TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/9 W198 2167613-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.04.2018
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Entscheidungsdatum

09.04.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W198 2167613-1/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter in der Beschwerdesache desXXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch das Zentrum für Europäische Integration und Globalen Erfahrungsaustausch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.07.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.03.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF.,

§ 9 BFA-VG idgF., und §§ 52, 55 FPG idgF. als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, hat sein Heimatland verlassen, ist illegal in die Republik Österreich eingereist und hat am 04.11.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

2. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 05.11.2015 gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, dass sein Vater Grundstücke gekauft und weiter verkauft habe. Kommandant Mumdaz habe dem Vater die Grundstücke wegnehmen wollen. Der Vater sei geschlagen worden und seien ihm alle Grundstücke weggenommen worden. Anschließend hätte der Kommandant den Vater des Beschwerdeführers umbringen wollen, deshalb sei die Familie aus Afghanistan geflüchtet.

3. Der Beschwerdeführer wurde am 03.05.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, dass er in Kabul geboren und aufgewachsen sei. Sein Vater sei Immobilienmakler gewesen. Die Familie habe ein normales Leben gehabt und es sei ihnen gut gegangen. Er sei gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern geflüchtet und habe seine Familie auf der Flucht verloren. Er habe keinen Kontakt mehr zu seiner Familie. Zum Fluchtgrund befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass sein Vater Grundstücke gekauft und wieder verkauft habe. Ein Kommandant namens Mumdaz habe mit Gewalt Grundstücke vom Vater des Beschwerdeführers weggenommen. Er habe den Vater auch verprügelt. Der Vater sei dann zur Regierung gegangen und habe Anzeige gegen Mumdaz erstattet. Der Kommandant habe dann den Vater des Beschwerdeführers mit dem Tod bedroht. Eines Nachts habe er zum Beschwerdeführer gesagt, dass sie ausreisen müssten. Näher zu dem Kommandanten Mumdaz befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass dieser ein mächtiger Mann gewesen sei. Die Probleme mit ihm hätten ca. vier bis fünf Monate vor der Ausreise begonnen. Befragt, wie der Vater des Beschwerdeführers konkret bedroht worden sei, gab er an, dass Mumdaz zu ihm nachhause gekommen sei und gesagt habe, dass er den Vater des Beschwerdeführers und die ganze Familie töten werde. Befragt, ob der Beschwerdeführer selbst gesehen habe, als sein Vater verprügelt worden sei, gab er an, dass er das nicht gesehen habe; er habe nur gesehen, dass sein Vater eines Tages mit Verletzungen nachhause gekommen sei. Er habe dann gesagt, dass er von Mumdaz geschlagen worden sei. Zwischen der Bedrohung durch Mumdaz und der Ausreise seien ca. zwei Wochen vergangen, in denen sich die Familie nur zuhause aufgehalten habe. Eines Nachts habe der Vater des Beschwerdeführers dann alle aufgeweckt und sie seien geflüchtet.

4. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 25.07.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm

§ 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seinem Fluchtgrund, zur Situation im Falle seiner Rückkehr und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Es habe keine glaubhafte Gefährdungslage festgestellt werden können. Das gesamte Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers beziehe sich auf die Erlebnisse seines Vaters. Der Beschwerdeführer habe keine Verfolgung glaubhaft machen können. Dem Beschwerdeführer wäre eine Rückkehr nach Kabul zumutbar. Es liege beim Beschwerdeführer zwar ein Familienbezug in Österreich vor, er lebe jedoch weder mit seinem Onkel noch seiner Tante oder seinen Cousins und Cousinen in einer gemeinsamen Wohnung und könne daher kein schützenwertes Familienleben im rechtlichen Sinne erblickt werden.

5. Gegen verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheid wurde mit Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 10.08.2017 Beschwerde erhoben. Darin wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Afghanistan verlassen habe, da seine gesamte Familie gegenüber seinem Vater von Kommandant Mumdaz bedroht worden sei. Seinem Vater seien Grundstücke gewaltsam weggenommen worden, wobei ihm gegenüber körperliche Gewalt angewendet worden sei. Sein Vater habe gegen diese Bedrohung Anzeige erstattet, wobei von staatlicher Seite nichts unternommen worden sei um den Kommandanten zu belangen. Die Bedrohung habe zwar nur gegenüber dem Vater des Beschwerdeführers bestanden, dennoch habe sie sich dem Inhalt nach auf die ganze Familie bezogen. Eine Erstreckung der Verfolgungshandlung gegenüber dem Vater auf seinen Sohn könne in vertretbarer Weise vorgenommen werden.

6. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 16.08.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Am 25.08.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Eingabe der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers ein, mit welcher diverse Teilnahme- und Kursbestätigungen übermittelt wurden.

