Entscheidungsdatum
03.04.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W257 2172283-1/11E
W257 2172278-1/10E
W257 2172284-1/12E
W257 2172282-1/9E
W257 2172277-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert Gerhard MANTLER, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde von
1) XXXX, geboren am XXXX, alias XXXX,
2) XXXX, geboren am XXXX,
3) XXXX, geboren am XXXX,
4) XXXX, geboren am XXXX,
5) XXXX, geboren am XXXX,
alle Staatsbürger der Islamischen Republik Afghanistan, alle vertreten durch die "Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH", gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark jeweils vom 01.09.2017, Zl.en
hinsichtlich 1): XXXX,
hinsichtlich 2): XXXX,
hinsichtlich 3): XXXX,
hinsichtlich 4): XXXX,
hinsichtlich 5): XXXX,
nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29.03.2018 zu Recht:
A)
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang
1.1. XXXX (im Folgenden kurz "BF3" genannt) reiste am 03.07.2015, die übrigen Beschwerdeführer (im Folgenden kurz "BF1", "BF2", "BF4" und "BF5" genannt, sh dazu unten) am 06.09.2015 illegal nach Österreich ein und stellten an diesen Tagen Anträge auf internationalen Schutz. Die Familie setzt sich wie folgt zusammen:
IFA-Zahl
Ho. Geschäftszahl
BF1
Vater XXXX
XXXX alias XXXX
XXXX
W257 2172283-1
BF2
Mutter XXXX
XXXX
XXXX
W257 2172278-1
BF3
Sohn XXXX
XXXX
XXXX
W257 2172284-1
BF4
Sohn XXXX
XXXX
XXXX
W257 2172282-1
BF5
Tochter XXXX
XXXX
XXXX
W257 2172277-1
BF1 ist mit der BF2
verheiratet. Die BF 3 bis BF 5 sind Ihre leiblichen Kinder. BF3 bis BF5 werden von BF2 ex lege vertreten. Alle BF sind mittels Vertrag von der "Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH" vertreten.
1.2. In seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 02.07.2015 gab BF3 an, dass er aus Afghanistan stamme im Jahr 2001 geboren wurde, und vorher mit seiner Familie 4 Jahre im Iran gelebt habe. Dort seien sie schlecht behandelt worden und hätten nicht zur Schule gehen können. Die übrige Familie reiste am 07.09.2015 nach Österreich ein. BF1 brachte vor, dass er vor ca 4 1/2 Monaten vom Iran aus versucht hätte mit seiner Familie nach Europa zu gelangen. Sie seien aber an der türkischen Grenze angehalten worden und zurück nach Afghanistan gesandt worden. Lediglich BF3 hätte es geschafft. Vor ca 1 1/2 Monaten hätten Sie es nochmals versucht und dann ebenso geschafft. Seine Tochter XXXX sei im Iran zurückgeblieben.
Sie seien Hazaras und hätten von 2012 bis 2015 im Iran gelebt. Zuvor hätten sie in Afghanistan, in der Provinz Maidan Wardak gelebt. BF1 sei dort Landwirt gewesen. Von Afghanistan seien sie geflohen, weil er bzw die ganze Familie von seinen Stiefbrüdern bedroht worden sei und sie hätten versucht ihn umzubringen. BF2 wiederholte die Angaben Ihres Mannes.
1.3. In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 21.10.2016
1.3.1. brachte BF1 vor,
das seine Frau und seine Kinder keine eigenen Fluchtgründe hätten. Seine Eltern und seine Großeltern wären schon verstorben. Sie seien aus dem Iran ausgereist, weil sie keinen Aufenthaltsstatus gehabt hätte und immer die Gefahr bestanden hätte, dass sie nach Afghanistan zurückgeschoben hätten können. Aus Afghanistan seien Sie geflohen weil sein Vater 2012 verstorben wäre. Er hätte Grundstücke erben sollen, doch seine Stiefbrüder wären dagegen gewesen. Sie hätten die Kinder nicht zur Schule gehen lassen wollen. Es sei von ihnen auch mehrere Male geschlagen worden. Er hätte deswegen auch eine Platinplatte im Bein und sein Becken wäre durch den Streit verschoben. Er wäre allerdings nicht zur Polizei gegangen. Auf die Frage was passieren würde, wenn er wieder nach Afghanistan zurückkehren müsste, brachte er vor, dass er Angst um sein Leben hätte, weil die Stiefbrüder ihn in Kabul finden könnten. In Afghanistan würden sich noch seine drei Stiefbrüder, seine Stiefschwester und sein Onkel mütterlicherseits befinden.
