TE OGH 2018/3/21 9Ob82/17z

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Veröffentlicht am 21.03.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei c***** AG, *****, vertreten durch Dr. Walter Pfliegler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (30.500 EUR) und Urteilsveröffentlichung (4.400 EUR), über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 13. September 2017, GZ 4 R 85/17z-60, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Handelsgerichts Wien vom 7. April 2017, GZ 11 Cg 51/12f-52, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 10. Mai 2017 (ON 56), nicht Folge, der Berufung der klagenden Partei hingegen teilweise Folge, gegeben wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Den Revisionen beider Parteien wird nicht Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist ein gemäß § 29 KSchG zur Erhebung von Unterlassungsansprüchen nach den §§ 28 f KSchG befugter Verband. Die Beklagte betreibt das Kreditkartengeschäft. Die vorliegenden Revisionen betreffen ein weiteres Teilurteil in dem zwischen den Streitteilen geführten Verbandsprozess über verschiedene Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten (s die Vorentscheidungen 9 Ob 56/13w; 9 Ob 7/15t; 9 Ob 46/16d). Verfahrensgegenständlich sind (nach der Systematik der Klage)

- die Klauseln 14, 17, 21, 26 und 27 aus Klauselwerk A („Informationspflichten und Vertragsbedingungen gem. § 28 Zahlungsdienstegesetz [ZaDiG]“, „Informationen gem. §§ 5, 7 und 8 Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz [FernFinG]“ und „Allgemeine Geschäftsbedingungen für Kreditkarten“, jeweils Punkte I. bis III. der Fassungen von November 2009 bis März 2012, Beil ./2 bis ./6),

- die Klausel 5 aus Klauselwerk B („Geschäftsbedingungen für die elektronische Zusendung der Monatsrechnung per E-Mail der c***** AG“, Beil ./1).

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren der Klägerin hinsichtlich der Klauseln 5, 17, 21, 26 und 27 unter Setzung einer Leistungsfrist von sechs Monaten statt und wies es hinsichtlich der Klausel 14 ab. Die Entscheidung über das Veröffentlichungsbegehren und die Kostenentscheidung wurde der Endentscheidung vorbehalten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten (mit einer Maßgabebestätigung, s unter II.1.) nicht Folge, der Berufung der Klägerin dagegen teilweise Folge und gab dem Klagebegehren auch hinsichtlich der Klausel 14, nicht aber hinsichtlich der von der Klägerin bekämpften Leistungsfrist zum Aspekt des „Sich-[hierauf-]Berufens“ statt. Die ordentliche Revision sei schon im Hinblick auf die aktuelle Judikaturdivergenz zur Leistungsfrist zulässig.

In ihren dagegen gerichteten Revisionen beantragen die Streitteile jeweils die Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts im Sinn einer gänzlichen Klagsstattgebung bzw -abweisung.

Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben. Die Beklagte beantragt, der Revision der Klägerin keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind zulässig, jedoch nicht berechtigt.

I. Die Auslegungsgrundsätze für Allgemeine Geschäftsbedingungen und Vertragsformblätter wurden bereits in den genannten Vorentscheidungen dargelegt, worauf verwiesen wird. Die Behandlung der einzelnen Klauseln folgt der in den Revisionen gewählten Reihenfolge.

II. Zur Revision der Beklagten

1. Klausel 5 und Klausel 26

Klausel 5 lautet: „Die geänderten Geschäftsbedingungen werden dem KI über www.c*****.com zugänglich gemacht.“

Klausel 26 lautet: „Eine Änderung dieser AGB wird dem KI schriftlich zur Kenntnis gebracht und gilt nach Ablauf einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung als genehmigt, wenn der KI nicht schriftlich unterfertigt innerhalb dieser Frist widerspricht. Die geänderten AGB werden dem KI über www.c*****.com zugänglich gemacht. Ein Widerspruch berechtigt beide Vertragsparteien zur Auflösung des Kartenvertrages aus wichtigem Grund. C***** wird den KI auf die Änderung der AGB, die zweimonatige Frist, den Fristbeginn, die Bedeutung seines Verhaltens und die ihm zustehenden Rechte besonders hinweisen.“

Die Klägerin brachte vor: Dass die geänderten Geschäftsbedingungen dem Karteninhaber bloß über die Homepage zugänglich gemacht würden, verstoße gegen § 29 Abs 1 ZaDiG. Änderungen des Rahmenvertrags müssten dem Zahlungsdienstnutzer in der in § 26 Abs 1 Z 1 ZaDiG vorgesehenen Weise mitgeteilt werden. Hinsichtlich Klausel 5 fehle es auch nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Die Klausel sei nicht ident mit Klausel 26, sondern nur sinngleich mit dessen Satz 2. Die Klauseln seien auch Bestandteil unterschiedlicher Klauselwerke. Bezüglich Klausel 26 1., 3. und 4. Satz stehe das Recht zur außerordentlichen Kündigung im Fall des Widerspruchs gemäß § 29 Abs 1 Z 2 lit b ZaDiG nur dem Zahlungsdienstnutzer, nicht aber dem Zahlungsdienstleister zu. Dieser habe eine Kündigungsfrist von zwei Monaten einzuhalten. Ein Widerspruch gegen Änderungen des Rahmenvertrags durch den Zahlungsdienstnutzer sei auch kein hinreichender Grund für eine außerordentliche Kündigung durch den Zahlungsdienstleister. Auch werde der Kunde nicht auf sein kostenloses fristloses Kündigungsrecht hingewiesen. Nicht zuletzt ermögliche die Klausel weitreichende Änderungen im Wege einer Zustimmungsfiktion, was gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB sei.