8. Am 29.09.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine mit 29.09.2017 datierte Beschwerdeergänzung ein. Darin wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Afghanistan aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aufgrund von Blutrache verlassen habe, da sein Vater in Grundstücksstreitigkeiten mit einem hochrangigen General verwickelt gewesen sei, der ihn und seine Familie töten habe wollen. Im Falle einer Abschiebung drohe dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der von Blutrache bedrohten Familienmitglieder sowie der Tatsache, dass er längere Zeit in Europa gelebt habe, Verfolgung. Die belangte Behörde stütze ihre Länderfeststellungen größtenteils auf unvollständige Länderberichte. Dies betreffe insbesondere die Berichte zur Situation in Kabul sowie zur Situation von Rückkehrern aus Europa. In weiterer Folge wurden Berichte zur Situation von in Blutrache verwickelten Personen, zur Situation von Tadschiken in Afghanistan sowie zur allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan, zur Situation in Kabul, sowie zur Situation von Rückkehrern angeführt und wurden Ausführungen dazu getätigt. Weiters wurde ausgeführt, dass die Beweiswürdigung der belangten Behörde auf bloßen Mutmaßungen beruhe. Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei schlüssig und glaubhaft. Die belangte Behörde missachte bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit das jugendliche Alter des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der fluchtauslösenden Vorfälle. Zur Situation des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr sei auszuführen, dass er seine gesamte Kernfamilie auf der Flucht verloren habe. Er könnte somit nicht mit der Unterstützung von Angehörigen in Afghanistan rechnen. Er wäre im Falle einer Abschiebung gänzlich mittelos und wäre nicht in der Lage seine fundamentalen Lebensbedürfnisse zu befriedigen.

9. Am 13.12.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Information zur Wohnsitzbeschränkung des Beschwerdeführers ein.

10. Am 20.03.2018 langten beim Bundesverwaltungsgericht mehrere Bestätigungen sowie ein Empfehlungsschreiben der Volkshochschule

XXXX betreffend den Beschwerdeführer ein.

11. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde in der gegenständlichen Rechtssache am 27.03.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung sowie eines Dolmetsch für die Sprache Dari durchgeführt. Die belangte Behörde entschuldigte ihr Fernbleiben.

Darin brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, dass er in Kabul geboren und aufgewachsen sei. Er sei gemeinsam mit seiner Familie aus Afghanistan geflüchtet und habe seine Familie in der Türkei verloren. Er sei drei bis viermal beim Roten Kreuz gewesen und habe nachgefragt. Zum Zeitpunkt der Ausreise des Beschwerdeführers habe ein Onkel väterlicherseits noch in Kabul gelebt; wo dieser Onkel jetzt lebe wisse der Beschwerdeführer nicht. Er führte weiters aus, dass ein Onkel sowie eine Tante und Cousins und Cousinen von ihm in XXXX als anerkannte Flüchtlinge leben würden. Er habe letzte Woche zum letzten Mal Kontakt zu seinen Angehörigen in XXXX gehabt. Sie würden sich immer nur zufällig in der Stadt treffen. Telefonischen Kontakt gebe es auch. Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass Kommandant Mumdaz seinen Vater festnehmen und die Grundstücke enteignen habe wollen. Der Vater habe dann die Papiere seiner Grundstücke nicht an Mumdaz gegeben, woraufhin jener den Vater geschlagen habe. Als der Vater gegen Mumdaz eine Beschwerde erhoben habe, sei Mumdaz zum Vater des Beschwerdeführers nachhause gekommen und habe die gesamte Familie mit dem Tod bedroht. Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer selbst gesehen habe, dass Mumdaz seinen Vater geschlagen habe, gab er an, dass er nur die Verletzungspuren gesehen habe. Sein Vater sei einige Male, genauer gesagt dreimal, mit Verletzungen nachhause gekommen. Näher nachgefragt, wie diese Wegnahme der Grundstücke abgelaufen sei, gab der Beschwerdeführer an, dass er damals noch klein gewesen sei und die Sache nicht genau verfolgen habe könne. Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor der belangten Behörde ausgesagt habe, das sein Vater von Mumdaz bedroht worden sei und er ihn deswegen angezeigt habe, gab der Beschwerdeführer an, dass dies im Juni/Juli 2015 gewesen sei. Der Beschwerdeführer wisse nicht ob seine Familie noch am Leben sei. Er habe schon einen Antrag auf Suche beim Roten Kreuz gestellt und dort mehrere Male nachgefragt. Befragt, was der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan zu erwarten hätte, gab er an, dass er Angst vor Mumdaz hätte. Er habe zudem niemanden dort und wisse nicht wo seine Familie sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsbürger, geboren XXXX. Er wurde in Kabul geboren, wo er mit seinen Eltern und Geschwistern bis zu seiner Ausreise lebte. Der Beschwerdeführer hat gemeinsam mit seiner Kernfamilie Afghanistan verlassen. Es konnte nicht festgestellt werden, wo die Kernfamilie des Beschwerdeführers nunmehr aufhältig ist. Der Beschwerdeführer hat keinen Kontakt zu seiner Familie.

