TE Lvwg Erkenntnis 2018/3/6 LVwG-2018/14/0467-1

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Veröffentlicht am 06.03.2018
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Entscheidungsdatum

06.03.2018

Index

46/01 Bundesstatistikgesetz

Norm

Bundesstatistikgesetz §66
VStG §45 Abs1 Z4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Dollenz über die Beschwerde des Herrn AA, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in **** Z, Adresse 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 16.01.2018, ****,

 

zu Recht:

 

1.           Der Beschwerde wird Folge gegeben.

 

2.           Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Am 18.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters nachangeführte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y mit folgendem Spruch zugestellt:

 

„Gemäß § 9 Z 1 des Bundesstatistikgesetzes 2000, BGBI. I Nr. 163/99 idgF, in Verbindung mit der Verordnung über die Konjunkturstatistik im Produzierenden Bereich, BGBl II. Nr. 210/2003 idgF, sind Unternehmen zur Auskunftserteilung über jene Daten verpflichtet, die Erhebungsmerkmale dieser angeordneten statistischen Erhebung sind.

 

Das Unternehmen CC GmbH, das eine wirtschaftliche Tätigkeit gemäß § 3 (im Sinne ÖNACE “Vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation und sonstiges Ausbaugewerbe“) ausübt, wurde für die Erhebung ausgewählt, und war daher verpflichtet, die Daten gemäß § 2 oben angeführter Verordnungen über das Berichtsmonat Juli 2016 an Statistik Austria, Bundesanstalt Statistik Österreich, bis zum 15. des dem Berichtsmonat folgenden Monats gemäß § 8 Abs. 1, das war der 15.08.2016 zu übermitteln.

Trotz nachweislicher Aufforderung, mittels Rückscheinbrief vom 02.09.2016 ist das obgenannte Unternehmen dieser Verpflichtung nicht nachgekommen.

Sie, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der CC GmbH, haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs. 1 Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend und des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Konjunkturstatistik im Produzierenden Bereich StF: BGBl. II Nr. 210/2003 iVm § 9 Abs. 1 Z 1 des Bundesstatistikgesetzes 2000 idgF begangen.

 

Es wird jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und Ihnen eine Ermahnung erteilt.“

 

 

 

Am 13.02.2018 ging beim Landesverwaltungsgericht Tirol mittels eingeschriebenen Brief nachangeführte Beschwerde ein.

 

 

„In umseitiger Strafsache erhebt der Beschuldigte durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y, vom 1 6.01.201 8, GZ: ****, fristgerecht, nachstehende

 

BESCHWERDE

 

an das Landesverwaltungsgericht von Tirol.

 

Der bekämpfte Bescheid wird vollinhaltlich wegen unrichtiger Sachverhaltsdarstellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung, wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten und hierzu ausgeführt wie folgt:

 

Der Beschuldigte hat die ihm vorgeworfene Verwaltungsstraftat weder objektiv noch subjektiv verwirklicht und wird hierzu ausgeführt wie folgt:

 

1./ Es erweist sich der der Bestrafung zugrunde liegende § 9 Ziff. 1 des Bundesstatistikgesetzes 2000 als gleichheitswidrig, da dieser völlig willkürlich und undifferenziert Mitwirkungspflichten der Auskunftspflichtigen festlegt.

 

Diese angeführte Bestimmung würde nur dann dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen, wenn hier auch eine Deckelungsregelung eingeschliffen wäre, welche eine gleichmäßige Verteilung der Mitwirkungspflichten auf die beteiligten Auskunftspflichtigen - zumeist Unternehmer - festlegt. Da diese ausgleichende Deckelungsregelung zur gleichmäßigen Verteilung der entstehenden Lasten infolge des Gesetzes nicht existiert, ist es nämlich dazu gekommen, dass gerade der Betrieb des Beschuldigten und damit auch eben dieser selbst immer und immer wieder mit entsprechenden Mitwirkungen völlig einseitig belastet worden ist.