Die Beklagte wandte ein, für ein doppeltes spruchgemäßes Unterlassungsgebot zum selben Aspekt bestehe kein Anlass. Klausel 5 sei für sich genommen auch nicht unzulässig. Wenn im Anbahnungsstadium des Vertrags die Bereithaltung auf einem dauerhaften Datenträger zulässig sei (§ 26 ZaDiG), müsse dies auch im Änderungsstadium gelten. Der bekämpfte Klauselsatz sei im Zusammenhang mit der in Punkt 6. des Klauselwerks B getroffenen Regelung zu lesen, mit der sich die Beklagte verpflichtet habe, eine Änderung der Geschäftsbedingungen dem Karteninhaber (KI) schriftlich zur Kenntnis zu bringen. Dies sei auch in Klausel 26 enthalten. In der Anbahnungsphase werde eine Vereinbarung dahin getroffen, dass der Rahmenvertrag ebenso wie Änderungen auf einem anderen dauerhaften Datenträger mitgeteilt werde. Der schriftliche Hinweis, dass eine Änderung des Rahmenvertrags stattfinden solle und die Zurverfügungstellung der geänderten Fassung des Rahmenvertrags im Wege der Website zugänglich gemacht werde, sei daher zulässig.

Der Vertrag enthalte kein Kündigungsentgelt. Ein Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB liege nicht vor. Die bloß abstrakte Möglichkeit einer Umgestaltung des Vertragsgefüges schade nicht, weil dies „prinzipiell bei jedem Vertragsverhältnis passieren“ könne und der Karteninhaber das Vertragsverhältnis ohnehin fristlos beenden könne. Dass ein vom Karteninhaber erhobener Widerspruch für beide Vertragspartner als wichtiger Grund für eine vorzeitige Kündigung anzusehen sei, sei vereinbart.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass die teilweise Wiederholung des Unterlassungsgebots zu Klausel 5 in Hinblick auf das umfassende Unterlassungsgebot zu Klausel 26 ersatzlos entfalle. Hinsichtlich der Klausel 26 ergebe sich die Unzulässigkeit der Klausel aus der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Unzulässigkeit unbeschränkter Zustimmungsfiktionen. Dasselbe gelte für die Klausel 5, wenn man sie nicht nur in dem von der Klägerin herausgegriffenen Teilaspekt, sondern in ihrer Gesamtheit (gleichartige Klausel 6) betrachte, die im Wesentlichen laute:

„Punkt 6. in Klauselwerk B

Eine Änderung dieser [Geschäftsbedingungen] wird dem KI schriftlich zur Kenntnis gebracht. Diese Änderung tritt nach Ablauf einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung in Kraft und gilt als genehmigt, wenn der KI […] innerhalb dieser Frist nicht […] widerruft. Die geänderten Geschäftsbedingungen werden dem KI über www.c*****.com zugänglich gemacht. C***** wird den Karteninhaber auf die Änderung der Geschäftsbedingungen, die zweimonatige Frist, den Fristbeginn und die Bedeutung seines Verhaltens besonders hinweisen.“

Würde der Beklagten nur der eine Satz verboten, bliebe der Rest, eine uferlose Änderungsmöglichkeit mittels Zustimmungsfiktion trotz Intransparenz bestehen. Bei einem solchen (Teil-)Verbot käme es auch nicht zum Hinzutreten des für richtig erachteten „Mitteilens“, wodurch die Rechtsposition des Verbrauchers nur verschlechtert würde. Ein nahezu identes Unterlassungsgebot sei im Spruch aber nicht zu wiederholen.

In ihrer Revision macht die Beklagte geltend, neben der formalen Ausschaltung aus dem Spruch wäre die Abweisung des diesbezüglichen Klagspunktes auszusprechen gewesen. Die Rechtsprechung zu den pauschalen Änderungsklauseln sei nicht anwendbar, weil es sich um eine schlichte Zusatzvereinbarung zum Vertrag des Karteninhabers handle, die nur einen engen Änderungsbereich, die Regelung des Zustellvorgangs, betreffe.

Dazu war zu erwägen:

Auch wenn Klausel 26 den formalen Vorgaben des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG entspricht, ist ihre Zulässigkeit weiter nach § 6 Abs 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB zu prüfen (s RIS-Justiz RS0128865).

Eine Klausel, die Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß unbeschränkt zulässt und nicht einmal ansatzweise irgendeine Beschränkung erkennen lässt, die den Verbraucher vor dem Eintritt unangemessener Nachteile schützen könnte, verstößt gegen das Transparenzgebot. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Klausel eine Änderung wesentlicher Pflichten der Parteien (Leistung und Gegenleistung) zugunsten des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in nahezu jede Richtung und in unbeschränktem Ausmaß zulässt. Es ist jedoch nicht jede Vertragsanpassung über eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Zustimmungsfiktion unzulässig, sondern nur eine völlig uneingeschränkte (RIS-Justiz RS0128865). In der dieser Rechtsprechung zugrundeliegenden Entscheidung 1 Ob 210/12g missbilligte der Oberste Gerichtshof die mit einer solchen Klausel verbundene „uneingeschränkte Möglichkeit eines Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, das Äquivalenzverhältnis von Leistungen und Gegenleistungen über eine Zustimmungsfiktion erheblich zu seinen Gunsten zu verschieben und die Position des Vertragspartners zu entwerten“ und erkannte deshalb einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB. Daran wurde auch in der Folge festgehalten. Da Klausel 26 ein unbeschränktes Änderungsrecht beinhaltet, ist sie unzulässig.

Die Ausführungen der Beklagten geben keinen Anlass, von dieser Beurteilung abzugehen. Das Argument, dass der Karteninhaber das Vertragsverhältnis ohnedies jederzeit kostenlos und fristlos beenden könne, verkennt den Zweck des Transparenzgebots, das im Fall seiner Missachtung nicht auf den Verlust des Vertrags abzielt. Ziel des Transparenzgebots ist es vielmehr, eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung Allgemeiner Vertragsbestimmungen sicherzustellen, um zu verhindern, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Durchschnittsverbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird, ihm unberechtigte Pflichten abverlangt werden, ohne dass er sich zur Wehr setzt, oder er über Rechtsfolgen getäuscht oder ihm ein unzutreffendes oder unklares Bild seiner vertraglichen Position vermittelt wird (RIS-Justiz RS0115219 [T9; s auch T43]). Auch dass Neukunden mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen konfrontiert werden können, die den geänderten entsprechen, steht dem nicht entgegen, weil diese dann nicht schon durch Zustimmungsfiktion Vertragsinhalt werden, sondern, wie die Beklagte selbst erkennt, gültig vereinbart werden müssen.