Der Beschwerdeführer ist volljährig und ledig. Der Beschwerdeführer ist Tadschike, sunnitischen Glaubens. Seine Muttersprache ist Dari. Der Beschwerdeführer hat sieben Jahre lang in Kabul die Schule besucht. Der Beschwerdeführer konnte keine Tazkira vorlegen. Somit steht seine Identität nicht fest. Der Beschwerdeführer ist gesund.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit spätestens 04.11.2015 in Österreich. Er ist illegal in das Bundesgebiet eingereist. Ein Onkel und eine Tante sowie mehrere Cousins und Cousinen des Beschwerdeführers leben in XXXX. Der Beschwerdeführer steht mit seinen in XXXX lebenden Angehörigen in Kontakt. Der Status dieser Angehörigen des Beschwerdeführers konnte nicht geprüft werden.

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer hat Deutschkurse besucht und verfügt über Deutschkenntnisse, die jedenfalls dem ÖSD-Zertifikat B1 entsprechen. Er hat einen Kurs beim Österreichischen Roten Kreuz besucht und hat an einer Bildungs- und Berufsberatung teilgenommen. Der Beschwerdeführer nahm während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet an mehreren integrativen Aktivitäten teil und knüpfte soziale Kontakte. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer war in Afghanistan keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt und wurden von ihm keine asylrelevanten Gründe für das Verlassen seines Heimatstaates dargetan. Dem Beschwerdeführer droht in Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung keine Verfolgung.

Im Falle einer Verbringung des Beschwerdeführer in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK).

1.2. Zum Fluchtgrund

Es kann kein asylrelevanter Fluchtgrund des Beschwerdeführers festgestellt werden. Eine individuelle Bedrohung konnte nicht festgestellt werden. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer einer Bedrohung durch den Kommandanten Mumdaz ausgesetzt war bzw. im Falle einer Rückkehr ausgesetzt wäre.

Ein konkreter asylrelevanter Anlass für das Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr ausgesetzt ist.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Dem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurden zugrunde gelegt:

a) nachstehende Länderberichte über die Lage/Sicherheitslage in Afghanistan, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 02.03.2017, (letzte Kurzinformation eingefügt am 21.12.2017) - (auszugsweise werden nur die für die Person des BF relevanten Stellen angeführt)

"Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 22.6.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q2.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Den Vereinten Nationen zufolge war die Sicherheitslage in Afghanistan im Berichtszeitraum weiterhin volatil: zwischen 1.3. und 31.5.2017 wurden von den Vereinten Nationen 6.252 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 2% gegenüber dem Vorjahreswert. Bewaffnete Zusammenstöße machten mit 64% den Großteil registrierter Vorfälle aus, während IEDs [Anm.:

improvised explosive device] 16% der Vorfälle ausmachten - gezielte Tötungen sind hingegen um 4% zurückgegangen. Die östlichen und südöstlichen Regionen zählten auch weiterhin zu den volatilsten; sicherheitsrelevante Vorfälle haben insbesondere in der östlichen Region um 22% gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Die Taliban haben hauptsächlich folgende Provinzen angegriffen: Badakhshan, Baghlan, Farah, Faryab, Helmand, Kunar, Kunduz, Laghman, Sar-e Pul, Zabul und Uruzgan. Talibanangriffe auf afghanische Sicherheitskräfte konnten durch internationale Unterstützung aus der Luft abgewiesen werden. Die Anzahl dieser Luftangriffe ist mit einem Plus von 112% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2016 deutlich gestiegen (UN GASC 20.6.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan 11.647 sicherheitsrelevante Vorfälle von 1.1.-31.5.2017 registriert (Stand: 31.5.2017) (INSO o.D.).

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Laut einem Bericht des amerikanischen Verteidigungsministeriums behielten die ANDSF, im Berichtszeitraum 1.12.2016-31.5.2017 trotz aufständischer Gruppierungen, auch weiterhin Kontrolle über große Bevölkerungszentren: Die ANDSF waren im Allgemeinen fähig große Bevölkerungszentren zu schützen, die Taliban davon abzuhalten gewisse Gebiete für einen längeren Zeitraum zu halten und auf Talibanangriffe zu reagieren. Die ANDSF konnten in städtischen Gebieten Siege für sich verbuchen, während die Taliban in gewissen ländlichen Gebieten Erfolge erzielen konnten, in denen die ANDSF keine dauernde Präsenz hatten. Spezialeinheiten der afghanischen Sicherheitskräfte (ASSF - Afghan Special Security Forces) leiteten effektiv offensive Befreiungsoperationen (US DOD 6.2017).

