TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/5 W165 2135771-1

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Veröffentlicht am 05.04.2018
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Entscheidungsdatum

05.04.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W165 2135771-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2016, Zl. 1104401110/160179655/BMI-BFA_NOE_RD, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF als unbegründet

abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht

zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Afghanistans, brachte nach irregulärer Einreise am 04.02.2016 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein.

Eine EURODAC-Abfrage ergab keinen Treffer.

Im Zuge der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Salzburg am 04.02.2016 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er keine Beschwerden oder Krankheiten habe, die ihn an der Einvernahme hindern würden. In Österreich habe er keine Familienangehörigen oder sonstige Verwandten. Er sei am 11.01.2016 aus seinem Aufenthaltsstaat mit dem Bus über den Iran, die Türkei, Griechenland, Mazedonien und Serbien nach Kroatien gelangt und in weiterer Folge über Slowenien nach Österreich eingereist. Er habe in keinem Land um Asyl angesucht und in keinem Land ein Visum oder einen Aufenthaltstitel erhalten. Er habe immer nach Österreich kommen wollen. Er möge Österreich und habe sich bereits mit dem Land auseinandergesetzt. Die Reise sei mittels Schleppers organisiert worden und die Reisekosten hätten etwa 2.800 Euro betragen. Der Rechtsberater des Beschwerdeführers merkte an, dass kein illegaler Grenzübertritt vorliege, sondern dem Beschwerdeführer im Zuge der Massenfluchtbewegung die Einreise in die EU gestattet worden sei. Art. 13 Dublin III-VO sei nicht anwendbar und sei gemäß Art. 14 Abs. 2 Dublin III-VO Österreich zuständig.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) richtete am 02.03.2016 Informationsersuchen nach Art. 34 Dublin III-VO an Kroatien und Slowenien.

Mit Schreiben vom 07.03.2016 teilten die slowenischen Behörden mit, dass der Beschwerdeführer in Slowenien nicht registriert sei und bezüglich seiner Person keine Informationen vorliegen würden. Das angeschlossene slowenische Dokument sei lediglich ein Polizeidokument, das ausgestellt worden sei, um die Identität jener Migranten festzustellen, die im Zuge des sogenannten Massenzustroms in die Europäische Union gelangt seien.

Am 08.03.2016 richtete das BFA unter Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer laut Information der slowenischen Behörden im Zuge des Massenflüchtlingsstroms organisiert von einem Mitgliedstaat in den nächsten weitergereist sei, ein auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Kroatien.

Mit per E-Mail zugestelltem Schreiben vom 18.05.2016 teilte die österreichische Dublin-Behörde der kroatischen Dublin-Behörde mit, dass auf Grund nicht fristgerecht erfolgter Antwort Verfristung eingetreten und Kroatien gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO nunmehr zuständig zur Durchführung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers sei.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA am 24.08.2016 gab der Beschwerdeführer nach durchgeführter Rechtsberatung an, dass er gesund sei. Er habe im bisherigen Verfahren der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht und könne keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen. Er habe in Österreich keine Familienangehörigen oder Verwandten und lebe in keiner familienähnlichen Gemeinschaft. Auf Vorhalt der aufgrund der Verschweigung Kroatiens eingetretenen Zuständigkeit dieses Mitgliedstaates zur Durchführung des Verfahrens, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er durch Kroatien nur durchgereist sei und nicht einmal wisse, wo Kroatien genau liege. Die Menschen dort seien nicht gut, daher wolle er in Österreich bleiben. Zur Frage, inwieweit sein Privatleben betroffen wäre, sollte er Österreich verlassen müssen, entgegnete der Beschwerdeführer, dass er alle Hoffnung auf Österreich gesetzt habe und bei einer Abschiebung "vernichtet" wäre.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.09.2016 wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Kroatien gemäß Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Prüfung des Antrages zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG dessen Abschiebung nach Kroatien zulässig sei.

Der Bescheid enthält ausführliche Feststellungen zum kroatischen Asylverfahren. Diese Feststellungen basieren auf einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation im Sinne des § 5 BFA-G.

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Kroatien wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und ungekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden.

2. Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 12.2015; für weitere Informationen siehe dieselbe Quelle).