1.3.2. brachte BF2 vor,
das auch bereits ihre Eltern verstorben sein. Sie hätte noch einen Bruder, welcher sich im Iran aufhält. Sie selbst hätte keine eigenen Gründe sei geflohen weil ihrem Mann Probleme mit seinen Stiefbrüder gehabt hätte. Es sei von ihnen öfters geschlagen worden. Sie hätten innerhalb von Afghanistan nicht fliehen können, weil sie Angst um ihre Kinder gehabt hätten. In Afghanistan sei man nirgendwo sicher gewesen. Bei der zweiten Ausreise vom Iran in die Türkei sei die Tochter XXXX verloren gegangen. Auf die Frage was passieren würde, wenn sie nach Afghanistan zurückkehren müsste, brachte sie vor dass sie Angst habe von den Brüdern ihres Mannes gefunden zu werden. Überdies wäre die Lage sehr unsicher in Afghanistan.
1.4. Mit dem im Spruch erwähnten Bescheiden wurde den BF sowohl deren Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, als auch deren Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I. und Spruchpunkt II.). Den BF wurde gemäß § 57 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihnen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).
Begründend führt die Behörde aus, dass BF1 die Glaubwürdigkeit nicht zugesprochen werden hätte können, zudem bei Wahrunterstellung es sich um private Grundstücksstreitigkeiten gehandelt hätte, denen jeglicher Asylbezug fehlen würde. Subsidiärer Schutz wurde dem BF1 nicht gewährt, weil entsprechend der Länderberichten nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Familie in eine asylrelevante Gefahr kommen würde.
Nachdem sich die Fluchtgründe der BF2 bis BF5 von BF1 ableiteten, gründeten sich die weiteren Bescheide auf das Ermittlungsergebnis des BF1.
1.5. Dagegen wurde von der damaligen Rechtsvertretung, dem "Verein Menschenrechte Österreich", gegen alle Bescheide rechtzeitig vollumfänglich Beschwerde erhoben, indem im Wesentlichen die Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht und unrichtige Beweiswürdigung geltend gemacht wurde. In der Beschwerde wird zusätzlich auf die schlechte Lage der Frauen und auf die schlechte Sicherheitslage hingewiesen. Die Behörde hätte es verabsäumt, zu prüfen, ob die BF in ihrer Heimatprovinz leben könnten (BF1, OZ1, AS 273), zudem sei die Sicherheitslage in Afghanistan sehr schlecht. Zusätzliche Fluchtgründe wurden nicht vorgebracht.
1.6. Die einzelnen Verwaltungsakte wurden am 03.10.2017 dem Gericht vorgelegt.
1.7. BF3 wurde vom Landesgericht Leoben als Jugendstrafgericht wegen mehrerer Vergehens zu 6 Monate bedingt mit einer Probezeit auf drei Jahren rechtskräftig verurteilt (BF3, OZ 7, sh dazu Punkt 2.1.6)
1.8. Das Bundesverwaltungsgericht verband aufgrund der Familienzusammengehörigkeit die Verfahren und hat über die eingebrachten Beschwerden am 29.03.2018 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der die BF, im Beisein der Rechtsvertretung erschienen und in welche diese (ausgenommen BF4) ausführlich zu ihren Fluchtgründen befragt wurden. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nahm an der Verhandlung nicht teil. Die Verhandlungsschrift wurde der Behörde übermittelt.
1.9. Die Verhandlung wurde den Parteien am 09.02.2018 (Datum der Zustellung) mitgeteilt. Unter Anschluss von Länderinformationen (sh dazu Punkt 3.21) wurden die Parteien gebeten binnen 14 Tagen zu den Länderinformationen Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme langte innerhalb der Frist nicht ein.