Bis Ende April 2017 lag die Truppenstärke der afghanischen Armee [ANA - Afghan National Army] bei 90,4% und die der afghanischen Nationalpolizei [ANP - Afghan National Police] bei 95,1% ihrer Sollstärke (UN GASC 20.6.2017).

High-profile Angriffe:

Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.5.2017).

Hauptstadt Kabul

Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert (DW 31.5.2017):

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben und mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im Diplomatenviertel in die Luft sprengte (FAZ 6.6.2017; vgl. auch:

al-Jazeera 31.5.2017; The Guardian 31.5.2017; BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Bedeutend ist der Angriffsort auch deswegen, da dieser als der sicherste und belebteste Teil der afghanischen Hauptstadt gilt. Kabul war in den Wochen vor diesem Anschlag relativ ruhig (al-Jazeera 31.5.2017).

(The Guardian 31.5.2017) [Anm.: man beachte, dass die Opferzahlen in dieser Grafik, publiziert am Tag des Anschlags, noch überhöht angegeben wurden]

Zunächst übernahm keine Gruppe Verantwortung für diesen Angriff; ein Talibansprecher verlautbarte nicht für diesen Vorfall verantwortlich zu sein (al-Jazeera 31.5.2017). Der afghanische Geheimdienst (NDS) macht das Haqqani-Netzwerk für diesen Vorfall verantwortlich (The Guardian 2.6.2017; vgl. auch: Fars News 7.6.2017); schlussendlich bekannte sich der Islamische Staat dazu (Fars News 7.6.2017).

Nach dem Anschlag im Diplomatenviertel in Kabul haben rund 1.000 Menschen, für mehr Sicherheit im Land und eine Verbesserung der Sicherheit in Kabul demonstriert (FAZ 2.6.2017). Bei dieser Demonstration kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften (The Guardian 2.6.2017); dabei wurden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche verletzt (FAZ 2.6.2017).

Auf der Trauerfeier für einen getöteten Demonstranten- den Sohn des stellvertretenden Senatspräsidenten - kam es am 3.6.2017 erneut zu einem Angriff, bei dem mindestens 20 Menschen getötet und 119 weitere verletzt worden waren. Polizeiberichten zufolge, waren während des Begräbnisses drei Bomben in schneller Folge explodiert (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017); die Selbstmordattentäter waren als Trauergäste verkleidet (The Guardian 3.6.2017). Hochrangige Regierungsvertreter, unter anderem auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, hatten an der Trauerfeier teilgenommen (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017).

Herat

Anfang Juni 2017 explodierte eine Bombe beim Haupteingang der historischen Moschee Jama Masjid; bei diesem Vorfall wurden mindestens 7 Menschen getötet und 15 weitere verletzt (Reuters 6.6.2017; vgl. auch: TMN 7.6.2017). Zu diesem Vorfall hat sich keine Terrorgruppe bekannt (TMN 7.6.2017; vgl. auch: US News 12.6.2017). Sirajuddin Haqqani - stellvertretender Leiter der Taliban und Führer des Haqqani Netzwerkes - verlautbarte, die Taliban wären für diese Angriffe in Kabul und Herat nicht verantwortlich (WP 12.6.2017).

Mazar-e Sharif

Auf der Militärbase Camp Shaheen in der nördlichen Stadt Mazar-e Sharif eröffnete Mitte Juni 2017 ein afghanischer Soldat das Feuer auf seine Kameraden und verletzte mindestens acht Soldaten (sieben US-amerikanische und einen afghanischen) (RFE/RL 17.6.2017).

Die Anzahl solcher "Insider-Angriffe" [Anm.: auch green-on-blue attack genannt] hat sich in den letzten Monaten erhöht. Unklar ist, ob die Angreifer abtrünnige Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte sind oder ob sie Eindringlinge sind, die Uniformen der afghanischen Armee tragen (RFE/RL 17.6.2017). Vor dem Vorfall im Camp Shaheen kam es dieses Jahr zu zwei weiteren registrierten Insider-Angriffen: der erste Vorfall dieses Jahres fand Mitte März auf einem Militärstützpunkt in Helmand statt: ein Offizier des afghanischen Militärs eröffnete das Feuer und verletzte drei US-amerikanische Soldaten (LWJ 11.6.2017; vgl. auch: al-Jazeera 11.6.2017).

Der zweite Vorfall fand am 10.6.2017 im Zuge einer militärischen Operation im Distrikt Achin in der Provinz Nangarhar statt, wo ein afghanischer Soldat drei US-amerikanische Soldaten tötete und einen weiteren verwundete; der Angreifer wurde bei diesem Vorfall ebenso getötet (BBC 10.6.21017; vgl. auch: LWJ 11.6.2017; DZ 11.6.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Afghanistan ist mit einer anhaltenden Bedrohung durch mehr als 20 aufständische Gruppen bzw. terroristische Netzwerke, die in der AfPak-Region operieren, konfrontiert; zu diesen Gruppierungen zählen unter anderem die Taliban, das Haqqani Netzwerk, der Islamische Staat und al-Qaida (US DOD 6.2017).