3. Dublin-Rückkehrer

Personen, die unter der Dublin-VO nach Kroatien zurückkehren, haben prinzipiell vollen Zugang zum kroatischen Asylsystem. Wenn ein Rückkehrer Kroatien vor dem Ende seines ursprünglichen Verfahrens verlassen hat und das Verfahren daher suspendiert wurde, muss er, wenn er dies wünscht, bei Rückkehr neuerlich einen Asylantrag stellen (AIDA 12.2015).

4. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Als vulnerabel gelten unmündige Personen, Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, alte und gebrechliche Personen, ernsthaft Kranke, Behinderte, Schwangere, AlleinerzieherInnen mit minderjährigen Kindern, psychisch Kranke, Opfer von Menschenhandel und Opfer von Folter, Vergewaltigung oder anderen Formen psychologischer, physischer und sexueller Gewalt (z.B. FGM-Opfer). Für Vulnerable gibt es spezielle Verfahrens- und Unterbringungsgarantien. Im Hinblick auf ihre persönlichen Umstände ist ihnen geeignete Unterstützung -auch medizinisch- zu bieten. Speziell geschulte Beamte sollen Vulnerable identifizieren. Es ist schwer zu sagen, in welchem Ausmaß Vulnerabilität tatsächlich systematisch identifiziert wird. Generell hängt dies wohl eher vom zuständigen Beamten ab. Für Folter- und Misshandlungsopfer gibt es kein institutionalisiertes Früherkennungssystem. Anträge von Unbegleiteten Minderjährigen Asylwerbern (UMA) haben Priorität. Das beschleunigte Verfahren ist in der Regel auf Vulnerable nicht anwendbar (AIDA 12.2015).

Unbegleiteten Minderjährigen (UM), die den Wunsch nach Asyl erkennen lassen, ist vom Zentrum für soziale Wohlfahrt ein geeigneter Vormund zur Seite zu stellen. Der Vormund hat den UMA im Asylverfahren zu beraten und zu betreuen. Vormunde sind in der Regel Mitarbeiter des zuständigen Zentrums für soziale Wohlfahrt, üblicherweise Juristen, Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen. Überlastung und Verständigungsprobleme können dazu führen, dass die Rolle der Vormunde eher formal bleibt und sie nicht aktiv im Sinne ihrer Schutzbefohlenen tätig werden. Der Vormund hat im besten Interesse des Kindes alle notwendigen Abklärungen mit Behörden, NGOs, usw. zu treffen. Ist ein UM über 16 Jahre und verheiratet, ist kein Vormund zu bestellen. Frühere Probleme bezüglich Verzögerungen bei der Vormundschaftsbestellung existieren nicht mehr (AIDA 12.2015; vgl. FRA 6.2016).

Bei Zweifeln am Alter einer Person sollen zuerst die vorhandenen Informationen, inklusive der Meinung der Experten die mit dem Kind täglich arbeiten, bewertet werden. Wenn dies nicht genügt, ist mit schriftlichem Einverständnis des Kindes und des Vormunds eine medizinische Altersfeststellung möglich. Diese besteht aus allgemeiner Untersuchung und Röntgen der Zähne oder der Hand. Im Zweifel ist die Minderjährigkeit anzunehmen. Wird die Zustimmung zur Altersfeststellung verweigert, ist der ASt. als Erwachsener zu behandeln, der Antrag darf aber nicht (nur) deswegen abgelehnt werden. Die bei der Betreuung von UM zuständigen Behörden haben sich auf einen "Protocol on treatment of separated children-foreign nationals" geeinigt, um einheitliche Abläufe bei Betreuung und Schutz von UM garantieren zu können. Auch UNHCR hat dazu Input geliefert (AIDA 12.2015; vgl. FRA 6.2016).

5. Non-Refoulement

Gemäß Art. 6 des Asylgesetzes ist es verboten einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in ein Land zurück- bzw. abzuschieben, in dem sein Leben oder seine Freiheit aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung bedroht wäre, oder in dem er Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt sein könnte, oder das den Betreffenden in ein anderes Land schicken könnte, wo ihm selbiges drohen würde. Eine Ausnahme kann nur gelten, wenn der Betreffende eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder Ordnung darstellt, oder wenn er wegen eines ernsten Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde (Act 2.7.2015, Art. 6).

Laut Gesetz ist ein sicherer Drittstaat einer, in welchem ein Antragsteller sicher ist vor Verfolgung oder dem Risiko einen ernsten Schaden zu erleiden; welcher das Non-Refoulement-Prinzip beachtet und welcher effektiven Zugang zum Asylverfahren gewährt (AIDA 12.2015).