Auch Klausel 5 enthält keine entsprechende Einschränkung. Richtig ist, dass jene Geschäftsbedingungen (Klauselwerk B, Beil ./1) nur die elektronische Zusendung der Monatsrechnung per E-Mail zum Regelungsgegenstand haben. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der bezughabende Vertragspunkt 6., dessen Teil Klausel 5 ist, aber nicht auf den Zustellvorgang beschränkt, sondern bezieht sich undifferenziert auf jede mögliche Änderung dieser Geschäftsbedingungen, die nach ihrem aus Beil ./1 hervorgehenden Inhalt auch Fragen der Sicherheit/Haftung, der Widerrufsmöglichkeit ua enthalten. Aber auch eine künftige Erweiterung der Klauseln um noch nicht geregelte Inhalte, damit aber auch – ohne irgendeine Einschränkung – von Pflichten des Karteninhabers wäre nicht per se ausgeschlossen. Die Klausel hätte damit aber eine nach Inhalt und Ausmaß unabsehbare Reichweite für künftige Veränderungen dieses Klauselwerks.

Die Klauseln 5 und 26 wurden von den Vorinstanzen daher zutreffend als unzulässig erkannt.

2. Klausel 14

Die Klausel lautet: „4. Liegt einer Transaktion keine oder eine davon abweichende Zahlungsanweisung des KI zugrunde, kann der KI die Berichtigung einer Anlastung nur dann erwirken, wenn er c***** unverzüglich nach deren Feststellung, jedoch spätestens 13 Monate nach Zustellung der Monatsrechnung hievon unterrichtet hat. Diese Frist gilt nicht, wenn c***** dem KI die Informationen gemäß Punkt 7.1. zu der jeweiligen Anlastung nicht zugänglich gemacht oder mitgeteilt hat.“

Die Klägerin erachtet die Klausel 14 bei konsumentenfeindlichster Auslegung aufgrund der Formulierung „nur dann“ als mit § 36 Abs 3 ZaDiG unvereinbar. Diese Bestimmung sehe vor, dass andere Ansprüche zwischen dem Zahlungsdienstleister und dem Zahlungsdienstnutzer auch im Fall einer Verletzung der Rügeobliegenheit unberührt blieben. Auch dürfe sich der Zahlungsdienstleister nicht auf eine Verletzung der Rügepflicht berufen, wenn ihm durch die verspätete Rüge kein Nachteil erwachsen sei. Die Klausel sei auch intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil sie dem Zahlungsdienstnutzer ein unrichtiges Bild über seine Rechte vermittle.

Die Beklagte wendet ein, dass die Klausel 14 § 36 Abs 3 ZaDiG entspreche und die Worte „nur dann“ den Tenor der gesetzlichen Bestimmung besser zum Ausdruck brächten. Die Klausel greife weder in die Verjährungsthematik noch in die Anordnung von § 36 Abs 3 letzter Satz ZaDiG ein.

Das Erstgericht folgte dem Standpunkt der Beklagten und wies das Unterlassungsbegehren in diesem Punkt ab. Die Klausel 14 stelle den in § 36 Abs 3 ZaDiG normierten Regelungsgehalt richtig dar.

Das Berufungsgericht erkannte hingegen eine unzulässige Abweichung von § 36 Abs 3 ZaDiG. Die Klausel 14 enthalte etwa keine Rügeobliegenheit, sehe aber eine Bedingung vor („nur dann … wenn“) und knüpfe bei kundenfeindlichster Auslegung an den Zugang der Mitteilung an („unterrichtet hat“). Die Vermischung von gesetzlichem und vertraglichem Regelungsinhalt ohne Klarheit für den Verbraucher, welche Konsequenzen mit der abweichenden vertraglichen Diktion verbunden seien, bewirke auch eine Intransparenz nach § 6 Abs 3 KSchG. Auch sei die vom Gesetzestext abweichende Definition der betroffenen Zahlungsvorgänge ein relevantes gesetzwidriges Abweichen von § 36 ZaDiG.

Dazu war zu erwägen:

Nach § 26 Abs 6 ZaDiG sind Vereinbarungen zum Nachteil des Verbrauchers, die von den Vorgaben des ZaDiG betreffend Autorisierung und Ausführung von Zahlungsvorgängen sowie Haftung abweichen, unwirksam.

§ 36 Abs 3 ZaDiG regelt die „Berichtigung“ eines Zahlungsvorgangs wie folgt:

(3) Zur Erwirkung einer Berichtigung durch den Zahlungsdienstleister hat der Zahlungsdienstnutzer den Zahlungsdienstleister unverzüglich nach Feststellung eines nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorganges, der zur Entstehung eines Anspruches einschließlich eines solchen nach § 46 geführt hat, zu unterrichten (Rügeobliegenheit). Hat der Zahlungsdienstleister die Angaben gemäß §§ 31 bis 33 mitgeteilt oder zugänglich gemacht, so endet die Frist für den Zahlungsdienstnutzer zur Unterrichtung des Zahlungsdienstleisters zur Erwirkung einer Berichtigung spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung oder Gutschrift. Die Verjährung der dem Zahlungsdienstnutzer aufgrund einer fristgerechten Rüge offen stehenden Ansprüche richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen. Andere Ansprüche zwischen Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer bleiben unberührt.