1.10. Die nunmehrige Rechtsvertretung übersandte dem Gericht
1.10.1. am 16.03.2018 eine mit "Beschwerdeergänzung" beschriebene Stellungnahme und
1.10.2. am 27.03.2018, zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung, eine weitere Stellungnahme.
Durch die verspätete Vorlage konnte das Gericht die beiden Schriftstücke der Rechtsvertretung nicht der anderen Verfahrenspartei, dem Bundesamt für Fremdendwesen und Asyl, zum Parteiengehör übersenden. In der mündlichen Verhandlung wurde die verspätete Einbringung mit den organisatorischen Gründen innerhalb der "Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH" erklärt.
1.11. Zur "Beschwerdeergänzung" vom 16.03.2018
Zusammengefasst wird nochmals auf die Mangelhaftigkeit des behördlichen Ermittlungsverfahrens hingewiesen, somit das Neuerungsverbot nicht gelten würde. Weiters auf die schlechte medizinische Versorgung in Afghanistan, auf das Risiko der "verwestlicht wahrgenommenen" Personen in Afghanistan, auf die Verfolgung der Hazaras, auf die Lage der Frauen, allgemein auf die schlechte Sicherheitslage in Afghanistan; hinsichtlich der Zumutbarkeit einer Wohnsitzaufnahme in Kabul, auf die Versorgungslage in Kabul, darauf, dass die Behörde es unterlassen habe von sich aus die westliche Orientierung der BF2 zu erforschen, darauf, dass die Kinder die afghanischen Gebräuche nicht kennen würden (Seite 51). Auf die Tatsache, dass die Behörde diesen Fall als "Privatstreitigkeit" sah und deswegen - bei Wahrheitsunterstellung der Diskriminierungen der Stiefbrüder gegenüber BF1 - die Anträge ablehnte, wurde auf den 90 Seiten nicht eingegangen.
1.12. Zur Stellungnahme vom 27.03.2018
Eingangs wird festgestellt, dass die übermittelten Länderinformationen nicht ausreichend fallbezogen und teilweise nicht ausreichend aktuell seien. Es werden daher folgende Länderberichte vorgelegt bzw auf folgende Themen nochmals hingewiesen: (i) EASO Bericht vom Dez 2017 zu Grundstücksstreitigkeiten in Afghanistan. Dabei wird auch vorgetragen, dass die Stiefbrüder "gute Kontakte zu den Taliban" hätten (Seite 3), (ii) BF3 und BF4 könnten einer Zwangsrekrutierung ausgesetzt sein, (iii) auf die Situation der Hazaras unter Einbezug einer Präsentation der stv. Leiterin des UNHCR-Büros vom 12.03.2018, sowie auf eine Dokumentation vom Sept 2016, (iv) auf die "Verwestlichung" der minderjährigen BF, (v) auf die Situation der psychisch Kranken in Afghanistan - die BF2 betreffend, (vi) auf das Fehlen der innerstaatlichen Fluchtalternativen wegen dem Einfluss der Taliban, (vii) auf die mangelnde staatliche Schutzfähigkeit, (viii) auf die schlechte Sicherheitslage in der Provinz Maidan Wardak ua unter Bezug auf einen Bericht von Landinfo vom 17.02.2017 (Seite 20), (ix) nochmals auf das Fehlen der innerstaatlichen Fluchtalternative.