Kroatien respektiert das Non-Refoulement-Prinzip. Wenn Inhaftierte aber freiwillig in ihr Herkunftsland ausreisen wollen, wird dem Wunsch entsprochen, auch wenn das Land unsicher ist (z.B. Irak) (FRA 6. 2016).

6. Versorgung

Asylwerber in Kroatien haben das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens. Dieses Recht umfasst Unterbringung, Verpflegung, Kleidung und finanzielle Unterstützung. Nur Folgeantragsteller sehen sich Einschränkungen gegenüber. Die monatliche finanzielle Unterstützung betrug Ende August 2015 100 Kuna (EUR 13,30) für eine Person. Gibt es abhängige Familienmitglieder, steigt der Betrag. Trotzdem ist die Unterstützung sehr gering bemessen. Asylwerber (AW) deren Verfahren nach 9 Monaten noch nicht entschieden ist, haben das Recht zu arbeiten. Meist werden die Verfahren aber früher abgeschlossen. Der faktische Zugang zum Arbeitsmarkt für AW wird durch die Sprachbarriere und hohe Arbeitslosigkeit behindert. Zugang zu Jobtraining haben AW nicht, sie können aber innerhalb der Unterbringungszentren mitarbeiten und werden in Form zusätzlicher Bedarfsartikel entlohnt (AIDA 12.2015).

6.1. Unterbringung

Gemäß Asylgesetz haben Asylwerber während des Asylverfahrens das Recht auf Unterbringung in Unterbringungszentren für Asylwerber.(AW)

Auf Antrag können sie auf eigene Kosten auch außerhalb eines Zentrums wohnen. Kroatien verfügt über 2 offene Unterbringungszentren für AW, in Zagreb und in Kutina, mit zusammen 700 Plätzen. Beide Zentren werden vom kroatischen Innenministerium geführt, wobei Kutina primär der Unterbringung vulnerabler AW dient. Familien werden grundsätzlich zusammen untergebracht. Das kroatische Rote Kreuz bietet in den Zentren Risikogruppen unter den AW präventiv Informationen bezüglich potentieller Ausbeutung, sexueller Gewalt und anderen Gefahren (AIDA 12.2015).

In den beiden Zentren Untergebrachte erhalten 3 Mahlzeiten am Tag (in Kutina gibt es darüber hinaus Kochbereiche). Wenn nötig (Kinder, Schwangere, religiöse Gründe) gibt es spezielle Kost. Die Zimmer fassen max. 4 Personen (Zagreb) bzw. 2 Personen (Kutina). Die Zentren können generell bis 22.00 Uhr frei verlassen werden. Mehrtägige Abwesenheit bedarf einer Genehmigung durch die Leitung der Unterkunft. Sozialarbeiter des kroatischen Roten Kreuzes sind immer werktags in den Zentren anwesend und bieten soziale Beratung und Unterstützung. Sie stellen auch Bedarfsartikel wie Kleidung, Schuhe, Hygieneartikel und Lebensmittel zur Verfügung. Auch organisiert werden Sprachtrainings, kreative Workshops, Sport- und Freizeitaktivitäten, usw. (AIDA 12.2015).

Die europäische Grundrechtsagentur äußert sich über die Unterbringung und Betreuung, nicht zuletzt durch viele NGOs, im Zentrum in Zagreb zufrieden (FRA 6.2016).

Wenn ein Zentrum unerlaubt für mehr als 24 Stunden verlassen oder die Hausordnung wiederholt verletzt wird, kann die materielle Versorgung reduziert oder gestrichen werden, die medizinische Versorgung ist davon aber nicht betroffen (AIDA 12.2015).

Zudem verfügt Kroatien über ein geschlossenes (Schubhaft-) Zentrum (Center for Foreigners) in Ježevo mit 96 Plätzen für die Inhaftierung illegaler Migranten. Gegebenenfalls bleiben auch AW, die ihren Antrag in Haft gestellt haben für einige Zeit dort, bevor sie in ein offenes Zentrum verlegt werden. Es wird versucht Vulnerable und Familien alternativ zur Haft unterzubringen, besonders im Zentrum in Zagreb, in dem es dafür einen eigenen Bereich gibt (AIDA 12.2015; vgl. FRA 6.2016).