 

Es kann demgemäß im Ergebnis des Gesetzes nicht so sein, dass quasi willkürlich ein Unternehmer herausgepickt wird und dann immer und immer wieder Aufwände betreiben muss, um der an sich natürlich schon wichtigen und zu pflegenden Bundesstatistik dienlich zu sein. -Hier wäre eben ganz konkret vom Gesetzgeber deutlich differenzierter auf die Situation in der Wirtschaft abzustellen und eine entsprechende ausgleichende Regelung wie dargetan zu schaffen gewesen.

2./ Aus dem zuletzt angeführten Grund widerspricht letztendlich die zitierte Bestimmung auch dem Grundrecht der Erwerbsfreiheit, da hier eben erwerbsmindernd unentgeltlich Pflichten an Unternehmer einseitig abgewälzt werden, was letztlich einen hiermit ebenfalls geltend gemachten unzulässigen verfassungswidrigen Eigentumseingriff darstellt.

 

Beweis: PV

 

Es wird gestellt nachfolgender

 

ANTRAG:

 

Das Landesverwaltungsgericht Tirol wolle die angebotenen Beweise aufnehmen und hernach das Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn AA zu GZ: **** ersatzlos einstellen.“

 

 

 

Diese Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Tirol per E-Mail am 14.02.2018 an die Bezirkshauptmannschaft Y (zuständigkeitshalber) weitergeleitet.

 

 

 

Aus dem vorgelegten Akt lässt sich entnehmen, dass sowohl der Beschwerdeführer als auch EA jeweils selbständig die Firma CC GmbH mit Sitz in Adresse 2, **** X, vertreten. Der Beschwerdeführer ist seit 01.03.1996, EA seit 18.10.2011 handelsrechtlicher Geschäftsführer. Gesellschafter der sogenannten Firma sind Herr AA, die DD GmbH sowie die FF GmbH.

 

Am 05.10.2016, bei der Bezirkshauptmannschaft W am 06.10.2016 eingelangt, wurde von der Bundesanstalt Statistik Österreich mitgeteilt, dass gemäß § 9 Z 1 Bundesstatistikgesetz iVm der Verordnung über die Konjunkturstatistik im Produzierenden Bereich Unternehmen zur Auskunftserteilung über jene Daten verpflichtet sind, die Erhebungsmerkmale dieser angeordneten statistischen Erhebung sind.

 

Das Unternehmen CC GmbH, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit gemäß § 3 (im Sinne ÖNACE „Vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation und sonstige Ausbaugewerbe“) ausübt, sei für die Erhebungen ausgewählt worden und sei daher verpflichtet, die Daten gemäß § 2 oben angeführter Verordnung über das Berichtsmonat Juli 2016 an die Statistik Austria, Bundesanstalt Statistik Österreich, bis zum 15. des dem Berichtsmonat folgenden Monats gemäß § 8 Abs 1, das sei der 15.08.2016 gewesen, zu übermitteln.

 

Trotz nachweislicher Aufforderung, mittels Rückscheinbrief vom 02.09.2016 sei das oben genannte Unternehmen dieser Verpflichtung nicht nachgekommen.

Die Statistik Austria bei Bundesanstalt Statistik Österreich, beantrage daher, gegen den Auskunftspflichtigen gemäß § 66 Abs 1 des Bundesstatistikgesetzes 2000, BGBl I Nr 163/1999 idF, im Zusammenhang mit den Bestimmungen der zitierten Verordnung ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachts der Verwaltungsübertretung einzuleiten.

 

Aufgrund dieser Mitteilung erhielt EA durch die Bezirkshauptmannschaft W eine Strafverfügung wegen Übertretung nach § 66 Abs 1 Bundesstatistikgesetz mit einem Strafbetrag von Euro 250,00 (Ersatzarrest 36 Stunden) als auch der Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Y wegen derselben Übertretung eine Strafverfügung mit derselben Summe, da der Akt von der Bezirkshauptmannschaft W deswegen an die Bezirkshauptmannschaft Y abgetreten wurde, da der Beschwerdeführer in **** V, Adresse 3, wohnt.

