TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/5 W263 2189430-1

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Veröffentlicht am 05.04.2018
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Entscheidungsdatum

05.04.2018

Norm

ASVG §18b
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W263 2189430-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Christina KERSCHBAUMER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX, gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 16.08.2017, Zl. XXXX, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin stellte am 25.04.2017 einen Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18b ASVG für Zeiten der Pflege einer nahen Angehörigen - ihrer Schwiegermutter.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) vom 16.08.2017 wurde der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege der nahen Angehörigen ab 01.04.2016 anerkannt.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 01.09.2017. In der Beschwerde wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin ab Antragstellung auf Erhöhung des Pflegegeldes auf Stufe 3 seit XXXX2008 als Pflegeperson betreffend die nahe Angehörige tätig sei und auch als solche bei der PVA eingetragen sei. Der Beauftragte der PVA, welcher die Notwendigkeit der entsprechenden Pflegestufe beurteilt habe, sei über ihre Tätigkeit seit XXXX2008 in Kenntnis gesetzt worden. Somit sei dies auch bei der PVA - im betreffenden Akt - schriftlich festgehalten worden. Nunmehr ersuche die Beschwerdeführerin um rückwirkende Anerkennung ihrer Pflegedienstzeiten als 24-Stunden-Pflege ihrer Schwiegermutter ab XXXX 2008.

4. Die Beschwerde wurde mit Schreiben vom 08.03.2018 dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die im Jahr XXXX geborene Beschwerdeführerin stellte am 25.04.2017 (der Antrag vom 25.04.2017 wurde von der PVA am selben Tag übernommen) einen Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihrer Schwiegermutter, XXXX, geboren am XXXX, gemäß § 18b ASVG.

Im von der Beschwerdeführerin ausgefüllten Antragsvordruck der PVA (Seite 2) heißt es wörtlich: "Ich beantrage die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege (frühestens ein Jahr vor der Antragstellung)". Darunter wurde handschriftlich hinzugefügt: "frühest möglicher Zeitpunkt" und darunter "-> rückwirkend 1 Jahr!".

Mit dem angefochtenen Bescheid der PVA vom 16.08.2017 wurde der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege der nahen Angehörigen ab 01.04.2016 anerkannt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich eindeutig und unzweifelhaft aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verwaltungsakt der PVA und wurden von der Beschwerdeführerin nicht substantiiert bestritten. Der Antrag vom 25.04.2017, der Bescheid vom 16.08.2017 und die Beschwerde vom 01.09.2017 liegen im Akt ein.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin die PVA.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) lauten wie folgt:

"Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege naher Angehöriger

§ 18b. (1) Personen, die einen nahen Angehörigen oder eine nahe Angehörige mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, können sich, solange sie während des Zeitraumes dieser Pflegetätigkeit ihren Wohnsitz im Inland haben, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Je Pflegefall kann nur eine Person selbstversichert sein. Die Pflege in häuslicher Umgebung wird durch einen zeitweiligen stationären Pflegeaufenthalt der pflegebedürftigen Person nicht unterbrochen.

(1a) Die Selbstversicherung ist für die Zeit einer Pflichtversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. j auf Grund des Bezuges eines aliquoten Pflegekarenzgeldes ausgeschlossen.

(2) Die Selbstversicherung beginnt mit dem Zeitpunkt, den die pflegende Person wählt, frühestens mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Pflege aufgenommen wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der dem Tag der Antragstellung folgt.

(3) Die Selbstversicherung endet mit dem Ende des Kalendermonats,

1. in dem die Pflegetätigkeit oder eine sonstige Voraussetzung nach Abs. 1 weggefallen ist oder

2. in dem die pflegende Person den Austritt aus dieser Versicherung erklärt hat.

(4) Der Versicherungsträger hat ab dem dem Beginn der Selbstversicherung folgenden Kalenderjahr regelmäßig festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Selbstversicherung noch gegeben sind. Die selbstversicherte Person ist verpflichtet, das Ende der Pflegetätigkeit innerhalb von zwei Wochen dem Versicherungsträger zu melden.

(5) Das Ende der Selbstversicherung steht hinsichtlich der Berechtigung zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 lit. a gleich.

(6) Die selbstversicherte Person ist dem Zweig der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz zugehörig, in dem sie zuletzt Versicherungszeiten erworben hat. Liegen keine Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz vor, so ist die selbstversicherte Person der Pensionsversicherung der Angestellten zugehörig."

"Beitragszeiten nach dem 31. Dezember 1955

§ 225. (1) Als Beitragszeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 sind anzusehen:

[...]