§ 36 Abs 1 ZaDiG beruht auf Art 58 der Zahlungsdienste-Richtlinie 2007/64/EG. Nach deren ErwGr 31 soll die Richtlinie andere Ansprüche zwischen Zahlungsdienstnutzern und Zahlungsdienstleistern nicht berühren. Nach den Gesetzesmaterialien bleiben die Fristen für eine gerichtliche Geltendmachung, die sich nach dem allgemeinen Zivilrecht richten, ebenso wie andere Ansprüche, beispielsweise aus dem Titel des Schadenersatzes bei Verschulden des Zahlungsdienstleisters, von der Frist des § 36 Abs 3 ZaDiG unberührt (RV 207 BlgNR 24. GP 42; ebenso 1 Ob 244/11f; Haghofer in Weilinger, ZaDiG § 36 Rz 40).

In der Entscheidung 1 Ob 244/11f (mwN) wurde eine der vorliegenden Klausel 14 entsprechende Vertragsbestimmung (dort Klausel 6: „Im Falle einer aufgrund eines nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorganges erfolgten Belastung kann der Kunde nur dann eine Berichtigung durch das Kreditinstitut erwirken, ...“) für unzulässig erklärt und dazu auch unter Berücksichtigung der Berichtigungspflicht nach § 44 Abs 1 ZaDiG ausgeführt: „Eine Verletzung der Rügeobliegenheit nach § 36 Abs 23 ZaDiG führt, wie aus dem letzten Satz des § 36 Abs 3 ZaDiG abzuleiten ist, nicht zum Verlust jeglicher Ansprüche auf Berichtigung bzw Erstattung, sondern nur jener, die sich aus dem ZaDiG selbst ergeben. Dementsprechend kann auch die Verletzung der Rügepflicht den Zahlungsdienstleister nur dann von der nach allgemeinen Regeln bestehenden Berichtigungspflicht befreien, wenn er mangels Rüge nicht von der fehlenden Autorisierung wusste oder auch nicht davon hätte wissen müssen. Zudem soll dem Zahlungsdienstleister – worauf die ErläutRV 207 BlgNR 24. GP 41 verweisen – die Berufung auf die Verletzung der Rügeobliegenheit verwehrt sein, wenn ihm daraus kein Schaden entstanden ist und die Berufung darauf deswegen rechtsmissbräuchlich wäre. Aus dem Gesagten ist ersichtlich, dass dem Zahlungsdienstnutzer nach dem Gesetz ein Anspruch auf Berichtigung bzw Erstattung nicht nur dann zukommt, wenn er seiner Rügeobliegenheit nachkommt. …. Legt man die … Formulierung 'nur dann' im kundenfeindlichsten Sinn aus, werden damit überhaupt alle darüber hinausgehenden Ansprüche auf Berichtigung, auf welcher Rechtsgrundlage auch immer, ausgeschlossen. Damit verstößt die Klausel aber gegen § 36 Abs 3 letzter Satz ZaDiG.“ Selbst wenn man eine solche Klausel nicht als Ausschluss aller anderen Berichtigungsansprüche verstünde, verstieße die Klausel gegen § 6 Abs 3 KSchG, weil die Rechtslage unrichtig wiedergegeben würde und die Gefahr bestünde, dass der rechtsunkundige Verbraucher von der Verfolgung seiner ihm trotz Verletzung der Rügeobliegenheit zustehenden Ansprüche abgehalten wird.

Diese Erwägungen treffen hier ebenso zu. Die Revision der Beklagten bringt keine Gründe dafür vor, warum von dieser Rechtsprechung abzuweichen wäre. Auch Klausel 14 ist danach unzulässig.

3. Klausel 17

Klausel 17 lautet: „Die Entgelte und Gebühren sind auf Grundlage des von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex 2005 (VPI 2005) oder des an seine Stelle tretenden Index wertgesichert. Als Bezugsgröße für diesen Vertrag dient die für den Monat Oktober 2009 errechnete Indexzahl. Eine Erhöhung oder Verringerung der Entgelte und Gebühren erfolgt einmal jährlich am 1. Februar eines jeden Kalenderjahres, wobei Schwankungen der Indexzahl nach oben oder unten bis ausschließlich 5 % berücksichtigt bleiben. Dieser Spielraum ist bei jedem Überschreiten nach oben oder unten neu zu berechnen, wobei stets die erste außerhalb des jeweils geltenden Spielraums gelegene Indexzahl die Grundlage sowohl für die Neufestsetzung der Entgelte als auch für die Berechnung des neuen Spielraums zu bilden hat. Die Berechnung erfolgt auf zwei Dezimalstellen. Sollte c***** im Falle einer Erhöhung des VPI eine Anpassung nicht vornehmen, so verzichtet c***** nicht auf das Recht, die betreffende Erhöhung in den Folgejahren bei der Anpassung der Entgelte zu berücksichtigen. C***** wird eine Änderung der Gebühren und Entgelte vor Wirksamkeit auf www.c*****.com veröffentlichen.“

Die Klägerin bringt vor, nach § 29 Abs 2 S 1 ZaDiG könnten nur Änderungen der Wechselkurse und der Zinssätze aufgrund einer im Rahmenvertrag enthaltenen und den Vorgaben des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG entsprechenden Entgeltänderungsklausel einseitig vorgenommen werden. In allen anderen Fällen der Änderung des Entgelts müsse die in § 29 Abs 1 ZaDiG vorgesehene Vorgehensweise eingehalten werden. Die Klausel 17 sei nach der Rechtsprechung unzulässig.

Die Beklagte erachtet diese Rechtsprechung für unzutreffend, insbesondere weil sie zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu Unternehmen führe, die Indexanpassungen vereinbaren dürften. Der in den Materialien dokumentierten Absicht des Gesetzgebers sei mehr Bedeutung beizumessen.