6.2. Unterbringung Vulnerabler/UMA

Für Vulnerable gibt es spezielle Verfahrens- und Unterbringungsgarantien. In der Praxis werden sie meist im Zentrum in Kutina untergebracht, das speziell für Vulnerable adaptiert ist. Dort gibt es gesonderte Bereiche für Frauen und Vulnerable. Die dort Untergebrachten äußern sich über die Unterkunft zufrieden, nur die sanitären Bedingungen in den Toiletten werden kritisiert. Wenn Kutina voll ist, werden Familien auch in Zagreb untergebracht, wie auch einige Vulnerable, die eine Psychotherapie oder medizinische Behandlung erhalten (AIDA 12.2015; vgl. FRA 6.2016).

Es existieren in Kroatien keine Monitoringmechanismen bezüglich der Einhaltung der Unterbringungsgarantien für Vulnerable. Sozialarbeiter des kroatischen Innenministeriums und des Roten Kreuzes sind aber täglich in den Zentren anwesend und können Bedürfnisse erkennen und zum einen Unterstützung bieten und zum anderen bei Bedarf Änderungen in der Unterbringung einzelner Asylwerber vorschlagen (z.B. Einzelunterbringung oder Verlegung nach Kutina) (AIDA 12.2015).

Für Unbegleitete Minderjährige gibt es kindgerechte Bereiche in den Unterbringungszentren (FRA 6.2016).

6.3. Transitzentren/Migration

Seit Schließung der sogenannten "Balkanroute" gab es keine organisierten Migrationsbewegungen nach Kroatien mehr. Laut Daten des kroatischen Innenministeriums waren Ende Mai 2016 170 Personen im Unterbringungszentrum für Asylwerber in Zagreb untergebracht (davon 40 Dublin-Rückkehrer), 55 in Kutina und 95 im Schubhaftzentrum Ježevo. Ca. 200 von den o.g. waren Asylantragsteller, 20% der ASt. waren minderjährig (FRA 6.2016).

Mit Stand 16.8.2016 waren ca. 345 Fremde in Kroatien untergebracht. Am 11.8.2016 wurde im Grenzbereich zu Serbien das Transit-Anhaltezentrum Tovarnik fertiggestellt. Es hat eine Kapazität von 70-80 Plätzen und dient der medizinischen und psychologischen Betreuung von Personen, welche nach illegalem Grenzübertritt angehalten wurden, sowie der Identitätsklärung, dem Abschiebeverfahren und der Kooperation mit anderen Dienststellen. Das Zentrum Slavonski Brod wurde vollständig abgebaut. Damit ist Tovarnik das einzige verbleibende Transitzentrum (VB 12.8.2016 und 16.8.2016).

6.4. Medizinische Versorgung

Asylwerber haben das Recht auf medizinische Notversorgung und notwendige medizinische Behandlung von Krankheiten und psychischen Störungen. Besonders Schwangere und Wöchnerinnen und deren Kinder werden speziell betreut. In den Unterbringungszentren in Zagreb und Kutina ist eine Krankenschwester dauernd anwesend. In Kutina ist auch ein Arzt dauernd anwesend, in Zagreb dreimal wöchentlich. Es gibt Beschwerden über Verständigungsschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal, da von der öffentlichen Hand keine Übersetzungskosten für medizinische Belange übernommen werden (AIDA 12.2015; vgl. FRA 6.2016).

Die NGO Center for Peace Studies bietet im Zentrum in Zagreb, in Ergänzung des Angebots des Roten Kreuzes, an 2 Tagen pro Woche auch psycho-soziale Unterstützung und Sprachtraining. Die NGO Centre for Children, Youth and Family (Modus) bietet kostenlose Beratung und Psychotherapie für Asylwerber (AW) und anerkannte Flüchtlinge durch 8 ausgebildete Berater/Psychotherapeuten und 8 Übersetzer (Russisch, Türkisch, Französisch, Arabisch, Farsi, Hindi und Paschtu). Die NGO Croatian Law Centre betreibt das Projekt "Protection of Victims of Torture among Vulnerable Groups of Migrants", das -finanziert vom UN Voluntary Fund for Victims of Torture- Rechtshilfe, psychosoziale Unterstützung und psychologische Beratung für AW und anerkannte Flüchtlinge bietet. (AIDA 12.2015).

Irreguläre Migranten haben wie AW Anspruch auf medizinische Notversorgung. NGOs und private Helfer unterstützen Fälle von nicht-dringenden medizinischen Behandlungen (FRA 6.2016).

