Entscheidungsdatum
10.04.2018Norm
BBG §40Spruch
W261 2166612-1/8E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und den Richter Mag. Markus BELFIN sowie den fachkundigen Laienrichter Herbert PICHLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien vom 07.06.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, beschlossen:
A)
Das Verfahren wird gemäß § 41 Abs. 3 BBG eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer war seit 15.11.2010 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. Dies erfolgte auf Grundlage eines kinderfachärztlichen Sachverständigengutachtens vom 12.10.2010, in welchem die Funktionseinschränkung "Diabetes mellitus Typ 1" mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. eingestuft wurde. Der Gutachter empfahl eine Nachuntersuchung im Oktober 2016, da eine Stabilisierung des Leidens möglich erschien. Aus diesem Grund stellte das Sozialministeriumservice (damalige Kurzbezeichnung: Bundessozialamt; in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) den Behindertenpass des Beschwerdeführers befristet bis 31.10.2016 aus.
Am 05.04.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Neuausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde und legte dabei ein Konvolut an medizinischen Unterlagen vor.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 01.06.2017 erstatteten Gutachten vom 02.06.2017 stufte die allgemeinmedizinische Sachverständige folgende Funktionseinschränkungen ein:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Diabetes mellitus Oberer Rahmensatz, da Insulinpumpentherapie
09.02.02
40
2
Hypertonie Fixer Richtsatz
05.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.
Als
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde festgehalten, dass der führende Grad der Behinderung unter der Position 1 durch das Leiden 2 nicht erhöht werde, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliege. Im Vergleich zum Vorgutachten ergebe sich eine geänderte Einschätzung, da mit Erreichen des Erwachsenenalters durch den Beschwerdeführer nunmehr die Richtsätze für Erwachsene nach der Einschätzungsverordnung angewendet würden, weshalb der Gesamtgrad der Behinderung um eine Stufe herabgesenkt werde.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.06.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 40 v.H. ergeben habe, womit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die belangte Behörde übermittelte mit dem Bescheid das ärztliche Sachverständigengutachten an den Beschwerdeführer.
Mit Schreiben vom 20.07.2017 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht die gegenständliche Beschwerde. Darin brachte er im Wesentlichen vor, sein Gesundheitszustand habe sich durch das Erreichen des Erwachsenenalters nicht verbessert, weshalb er mit der Herabsetzung des Grades der Behinderung nicht einverstanden sei. Der hohe Blutdruck sei eine Folge von Diabetes. Die nicht ganz korrekte Einstellung des Diabetes habe im Mai und im Juni zu stationären Spitalsaufenthalten des Beschwerdeführers aufgrund von Ketoazidosen geführt. Durch die Herabsetzung des Grades der Behinderung auf 40 v. H. verliere der Beschwerdeführer auch seinen Kündigungsschutz. Er müsse jedoch auch am Arbeitsplatz die mit dem Diabetes-Leiden zusammenhängenden Aktivitäten wie Messung des Blutzuckers, Essen und Insulinverabreichung durchführen können, was ohne einen Behindertenpass nicht gewährleistet werden könne bzw. ein Risiko einer Kündigung durch diese "von der Arbeit abhaltenden Tätigkeiten" bewirke. Der Beschwerdeführer ersuche daher um erneute Prüfung und stehe für eine fachärztliche Untersuchung selbstverständlich zur Verfügung. Der Beschwerde schloss er ein Konvolut an medizinischen Befunden an.
Zur Überprüfung des Beschwerdevorbringens erteilte das Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 09.08.2017 einen Auftrag zur Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich Innere Medizin, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers. Das Gericht ersuchte, zum Beschwerdevorbringen und den im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Befunden, insbesondere zu jenen betreffend die Ketoazidosen, Stellung zu nehmen.
Der Beschwerdeführer wurde für einen Untersuchungstermin bei einem medizinischen Sachverständigen aus dem Fach Innere Medizin am 31.10.2017 vorgeladen. Diesem Untersuchungstermin blieb der Beschwerdeführer unentschuldigt fern.