Das Erst- und das Berufungsgericht erkannten die Klausel 17 im Hinblick auf die aktuelle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Unzulässigkeit von Indexanpassungen im Anwendungsbereich des ZaDiG (3 Ob 107/11y, 1 Ob 244/11f) als gesetzwidrig.

Dazu war zu erwägen:

Der Oberste Gerichtshof hat sich in der genannten Entscheidung 3 Ob 107/11y unter ausführlicher Analyse des § 29 Abs 2 S 1 ZaDiG unter Berücksichtigung des ihm zugrunde liegenden Art 44 der ZahlungsdiensteRL und der Gesetzesmaterialien (RV 207 BlgNR 24. GP 36) mit der Bedeutung dieser Bestimmung für eine Indexklausel wie die vorliegende auseinandergesetzt und kam zum Ergebnis, dass in allen nicht in § 29 Abs 2 S 1 ZaDiG angeführten Fällen eine Änderung der Entgelte nach dem Abschluss des Rahmenvertrags der Einhaltung der in § 29 Abs 1 ZaDiG vorgesehenen Vorgangsweise bedarf. Diese Entscheidung wurde in 1 Ob 244/11f (dort zu Klausel 16) mit weiterführenden Erwägungen, ua auch zu dem von der Beklagten vorgetragenen Argument der Ungleichbehandlung von Zahlungsdienstleistern und anderen Unternehmen, bestätigt.

Die Beklagte bringt keine neuen Argumente vor, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung rechtfertigen könnten. Hervorzuheben ist, dass die zitierten Gesetzesmaterialien im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden haben und schon in der Entscheidung 3 Ob 107/11y dargelegt wurde, dass § 29 ZaDiG entgegen der zu eng gefassten Überschrift nicht nur Änderungen des Rahmenvertrags, sondern auch vorweg vereinbarte Änderungsermächtigungen erfasst. Dass im Bereich des Wohnrechts Indexanpassungen in einfacherer Weise möglich sind, steht dem nicht entgegen.

Auch die gegenständliche Klausel 17 ist danach als unzulässig zu beurteilen.

4. Klauseln 21 und 27

Die Klauseln lauten:

„21. Ist eine Karte über das Vertragsende hinaus gültig, so hat der KI die jeweilige Karte binnen zwei Wochen nach Vertragsbeendigung an c***** zurückzustellen oder die Vernichtung der jeweiligen Karte schriftlich unterfertigt zu bestätigen. Unterlässt dies der KI schuldhaft, ist c***** berechtigt, die Kosten einer Kartensperre (Punkt 20.) in Rechnung zu stellen und/oder die Karte einzuziehen.

27. Liegt die Ursache für eine Kartensperre in der Sphäre des KI, ist c***** berechtigt, eine Sperrgebühr (Punkt 20.) zu verrechnen. …

… Entgelte, Gebühren und Zinsen:

… Sperrgebühr EUR 40,-

… Rücklastschriftspesen tatsächlich anfallende Bankspesen

zzgl. Bearbeitungsgebühr von EUR 4,-.“

Die Klägerin verweist darauf, dass die Verrechnung von Entgelten und Aufwandersatzansprüchen für Kartensperren seit Inkrafttreten des ZaDiG unzulässig sowie intransparent und gröblich benachteiligend sei. Das gelte auch für Rücklastschriftspesen.

Die Beklagte wendet ein, dass eine Verpflichtung zur Rückstellung der Karte jedenfalls zulässig sei und eine Kostenersatzpflicht nur dann bestehe, wenn der Kunde diese Verpflichtung missachte. § 27 Abs 3 ZaDiG knüpfe nur an Nebenpflichten des Zahlungsdienstleisters an, nicht aber an unerfüllte Nebenpflichten des Zahlungsdienstnutzers wie hier dessen Verpflichtung zur Kartenrückgabe. Ein Entgelt für die Kartensperre müsse zumindest dann zulässig sein, wenn der Grund der Sperre ausschließlich in der Sphäre des Kunden liege. Die Verpflichtung zum Ersatz der Rücklastschriftspesen stelle einen Aufwandersatzanspruch dar. Im Übrigen regt die Beklagte die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zur Zulässigkeit von Kartensperrgebühren an.

Das Erst- und das Berufungsgericht erachteten die Klauseln 21 und 27 als gesetzwidrig und intransparent. Für eine Kartensperre dürfe im Rahmen des ZadiG kein Entgelt beansprucht werden. Nach der Rechtsprechung sei die Unzulässigkeit eines Sperrentgelts auch auf jene Fälle zu erstrecken, in denen der Zahlungsdienstleister die Sperre von sich aus getätigt habe. Es sei auch nicht erkennbar, was unter „Rücklastschriftspesen“ zu verstehen ist.

Dazu war zu erwägen:

§ 27 Abs 3 ZaDiG lautet:

(3) Entgelte für die Erbringung von sonstigen Nebenpflichten dürfen dem Zahlungsdienstnutzer vom Zahlungsdienstleister nur für folgende Leistungen verrechnet werden:

1. Mitteilungen über die Ablehnung gemäß § 39 Abs. 2;

2. einen Widerruf eines Zahlungsauftrages nach dem Zeitpunkt der Unwiderruflichkeit gemäß § 40 Abs. 3;

3. die Wiederbeschaffung eines Geldbetrages, der wegen fehlerhafter Kundenidentifikatoren verloren gegangen ist (§ 35 Abs. 4 Z 4).

Solche Entgelte sind überdies nur zulässig, wenn sie zwischen den beiden Vertragsparteien ausdrücklich vereinbart (§ 28 Abs. 1 Z 3 lit. a oder § 32 Abs. 1) worden sowie angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sind.

