderen Klienten über einen längeren Zeitraum zu hindern, nicht als ein die eigenen Interessen in unangemessener Weise über die Interessen des Vertretenen stellendes Verhalten angesehen werden kann, wenn der Rechtsanwalt - wie dies auch im Verhältnis zwischen einem frei gewählten Rechtsanwalt und dem Vertretenen durchaus üblich ist - Abschlagszahlungen oder Vorschüsse auf seine Honoraransprüche vor Abschluss der Vertretungstätigkeit verlangt. Hätte das Gesetz den von der Beschwerde offenbar unterstellten Inhalt, dass der Amtsverteidiger, dessen Inanspruchnahme durch ein besonders langes und umfangreiches Verfahren bis zur Verhinderung an anderweitigem Erwerb reichen kann, darauf verwiesen wäre, mit der Geltendmachung seiner Honoraransprüche bis nach dem Ende des unter Umständen Jahre dauernden Verfahrens zuzuwarten hätte, müssten wohl Bedenken gegen die Sachlichkeit einer solchen Regelung entstehen (vgl. bei ähnlicher Konstellation VfSlg. Nr. 12.638/1991).
Auch mit der Frage, ob ein Teil des geltend gemachten Honoraranspruches überhöht war, musste sich die belangte Behörde nicht auseinander setzen, weil auch dann, wenn dieser Einwand gegen die Honorarforderung zu Recht bestünde, nicht ersichtlich wäre, dass die Amtsverteidigerin Interessen verfolgte, die dem Prozessziel des Beschwerdeführers im Strafverfahren entgegengesetzt wären.
Die weiteren, mit Bemerkungen über die Bedeutung der "persönlichen oder sachlichen Erfordernisse einer wirksamen Verteidigung" eingeleiteten Darlegungen der Beschwerde wenden sich erkennbar gegen die Auffassung der belangten Behörde, es lägen keine Hinweise auf eine Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf eine wirksame Verteidigung vor. Die Beschwerde vertritt die Auffassung, es sei nach dem bisher Ausgeführten nicht nötig, das gesamte Vorbringen und alle Beweismittel, die die belangte Behörde völlig ignoriert habe, im Einzelnen lückenlos aufzuzählen; es genüge, das Gewicht der Unterlassung exemplarisch deutlich zu machen. Die auf die Gewinnung von Zeit für die Vorbereitung der Verteidigung gestellten Anträge der Amtsverteidigung seien ungeeignet gewesen. Sachgerecht wären nur Anträge gewesen, das Verfahren gegen den Beschwerdeführer auszuscheiden. Die Amtsverteidigung habe Besprechungen zu Sachthemen mit dem Hinweis, am Plädoyer zu arbeiten, abgelehnt bzw. durch die "Niederlegung" der Amtsverteidigung vereitelt. Die Amtsverteidigung habe es trotz gegebenem Anlass unterlassen, dem Beschwerdeführer einen fundierten Rat punkto Ablegung oder Verweigerung einer Aussage zu erteilen. Die Amtsverteidigung habe es abgelehnt, in der Hauptverhandlung weitere Sachanträge, insbesondere Beweisanträge, zu stellen. Es sei nicht ausreichend gewesen, dass sich die Amtsverteidigung in Ansehung der Vernehmung von Dr.N.G. als Zeugen dem Antrag anderer Verteidiger angeschlossen habe, weil "hinsichtlich des Beschwerdeführers ganz andere und viel mehr Beweisthemen in Betracht kommen mussten". Dies habe dazu geführt, dass der gefertigte Rechtsanwalt mit zusätzlichem Honoraraufwand für den Beschwerdeführer einen Beweisantrag habe in der Hauptverhandlung vortragen müssen. Die Bedeutung der Aussage von Dr. G. zur Entlastung des Beschwerdeführers sei evident.