1.13. In der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht wiederholte BF1 im Grundtenor seine Fluchtgründe. Anfangs erklärte er, dass sein richtiges Geburtsdatum 1971 laute und nicht wie bisher notiert, 1975. Er stamme aus dem Dorf XXXX, im Bezirk XXXX, in der Provinz Meydan Shahr. Er selbst sei 1 oder 2 Jahre zur Schule gegangen, ansonsten habe er auf den Feldern seines Vaters als Landwirt gearbeitet. Er habe - außer einem Onkel mütterlicherseits - keine Verwandten mehr in seinem Heimatort. Als seine Mutter verstarb, habe sein Vater wieder geheiratete. Die Stiefmutter hätte zwei Söhne mit in die Ehe gebracht. Als sein Vater starb hätten die Probleme mit den Stiefbrüdern angefangen. Er sei von Ihnen geschlagen worden und dabei auch verletzt worden. Seitdem hätte er orthopädische Probleme. Zudem hätten die Kinder wegen den beiden Stiefbrüdern nicht zur Schule gehen können. Sie hätten das nicht erlaubt, wobei die Kinder - bis auf die Ausnahme von BF3 - auch noch zu klein gewesen wären für den Schulbesuch. Er sei mit seiner Familie im Jahr 2012 in den Iran zu dem Bruder seiner Frau geflüchtet. Dabei hätten Sie allerdings zuvor ca drei Monate in Kabul bei einem Freund gewohnt. Im Iran wären sie zwei Jahre geblieben. Als sie dort auch keine Möglichkeiten mehr gesehen hätten, wären sie nach Europa geflohen. An der Grenze zur Türkei hätte es BF3 als einziger über die Grenze geschafft. Die restliche Familie sei nach Afghanistan, nach Herat, abgeschoben worden. Sie hätte es ein paar Tage später wieder probiert. Diesmal sei seine zweite Tochter namens XXXX an der Grenze verloren gegangen. Sie lebe nunmehr bei dem Bruder seiner Frau im Iran. Befragt, warum er nicht mehr zB nach Kabul zurückkehren könne, brachte er vor, dass die beiden Stiefbrüder ihn vermutlich finden könnten, zudem sei die Sicherheitslage in Kabul sehr schlecht.
BF2 wiederholte im Grund die Angaben ihres Mannes und erklärte, dass sie sich an das Leben hier schon so sehr gewöhnt habe, dass sie nicht mehr zurückkehren wolle. Sie habe hier vielmehr Freiheiten als in Afghanistan. Sowohl BF1, als auch BF2 sorgten sich um die Zukunft ihrer Kinder. BF5, welche die Volksschule besucht, konnte sich flüssig auf Deutsch mit dem Richter unterhalten.
1.14. Beweise wurden aufgenommen (OZ bezieht sich hier, sofern nichts anderes erwähnt, immer auf BF1)
1.14.1. Einsicht in den Verwaltungsakt (OZ 1),
1.14.2. durch die Einvernahme der BF vor dem Gericht (OZ 9)
1.14.3. einem Strafregisterauszug der BF,
1.14.4. der gekürzten Urteilsausfertigung des BF3 (BF3, OZ 7)
1.14.5. den unten angeführten Länderberichten (OZ4, sh Punkt 5)
1.14.6. der Stellungnahme (Beschwerdeergänzung) der BF und der darin angeschlossenen Urkunden vom 16.03.2018 (OZ 7), sh dazu oben,
1.14.7. der Stellungnahme der BF und der darin angeschlossenen Urkunden vom 27.03.2018 (OZ 8), sh dazu oben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
2. Feststellungen:
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht fest!
2.1. Zu den Personen der BF
2.1.1. Die BF XXXX (Vater, BF1), XXXX (Mutter, BF2), XXXX (minderjähriger Sohn, BF3), XXXX (minderjähriger Sohn. BF4), XXXX (minderjährige Tochter, BF5) sind afghanische Staatsbürger und gehören der Volksgruppe der Hazara an. BF1 ist am XXXX geboren. Sie alle bekennen sich zur schiitischen Glaubensausrichtung des Islams. BF1 hat zwei Jahre die Schule besucht. BF2 ist Analphabetin. Beide wuchsen in der Provinz Maidan Wardak auf und heirateten einander. Aus dieser Ehe entstammen 4 Kinder.
2.1.2. Die BF1 bis BF5 lebten, gemeinsam mit einer weiteren Tochter namens XXXX, in der Provinz Maidan Wardak im Distrikt XXXX, im Dorf XXXX. BF1 ernährte die Familie, indem er auf den Feldern seines Vaters, eine Landwirtschaft betrieb. BF2 war Hausfrau.
2.1.3. BF3 ging zwei Jahre zur Schule. Es kann nicht festgestellt werden, ob die übrigen Kinder für die Schule noch zu klein waren oder ob Ihre Stiefonkel, oder der Großvater der Kinder, sie nicht zur Schule gehen ließ.