Taliban

Die Fähigkeiten der Taliban und ihrer Operationen variieren regional signifikant; sie verwerten aber weiterhin ihre begrenzten Erfolge, indem sie diese auf sozialen Medien und durch Propagandakampagnen als strategische Siege bewerben (US DOD 6.2017).

Die Taliban haben ihre diesjährige Frühjahrsoffensive "Operation Mansouri" am 28. April 2017 eröffnet (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch:

BBC 7.5.2017). In einer Stellungnahme verlautbarten sie folgende Ziele: um die Anzahl ziviler Opfer zu minimieren, wollen sie sich auf militärische und politische Ziele konzentrieren, indem ausländische Kräfte in Afghanistan, sowie ihre afghanischen Partner angegriffen werden sollen. Nichtdestotrotz gab es bezüglich der Zahl ziviler Opfer keine signifikante Verbesserung (UN GASC 20.6.2017).

Während des Berichtszeitraumes der Vereinten Nationen gelang es den Taliban den strategischen Distrikt Zaybak/Zebak in der Provinz Badakhshan zu erobern (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch: Pajhwok 11.5.2017); die afghanischen Sicherheitskräfte konnten den Distrikt einige Wochen später zurückerobern (Pajhwok 11.5.2017). Kurzfristig wurden auch der Distrikt Sangin in Helmand, der Distrikt Qal'ah-e Zal in Kunduz und der Distrikt Baha' al-Din in Takhar von den Taliban eingenommen (UN GASC 20.6.2017).

Bei einer Friedens- und Sicherheitskonferenz in Kabul wurde unter anderem überlegt, wie die radikal-islamischen Taliban an den Verhandlungstisch geholt werden könnten (Tagesschau 6.6.2017).

Präsident Ghani verlautbarte mit den Taliban reden zu wollen:

sollten die Taliban dem Friedensprozess beiwohnen, so werde die afghanische Regierung ihnen erlauben ein Büro zu eröffnen; dies sei ihre letzte Chance (WP 6.6.2017).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Der IS-Zweig in Afghanistan - teilweise bekannt als IS Khorasan - ist seit dem Jahr 2015 aktiv; er kämpft gegen die Taliban, sowie gegen die afghanischen und US-amerikanischen Kräfte (Dawn 7.5.2017; vgl. auch: DZ 14.6.2017). Der IS hat trotz verstärkter Militäroperationen, eine Präsenz in der Provinz Nangarhar (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch: DZ 14.6.2017).

Mehreren Quellen zufolge, eroberte der IS Mitte Juni 2017 die strategisch wichtige Festung der Taliban Tora Bora; bekannt als Zufluchtsort bin-Ladens. Die Taliban negieren den Sieg des IS und verlautbarten die Kämpfe würden anhalten (DZ 14.6.2017; vgl. auch:

NYT 14.6.2017; IBT 14.6.2017). Lokale Stammesälteste bestätigten hingen den Rückzug der Taliban aus großen Teilen Tora Boras (Dawn 16.6.2017).

Quellen:

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al-Jazeera (11.6.2017): US troops killed in 'insider attack' in Nangarhar,

http://www.aljazeera.com/news/2017/06/troops-killed-insider-attack-nangarhar-170610143131831.html, Zugriff 21.6.2017

-

al-Jazeera (31.5.2017): Kabul bombing: Huge explosion rocks diplomatic district,

http://www.aljazeera.com/news/2017/05/huge-blast-rocks-kabul-diplomatic-area-170531040318591.html, Zugriff 20.6.2017

-

BBC (10.6.2017): Afghanistan: US soldiers 'killed by commando' in Achin district, http://www.bbc.com/news/world-asia-40232491, Zugriff 21.6.2017

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BBC (31.5.2017): Kabul bomb: Diplomatic zone attack kills dozens, http://www.bbc.com/news/world-asia-40102903, Zugriff 20.6.2017

-

Dawn (16.7.2017): IS captures Tora Bora, Bin Laden's former hideout, https://www.dawn.com/news/1339807, Zugriff 21.6.2017

-

Dawn (7.5.2017): IS chief in Afghanistan killed, claims President Ashraf Ghani, https://www.dawn.com/news/1331700, Zugriff 8.5.2017

-

DW - Deutsche Welle (31.5.2017): Afghanistan: "Sicherheitslage hat sich verschlechtert",

http://www.dw.com/de/afghanistan-sicherheitslage-hat-sich-verschlechtert/a-39058179, Zugriff 20.6.2017