7. Schutzberechtigte

Fremde, denen Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde, haben u.a. das Recht auf Aufenthalt in der Republik Kroatien; Unterbringung für max. 2 Jahre ab Statuszuerkennung; freien Zugang zum Arbeitsmarkt ohne weitere Arbeitsbewilligung; Krankenversorgung; Ausbildung; soziale Unterstützung wie kroatische Staatsbürger; Unterstützung bei der Integration in die kroatische Gesellschaft; usw. Fremde mit temporärem Schutzstatus (eine spezielle Schutzform im Zusammenhang mit außergewöhnlichen Ereignissen), haben das Recht auf Aufenthalt in Kroatien; Grundversorgung und Unterbringung; Krankenversorgung;

primäre und sekundäre Schulbildung; Arbeit; Familienzusammenführung;

usw. (MUP o.D., vgl. Act 2.7.2015, Art. 64 ff. und Art. 83 ff.).

Am 13.6.2016 hat die Arbeitsgruppe Integration den Entwurf für den Aktionsplan für die Integration von Personen mit internationalem Schutz 2016-2018 abgeschlossen. Ziel des Aktionsplans ist eine Liste von Aktivitäten, die kontinuierlich von allen zuständigen staatlichen Behörden und Einrichtungen auf lokaler und regionaler Ebene umgesetzt werden sollen, darunter Zugang zu Wohnung, sozialer Wohlfahrt, Bildung und Beschäftigung. Zum Entwurf gehören auch bewusstseinsbildende Maßnahmen bei Öffentlichkeit und Beamten. Kroatisch-Sprachkurse sind für Personen mit internationalem Schutz nicht mehr verfügbar. UNHCR hat sich beim Minister für Wissenschaft, Bildung und Sport für die Wiederaufnahme der Kurse eingesetzt, was bislang aber noch nicht geschehen ist (UNHCR 20.6.2016).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (12.2015): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_update.ii_.pdf, Zugriff 18.8.2016

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http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_update.ii_.pdf, Zugriff 18.8.2016

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http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_update.ii_.pdf, Zugriff 18.8.2016

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FRA - European Union Agency for Fundamental Rights (6.2016):

Monthly data collection on the current migration situation in the EU, June 2016 monthly report,

http://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-june-2016-monthly-migration-gender-based-violence_en.pdf, Zugriff 18.8.2016

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Act - Act on International and Temporary Protection (2.7.2015), http://www.refworld.org/docid/4e8044fd2.html, Zugriff 18.8.2016

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AIDA - Asylum Information Database (12.2015): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,

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http://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-june-2016-monthly-migration-gender-based-violence_en.pdf, Zugriff 18.8.2016

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VB des BM.I in Kroatien (12.8.2016): Bericht des VB, per E-Mail

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VB des BM.I in Kroatien (16.8.2016): Bericht des VB, per E-Mail

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AIDA - Asylum Information Database (12.2015): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_update.ii_.pdf, Zugriff 18.8.2016

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FRA - European Union Agency for Fundamental Rights (6.2016):

Monthly data collection on the current migration situation in the EU, June 2016 monthly report,

http://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-june-2016-monthly-migration-gender-based-violence_en.pdf, Zugriff 18.8.2016

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Act - Act on International and Temporary Protection (2.7.2015), http://www.refworld.org/docid/4e8044fd2.html, Zugriff 22.10.2015

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MUP - Ministry of Interior (o.D.): Aliens, http://www.mup.hr/main.aspx?id=120027#asylum, Zugriff 18.8.2016

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UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (20.6.2016): Europe's Refugee Emergency Response Update #27;

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1468929795_europerefugeeemergencyresponse-update-27.pdf, Zugriff 18.8.2016