Nach der Rechtsprechung ist in § 27 Abs 1 und 3 ZaDiG abschließend geregelt, in welchen Fällen der Zahlungsdienstleister neben den für die Zahlungsdienste vereinbarten Entgelten (§ 27 Abs 2 ZaDiG) einen Aufwandersatz- bzw Kostenersatzanspruch geltend machen kann. Aus dem Inhalt und Zweck des § 27 Abs 1 und 3 ZaDiG ergibt sich, dass – auch wenn der Begriff „Entgelt“ verwendet wird – damit eine abschließende Regelung über den Aufwandersatz getroffen wird (s RIS-Justiz RS0128554). Der Oberste Gerichtshof hat bereits zu 9 Ob 26/15m und 9 Ob 31/15x ausgesprochen, dass die in § 35 Abs 1 ZaDiG vorgesehene Sperrmöglichkeit eine sonstige Nebenpflicht im Sinne des § 27 Abs 3 ZaDiG darstellt, diese Nebenleistung aber nicht dem taxativ aufgezählten Ausnahmekatalog des § 27 Abs 1 und 3 ZaDiG unterfällt, weshalb der Zahlungsdienstleister dafür kein (gesondertes) Entgelt verrechnen darf (s auch 6 Ob 120/15p).

Das Argument der Beklagten, dass § 27 Abs 3 ZaDiG nur Nebenpflichten des Zahlungsdienstleisters, nicht aber allfällige Nebenpflichten des Zahlungsdienstnutzers regle, ist insofern verfehlt, als die Beklagte mit dem Sperrentgelt nicht die Kosten des Karteninhabers für die Erfüllung seiner Nebenpflicht (Rückstellungspflicht), sondern Kosten für die von ihr vorzunehmende Kartensperre (Nebenpflicht iSd § 27 Abs 3 ZaDiG, s 9 Ob 26/15m, dort zu Klausel 7) ansprechen will. Im Hinblick auf die „Rücklastschriftspesen“ („tatsächlich anfallende Bankspesen“) geht aus der Revision nicht hervor, dass damit
– entgegen der Bezeichnung als Spesen – kein Aufwandersatz geltend gemacht wird, sodass die genannte Rechtsprechung auch dafür zum Tragen kommt.

Dass diesbezüglich keine Veranlassung für eine Anrufung des EuGH besteht, wurde bereits zu 9 Ob 31/15x ausgesprochen.

Ob das Revisionsinteresse nach den Ausführungen zu Punkt 21. auch auf den alleinigen Erhalt von Satz 1 (bei über das Vertragsende hinausreichender Gültigkeit der Karte Pflicht zur Zurückstellung oder schriftliche Bestätigung der Vernichtung der Karte) gerichtet ist, ist den Revisionsausführungen nicht mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen. In der Entscheidung 9 Ob 26/15m (dort Klausel 7) wurde einem in einer Klausel enthaltenen vergleichbaren Satz aufgrund des inneren Zusammenhangs mit den anderen Sätzen ein eigenständiger Regelungsbereich jener Klausel abgesprochen und die Klausel danach insgesamt als unzulässig beurteilt. Davon ging hier offensichtlich auch das Berufungsgericht aus. Dieser Aspekt wird von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Die Klauseln 21 und 27 sind danach als unwirksam anzusehen.

Da die Revision der Beklagten damit insgesamt nicht berechtigt ist, ist ihr ein Erfolg zu versagen.

III. Zur Revision der Klägerin

Die Klägerin bekämpft die Gewährung einer sechsmonatigen Leistungsfrist für das Verbot, sich auf die als unzulässig erkannten Klauseln zu berufen. Die Frage, ob auch für das Verbot des Sich-Berufens eine Leistungsfrist einzuräumen ist, werde von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet und stelle deshalb eine erhebliche Rechtsfrage dar.

Die Beklagte verweist auf die Notwendigkeit einer Vorbereitungsfrist, zumal ein Sich-Berufen schon dann vorliege, wenn eine Klausel als Kalkulationsgrundlage einer Mitteilung an den Kunden verwendet werde.

Dazu war zu erwägen:

1. Nach § 28 Abs 1 KSchG kann, wer im geschäftlichen Verkehr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die er von ihm geschlossenen Verträgen zugrunde legt, oder in hiebei verwendeten Formblättern für Verträge Bedingungen vorsieht, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, oder wer solche Bedingungen für den geschäftlichen Verkehr empfiehlt, auf Unterlassung geklagt werden. Dieses Verbot schließt auch das Verbot ein, sich auf eine solche Bedingung zu berufen, soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden ist.

2. Nach § 409 Abs 1 ZPO ist, wenn in einem Urteil die Verbindlichkeit zu einer Leistung auferlegt wird, zugleich auch die Frist für diese Leistung zu bestimmen. Diese Frist beträgt, sofern in diesem Gesetz nicht etwas anderes bestimmt ist, vierzehn Tage. Wird jedoch die Pflicht zur Verrichtung einer Arbeit oder eines Geschäfts auferlegt, so hat das Gericht nach § 409 Abs 2 S 1 ZPO zur Erfüllung der Verbindlichkeit mit Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Verpflichteten eine angemessene Frist zu bestimmen.

Die Leistungsfrist des § 409 ZPO ist eine dem Beklagten vom Gericht eingeräumte Exekutionsstundung (Rassi, Die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs, ÖBl 2015, 207, 215; RIS-Justiz RS0123981).

§ 409 ZPO ist zwar auf reine Unterlassungsansprüche nicht anzuwenden; die urteilsmäßige Verpflichtung zu einer reinen Unterlassung – also nicht zu einer Unterlassung, die auch ein positives Tun, wie etwa eine Beseitigung, umfasst – tritt daher sofort mit der Wirksamkeit des Urteils (§ 416 ZPO) ein (RIS-Justiz RS0041265). Ist aber die Beklagte nicht zu einer reinen Unterlassung, sondern zu einer solchen Unterlassung verpflichtet, die auch ein positives Tun, beispielsweise die Änderung ihres Firmenwortlauts samt der entsprechenden Antragstellung beim Registergericht enthält, dann ist § 409 Abs 2 ZPO anwendbar (RIS-Justiz RS0041260 [T1]).