-

DZ - Die Zeit (14.6.2017): IS erobert strategisch wichtige Stellung von Taliban,

http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/afghanistan-islamischer-staat-kaempfe-taliban, Zugriff 21.6.2017

-

DZ - Die Zeit (11.6.2017): Taliban-Kämpfer infiltriert Armee und tötet US-Soldaten,

http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/afghanistan-taliban-insider-attacke-soldaten-usa-tote, Zugriff 21.6.2017

-

Fars News (7.6.2017): Kabul Blast Death Toll Rises to 150 as Deadly Attacks Continue,

http://en.farsnews.com/newstext.aspx?nn=13960317001159, Zugriff 21.6.2017

-

FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (6.6.2017): Zahl der Todesopfer steigt auf über 150, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afghanistan-zahl-der-opfer-in-kabul-steigt-auf-ueber-150-15048658.html, Zugriff 20.6.2017

-

FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (3.6.2017): Viele Tote bei Explosion auf Trauerfeier,

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/neuer-anschlag-in-kabul-viele-tote-bei-explosion-auf-trauerfeier-15045768.html, Zugriff 21.6.2017

-

IBT - International Business Times (14.6.2017): Isis captures Osama Bin Laden's Tora Bora fortress in Afghanistan, http://www.ibtimes.co.uk/isis-captures-osama-bin-ladens-tora-bora-fortress-afghanistan-1626265, Zugriff 21.6.2017

-

INSO - International NGO Safety Organisation (o.D.): Afghanistan - Total incidents per month for the current year to date, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan, Zugriff 20.6.2017

-

INSO - The International NGO Safety Organisation (2017):

Afghanistan - Gross Incident Rate, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan, Zugriff 23.2.2017

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LWJ - The Long War Journal (11.6.2017): Taliban 'infiltrator' kills 3 US soldiers in Nangarhar, http://www.longwarjournal.org/archives/2017/06/taliban-infiltrator-kills-3-us-soldiers-in-nangarhar.php, Zugriff 21.6.2017

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NYT - The New York Times (14.6.2017): ISIS Captures Tora Bora, Once Bin Laden's Afghan Fortress, https://www.nytimes.com/2017/06/14/world/asia/isis-captures-tora-bora-afghanistan.html?hp=&action=click&pgtype=Homepage&clickSource=story-heading&module=first-column-region&region=top-news&WT.nav=top-news&_r=0, Zugriff 21.6.2017

-

Pajhwok (11.5.2017): Afghan forces wrest back Badakhshan's Zebak district,

http://www.pajhwok.com/en/2017/05/11/afghan-forces-wrest-back-badakhshan%E2%80%99s-zebak-district, Zugriff 20.6.2017

-

Reuters (6.6.2017): Suspected bomb kills seven outside historic mosque in Afghanistan's Herat,

http://www.reuters.com/article/us-afghanistan-attack-idUSKBN18X1E0, Zugriff 21.6.2017

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RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (17.6.2017): Afghan Commando Reportedly Wounds Seven U.S. Troops In Mazar-e Sharif, https://www.rferl.org/a/afghanistan-soldier-killed-possible-insider-attack/28560504.html, Zugriff 21.6.2017

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Tagesschau (6.6.2017): Friedenskonferenz nach Terrorangriff, https://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan-konferenz-105.html, Zugriff 21.6.2017

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The Guardian (3.6.2017): At least seven killed in suicide bombing at high-profile funeral in Kabul, https://www.theguardian.com/world/2017/jun/03/kabul-explosions-afghanistan-people-killed-funeral-salim-ezadyar, Zugriff 20.6.2017

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The Guardian (2.6.2017): Afghans killed in anti-government protest after Kabul bombing,

https://www.theguardian.com/world/2017/jun/02/afghanistan-protesters-killed-kabul-bombing, Zugriff 20.6.2017

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The Guardian (31.5.2017): Kabul: at least 90 killed by massive car bomb in diplomatic quarter,

https://www.theguardian.com/world/2017/may/31/huge-explosion-kabul-presidential-palace-afghanistan, Zugriff 20.6.2017

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TMN - The Muslim News (7.6.2017): Afghanistan: Bomb attack near mosque kills 8 in Herat province, https://muslimnews.co.uk/news/middle-east/afghanistan-bomb-attack-near-mosque-kills-8-herat-province/, Zugriff 21.6.2017

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UN GASC - General Assembly Security Council (20.6.2017): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, as of June 15th 2017, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_-_15_june_2017.pdf, Zugriff 20.6.2017

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UN GASC - General Assembly Security Council (3.3.2017): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security,

http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/n1705111.pdf, Zugriff 8.5.2017

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UN GASC - United Nation General Assembly Security Council (7.3.2016): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2016/218, Zugriff 4.4.2016