Beweiswürdigend wurde im Bescheid hervorgehoben, dass die Identität des Beschwerdeführers in Ermangelung geeigneter, heimatstaatlicher, identitätsbezeugender Dokumente nicht feststehe. Im Verfahren hätten sich keine Hinweise ergeben, dass der Beschwerdeführer an einer schweren körperlichen Krankheit oder an einer krankheitswerten psychischen Störung leide. Der Beschwerdeführer sei gesund und benötige keine Medikamente. Er verfüge über keine familiären bzw. verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte in Österreich. Der Beschwerdeführer sei über Kroatien kommend illegal in die EU eingereist und habe die in diesem Zeitraum von nahezu allen Fremden benutzte Reiseroute benutzt, um aus dem jeweiligen Herkunftsstaat illegal nach Europa bzw. Österreich zu gelangen. Die illegale Einreise sei vermutlich im Zeitraum von 30.01.2016 bis 31.01.2016 erfolgt. Seither habe dieser das Gebiet der Mitgliedstaaten nicht wieder verlassen. Aufgrund Zustimmung durch Zeitablauf sei Kroatien für die Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers zuständig. Eine besondere Integrationsverfestigung in Österreich bestehe nicht. In Kroatien sei ausreichende Versorgung für Asylwerber gewährleistet. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer konkret Gefahr liefe, in Kroatien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könnte. Eine Schutzverweigerung Kroatiens sei nicht zu erwarten. Die Regelvermutung des § 5 Absatz 3 AsylG 2005 treffe zu und habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Die Anordnung zur Außerlandesbringung stelle insgesamt keinen Eingriff in die in Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechte dar.

Der Bescheid des BFA wurde dem Beschwerdeführer durch persönliche Ausfolgung am 12.09.2016 zugestellt.

Am 15.09.2016 brachte der Beschwerdeführer fristgerecht die vorliegende Beschwerde ein. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass im vorliegenden Fall von einer "illegalen" Überschreitung der Landgrenze zwischen Serbien und Kroatien nicht die Rede sein könne. Der Beschwerdeführer habe weder Grenzkontrollen umgangen noch die Grenze mittels eines ge- oder verfälschten Visums überschritten. Das Kriterium des "illegalen" Grenzübertritts im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO liege somit im konkreten Fall nicht vor, weshalb dieses Zuständigkeitskriterium keine Anwendung finden könne. Die Umstände der Einreise des Beschwerdeführers würden vielmehr für eine Heranziehung des in Art. 14 Dublin III-VO normierten Zuständigkeitstatbestands sprechen, zumal der Beschwerdeführer sowohl nach Kroatien als auch nach Österreich einreisen habe können, ohne ein Einreisevisum vorweisen zu müssen. Nachdem in Kroatien kein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden sei, finde Art. 14 Abs. 2 leg. cit Anwendung. Aus dieser Bestimmung ergebe sich somit die Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz. Die gegenteilige Rechtsansicht erweise sich demnach als rechtswidrig. Hilfsweise könne für eine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages auch die Bestimmung des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO genannt werden. Durch die sicherheitsbehördliche Verwaltungspraxis habe Österreich seine Zuständigkeit bereits im Vorfeld anerkannt. Beantragt wurde, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sowie eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 23.11.2016 wurde ausgeführt, dass der bekämpfte Bescheid unzutreffend davon ausgehe, dass die Zuständigkeit Kroatiens aufgrund der Durchreise des Beschwerdeführers durch Kroatien begründet worden sei. Der Beschwerdeführer sei auf der gesamten "Balkanroute" stets von einer Sicherheitsbehörde an die nächste übergeben worden, welche die Einreise in das jeweilige Staatsgebiet nicht nur zugelassen, sondern aktiv betrieben habe. Das Erfordernis einer illegalen Einreise im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO sei somit im Fall des Beschwerdeführers nicht erfüllt, weshalb dieses Zuständigkeitskriterium in Bezug auf Kroatien schon dem Wortlaut nach nicht anwendbar sei. Im Weiteren werde dazu auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen. Wenn daher von einer Unabwendbarkeit des Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO auszugehen sei, verbleibe nach der in Art. 7 Abs. 1 Dublin III- VO festgelegten Rangfolge der Zuständigkeitskriterien noch Art. 14. Hilfsweise ergebe sich die Zuständigkeit Österreichs schlussendlich spätestens aus Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO. Es werde zwar nicht verkannt, dass der VwGH in einem Erkenntnis vom 07.09.2016, Ra 2016/19/0160, befunden habe, dass die zwischenstaatlich organisiert auf der Balkanroute erfolgte Einreise sehr wohl illegal im Sinne des Artikels 13 Abs. 1 Dublin III-VO gewesen sei, da eine Gestattung der Einreise aus humanitären Gründen im Sinne des Art.5 Abs. 4 lit. c des Schengener Grenzkodex eine individuelle Prüfung im Einzelfall voraussetze, wohingegen generelle Ausnahmen von den Bestimmungen über die Einreisevoraussetzungen, wie sie im Anlassfall vorgelegen hätten, keine Einreisegestattung aus humanitären Gründen darstellen würden. Die Verwaltungspraxis der Sicherheitsbehörden entlang der Balkanroute habe fallbezogen auch nicht zu einer Aufhebung des für Drittstaatsangehörige nach dem Schengener Grenzkodex allgemein bestehenden Visumszwangs geführt, weshalb auch Art. 14 Dublin III-VO als Zuständigkeitskriterium nicht in Frage komme. Dieser Sichtweise des VwGH sei jedoch ebenfalls nicht zu folgen, da sich der VwGH abermals nur mit den fallbezogen erhobenen Beschwerdegründen auseinanderzusetzen gehabt habe und sich abgesehen von der Erwähnung des Visa-Informationssystems keinerlei Hinweis darauf finde, dass jede dem Schengener Grenzkodex widersprechende Einreise alleine schon deshalb als "illegal" im Sinne des Art. 13 Abs. 1 angesehen werden müsse, geschweige denn Art.14 Dublin III-VO ausschließlich den Visumzwang im Sinne des Schengener Grenzkodex im Auge hätte. Um dem Grundsatz der Effektivität des Unionsrechts Geltung zu verschaffen, bestehe für das Bundesverwaltungsgericht daher eine Verpflichtung, das Judikat des VwGH unangewendet zu lassen. Den dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 18.08.2016 entnommenen Feststellungen im bekämpften Bescheid sei zur Unterbringungssituation in Kroatien zu entnehmen, dass landesweit lediglich zwei Unterbringungszentren für Asylwerber mit insgesamt gerade einmal 700 Plätzen bestehen würden. Hinzu komme, dass sich die medizinische Versorgung von Asylwerbern auf eine bloße Notversorgung beschränke. Nach der ständigen Rechtsprechung habe in Dublin-Verfahren das Hervorkommen der Gefahr einer Kettenabschiebung im an sich zuständigen Mitgliedstaat zwingend zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO zu führen. Somit würden insgesamt stichhaltige Gründe vorliegen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Kroatien dem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt würde, wo er mangels ausreichender Versorgungsleistungen jedenfalls unmenschliche Lebensumstände und sogar eine Weiterschiebung ohne vorherige Prüfung seiner Fluchtgründe zu erwarten hätte. Dies vor allem deshalb, da die Unterbringungskapazitäten in Kroatien bei Weitem nicht für die große Anzahl an Asylwerbern ausreichen würden, deren Rücküberstellung aus Österreich und Deutschland gegenwärtig betrieben werde. Daher sei die beabsichtigte Überstellung nach Kroatien unzulässig.