2.1.4. Von BF1 befinden sich noch drei Stiefbrüder im Heimatdorf. Er hat noch einen Onkel mütterlicherseits in Afghanistan, dessen genauer Aufenthaltsort ist allerdings unbekannt. BF2 hat zwei Tanten väterlicherseits deren genauer Aufenthaltsort ebenso unbekannt ist. Sie hat noch zwei Onkel im Iran und einen Bruder im Iran. Der Vater des BF1 ist im Jahr 2012 verstorben, wodurch BF1 - laut seiner Ansicht - die Grundstücke des Vaters erhalten hätte sollen.
Wegen den Problemen im Zusammenhang wegen den Grundstücken mit zwei der drei Stiefbrüdern entschloss sich die Familie in den Iran zu fliehen. Sie befanden sich zuerst drei Monate bei einem Freund in Kabul und danach zwei Jahre in Teheran, bei dem Bruder der BF2. Dort hat BF3 als Tischler gearbeitet. Als die Familie im Iran keine Möglichkeiten sah, reisten sie 2015 nach Europa weiter. Beim ersten Versuch die Grenze zur Türkei zu überqueren, schaffte es lediglich BF3. Die restliche Familie wurde wieder nach Afghanistan, nach Herat zurückgeschoben. Dort hielt sich die Familie ca 15 bis 20 Tage auf und versuchte es danach nochmals über die Grenze Iran/Türkei. Diesmal gelang es allen mit Ausnahme der Tochter XXXX. Sie ist heute 17 Jahre alt und lebt bei Ihrem Onkel im Iran. Die Familie hat regelmäßigen telefonischen Kontakt mit Ihrer Tochter.
BF3 reiste am 03.07.2015 illegal nach Österreich ein und stellte hier als unbegleiteter Minderjähriger einen Asylantrag. Die restliche Familie, mit Ausnahme von XXXX, reiste am 06.09.2015 auf die gleiche Weise ein und stellten an diesem Tag einen ebensolchen Antrag.
2.1.5. BF1 hat im rechten Unterschenkel einen Tibianagel und wurde im Mai 2017 an der Hüfte operiert. Er nimmt Schmerzmittel ein. Es ist nicht bewiesen, aber glaubhaft, dass die Verletzungen aufgrund der Auseinandersetzungen mit den zwei Stiefbrüdern stammen. Auch mit dieser Einschränkung ist er grundsätzlich arbeitsfähig. BF2 ist - abgesehen von Kopfschmerzen - grundsätzlich gesund und arbeitsfähig. Es steht fest, dass BF2 kein "psychisches Problem" hat. Ebenso kann festgestellt werden, dass BF2 wegen "psychischer Probleme" in Afghanistan keiner Verfolgung ausgesetzt war oder im Falle der Rückführung ausgesetzt sein wird. BF3 und BF4 sind gesund und arbeitsfähig. BF5 ist gesund, jedoch aufgrund des Alters noch nicht arbeitsfähig.
2.1.6. Der Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr nach Afghanistan finanzielle Unterstützung durch den Bruder der BF2 aus dem Iran aus, erfahren können. Sie könnten in Kabul bei dem Freund des BF1 wohnen. Sie sprechen Dari, Farsi und die Kinder zusätzlich Deutsch.
2.1.7. Der BF3 wurde am 19.12.2017 vom LG Leoben als Jugendstrafgericht unter der Zahl: 14 Hv 115/17p-14, wegen der Vergehen der versuchten Nötigung, der vollendeten Sachbeschädigung, der vollendenden Körperverletzung, des versuchten und teils vollendeten Diebstahls, der vollenden Urkundenunterdrückung und des Vergehens der vollendeten Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, teilweise begangen in einem ÖBB-Railjet auf der Fahrt von Linz nach Wien am 02.09.2017 zu Nachteil eines Zugbegleiters, teilweise begangen im Jahr 2016 in Liezen zum Nachteil der Firma "XXXX", teilweise begangen am 03.01.2017 zum Nachteil der Firma "XXXX", teilweise begangen am 11.12.2016 zum Nachteil von Frau XXXX, zu sechs Monaten bedingt auf 3 Jahre Probezeit, rechtskräftig verurteilt.
