TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/9 I408 1416857-2

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Veröffentlicht am 09.04.2018
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Entscheidungsdatum

09.04.2018

Norm

AVG §68 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §22 Abs1

Spruch

I408 1416857-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX StA. ALGERIEN, vertreten durch: MitgrantInnenverein St. Marx gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 10.01.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II Der Antrag auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte nach am 21.11.2010 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.03.2014, I403 14146857-1/35E als unbegründet abgewiesen und das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung an die belangte Behörde zurückgewiesen wurde.

2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20.10.2017, Zl. XXXX, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und gleichzeitig ein Einreiseverbot für die Dauer von 10 Jahren verhängt.

3. Noch am selben Tag stellte der Beschwerdeführer aus der Schubhaft heraus einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er brachte dabei vor, dass er von der negativen Asylentscheidung nichts erfahren habe, weil er zu dieser Zeit in Haft gewesen sei. Er bereue sein altes Leben und seine Sünden, wolle mit Drogen nichts mehr zu tun haben und möchte hier eine Familie gründen und Kinder bekommen. Deshalb stelle er einen neuerlichen Asylantrag.

4. Mit der Ladung zur Einvernahme durch die belangte Behörde am 10.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die belangte Behörde beabsichtige diesen neuerlichen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

5. In seiner Einvernahme am 10.01.2018 führte er zu seinem Fluchtgrund befragt an, dass er eine Beziehung mit einer verheirateten Frau habe, die er seit 2014 kenne, mit der er seit 26.11.2017 wieder Kontakt aufgenommen habe, die sich nun von ihrem Ehemann scheiden lassen wolle und er bei ihr und ihrem Sohn lebe. Er verwies auf seine Fluchtgründe im ersten Asylverfahren und ergänzte, dass er hier seine Freundin heiraten und in Frieden leben möchte, ohne weitere Probleme zu verursachen.

9. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 10.01.2018, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück.

10. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht am 31.01.2018 eingebrachte Beschwerde, in der beantragt wurde, (1) festzustellen, dass die Zurückweisung gemäß § 68 AVG nicht zulässig ist, (2) die Sache an das BAA (gemeint BFA) zurückzuweisen und die notwendigen Ermittlungsschritte anzuordnen, (3) eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, um schließlich Asyl oder in eventu subsidiären Schutz zu gewähren und (4) unabhängig davon festzustellen, dass die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet auf Dauer unzulässig ist. Außerdem wurde die Gewährung der aufschiebenden Wirkung beantragt, da ansonsten für den Beschwerdeführer ein nicht wiedergutzumachender Nachteil entstehen würde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Algerien und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer weist insgesamt 5 rechtskräftige Vorstrafen.

Sein (erster) Antrag auf Asyl - er sei aus ökonomischen Gründen geflüchtet (Erstbefragung am 22.11.2010) und er rechne als Wehrdienstverweigerer bei einer Rückkehr mit einer Gefängnisstrafe (Beschwerde vom 12.10.2010) - wurde rechtskräftig abgewiesen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20.10.2017, Zl. XXXX erging gegen den Beschwerdeführer eine - seit 24.11.2017 rechtskräftige - Rückkehrentscheidung, verbunden mit einem 10-jährigen Einreiseverbot.

Bei seinem nunmehr zweiten Asylantrag brachte der Beschwerdeführer keinen neuen Fluchtgrund vor. So gab er bei seiner Ersteinvernahme nur an, dass er sein altes Leben und seine Sünden bereue und hier (in Österreich) eine Familie Gründen und Kinder bekommen möchte. In Algerien müsse er auf der Straße leben, er habe dort keine Perspektive, keine Existenz, keine Familie (AS 9). Auch bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde antwortete er auf die Frage, was nun konkret seinen neuen Fluchtgründe wären, dass er hier mit seiner Freundin leben, diese nach ihrer Scheidung heiraten und hier in Frieden leben möchte, ohne weitere Probleme zu verursachen (AS 185).

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Feststellungen ergeben sich aus den dort angeführten Einvernahmen, Bescheiden und dem ho. Erkenntnis vom 17.03.2014.

Diesem Sachverhalt wird auch in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

Wenn in der Beschwerde eine neuerliche Entscheidung mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe ein Kind in Österreich, er könne es aber derzeit nicht nachweisen, moniert wird, wird übersehen, dass sich die belangte Behörde mit dieser Frage in ihrer Entscheidung bez. Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot (Bescheid vom 20.10.2017, Zl. XXXX) auseinandergesetzt und berücksichtigt hat und der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vom 10.01.2018 selbst angibt, dass er nicht der Vater des Kindes ist (AS 200).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides)

§ 68 Abs. 1 AVG soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderungen der Sach- oder Rechtslage) verhindern. Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt. Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens maßgeblichen tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt. Dabei kommt es allein auf den normativen Inhalt des bescheidmäßigen Abspruches des rechtskräftig gewordenen Vorbescheides an (vgl. zu allem etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2008, Zl. 2005/11/0102, mwN). Bei der Prüfung, ob eine relevante Sachverhaltsänderung behauptet wird, ist - nach wie vor - die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum "glaubhaften Kern" maßgeblich. Danach kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtliche Relevanz zukäme. Die Behörde hat sich mit der behaupteten Sachverhaltsänderung bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit der (neuerlichen) Antragstellung insoweit auseinander zu setzen, als von ihr - gegebenenfalls auf der Grundlage eines durchzuführenden Ermittlungsverfahrens - festzustellen ist, ob die neu vorgebrachten Tatsachen zumindest einen (glaubhaften) Kern aufweisen, dem für die Entscheidung Relevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. auch hiezu das zitierte hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2008, mwN; zum "glaubhaften Kern" im Asylverfahren nach AsylG 1997 vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2006, Zl. 2006/19/0380, mwN).

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer nichts vorgebracht, welches ein neuerliches Aufrollen des bereits rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens rechtfertigen würde.

Da gegen den Beschwerdeführer zudem eine rechtskräftige, mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung vorliegt und auch in der Beschwerde keine neuen Tatsachen hervorgekommen sind, die eine Neubemessung der Dauer des Einreiseverbotes erforderlich machen, ist im Einklang mit der Rechtsprechung des VwGH zu Recht eine neuerliche Rückkehrentscheidung unterblieben (VwGH vom 12.02.2018, Ra 2017/18/0332).

3.2. Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

Gemäß § 22 Abs. 1 VwGVG haben Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG keine aufschiebende Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Andauern der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Diese Voraussetzungen für die Zuerkennung (Gewährung) einer aufschiebenden Wirkung waren im gegenständlichen Fall nicht gegeben.

3.3. Unterbleiben der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt [vgl. dazu insbesondere die Ausführungen unter II.2.], sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Antragsbegehren, aufschiebende Wirkung, Folgeantrag, Identität der
Sache, mangelnder Anknüpfungspunkt, Prozesshindernis der
entschiedenen Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I408.1416857.2.00

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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