In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 09.12.2016 wurde im Wesentlichen das bereits erstattete Vorbringen hinsichtlich der behauptetetn Nichtanwendbarkeit des Art. 13 Abs.1 Dublin III-VO wiederholt.

Am 24.11.2016 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg nach Kroatien überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Identität des Beschwerdeführers steht mangels Vorlage identitätsbezeugender Dokumente nicht fest.

Der Beschwerdeführer reiste aus seinem Aufenthaltsstaat Pakistan über den Iran, die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien illegal nach Österreich ein und brachte hier am 04.02.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Eine EURODAC-Anfrage brachte keinen Treffer.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Zuge der Massenfluchtbewegung im Zeitraum Ende Jänner / Anfang Februar 2016 über die sogenannte "West-Balkanroute" über Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich gelangt ist. Die Ein- und Durchreise nach Kroatien von Serbien kommend und auch die Weiterreise über Slowenien nach Österreich erfolgten behördlich organisiert.

Das BFA richtete am 02.03.2016 Informationsersuchen gemäß Art. 34 Dublin III-VO an Slowenien und Kroatien.

Slowenien gab mit Schreiben vom 07.03.2016 bekannt, dass der Beschwerdeführer in Slowenien nicht registriert worden sei und keine Informationen zu seiner Person vorliegen würden.

Am 08.03.2016 richtete das BFA aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Reiseroute ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO an Kroatien.

Aufgrund Verfristung im Sinne des Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO trat die Zuständigkeit Kroatiens zur Durchführung des Verfahrens ein (siehe Verfristungsschreiben des BFA vom 18.05.2016).

Mit Beschluss vom 13.09.2016 legte der Oberste Gerichtshof der Republik Slowenien (Vrhovno sodisce Republike Slovenije) dem EuGH (protokolliert zur Zahl C-490/16) Fragen hinsichtlich der Auslegung des Tatbestandes der "illegalen Einreise" nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO vor.