Diesen Darlegungen ist insgesamt zu entnehmen, dass zwischen dem Beschwerdeführer (bzw. seinem zum Teil im Strafverfahren einschreitenden Wahlverteidiger, der mit dem Beschwerdevertreter ident ist) und der Amtsverteidigerin Auffassungsunterschiede über die Zweckmäßigkeit einzelner Prozesshandlungen bzw. die Erforderlichkeit weiterer Verfahrensschritte bestanden. Den oben zusammenfassend wiedergegebenen Darlegungen der Beschwerde kann aber nicht entnommen werden, dass der Beschwerdeführer der belangten Behörde einen Sachverhalt vorgetragen hätte, der Grund zum Einschreiten in Form der Enthebung der Amtsverteidigerin und Bestellung eines anderen Verteidigers geboten hätte. Die Verpflichtung des Staates geht nach dem mehrfach Gesagten dahin, "wirksamen Beistand" zu gewährleisten; dies bedeutet keineswegs, dass die Rechtsanwaltskammer jedes Handeln oder Unterlassen des Amtsverteidigers in einem Strafverfahren auf seine rechtliche Fundiertheit und Zweckmäßigkeit zu überprüfen und bei einem Verhalten, das gegebenenfalls dem Ziel der "bestmöglichen" Verteidigung nicht entspricht, mit der Enthebung des Amtsverteidigers vorzugehen hätte. Die Enthebung und die Bestellung eines neuen Amtsverteidigers ist vielmehr nur dann geboten, wenn Verhaltensweisen offenkundig sind bzw. zur Kenntnis gelangen, die einen Schluss auf eine habituelle Untüchtigkeit oder eine solche Inaktivität des Amtsverteidigers zulassen, dass von wirksamer Vertretung nicht mehr gesprochen werden kann. Im Fall Imbriosca gegen die Schweiz (ÖJZ 1994/30 - MRK) hat der EGMR darauf verwiesen, dass ein Staat nicht für jeden Mangel auf Seiten des Anwaltes verantwortlich gemacht werden könne, der zum Zwecke der Verfahrenshilfe bestellt oder vom Angeklagten gewählt worden sei. Mit Rücksicht auf die Unabhängigkeit des Anwaltsstandes sei die Führung der Verteidigung im Wesentlichen eine Angelegenheit zwischen dem Angeklagten und seinem Verteidiger; die Vertragsstaaten seien nach Art. 6 Abs. 3 lit. c nur dann zum Eingreifen verpflichtet, wenn das Versäumnis des Verteidigers, eine wirksame Verteidigung zu bieten, offensichtlich oder ihnen in ausreichender Weise zur Kenntnis gebracht worden sei. Im Fall Kamasinski gegen Österreich hat der EGMR dargelegt, es möge zutreffen, dass die Verteidigung in der Hauptverhandlung auf andere Weise geführt hätte werden können oder sogar, dass der Pflichtverteidiger in mancher Hinsicht gegen das gehandelt hätte, was Herr Kamasinski damals oder in der Folge als seinen besten Interessen dienlich erachtet haben möge. Die Umstände seiner Vertretung ließen jedoch nicht erkennen, dass der Vorsorge für den nach Abs. 3 lit. c verlangten Rechtsbeistand zuwider gehandelt worden wäre. Dies trifft auch hier zu; der Beschwerde ist nichts zu entnehmen, was den Schluss rechtfertigt, der belangten Behörde wären Umstände des Strafverfahrens zur Kenntnis gelangt, auf deren Grundlage sie davon hätte ausgehen müssen, die wirksame Verteidigung des Beschwerdeführers sei wegen einer Untüchtigkeit oder Inaktivität der Amtsverteidigerin nur durch deren Enthebung und die Bestellung eines neuen Amtsverteidigers zu gewährleisten.
Die Beschwerde macht weiters geltend, die belangte Behörde habe ignoriert, dass das Fehlen der gesetzmäßigen, notwendigen und wirksamen Verteidigung, bezogen auf die Amtsverteidigerin, Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde werden müsse. Dies sei evident; die Amtsverteidigerin, die das Fehlen der gesetzmäßigen, notwendigen und wirksamen Verteidigung bestreite, sei nicht in der Lage, diesen Nichtigkeitsgrund "gegen sich selbst" auszuführen, was eine weitere Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers bedeute. Es liege auch unter diesem Gesichtspunkt eine Befangenheit und eine schwere Interessenkollision vor.
Welche Nichtigkeitsgründe (im Sinne des § 281 StPO) die Amtsverteidigerin "gegen sich selbst" auszuführen hätte, legt die Beschwerde nicht dar. Sollte § 281 Abs. 1 Z. 1a StPO angesprochen sein, ist nicht ersichtlich, inwiefern die Amtsverteidigerin gehindert sein sollte, gegebenenfalls geltend zu machen, dass der Beschwerdeführer in einem bestimmten Teil der Hauptverhandlung nicht durch einen Verteidiger vertreten war; im Übrigen liegt nach der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde kein Anhaltspunkt dafür vor, dass dies der Fall gewesen wäre. Soweit die Beschwerde in anderem Zusammenhang - die Tatbestandswirkung des Bestellungsbescheides verkennend - die Auffassung vertritt, die Bestellung von Dr. G. zum Amtsverteidiger mit Bescheid vom 5. März 1999 sei "von Anfang an wirkungslos" gewesen, weshalb in der Zeit der Verteidigung durch Dr. G. die vorgeschriebene Verteidigung gefehlt habe, ist ihr zu erwidern, dass aus dieser Auffassung - unbeschadet des Zusammenhanges, in den dies von der Beschwerde gestellt wird - kein Grund für die Enthebung der Amtsverteidigerin Dr. M. abgeleitet werden kann.
Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sieht die Beschwerde in dem Hinweis der Begründung des angefochtenen Bescheides, der belangten Behörde sei es verwehrt, auf in der Vorstellung relevierte Umstände und Vorgänge einzugehen, die mit rechtskräftigen Bescheiden erledigte Verfahren beträfen. Dies sei einem Ignorieren des Vorbringens des Beschwerdeführers gleichzuhalten; der betreffende Teil der Begründung entbehre jeden Begründungswertes.
Damit wird kein relevanter Verfahrensmangel aufgezeigt. Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, dass die belangte Behörde es wegen der oben wiedergegebenen Auffassung unterlassen hätte, wesentliche Sachverhaltselemente festzustellen. Schon deshalb wird ein relevanter Verfahrensmangel nicht aufgezeigt. Im Übrigen ist der Begründung bei Bedachtnahme auf den Kontext, in dem die von der Beschwerde verkürzt wiedergegebenen Darlegungen stehen, unschwer die nicht als rechtswidrig zu erkennende Auffassung der belangten Behörde zu entnehmen, sie habe im vorliegenden Enthebungsverfahren nicht auf Umstände Bedacht zu nehmen, die die Bestellung der E. Rechtsanwalts- Kommandit- Partnerschaft und von Dr. G. zu Amtsverteidigern beträfen. An anderer Stelle wird dargelegt, es sei im Enthebungsverfahren nicht auf Umstände Bedacht zu nehmen, die das Verfahren der Bestellung von Dr. M. zur Amtsverteidigerin beträfen; soweit sich die Beschwerde auf diese Darlegungen bezieht, zeigt sie ebenfalls keine Rechtswidrigkeit auf, weil es hier nicht auf die Umstände der Bestellung, sondern das Vorliegen von Enthebungsgründen ankommt.
Als Verfahrensmängel macht die Beschwerde weiters geltend, die belangte Behörde habe der Amtsverteidigerin die zahlreichen Schriftstücke, die der Beschwerdeführer mit seinem Enthebungsantrag, mit der Vorstellung und weiteren Schriftsätzen vorgelegt habe, sowie die Schriftsätze des gefertigten Rechtsanwaltes vom 17. Mai, 17. und 28. Juni und 19. Juli 1999 und die diesen jeweils angeschlossenen zahlreichen weiteren Schriftstücke offenbar nicht zur Stellungnahme übermittelt. Jedenfalls würden die angeführten Schriftstücke weder in der Stellungnahme der Amtsverteidigerin noch im angefochtenen Bescheid erwähnt. Die Ausführungen des angefochtenen Bescheides hätten daher keinerlei Begründungswert.
Auch diese Darlegungen verkennen, dass Verfahrensfehler der Behörde - dies gilt auch für Begründungsmängel eines Bescheides - nur dann zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG führen, wenn die Behörde bei deren Unterbleiben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Es ist Sache des Beschwerdeführers, diese Relevanz des Verfahrensverstoßes darzutun. Er hat durch konkretes tatsächliches Vorbringen in der Beschwerde anzuführen, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Einhaltung der Verwaltungsvorschriften hätte kommen können (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 26. April 1999, Zl. 99/10/0024, und die dort zitierte Vorjudikatur). Die Beschwerde enthält keinen Hinweis, zu welchen vom angefochtenen Bescheid abweichenden Sachverhaltsfeststellungen die belangte Behörde bei Bedachtnahme auf die zahlreichen von der Beschwerde angeführten Schriftstücke hätte gelangen können; schon aus diesem Grund zeigt die Beschwerde keinen relevanten Verfahrensmangel auf.
Als Verfahrensmangel wird weiters geltend gemacht, die belangte Behörde habe auf den Umstand nicht Bedacht genommen, dass das mit einer Fülle von Tatsachen belegte Vorbringen des Beschwerdeführers der Amtsverteidigerin nur eine knappe, 20 Zeilen umfassende Stellungnahme wert gewesen sei. Die Antwort sei pauschal gehalten; es fehle eine sachliche Auseinandersetzung mit den übermittelten Schriftsätzen und den darin aufgestellten Behauptungen. Zur geltend gemachten Interessenkollision werde überhaupt nicht Stellung genommen; diese werde somit nicht bestritten. Damit sei zusätzlich belegt, dass die Enthebung als Amtsverteidiger dringend geboten sei.
