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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BFA-VG 2014 §20;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/18/0090 Ra 2018/18/0092 Ra 2018/18/0091Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wech, über die Revision
1. des R A, 2. der R M A, 3. des R A und 4. des R A, alle in B, alle vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Dezember 2017,
1)
Zl. W170 2179783-1/2E (ad 1., prot. zu Ra 2018/18/0089),
2)
Zl. W170 2179790-1/2E (ad 2., prot. zu Ra 2018/18/0090),
3)
Zl. W170 2179785-1/2E (ad 3., prot. zu Ra 2018/18/0091) und
4)
Zl. W170 2179788-1/2E (ad 4., prot. zu Ra 2018/18/0092), betreffend Asylangelegenheiten (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Erstrevisionswerber ist der Ehegatte der Zweitrevisionswerberin. Die minderjährigen Dritt- und Viertrevisionswerber sind deren gemeinsame Kinder. Die revisionswerbenden Parteien sind syrische Staatsangehörige, Angehörige der kurdischen Volksgruppe sowie sunnitischen Glaubens und stellten am 8. November 2015 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.
2 Als Fluchtgrund brachte der Erstrevisionswerber zusammengefasst vor, er sei in Syrien Lehrerassistent gewesen und habe in einem Dorf unterrichtet, dessen Bewohner Anhänger der Al-Nusra-Front und des IS gewesen seien. Eines Tages habe ihn ein Schüler gewarnt, dass die Dorfbewohner ihn töten wollten, daher sei er nicht mehr zur Arbeit gegangen. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst vor den Arabern, dem IS und den Bomben. Seinen Militärdienst habe er abgeleistet; die Möglichkeit einer Rekrutierung durch die syrische Armee schloss er explizit aus. Die Zweitrevisionswerberin gab an, keine eigenen Fluchtgründe zu haben. Dies gelte auch für die minderjährigen Viert- und Fünftrevisionswerber.
3 Mit Bescheiden jeweils vom 25. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Anträge der revisionswerbenden Parteien auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab, erkannte ihnen jedoch den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihnen befristete Aufenthaltsberechtigungen bis zum 25. Oktober 2018.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - die gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorbringt, das BVwG habe zu Unrecht von einer mündlichen Verhandlung abgesehen. Überdies sei dem BVwG ein Verstoß gegen die Begründungspflicht vorzuwerfen, weil es verabsäumt habe, das Fluchtvorbringen anhand der einschlägigen Berichtslage zu messen.
6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung sind für ein Absehen von der mündlichen Verhandlung durch das BVwG nach § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 bis 0018).
11 Die vorliegende außerordentliche Revision zeigt nicht auf, dass das BVwG im gegenständlichen Fall von den in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien abgewichen wäre. Insbesondere traten die revisionswerbenden Parteien dem vom BFA festgestellten Sachverhalt in ihrer Beschwerde nicht substantiiert entgegen. Vielmehr beschränkte sich das Vorbringen in der Beschwerde lediglich darauf, dass die revisionswerbenden Parteien glaubhaft eine asylrelevante Verfolgung dargelegt hätten und ihre Angaben der Wahrheit entsprächen. Den revisionswerbenden Parteien gelang es damit nicht, den für sich tragenden beweiswürdigenden Erwägungen des BFA konkret und im Einzelnen entgegenzutreten. Ausgehend davon konnte das BVwG zu Recht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand nehmen.
12 Soweit die revisionswerbenden Parteien einen Verstoß gegen die Begründungspflicht monieren, vermag die Revision die in der hg. Rechtsprechung geforderte Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufzuzeigen (vgl. etwa VwGH 9.10.2014, Ra 2014/18/0036 bis 0039). Insbesondere ist dem Vorwurf, das BVwG habe es unterlassen, sich mit der drohenden Zwangsrekrutierung durch die syrische Armee auseinanderzusetzen, entgegenzuhalten, dass bereits das Fluchtvorbringen der revisionswerbenden Parteien im gesamten bisherigen Verfahren eine konkrete Darstellung einer drohenden Rekrutierung vermissen lässt. Im Übrigen befasste sich das BVwG fallbezogen mit den einschlägigen Länderinformationen zu Rekrutierungen im syrischen Staat, würdigte anhand dieser Länderberichte das Vorbringen der revisionswerbenden Parteien und verneinte in weiterer Folge mit näherer Begründung eine asylrelevante Verfolgung. Diesen beweiswürdigenden Ausführungen des BVwG vermag die vorliegende Revision nicht in geeigneter Weise entgegenzutreten, weshalb im Ergebnis ein relevanter Begründungsmangel nicht ersichtlich ist.
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 21. März 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018180089.L00Im RIS seit
19.04.2018Zuletzt aktualisiert am
20.04.2018