Als strafmildernd wurden die Tatsachen, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, sowie das Vorliegen des teilweisen Geständnisses; als straferschwerend dagegen wurde das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, die Tatwiederholung und der lange Deliktzeitraum gewertet.
2.1.8. BF5 zeigt wegen der Inklusion in die örtliche Volksschule eine deutliche Integration. BF3 ließ erkennen, dass er durch die mehrmaligen strafrechtlich verpönten Angriffe die Wertehaltung bis dato nicht aufnehmen wollte. Die Rechtfertigung des BF1 und des BF3 dass es sich um ein Alkoholproblem handelt, bagatellisiert die rechtskräftige Verurteilung und lässt zudem die Vermutung entstehen, dass er das Unrecht seiner Tat nicht einzusehen vermag. Die Ansicht der Rechtsvertretung in der Stellungnahme, dass BF3 die Wertehaltung aufgenommen habe und dass es sich hierbei um ein Alkoholproblem handelt, welches er überwunden hätte, ist grundsätzlich gegenläufig (vorausgesetzt man lässt den Konsum des Alkohols nicht als Zeichen der westlichen Wertehaltung zu).
BF1 und BF2 haben keine abgeschlossene Sprachausbildung. Alle BF befinden sich seit ca Mitte 2015 in Österreich. Die BF beziehen ihre Versorgung aus der vorübergehenden Grundversorgung.
BF3 hat eine gleichaltrige österreichische Freundin.
Die BF sind nicht gemeinnützig oder ehrenamtlich Tätig. Es gibt keine Hinweise auf intrinsisch motiviert nachhaltige Integrationsbestrebungen.
2.2. Zu den Fluchtgründen der BF:
2.2.1. Streit mit den Stiefbrüdern
BF2 bis BF5 leiteten Ihren Fluchtgrund von BF1 ab.
Das Bundesverwaltungsgericht legt seiner Entscheidung das Vorbringen des BF1 zugrunde, ohne dessen Richtigkeit überprüft zu haben.
Zwei von den drei Stiefbrüdern des BF1 waren nach dem Tod seines Vaters dagegen das BF1 die Grundstücke seines Vaters erben solle. Aus diesem Grund schlugen Sie BF1 und diskriminierten ihn laufend. Er wurde dabei auch am linken Bein und an der Hüfte verletzt.
Aus: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 21.12.2017:
"Rechtsschutz/Justizwesen
Trotz großer legislativer Fortschritte in den vergangenen 14 Jahren gibt es keine einheitliche und korrekte Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen (kodifiziertes Recht, Scharia (islamisches Gesetz), Gewohnheits-/Stammesrecht) (AA 9.2016; vgl. auch: USIDP o.D. und WP 31.5.2015). Fast 80% der Dispute werden außerhalb des formellen Justizsystems gelöst - üblicherweise durch Schuras, Jirgas, Mullahs und andere in der Gemeinschaft verankerte Akteure (USIP o.D.; vgl. auch: USDOS 13.4.2016).
Traditionelle Rechtsprechungsmechanismen bleiben für viele Menschen, insbesondere in den ländlichen Gebieten, weiterhin der bevorzugte Rechtsweg (USDOS 13.4.2016, vgl. auch: FH 27.1.2016). Das kodifizierte Recht wird unterschiedlich eingehalten, wobei Gerichte gesetzliche Vorschriften oft zugunsten der Scharia oder lokaler Gepflogenheiten missachteten (USDOS 13.4.2016). In einigen Gebieten außerhalb der Regierungskontrolle setzen die Taliban ein paralleles Rechtssystem um (FH 27.1.2016).
Obwohl das islamische Gesetz in Afghanistan weitverbreitet akzeptiert ist, stehen traditionelle Praktiken nicht immer mit diesem in Einklang. Unter den religiösen Führern in Afghanistan bestehen weiterhin tiefgreifende Auffassungsunterschiede darüber, wie das islamische Recht tatsächlich zu einer Reihe von rechtlichen Angelegenheiten steht. Dazu zählen unter anderem Frauenrecht, Strafrecht und -verfahren, Verbindlichkeit von Rechten gemäß internationalem Recht und der gesamte Bereich der Grundrechte (USIP o. D.). Das formale Justizsystem ist in den städtischen Zentren relativ stark verankert, da die Zentralregierung dort am stärksten ist, während es in den ländlichen Gebieten - wo ungefähr 76% der Bevölkerung leben - schwächer ausgeprägt ist (USDOS 13.4.2016).