3. Zeiten einer freiwilligen Versicherung, wenn die Beiträge innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des Beitragszeitraumes, für den sie gelten sollen, oder auf Grund einer nachträglichen Selbstversicherung nach § 18 oder § 18a in Verbindung mit § 669 Abs. 3 wirksam (§ 230) entrichtet worden sind;

[...]"

Gemäß § 18b Abs. 1 ASVG können sich Personen, die einen nahen Angehörigen oder eine nahe Angehörige mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, solange sie während des Zeitraumes dieser Pflegetätigkeit ihren Wohnsitz im Inland haben, in der Pensionsversicherung selbstversichern.

Gemäß § 18b Abs. 2 leg.cit. beginnt die Selbstversicherung mit dem Zeitpunkt, den die pflegende Person wählt, frühestens mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Pflege aufgenommen wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der dem Tag der Antragstellung folgt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits mit der im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfrage auseinandergesetzt und diese wie folgt beurteilt (VwGH 04.11.2015, Ro 2015/08/0022):

Die Berechtigung einer Person, sich nach § 18b Abs. 1 und 2 ASVG für bestimmte Zeiten in der Pensionsversicherung selbst zu versichern, ist zwar nicht ident mit der Frage, ob die Zeit, die zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung berechtigt hat bzw. hätte, als Beitragszeit im Sinne des § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG anzusehen ist. Unter der Berechtigung, sich gemäß § 18b ASVG für bestimmte Zeiten selbst zu versichern, ist aber, wie sich sowohl aus dem Wortlaut dieser Bestimmung im Zusammenhalt mit § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG als auch aus ihrem daraus erhellenden Zweck ergibt, nichts anderes gemeint als die Berechtigung, für bestimmte, in § 18b ASVG genannte Zeiten durch Beitragsentrichtung wirksam Beitragszeiten in der Pensionsversicherung zu erwerben. Steht daher im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde fest, dass der (die) Antragsteller (Antragstellerin) für die von ihm (ihr) entsprechend § 18b ASVG gewählte oder danach begrenzte Zeit nach § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG Beitragszeiten nicht mehr wirksam erwerben kann, so ist seine (ihre) Berechtigung zur Selbstversicherung zu verneinen. Auch wenn der Versicherte als Zeitpunkt des Beginns der freiwilligen Versicherung auch einen bereits verstrichenen Zeitpunkt wählen kann, ergibt sich aus § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG, dass als frühester Beginnzeitpunkt der dem Antragszeitpunkt vorangehende Monatserste des Vorjahres gewählt werden kann (vgl. das zu § 18a ASVG idF vor der 52. Novelle, BGBl. Nr. 20/1994, ergangene hg. Erkenntnis vom 22. November 1994, Zl. 93/08/0226, sowie das zu § 17 Abs. 7 ASVG ergangene hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2013, Zl. 2011/08/0012).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mittlerweile in mehreren Entscheidungen (vgl. die Erkenntnisse vom 4. November 2015, Ro 2015/08/0022, vom 7. April 2016, Ro 2014/08/0085 und Ro 2015/08/0001, sowie den Beschluss vom 7. April 2016, Ro 2015/08/0032) die Anwendung des § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG auf die Selbstversicherung nach § 18b ASVG bejaht und die damit verbundene zeitliche Begrenzung einer rückwirkenden Anerkennung von Versicherungszeiten auf zwölf Monate klargestellt (VwGH 02.06.2016, Ro 2014/08/0081).

Die tatsächlich erst im April 2017 beantragte Selbstversicherung für Zeiten der Pflege einer nahen Angehörigen wurde mit Bescheid der PVA vom 16.08.2017 hinsichtlich des Anspruchs der Beschwerdeführerin auf Selbstversicherung ab 01.04.2016 anerkannt.

Die Beschwerdeführerin hat den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege einer nahen Angehörigen (ihrer Schwiegermutter) gemäß § 18b ASVG erst am 25.04.2017 gestellt, weshalb gemäß § 225 Abs. 1 Z 3 1. Halbsatz ASVG - zwölf Monate zurückgerechnet - der April 2016 der erste mögliche Beitragsmonat ist. Zeiträume, die vor dem 01.04.2016, also mehr als zwölf Monate vor Antragstellung liegen, können nicht als Beitragszeiten für die freiwillige Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18b ASVG herangezogen werden.

Im vorliegenden Fall liegt somit in Anwendung der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die vor April 2016 liegenden Zeiträume keine Berechtigung der Beschwerdeführerin für eine (rückwirkende und beitragswirksame) Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege einer nahen Angehörigen gemäß § 18b ASVG vor.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die gegenständliche Entscheidung ergeht insbesondere in Anlehnung an das oben zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.11.2015, Ro 2015/08/0022.

Schlagworte

Pensionsversicherung, Selbstversicherung, Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W263.2189430.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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