Am 14.12.2016 legte der VwGH zur Zl. EU 2016/0007,0008-1 (Ra 2016/19/0303 und 304) dem EuGH eine "ähnlich gelagerte Konstellation" zur Vorabentscheidung vor.

Der Gerichtshof der Europäischen Union stellte in seiner Entscheidung vom 26.07.2017 zum Vorabentscheidungsersuchen Sloweniens vom 14.09.2016 (EuGH Zl. C-490/16) sowie zum Vorabentscheidungsersuchen Österreichs vom 14.12.2016 (EuGH Zl. C-646/16), klar, dass Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO dahingehend auszulegen ist, dass ein Drittstaatsangehöriger, dessen Einreise von den Behörden eines Mitgliedstaats in einer Situation geduldet wird, in der sie mit der Ankunft einer außergewöhnlich hohen Zahl von Drittstaatsangehörigen konfrontiert sind, die durch diesen Mitgliedstaat, dessen grundsätzlich geforderte Einreisevoraussetzungen sie nicht erfüllen, durchreisen möchten, um in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz zu beantragen, die Grenze des erstgenannten Mitgliedstaats im Sinne von Art. 13 Abs. 1 "illegal überschritten" hat (vgl. C-646/16, Rn 92). Art. 12 iVm Art. 2 lit. m Dublin III-VO ist diesfalls dahingehend auszulegen, dass kein "Visum" im Sinne von Art. 12 vorliegt. Der Umstand, dass das Überschreiten der Grenze in einer Situation erfolgt ist, die durch die Ankunft einer außergewöhnlich hohen Zahl an internationalen Schutz begehrenden Drittstaatsangehöriger gekennzeichnet ist, kann keinen Einfluss auf die Auslegung oder die Anwendung der Bestimmungen der Dublin III-VO haben (C-646/16, Rn 93).

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Kroatien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen akut lebensbedrohenden Krankheiten. Der Beschwerdeführer ist gesund und befindet sich nicht in medizinischer Behandlung.

Besondere private, familiäre oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet bestehen nicht. Der Beschwerdeführer lebt in keinem Familienverband oder einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft.

Eine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich besteht nicht.

Am 24.11.2016 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg nach Kroatien überstellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Reiseweg des Beschwerdeführers sowie zu seinen persönlichen Verhältnissen ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen in Zusammenhang mit der Aktenlage.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich ebenfalls aus dem eigenen Vorbringen in Zusammenhang mit der Aktenlage. Diesbezüglich wurde vom Beschwerdeführer keinerlei Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die Feststellung bezüglich der Zuständigkeit des Mitgliedsstaates Kroatiens zur Durchführung des Asylverfahrens ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der kroatischen Dublin-Behörde und der Verschweigung Kroatiens zum Aufnahmeersuchen Österreichs (siehe die hiezu die im Verwaltungsakt einliegenden Schriftstücke).

Dass die seinerzeitigen Einreisen "während des Flüchtlingsstroms" nicht legal waren und die Regelungen der Dublin III-VO daher vollumfänglich Anwendung finden, ergibt sich aus den Entscheidungen des EuGH vom 26.07.2017, C-646/16 (Jafari) zum Vorabentscheidungsersuchen des VwGH und C-490/16 zum slowenischen Vorabentscheidungsersuchen (vgl. insb. EuGH 26.07.2017, C-646/16, Rz 80 bis 84 und 89 bis 92).

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Kroatien wurde nicht substantiiert vorgebracht (siehe dazu die Ausführungen unten).

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Der Beschwerdeführer ist diesen Feststellungen nicht substantiiert entgegengetreten. Entgegen den Beschwerdeausführungen ist aus dem seinerzeit erfolgten starken Zustrom von Asylwerbern nach Kroatien nicht ableitbar, dass die Kapazitäten der kroatischen Behörden zur Versorgung von Asylsuchenden und zur Durchführung von Asylverfahren überlastet worden sind. Es ist aus den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheids ersichtlich, dass der größte Teil der nach Kroatien illegal eingereisten asylsuchenden Personen in andere Staaten weiter gereist ist und dass die Kapazitäten der Unterbringungseinrichtungen nicht ausgeschöpft worden sind.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer am 24.11.2016 auf dem Luftweg nach Kroatien überstellt wurde, ergibt sich aus einem E-Mail des Bundesministeriums für Inneres vom 25.11.2016.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idgF).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

...

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

...

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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