Mit Schreiben vom 04.01.2018 forderte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer letztmalig auf, sich am 30.01.2018 zur Untersuchung bei dem beauftragten Sachverständigen für Innere Medizin einzufinden. In dieser letztmaligen Aufforderung wurde der Beschwerdeführer nachweislich darauf hingewiesen, dass eine Terminverhinderung unverzüglich dem Bundesverwaltungsgericht zu melden sei. Ebenso wurde er darin darauf aufmerksam gemacht, dass es sich um eine letztmalige Aufforderung handle und für den Fall, dass der Beschwerdeführer ohne triftigen Grund der Aufforderung zum Erscheinen zu der ärztlichen Untersuchung nicht nachkommen sollte, das gegenständliche Verfahren gemäß § 41 Abs. 3 Bundesbehindertengesetz eingestellt werde.
Dieses Schreiben wurde an die Adresse, an welcher der Beschwerdeführer laut Auskunft aus dem Zentralen Melderegister vom 23.03.2018 seit 07.10.2011 mit Hauptwohnsitz gemeldet ist, zugestellt.
Die Zustellung erfolgte laut unbedenklichem Rückschein nach erfolglosem Zustellversuch am 09.01.2018 an die im Zentralen Melderegister als Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers eingetragene Adresse durch Hinterlegung beim Zustellpostamt mit Beginn der Abholfrist am 10.01.2018. Über die Hinterlegung wurde eine Verständigung in der Abgabeeinrichtung des Beschwerdeführers eingelegt, und erfolgte die persönliche Übernahme des Schreibens durch den Beschwerdeführer laut Rückschein am 23.01.2018.
Am 30.01.2018 vermerkte der vom Bundesverwaltungsgericht beauftragte der internistische Sachverständige, dass der Beschwerdeführer nicht zur Untersuchung erschienen sei. Beim Bundesverwaltungsgericht ging bis zu diesem Zeitpunkt keine Meldung des Beschwerdeführers über etwaige Gründe einer Verhinderung zur Wahrnehmung des Untersuchungstermins ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer war für einen Untersuchungstermin bei einem medizinischen Sachverständigen für Innere Medizin am 31.10.2017 vorgeladen.
Da er diesen Termin unentschuldigt nicht wahrnahm, forderte ihn das Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 04.01.2018 letztmalig auf, sich zu einem neuerlichen Untersuchungstermin am 30.01.2018 einzufinden. Der Beschwerdeführer übernahm dieses Schreiben nachweislich am 23.01.2018.
Diesem letztmaligen Termin blieb er ebenso unentschuldigt und ohne Bekanntgabe triftiger Gründe fern.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt, insbesondere aus dem Vermerk "nicht erschienen" des vom Bundesverwaltungsgericht beauftragten internistischen Sachverständigen vom 30.01.2018 und aus dem unbedenklichen Rückschein RSb, wonach die eigenhändige Übernahme der letztmaligen Ladung vom Beschwerdeführer bestätigt wird.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
(3) Entspricht ein Behindertenpasswerber oder der Inhaber eines Behindertenpasses ohne triftigen Grund einer schriftlichen Aufforderung zum Erscheinen zu einer zumutbaren ärztlichen Untersuchung nicht, verweigert er eine für die Entscheidungsfindung unerlässliche ärztliche Untersuchung oder weigert er sich, die zur Durchführung des Verfahrens unerlässlichen Angaben zu machen, ist das Verfahren einzustellen. Er ist nachweislich auf die Folgen seines Verhaltens hinzuweisen."
Da der Beschwerdeführer den für 31.10.2017 festgesetzten Untersuchungstermin ohne triftigen Grund und unentschuldigt nicht wahrnahm, wurde er vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 04.01.2018 letztmalig aufgefordert sich am 30.01.2018 zur ärztlichen Untersuchung beim Sozialministeriumservice einzufinden. Das Bundesverwaltungsgericht wies den Beschwerdeführer dabei ausdrücklich auf die Folgen des Nichterscheinens hin. Der Beschwerdeführer übernahm dieses Schreiben nachweislich am 23.01.2018.
Der Beschwerdeführer kam dieser letztmaligen Aufforderung zu einer ärztlichen Untersuchung erneut ohne triftigen Grund nicht nach.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und das Verfahren einzustellen.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 Abs. 3 AVG wird verwiesen.
Schlagworte
Untersuchung, VerfahrenseinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W261.2166612.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.04.2018