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UN News Centre (31.5.2017): UN condemns terrorist attack in Kabul, underscores need to protect civilians, http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=56871#.WUk5x8vwCUk, Zugriff 20.6.2017

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US DOD - United States Department of Defense (6.2017): Enhancing Security and Stability in Afghanistan, https://www.defense.gov/Portals/1/Documents/Enhancing-Security-and-Stability-in-Afghanistan-June-2017.pdf, Zugriff 20.6.2017

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US News (12.6.2017): Taliban's No. 2 Denies Role in Kabul Bombing, https://www.usnews.com/news/world/articles/2017-06-12/talibans-no-2-denies-role-in-kabul-bombing, Zugriff 22.6.2017

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WP - Washington Post (12.6.2017): The Latest: 2 top Afghan security officials suspended,

https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/the-latest-2-top-

afghan-security-officials-suspended/2017/06/12/1879119c-4f42-11e7-b74e-0d2785d3083d_story.html?utm_term=.fd14b4a74b8a, Zugriff 22.6.2017

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WP - Washington Post (6.6.2017): Afghan peace conference opens in Kabul, days after city's deadliest attack in years, https://www.washingtonpost.com/world/afghan-peace-conference-opens-in-kabul-under-rocket-fire/2017/06/06/40d1cd32-2ae8-42a6-8d68-6ea04bb3cfc9_story.html?utm_term=.abe31cb01667, Zugriff 21.6.2017

KI vom 11.5.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q1.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Den Vereinten Nationen zufolge hat sich im Jahr 2016 die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtert; dieser Trend zieht sich bis ins Jahr 2017. Gefechte fanden vorwiegend in den folgenden fünf Provinzen im Süden und Osten statt: Helmand, Nangarhar, Kandahar, Kunar und Ghazni; 50% aller Vorfälle wurden in diesen Regionen verzeichnet (für das Jahr 2016 wurden 23.712 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert). Doch der Konflikt hat sich geographisch ausgeweitet, da die Taliban ihre Aktivitäten in Nord- und Nordostafghanistan, sowie in der westlichen Provinz Farah, verstärkt haben. In den Provinzhauptstädten von Farah, Kunduz, Helmand und Uruzgan übten die Taliban Druck auf die Regierung aus. Wesentlich für die Machterhaltung der Regierung in diesen Provinzhauptstädten war die Entsendung afghanischer Spezialeinheiten und die Luftunterstützung durch internationale und afghanische Kräfte (UN GASC 3.3.2017).

INSO berichtet für den Zeitraum Jänner - März 2017 von insgesamt

6.799 sicherheitsrelevanten Vorfällen in ganz Afghanistan (INSO o. D.):

Im Jahr 2016 hat sich die Zahl der Gefechte zwischen Taliban und Regierungskräften (meist Angriffe der Taliban) um 22% erhöht und machen damit 63% der sicherheitsrelevanten Vorfälle aus. Die Anzahl der IED-Vorfälle war 2016 um 25% niedriger als im Jahr davor und ist damit weiterhin rückläufig (UN GASC 3.3.2017).

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Die afghanischen Sicherheitskräfte sind auch weiterhin signifikanten Herausforderungen ausgesetzt - speziell was ihre operative Leistungsfähigkeit betrifft: Schwächen in den Bereichen Führung und Kontrolle, Leitung und Logistik, sowie hohe Ausfallsraten, haben maßgebliche Auswirkungen auf Moral, Rekrutierung und Leistungsfähigkeit (UN GASC 3.3.2017). Dennoch haben die afghanischen Sicherheitskräfte hart gegen den Talibanaufstand und terroristische Gruppierungen gekämpft und mussten dabei hohe Verluste hinnehmen. Gleichzeitig wurden qualitativ hochwertige Spezialeinheiten entwickelt und Aufständische davon abgehalten Bevölkerungszentren einzunehmen oder zu halten (SIGAR 30.4.2017).

Der sich intensivierende Konflikt hat zunehmend Opfer bei Sicherheitskräften und Taliban gefordert. Die Rate der Neu- bzw. Weiterverpflichtungen ist zu niedrig, um die zunehmenden Desertionen und Ausfälle zu kompensieren. Bis Februar 2016 war die Truppenstärke des afghanischen Heeres bei 86% und die der afghanischen Nationalpolizei auf 94% ihres geplanten Mannschaftsstandes (UN GASC 3.3.2017).

Berichtszeitraum 18.11.2016 bis 14.2.2017

Im Berichtszeitraum wurden von den Vereinten Nationen 5.160 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert; dies bedeutet eine Erhöhung von 10% zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 (UN GASC 3.3.2017).

Im Jänner 2017 wurden 1.877 bewaffnete Zusammenstöße registriert; die Anzahl hatte sich gegenüber dem vorigen Vergleichszeitraum um 30 erhöht. Im Berichtszeitraum haben sich IED-Angriffe im Vergleich zum Vorjahr um 11% verstärkt (UN GASC 3.3.2017).