 

Fristgerecht wurde durch den Rechtsvertreter sowohl gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft W für EA als auch gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y ein Einspruch erhoben und in weiterer Folge einer Aufforderung zur Rechtfertigung eine Rechtfertigung abgegeben.

 

In dieser wurde darauf hingewiesen, dass im Parallelverfahren eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof anhängig ist. Betreffend der Einwendung wurde auf die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verwiesen. Es wurde angeregt, das Strafverfahren bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu unterbrechen. Es wurde beantragt, die angebotene Beweise aufzunehmen und das Verfahren einzustellen; in eventu aufgrund geringfügigen Verschuldens und Unbedeutendheit der Übertretung, ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe abzusehen oder von einem Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen und gemäß § 20 VStG das Mindeststrafmaß um die Hälfte zu reduzieren.

 

Der Rechtfertigung war die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof beigelegt.

 

Vom Verfassungsgerichtshof zu E 2474/2017-5 am 27.11.2017 in der Beschwerdesache des EA (Parallelverfahren) die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

 

Hierauf erging der verfahrensgegenständliche Bescheid.

 

Im Parallelverfahren wurde vorgebracht, dass die dem § 9 Z 1 des Bundesstatistikgesetzes zugrundeliegende Bestrafung gleichheitswidrig sei, da diese völlig willkürlich und undifferenziert Mitwirkungspflichten des Auskunftspflichtigen festlege.

 

Dass von Seiten der Firma CC GmbH Daten an die Bundesanstalt Statistik Österreich für den Monat Juli 2016 nicht bis zum 15.08.2016 übermittelt wurden, wird nicht bestritten und ist auch nicht anzunehmen, da der Beschwerdeführer die Rechtsgrundlage des Ersuchens bekämpft.

 

In der Beschwerde wird vielmehr der im Parallelverfahren erhobene Einwand, der Gleichheitswidrigkeit weiterhin aufrechterhalten.

Betreffend der Gleichheitswidrigkeit ist auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27.11.2017, Zl E 2474/2017-5, zu verwiesen. Eine solche liegt nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichts Tirol auch nicht vor.

 

Nach § 9 Abs 1 VStG ist für Einhaltung der Verwaltungsvorschrift für juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmen, soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach Außen berufen ist.

 

Nach Abs 2 sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, soweit es zur Sicherstellung der strafrechtlichen verantwortlich als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörden verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortlich Beauftragte zu bestellen bei denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlich Beauftragten bestellt werden.

 

Von dieser Bestimmung wurde offenkundig nicht Gebraucht gemacht.

 

Eine Haftung des Beschwerdeführers als handelsrechtlicher Geschäftsführer ist für die Unterlassung des Unternehmens demgemäß gegeben.

 

Was die Höhe der verhängten Geldstrafe anlangt, so ist darauf zu verweisen, dass dem Einspruch des Beschwerdeführers insofern Rechnung getragen wurde, als von einer Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und dem Beschwerdeführer eine Ermahnung erteilt wurde.

 

Eine solche ist sicherlich gerechtfertigt, da die Behörde gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG (Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Taten und Verschulden des Beschuldigten gering) durch den Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen kann, wenn dies geboten erscheint, um einen Beschuldigten von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Im Gegenstandsfall ist die Erteilung einer Ermahnung sicherlich geboten, da der Beschwerdeführer - trotz Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 27.11.2017 - seinen Standpunkt weiterhin aufrechterhält.

 

Ferner ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass § 66 Bundesstatistikgesetz die Verhängung von Geldstrafen bis zu Euro 2.180,00 dann vorsieht, wer jemand Mitwirkungspflichten gemäß §§ 9 und 10 sowie 25a Abs 3 lit a leg cit nicht nachkommt oder im Rahmen einer Befragung gemäß §§ 9 oder 25 Abs 4 wissentlich unvollständig oder nicht dem besten Wissen entsprechende Angaben macht. Die Verpflichtung hat im gegenständlichen Fall eine juristische Person getroffen und hat der Beschwerdeführer für diese Unterlassung einzustehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen ist, der auch grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Dollenz

(Richter)

Schlagworte

Keine Gleichheitswidrigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.14.0467.1

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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