TE Vwgh Beschluss 2018/3/21 Ro 2017/18/0004

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Veröffentlicht am 21.03.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

BFA-VG 2014 §21 Abs7;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wech, über die Revision des M A, zuletzt wohnhaft in S, vertreten durch Dr. Kurt Lechner, Rechtsanwalt in 2620 Neunkirchen, Fabriksgasse 10-12/Schulgasse 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2017, Zl. I416 2173635-1/5E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte am 2. April 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, in Nigeria wegen homosexueller Handlungen verfolgt zu werden.

2 Mit Bescheid vom 27. September 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III.), sprach aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt IV.), erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.) und belegte den Revisionswerber mit einem Einreiseverbot in der Dauer von acht Jahren (Spruchpunkt VI.).

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis grundsätzlich ab, reduzierte die Dauer des Einreiseverbots jedoch auf fünf Jahre. Einen - in deutscher Sprache (Amtssprache gemäß Art. 8 Abs. 1 B-VG) verfassten - Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision enthält der Spruch des Erkenntnisses nicht.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die im Hinblick auf den vom BVwG unterlassenen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. § 25a Abs. 1 VwGG) als ordentliche Revision zu behandeln ist. Auch für eine solche ordentliche Revision gilt im Übrigen, dass darin "von sich aus" die Gründe für deren Zulässigkeit unter dem genannten Gesichtspunkt darzulegen sind (vgl. etwa VwGH 4.8.2016, Ro 2016/21/0015, mwN).

5 In der Zulässigkeitsbegründung macht der Revisionswerber im Wesentlichen geltend, das angefochtene Erkenntnis führe wegen grober Fehlbeurteilung durch das BVwG zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Ergebnis. Das BVwG schenke den Angaben des Revisionswerbers zur behaupteten Homosexualität keinen Glauben, obwohl dieser die deshalb erfolgte Verfolgung bei erster Gelegenheit angegeben habe. Die maßgebliche Erkenntnisquelle, nämlich die Einvernahme des Revisionswerbers in einer mündlichen Verhandlung, sei unterlassen worden. Bei richtiger Beurteilung hätte das BVwG dem Revisionswerber Asyl oder subsidiären Schutz gewähren müssen. Auch irre die Behörde, wenn sie vermeine, der Revisionswerber habe in Österreich kein durch Art. 8 EMRK "geschütztes Zusammenleben" behauptet. Er habe nämlich vorgebracht, sich in Österreich in einer Lebensgemeinschaft mit einer Frau zu befinden. Bei Abwägung aller Interessen hätte dem Revisionswerber - selbst unter Bedachtnahme auf zwei strafrechtliche Verurteilungen wegen Suchtgiftdelikten - der Verbleib in Österreich gestattet werden müssen.

Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Die Revision wendet sich vor allem gegen die Beweiswürdigung des BVwG, mit der dem Revisionswerber sein zentrales Fluchtvorbringen (homosexuelle Handlungen in Nigeria) nicht geglaubt wurde. Diese Beweiswürdigung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen nicht revisibel. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung könnte nur dann vorliegen, wenn das BVwG die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 30.6.2017, Ra 2017/18/0086-0088, mwN). Derartiges vermag die Revision aber nicht aufzuzeigen.

8 Auch ihr Vorwurf an das BVwG, eine mündliche Verhandlung zu Unrecht unterlassen zu haben, trifft nicht zu. Schon das BFA hatte dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers aus näher dargestellten Gründen keinen Glauben geschenkt. Dieser behördlichen Beweiswürdigung ist der Revisionswerber in seiner Beschwerde an das BVwG nicht substantiiert entgegen getreten. Das BVwG hat sich in der Begründung seiner Entscheidung der Beweiswürdigung des BFA auch angeschlossen und diese - zu Recht - als schlüssig und nachvollziehbar bezeichnet. Bei dieser Sach- und Rechtslage war das BVwG zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht verpflichtet. Dass es die beweiswürdigenden Überlegungen zusätzlich in einigen nicht tragenden Punkten ergänzt hat, schadet dabei nicht (vgl. zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verhandlungspflicht in Asylangelegenheiten bereits grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017-0018).

9 Wird somit der vom BVwG festgestellte Sachverhalt zugrunde gelegt, vermag die Revision nicht aufzuzeigen, dass dem Revisionswerber internationaler Schutz hätte gewährt werden müssen.

10 Auch die Interessenabwägung des BVwG nach Art. 8 EMRK ist angesichts der massiven Straffälligkeit des Revisionswerbers wegen Suchtgiftdelikten und den geringen persönlichen Bindungen des Revisionswerbers in Österreich (eine Lebensgemeinschaft wurde entgegen dem Revisionsvorbringen nicht einmal behauptet, sondern der Revisionswerber gab lediglich an, eine Freundin zu haben) nicht zu beanstanden.

11 Die vorliegende Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen.

Wien, am 21. März 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RO2017180004.J00

Im RIS seit

17.04.2018

Zuletzt aktualisiert am

22.11.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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