High-profile Angriffe:

Nahe der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif in der afghanischen Nordprovinz Balkh, sind bei einem Angriff der Taliban auf eine Militärbasis mindestens 140 Soldaten getötet und mehr als 160 verwundet worden (FAZ 21.4.2017; vgl. auch: al-Jazeera 29.4.2017, Reuters 23.4.2017). Balkh gehört zu den eher sicheren Provinzen Afghanistans; dort ist die Kommandozentrale für den gesamten Norden des Landes (FAZ 21.4.2017). Dies war afghanischen Regierungskreisen zufolge, der bislang folgenschwerste Angriff auf einen Militärstützpunkt. Laut dem Sprecher der Taliban war der Angriff die Vergeltung für die Tötung mehrerer ranghoher Rebellenführer. Vier der Angreifer seien in die Armee eingeschleust worden. Sie hätten dort einige Zeit ihren Dienst verrichtet. Das wurde aber von der afghanischen Armee nicht bestätigt (Reuters 23.4.2017).

Dies ist der zweite Angriff auf eine Militäreinrichtung innerhalb weniger Monate, nach dem Angriff auf ein Militärkrankenhaus in Kabul Anfang März, zu dem sich die Terrormiliz Islamischer Staat bekannt hatte. Damals kamen mindestens 49 Menschen ums Leben und 76 weitere wurden verletzt (FAZ 21.4.2017; vgl. auch: BBC 8.5.2017, NYT 7.5.2017, Dawn 7.5.2017, SIGAR 30.4.2017, FAZ 8.3.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Angaben, welche Gebiete von den Aufständischen in Afghanistan kontrolliert werden, sind unterschiedlich: Schätzungen der BBC zufolge, wird bis zu ein Drittel des Landes von den Taliban kontrolliert (BBC 9.5.2017). Einer US-amerikanischen Quelle zufolge stehen 59,7% der Distrikte unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Sicherkräfte (Stand: 20.2.2017); was eine Steigerung von 2,5% gegenüber dem letzten Quartal wäre; jedoch einen Rückgang von 11% gegenüber dem Vergleichswert des Jahres 2016. Die Anzahl der Distrikte, die unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen sind, hat sich in diesem Quartal um 4 Distrikte vermehrt: es sind dies 45 Distrikte in 15 Provinzen (SIGAR 30.4.2017). Die ANDSF konnten die Taliban davon abhalten Provinzhauptstädte einzunehmen oder zu halten; die Aufständischen haben die Kontrolle über gewisse ländliche Gebiete behalten. (SIGAR 30.4.2017).

(SIGAR 30.4.2017).

Taliban

Die Taliban haben ihre diesjährige Frühjahrsoffensive Ende April 2017 eröffnet; seitdem kommt es zu verstärkten Gefechtshandlungen in Nordafghanistan (BBC 7.5.2017). Bisher haben die Taliban ihre alljährliche Kampfsaison durch die Frühjahrsoffensive eingeläutet; allerdings haben dieses Jahr die Taliban-Aufständischen auch in den Wintermonaten weitergekämpft (BBC 28.4.2017).

Helmand

Die Taliban haben den Druck auf die Provinz Helmand erhöht; heftige Gefechte fanden Ende Jänner und Anfang Februar im Distrikt Sangin statt (UN GASC 3.3.2017): 10 der 14 Distrikte in Helmand werden entweder von den Taliban kontrolliert oder sind umstritten. In die Provinz Helmand wurde bereits eine Anzahl US-amerikanischer Soldaten entsendet (al-Jazeera 29.4.2017; vgl. auch: Khaama Press 11.4.2017). Auch das afghanische Verteidigungsministerium hat Befreiungsoperationen gestartet, die sogenannten Khalid-Operationen in Helmand aus den beiden Distrikten, Garamser und Nad-e Ali heraus (Khaama Press 11.4.2017). Militärischen Quellen zufolge, wurde im Mai eine riesige Kommandozentrale der Taliban im Distrikt Nad-e Ali zerstört (Sputnik News 10.5.2017).

Kunduz

Seit zwei Jahren ist Kunduz Zentrum intensiver Gefechte zwischen Taliban und Sicherheitskräften (LWJ 9.5.2017); die Stadt Kunduz fiel zweimal bevor die ANDSF und die Koalitionskräfte sie wieder unter ihre Kontrolle bringen konnten (SIGAR 30.4.2017; vgl. auch: LWJ 9.5.2017).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Der IS-Zweig in Afghanistan - teilweise bekannt als IS Khorasan - ist seit dem Jahr 2015 aktiv; er kämpft gegen die Taliban, sowie auch gegen die afghanischen und US-amerikanischen Kräfte (Dawn 7.5.2017). Der

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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