Entscheidungsdatum
05.04.2018Norm
BVergG 2006 §291Spruch
W123 2190452-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Einzelrichter gemäß § 292 Abs. 1 BVergG über den Antrag der XXXX GMBH, XXXX, XXXX, vertreten durch Advokatur Dr. Herbert SCHÖPF, LL.M., Rechtsanwalt-GmbH, Arkadenhof, Maria-Theresien-Straße 34, 6020 Innsbruck, betreffend das Vergabeverfahren "Neubau Lehr- und Bürogebäude - Generalplanerleistungen" des Auftraggebers Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Trabrennstraße 2c, 1020 Wien, vom 26.03.2018 beschlossen:
A)
Der Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge durch Einstweilige Verfügung folgende vorläufige Maßnahmen anordnen: Der Antragsgegnerin und Auftraggeberin wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeit in der Hauptsache untersagt, das Vergabeverfahren "Realisierungswettbewerb Neubau Lehr- und Bürogebäude - Generalplanerleistungen" fortzusetzen, insbesondere wird der Auftraggeberin untersagt, in das Verhandlungsverfahren mit dem Arch. XXXX einzutreten und überhaupt einen Auftrag über die ausschreibungsgegenständlichen Planerleistungen zu erteilen, wird gemäß §§ 328 Abs. 1 und 329 Abs. 1 BVergG 2006 abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 26.03.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 27.03.2018, stellte die Antragstellerin das im Spruch ersichtliche Begehren in Verbindung mit Anträgen auf Nichtigerklärungen. Der Antrag wurde im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs am 26.03.2018 um 15:30:48 Uhr beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht.
Angefochten wurde die "Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen sowie die Entscheidung über die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren". Zur Rechtzeitigkeit wurde vorgebracht, dass aufgrund der elektronischen Übermittlung der anfechtungsgegenständlichen "Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes bzw. der Zahlungen sowie die Entscheidung über die Nicht-Zulassung zur Teilnahme am anschließenden Verhandlungsverfahren" am 16.03.2018 die Frist zur Einbringung des Nachprüfungsantrages gemäß § 321 Abs. 1 BVergG 2006 10 Tage betrage, sodass der gegenständliche Nachprüfungsantrag binnen offener Frist erfolge. Zur Rechtswidrigkeit wurde insbesondere auf die intransparente und willkürliche (Nicht-) Bewertung der Wettbewerbsprojekte verwiesen.
2. Die Auftraggeberin erstattete am 29.03.2018 zunächst allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren. Zum Nachprüfungsantrag wurde vorgebracht, dass der Antrag verfristet sei. Gemäß den übermittelten Unterlagen sei der Nachprüfungsantrag am 27.03.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt. Die angefochtene Entscheidung sei der Antragstellerin am 16.03.2018 übermittelt worden; die Anfechtungsfrist habe daher bereits am 26.03.2018 geendet. Der Antrag sei somit ab- bzw. zurückzuweisen. Unabhängig davon habe es die Antragstellerin unterlassen, ihr Vorbringen zu begründen, insbesondere nachvollziehbar darzulegen, in welchem Recht sie sich verletzt sehe und aus welchem Grund ihre Wettbewerbsarbeit anders beurteilt hätte werden müssen. Weiters moniere die Antragstellerin in mehreren Punkten, dass die Wettbewerbsunterlage rechtswidrig wäre. Sie habe es aber unterlassen, dies innerhalb der gesetzlichen Frist im Zuge des Verfahrens zu rügen. Aus all diesen Gründen fehle es der Antragstellerin an der Antragslegimitation.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A)
1. Gemäß § 328 Abs. 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
Gemäß § 329 Abs. 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Artikel 2 der Richtlinie 89/665 ist dahin auszulegen, dass er es den Mitgliedstaaten nicht verwehrt, vorzusehen, dass eine für Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge zuständige Instanz, die über einen Antrag auf vorläufige Maßnahmen entscheidet, die Erfolgsaussichten eines Antrags auf Aufhebung einer Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers, der mit der Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung begründet wird, berücksichtigen muss oder darf (EuGH 09.04.2013, Rs C-424/01, CS Communications).
Wird ein Antragsteller mit seinem Nachprüfungsantrag absehbar nicht durchdringen, gebietet es die Interessensabwägung gemäß § 329 Abs. 1 BVergG 2006, den Auftraggeber nicht durch eine einstweilige Maßnahme am Vorantreiben des Beschaffungsvorgangs zu hindern; bzw. sind auch für die sonstigen an der Vergabe interessierten Unternehmern Zeitverzögerungen hinsichtlich deren vergabebezüglichen Handlungen zu vermeiden (BVA 14.09.2006, N/0074-BVA/08/2006-21 unter Verweis auf EuGH Rs C-424/01, CS Communications).
Nach Ansicht des zur Entscheidung über den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung zuständigen Richters ist bereits im jetzigen Verfahrensstadium abzusehen, dass die Erfolgsaussichten des gegenständlichen Nachprüfungsantrages als sehr gering einzustufen sind bzw. zu erwarten ist, dass die Antragstellerin mit ihrem Begehren auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung nicht durchdringend wird. Dies aufgrund nachstehender Erwägungen:
2. Gemäß § 321 Abs. 1 BVergG sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einer Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax sowie bei einer Bekanntmachung der Entscheidung binnen zehn Tagen einzubringen, bei einer Übermittlung auf brieflichem Weg binnen 15 Tagen.