Die Beschwerde enthält sich einer Auseinandersetzung mit dem rechtlichen Kontext, in dem die dargelegten Umstände zu sehen wären. Es genügt daher der Hinweis, dass in der Kürze einer Stellungnahme des Amtsverteidigers zum Enthebungsantrag des Angeklagten kein Grund für die Enthebung des Amtsverteidigers liegt. Dass eine vom Angeklagten behauptete Interessenkollision "nicht bestritten" wurde, stellt keinen Grund dar, deren Vorliegen ohne Bedachtnahme auf den zugrundeliegenden Sachverhalt anzunehmen, weil die Enthebungsgründe nicht der Parteiendisposition unterliegen. Umstände, aus denen aus objektiver Sicht auf das Vorliegen einer Interessenkollision hätte gefolgert werden können, werden von der Beschwerde auch im vorliegenden Zusammenhang nicht genannt.
Die Beschwerde macht als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften weiters geltend, die belangte Behörde habe das Vorbringen des Beschwerdeführers in einem weiteren Punkt gröblich umgedeutet und ignoriert. Der Beschwerdeführer habe sich nämlich auf den Inhalt des Umbestellungsantrages der Amtsverteidigerin zum Nachweis dafür bezogen, dass diese und ihr Substitut befangen seien; dies sei daraus ersichtlich, dass der Sachverhalt in der Stellungnahme "in einigen Punkten unrichtig und im Übrigen enorm unvollständig" dargestellt worden sei.
Mit diesen nicht weiter konkretisierten Darlegungen gelingt es der Beschwerde ebenfalls nicht, einen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen; denn es ist - schon mangels Klarstellung, worin die behaupteten Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten gelegen wären - nicht ersichtlich, inwiefern aus dem Inhalt der Stellungnahme der Schluss gezogen werden könnte, die Amtsverteidigerin sei durch psychologische Motive daran gehindert, sich für den Angeklagten pflichtgemäß einzusetzen.
Auch mit den - ohne nähere Begründung der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zugeordneten, in der Sache auf die Darlegung einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit abzielenden - Darlegungen der Beschwerde, die belangte Behörde habe den Begriff der Befangenheit eines Amtsverteidigers verkannt, wird keine Rechtswidrigkeit aufgezeigt. Die Beschwerde macht geltend, es stelle eine grobe Verkennung der Rechtslage dar, die Befangenheit eines Amtsverteidigers an § 19 JN und damit am Maßstab der Befangenheit eines Richters zu messen. Der Richter schulde Unparteilichkeit; der Rechtsanwalt müsse hingegen zugunsten der von ihm vertretenen Partei parteilich sein.
Letzteres ist durchaus zutreffend; es kann aber keine Rede davon sein, dass die belangte Behörde dies verkannt hätte. Im angefochtenen Bescheid ist nicht davon die Rede, dass die Befangenheit eines Amtsverteidigers auf Grund von "Unparteilichkeit" zu beurteilen wäre. Der Hinweis des angefochtenen Bescheides auf § 19 JN ist im Zusammenhang mit der zutreffenden Auffassung der belangten Behörde zu sehen, dass die Selbstanzeige der Befangenheit eines Amtsverteidigers - ebenso wie eine entsprechende Anzeige eines Richters - für sich alleine nicht ausreiche, das Vorliegen von Befangenheit anzunehmen. Damit ist die belangte Behörde im Recht; die Befangenheit ist auch beim Amtsverteidiger anhand objektiver Gesichtspunkte zu prüfen. Auf die Behauptung der Befangenheit alleine kommt es nicht an. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Amtsverteidiger die Vertretung nicht aus freien Stücken übernimmt und - je nach Lage des Falles - die Amtsverteidigung eine erhebliche wirtschaftliche oder sonstige Belastung darstellen kann. Nicht selten könnte der Amtsverteidiger somit bestrebt sein, sich umfangreichen oder aus anderen Gründen beschwerlichen Amtsverteidigungen zu entziehen. Auch unter diesem Gesichtspunkt fällt die Erklärung des Amtsverteidigers, sich befangen zu fühlen, nur dann ins Gewicht, wenn Gründe genannt werden, die aus objektiver Sicht das Vorliegen von Befangenheit annehmen lassen. Dass solche Gründe im Enthebungsantrag der Amtsverteidigerin im vorliegenden Fall genannt worden wären, behauptet die Beschwerde nicht.
Es lässt somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 27. März 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000100019.X00Im RIS seit
14.12.2001Zuletzt aktualisiert am
06.10.2016