3. Die Verpflichtung, Allgemeine Geschäftsbedingungen zu ändern, ist keine reine Unterlassung, sodass das Gericht gemäß § 409 Abs 2 ZPO eine angemessene Leistungsfrist zu setzen hat (4 Ob 130/03a; 10 Ob 70/07b; 6 Ob 24/11i; 7 Ob 84/12x; 5 Ob 118/13h).

4. In der – auch jüngeren – Rechtsprechung wurde die Leistungsfrist vielfach sowohl auf den Tatbestand des Verwendens der Klausel oder sinngleicher Klauseln in Neuverträgen als auch des Sich-Berufens auf den unzulässigen Inhalt der Klausel in Altverträgen angewandt (zB 4 Ob 130/03a; 10 Ob 70/07b; 2 Ob 131/12x; 7 Ob 44/13s; 9 Ob 56/13w [25. 3. 2014]; 2 Ob 20/15b; 9 Ob 7/15t; 9 Ob 26/15m; 6 Ob 120/15p) und zum Teil auch explizit ausgesprochen, dass diesbezüglich nicht zu unterscheiden ist (zB 2 Ob 131/12x; 7 Ob 44/13s; 9 Ob 56/13w [25. 3. 2014]; 2 Ob 20/15b; 9 Ob 7/15t; 9 Ob 25/15m; 6 Ob 120/15p).

5. Demgegenüber räumte die Entscheidung 5 Ob 118/13h die Leistungsfrist nur für die Verwendung der Klauseln, nicht jedoch für die Unterlassung der Berufung auf diese Klauseln ein. Die Entscheidung 6 Ob 235/15z folgte dem mit folgender Erwägung:

„Durch die in §§ 28 ff KSchG statuierte Verbandsklage soll eine vorbeugende Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Formblättern ermöglicht werden, um die Verwendung unlauterer Vertragsklauseln möglichst von vornherein zu verhindern (RIS-Justiz RS0110990 [T2]). Das Rechtsinstitut der Verbandsklage beruht auf dem Umstand, dass dem einzelnen Verbraucher eine Rechtsdurchsetzung angesichts des damit verbundenen Kostenaufwandes nicht zumutbar ist (EBRV 744 BlgNR 14. GP 41). Das Verbot, sich auf eine gesetzwidrige Klausel zu berufen, wurde erst durch BGBl 1997/6 eingeführt. Der Gesetzgeber wollte verhindern, dass ein Unternehmer zunächst – von den klagslegitimierten Stellen unbemerkt oder zumindest unbeanstandet – eine Vielzahl von Verträgen mit gesetz- oder sittenwidrigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen schließt, eine Verbandsklage in der Folge aber dadurch vereitelt, dass er sich auf die erste Beanstandung einer befugten Stelle hin verpflichtet, die Geschäftsbedingungen für künftige Vertragsschlüsse nicht mehr zu verwenden, dann aber seine Rechtsposition aus den 'Altverträgen' weiterhin auf Grundlage der inkriminierten Klauseln ausübt (EBRV 311 BlgNR 20. GP 31). Wird deshalb dem Unternehmer im Verbandsprozess die Verwendung von Klauseln untersagt, so widerspräche es dem Zweck der Verbandsklage und den Absichten des Gesetzgebers, wenn er sich vorerst nach wie vor auf die als gesetzwidrig erkannten Klauseln berufen dürfte. Das Unterlassen einer weiteren Berufung auf solche Klauseln bedarf als 'reine Unterlassung' auch keiner Vorbereitungsfrist, wie dies auf die Neufassung von Vertragsformblättern und Geschäftsbedingungen zutreffen mag.“

Der erkennende Senat schloss sich daher dem Ergebnis der Entscheidung 5 Ob 118/13h an. Dieser Entscheidung wurde in 2 Ob 155/16g, 4 Ob 147/17x und 7 Ob 81/17p gefolgt.

6. In der (von den zuletzt genannten Entscheidungen nicht zitierten) Entscheidung 8 Ob 132/15t wurde aber auch auf einen weiteren Aspekt aufmerksam gemacht und ausgeführt:

„Der Oberste Gerichtshof hat mittlerweile in der Entscheidung 2 Ob 20/15b das … Argument, dass das Verbot des 'sich Berufens' durch reine Unterlassung befolgt werden könne und vom Verpflichteten keine aktiven konzeptiven oder logistischen Vorkehrungen erfordere, für nicht ausreichend erachtet […].

Die Argumentation des Klägers nimmt als notorisch an, dass die Unterlassung, sich auf eine mit einem Bestandskunden vereinbarte, nachträglich für unzulässig erklärte Klausel zu berufen, kein aktives Handeln der Beklagten erfordere. Dies trifft aber im Allgemeinen nicht zu.

Ein Unternehmer beruft sich schon dann auf eine Klausel, wenn sie nur Inhalt oder Kalkulationsgrundlage einer Mitteilung an den Verbraucher ist (4 Ob 265/02b ecolex 2003/136, 334 [Leitner] = ÖBA 2003/108, 373 [Iro]), selbst wenn es sich dabei um eine bloße Wissenserklärung handelt. Die Unterlassungsverpflichtung des 'sich Berufens' umfasst auch das Verbot, bei aktuellen Berechnungen oder Mitteilungen indirekt auf einer Rechtsposition aufzubauen, die als gesetzwidrig erkannt worden ist (vgl 4 Ob 288/02k ÖBA 2003/1107, 371).