Die Geschäftsordnung des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden: GO BVwG) lautet auszugsweise:
"§ 20. Amtsstunden
(1) Die Amtsstunden des Bundesverwaltungsgerichtes sind an jedem Arbeitstag, mit Ausnahme des Karfreitages, des 24. und des 31. Dezember, von 08:00 Uhr bis 15:00 Uhr.
(2) Schriftliche Anbringen (Schriftsätze) können nur innerhalb der Amtsstunden physisch (postalisch, persönlich oder mit Boten) oder elektronisch am Sitz des Bundesverwaltungsgerichtes in Wien eingebracht werden.
(6) Schriftliche Anbringen (Schriftsätze), die nach Ablauf der Amtsstunden eingebracht werden, gelten erst mit Beginn der Amtsstunden des nächsten Arbeitstages als eingebracht."
3. Unstrittig steht fest, dass die Bekanntgabe der Entscheidung des Preisgerichtes (Wettbewerbsjury) an die Antragstellerin (per Telefax) am 16.03.2018 erfolgt ist. Ferner steht unstrittig fest, dass der Nachprüfungsantrag am 26.03.2018 um 15:30:48 Uhr beim Bundesverwaltungsgericht (nach Ablauf der Amtsstunden) eingebracht (siehe Protokoll zu OZ 1) und der Antrag demzufolge erst mit 27.03.2018 protokolliert wurde.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits im Erkenntnis vom 17.11.2015, Ra 2014/01/0108, mit den rechtlichen Folgen eines nach Ablauf der in § 20 Abs. 1 GO BVwG festgesetzten Amtsstunden einlangenden Schriftsatzes auseinandergesetzt. Das Erkenntnis lautet auszugsweise:
2.2. [...]
Nach § 20 Abs. 7 GO BVwG gelten für die Einbringung von Eingaben (Schriftsätzen) im elektronischen Rechtsverkehr nach § 21 BVwGG die Bestimmungen der BVwG-EVV. Diese Verordnung enthält - worauf der Revisionswerber zu Recht hinweist - keine Regelungen zur Frage, wann Schriftsätze beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht werden können. Es kann dem Normsetzer der GO BVwG aber nicht unterstellt werden, dass er sämtliche Formen der elektronischen Einbringung von schriftlichen Anbringen an die Amtsstunden bindet (Abs. 2 iVm Abs. 6 des § 20 GO BVwG), um diese Bindung für Eingaben im elektronischen Rechtsverkehr nach § 21 BVwGG durch bloßen Verweis auf die Bestimmungen der BVwG-EVV entfallen zu lassen (Abs. 7 des § 20 GO BVwG), ohne dies explizit zum Ausdruck zu bringen. Hätte der Normsetzer der GO BVwG Derartiges beabsichtigt, wäre zu erwarten gewesen, dass er dies unmissverständlich regelt. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass § 20 Abs. 7 GO BVwG nicht dahin zu verstehen ist, dass für Eingaben im elektronischen Rechtsverkehr nach § 21 BVwGG die in § 20 Abs. 2 und 6 GO BVwG vorgesehenen Regelungen nicht gelten sollen.
[...]
2.4. Die vorliegende Revision gegen das am 16. Oktober 2014 zugestellte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wurde unbestritten im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs unter Verwendung der Übermittlungsstelle "IMD" am 27. November 2014 (Donnerstag) um 16:41:31 Uhr beim Bundesverwaltungsgericht im Sinne des § 21 Abs. 7 BVwGG eingebracht. Damit wurde die Revision am letzten Tag der Frist nach Ablauf der in § 20 Abs. 1 GO BVwG festgesetzten Amtsstunden beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht, sodass diese gemäß § 20 Abs. 6 GO BVwG erst mit Beginn der Amtsstunden des nächsten Arbeitstages (das ist Freitag, der 28. November 2014) als eingebracht gilt. Sie erweist sich demnach als verspätet.
5. Daraus folgt: Die fristauslösende Entscheidung der Auftraggeberin erfolgte am 16.03.2018 mittels Telefax. Der gegenständliche Nachprüfungsantrag wurde am letzten Tag der Frist (Montag, 26.03.2018) nach Ablauf der in § 20 Abs. 1 GO BVwG festgesetzten Amtsstunden beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht, sodass dieser gemäß § 20 Abs. 6 GO BVwG erst mit Beginn der Amtsstunden des nächsten Arbeitstages (Dienstag, 27.03.2018) als eingebracht gilt. Entsprechend der Entscheidung des VwGH vom 17.11.2015 erweist sich der Nachprüfungsantrag demnach als verspätet.
Daher war der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mangels Erfolgsaussichten abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu VwGH 17.11.2015, Ra 2014/01/0108) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Siehe zudem die Rechtsprechung des EuGH in Rs C-424/01, CS Communications).
Schlagworte
Amtsstunden, Antragslegimitation, Einbringung, Einbringungsfrist,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W123.2190452.1.00Zuletzt aktualisiert am
18.04.2018