Die Beklagte hat daher zur vollständigen Erfüllung des Unterlassungsgebots des 'sich Berufens' gegenüber ihren Bestandskunden alle im Verkehr mit ihnen gebrauchten standardisierten Informations- und Korrespondenzwege (insbesondere Drucksorten und Internetseiten) und ihre Vertragsverwaltungsprogramme (siehe Klausel '1.f.' über den Beginn der Vertragsbindung) darauf zu überprüfen, ob sich ihr Inhalt auf eine der für unzulässig erklärten Klauseln bezieht oder darauf aufbaut, und erforderlichenfalls Anpassungen vorzunehmen. In jedem Fall ist die Beklagte aufgrund des Verbots zu aktivem Handeln verpflichtet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, dass in diesem Fall eine Leistungsfrist zu setzen war, steht daher mit der herrschenden Rechtsprechung im Einklang (RIS-Justiz RS0041260 [T1; T2; T3], RS0041265 [T1]).“

7. Diese unterschiedlichen Aspekte haben auch in der Literatur zu einem geteilten Meinungsbild geführt (für Leistungsfrist: Stephan Foglar-Deinhardstein, Drei Monate Aufschub, sich darauf zu bedenken, VbR 2017, 146; Kellner, Anm zu 6 Ob 235/15z, ÖBA 2017, 430; dagegen Langer, Keine Leistungsfrist für das „Sich Berufen“, VbR 2017, 147; s auch Micklitz, Vereinbarkeit von Leistungsfristen in der AGB-Kontrolle mit dem Unionsrecht, VbR 2017, 80).

8. Der erkennende Senat ist der Ansicht, dass die Frage der Zulässigkeit einer Leistungsfrist für das Sich-Berufen auf unzulässige Klauseln nicht generell nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip zu beantworten ist. Eine solche Absolutheit ist auch weder der Entscheidung 6 Ob 235/15z noch den genannten Folgeentscheidungen (s insbesondere die Erwägungen in 7 Ob 81/17p) zu entnehmen. Die Setzung einer Leistungsfrist bedarf vielmehr der Berücksichtigung der jeweiligen Umstände (s RIS-Justiz RS0041265 [T7]). Denn es kann Klauselwerke geben, die ein sofortiges Abstandnehmen von einem Sich-darauf-Berufen erlauben und zur Umsetzung dieses Unterlassungsgebots keine weiteren aktiven Vorkehrungen erfordern. Angesichts des schon in der Entscheidung 8 Ob 132/15t dargelegten weiten Verständnisses des Sich-Berufens auf eine Klausel – so wenn sie etwa Inhalt oder Kalkulationsgrundlage einer Mitteilung an den Verbraucher ist – kann es aber ebenso Klauselwerke geben, die sehr wohl bestimmter betrieblicher und/oder organisatorischer Maßnahmen bedürfen, um zu verhindern, dass sie weiter der Gestion von Altverträgen zugrunde gelegt werden. In diesem Sinn gesteht auch die Klägerin in ihrer Revision zu, dass die Argumente der Entscheidung 8 Ob 132/15t nicht ganz von der Hand zu weisen sind. Und selbst Gegner einer Leistungsfrist sind der Ansicht, dass „in Ausnahmefällen“ eine – im Vergleich zum Verbot des „Verwendens“ jedoch deutlich kürzere – Leistungsfrist gerechtfertigt sein kann. So verweist Langer, aaO, darauf, dass in bestimmten Konstellationen, insbesondere bei der Saldoziehung und der Ermittlung von unrichtigen – weil auf Grundlage einer gesetzwidrigen Klausel ermittelten – Kontoständen in Verbraucherverträgen, nach der Rechtsprechung schon die Fortschreibung eines aufgrund der unzulässigen Klausel ermittelten Zinssatzes oder Kontostandes etwa in Girokonto- oder Kreditverträgen den Tatbestand des § 28 Abs 1 S 2 KSchG erfülle. Hier sei der Bank zuzugestehen, dass die Korrektur der Zinssätze und Kontostände im EDV-System etwas Zeit in Anspruch nehmen könne. Zur Umsetzung des Unterlassungsgebots für ein Sich-Berufen kann daher unter Umständen auch mehr als die bloße Anweisung an die mit der Bestandkundenbetreuung befassten Mitarbeiter, sich nicht mehr auf eine Klausel zu berufen, erforderlich sein.

Bedarf es dergestalt einer Leistungsfrist, wird aber auch darauf Bedacht zu nehmen sein, dass der Unternehmer seine Rechtsposition aus den rechtswidrigen Klauseln keinesfalls ohne Notwendigkeit aufrechterhalten können soll, was im Zweifel für eine knappere Bemessung der Frist sprechen wird.

9. In diesem Zusammenhang ist, wie schon in 8 Ob 135/15t ausgeführt, hervorzuheben, dass die Setzung einer Leistungsfrist im Verbandsprozess nicht auf die individuellen Rechtspositionen der Kunden der Beklagten einwirkt und daher auch deren Rechtsdurchsetzung nicht behindert. Auf eine Erstreckung der Rechtskraft oder der Vollstreckbarkeit wurde bewusst verzichtet (Apathy in Schwimann/Kodek ABGB Bd 5a, §§ 28–30 KSchG Rz 2 mwN). Eine im Verbandsprozess gesetzte Leistungsfrist kommt danach auch nicht zum Nachteil des einzelnen Verbrauchers im Individualprozess zum Tragen.

10. Dass die allfällige Setzung einer Leistungsfrist unter dem Aspekt von Art 7 Abs 2 der KlauselRL 93/13/EWG (angemessene und wirksame Mittel, um der Verwendung missbräuchlicher Vertragsklauseln ein Ende zu setzen) nicht unionsrechtswidrig ist, weil die KlauselRL nicht auf die Harmonisierung der Sanktionen gerichtet ist, wurde bereits mehrfach ausgesprochen (zB 7 Ob 44/13s; 8 Ob 132/15t). Dem steht auch die zuletzt in der Literatur (Micklitz aaO) hervorgehobene Entscheidung des EuGH vom 26. 4. 2012, C-472/10 NFH/Invitel, nicht entgegen. Darin wurde zum Zusammenspiel von individuellem und abstraktem Kontrollverfahren lediglich ausgesprochen, dass Art 6 Abs 1 iVm Art 7 Abs 1 und

Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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