Dem Justizsystem mangelt es weiterhin an der Leistungsfähigkeit um die hohe Zahl an neuen und novellierten Gesetzen zu beherrschen. Der Mangel an qualifiziertem, juristischem Personal behindert die Gerichte. Die Zahl der Richter/innen, welche ein Rechtsstudium absolviert haben erhöht sich weiterhin (USDOS 13.4.2016). Im Jahr 2014 wurde die Zahl der Richter/innen landesweit mit 1.300 beziffert (SZ 29.9.2014; vgl. auch: CRS 8.11.2016), davon waren rund 200 Richterinnen (CRS 8.11.2016). Im Jahr 2015 wurde von Präsident Ghani eine führende Anwältin als erste Frau zur Richterin des Supreme Courts ernannt (RFE/RL 30.6.2016). Die Zahl registrierter Anwälte/innen hat sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt (WP 31.5.2015). Der Zugang zu Gesetzestexten wird besser, ihre geringe Verfügbarkeit stellt für einige Richter/innen und Staatsanwälte immer noch eine Behinderung dar (USDOS 13.4.2016).
Ein Mangel an qualifiziertem Justizpersonal behindert die Gerichte (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: FH 27.1.2016). Manche Amtsträger/innen in Gemeinden und Provinzen verfügen über eine eingeschränkte Ausbildung und gründen ihre Entscheidungen daher auf ihrem persönlichen Verständnis der Scharia, ohne jeglichen Bezug zum kodifizierten Recht, Stammeskodex oder traditionellen Bräuchen (USDOS 13.4.2016).
Innerhalb des Gerichtswesens ist Korruption weiterhin vorhanden (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: FH 27.1.2016); Richter/innen und Anwält/innen sind oftmals Ziel von Bedrohung oder Bestechung durch lokale Anführer oder bewaffneten Gruppen (FH 27.1.2016), um Entlassungen oder Reduzierungen von Haftstrafen zu erwirken (USDOS 13.4.2016). Afghanische Gerichte sind durch öffentliche Meinung und politische Führer leicht beeinflussbar (WP 31.5.2015). Im Juni 2016 errichtete Präsident Ghani das Strafrechtszentrum für Anti-Korruption, um innerhalb des Rechtssystems gegen korrupte Minister/innen, Richter/innen und Gouverneure/innen vorzugehen, die meist vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt waren (Reuters 12.11.2016).
Laut dem allgemeinen Islamvorbehalt in der Verfassung darf kein Gesetz im Widerspruch zum Islam stehen. Eine Hierarchie der Normen ist nicht gegeben, so ist nicht festgelegt, welches Gesetz in Fällen des Konflikts zwischen traditionellem islamischem Recht und seinen verschiedenen Ausprägungen einerseits und der Verfassung und dem internationalen Recht andererseits zur Anwendung kommt. Diese Unklarheit und eine fehlende Autoritätsinstanz zur einheitlichen Interpretation der Verfassung führen nicht nur zur willkürlichen Anwendung eines Rechts, sondern auch immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen (AA 9.2016).
Quellen:....
Sicherheitsbehörden
Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (ANDSF) bestehen aus folgenden Komponenten: der afghanischen Nationalarmee (ANA), welche auch die Luftwaffe (AAF) und das ANA-Kommando für Spezialoperationen (ANASOC) beinhaltet; der afghanischen Nationalpolizei (ANP), die ebenso die uniformierte afghanische Polizei beinhaltet (AUP), der afghanischen Nationalpolizei für zivile Ordnung (ANCOP), der afghanischen Grenzpolizei (ABP) und der afghanischen Polizei die Verbrechen bekämpft (AACP). Sie stehen unter der Kontrolle des Verteidigungsministeriums Die afghanische Lokalpolizei (ALP), sowie ihre Komponenten (etwa die afghanischen Kräfte zum Schutz der Öffentlichkeit (APPF) und die afghanische Polizei zur Drogenbekämpfung (CNPA) sind unter der Führung des Innenministeriums (USDOD 6. 2016).
Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (Afghan National Defense and Security Forces, ANDSF) haben - wenn auch unbeständig - Fortschritte gemacht. Sie führten ihre Frühjahrs- und Sommeroperationen erfolgreich durch. Ihnen gelang im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern. Schwierigkeiten in Schlüsselbereichen wie Spionage, Luftfahrt und Logistik, verbesserten sich, beeinträchtigten dennoch die Schlagkraft. Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016).
Die afghanischen Sicherheitskräfte haben zwar im Jahr 2015 die volle Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernommen (AA 9.2016; vgl. auch: USIP 5.2016); dennoch werden sie teilweise durch US-amerikanische bzw. Koalitionskräfte unterstützt (USDOD 6.2016).
Drei Ministerien verantworten die Sicherheit in Afghanistan: Das afghanische Innenministerium (Afghanistan's Ministry of Interior - MoI), das Verteidigungsministerium (Ministry of Defense - MoD) und der afghanische Geheimdienst (NDS). Das Innenministerium ist primär für die interne Ordnung zuständig, dazu zählt auch die Afghan Local Police (ALP). Die (Afghan National Police (ANP) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die externe Sicherheit zuständig. Ihre primäre Aufgabe ist die Bekämpfung der Aufständischen. Das National Directorate of Security (NDS) fungiert als Geheimdienst und ist auch für die Untersuchung von Kriminalfällen zuständig, welche die nationale Sicherheit betreffen (USDOS 13.4.2016).
Die autorisierte Truppenstärke der ANDSF wird mit 352.000 beziffert (USDOD 6.2016), davon 4.228 Frauen (SIGAR 30.7.2016).
Die monatlichen Ausfälle (umfasst alle geplanten und ungeplanten Ausfälle von Pensionierungen über unerlaubte Abwesenheit bis hin zu Gefallenen) der ANDSF liegen bei 2.4% - eine leichte Erhöhung gegenüber dem Dreijahresmittel von 2.2% (USDOD 6.2016).
Afghan National Police (ANP) und Afghan Local Police (ALP)
Die ANP gewährleistet die zivile Ordnung und bekämpft Korruption und die Produktion und den Schmuggel von Drogen. Der Fokus der ANP liegt derzeit aber in der Bekämpfung von Aufständischen gemeinsam mit der ANA. Das Langzeitziel der ANP ist weiterhin, sich in einen traditionellen Polizeiapparat zu verwandeln. Mit Stand 31.5.2016 beträgt die Stärke der ANP etwa 148.000 Mann. Dies beinhaltet nicht die rund 6.500 Auszubildenden in Polizeiakademien und andere die Ausbildungszentren landesweit ausgebildet werden. Frauen machen sind mit etwa 1.8% in der ANP vertreten (USDOD 6.2016). 2.834 Polizistinnen sind derzeit bei der Polizei, dies beinhaltete auch jene die in Ausbildung sind (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: Sputnik News 14.6.2016).
Die Personalstärke der ALP beträgt etwa 28.800 Mann; zusätzlich autorisiert sind weitere 30.000 Mann, welche nicht in der allgemeinen ANDSF-Struktur inkludiert sind (USDOD 6.2016). Aufgabe der ALP ist, Sicherheit innerhalb von Dörfern und ländlichen Gebieten zu gewährleisten - indem die Bevölkerung vor Angriffen durch Aufständische geschützt wird, Anlagen gesichert und lokale Aktionen gegen Rebellen durchgeführt werden (USDOD 6.2016).
Die monatlichen Ausfälle der ANP betragen über die letzten Jahre relativ stabil durchschnittlich 1.9% (USDOD 6.2016).
Afghanische Nationalarmee (ANA)
Die afghanische Nationalarmee (ANA) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die externe Sicherheit verantwortlich, primär bekämpft sie den Aufstand im Inneren (USDOS 13.4.2016).
Mit Stand 31. Mai 2016 betrug der autorisierte Personalstand der ANA 171.000 Mann, inklusive 7.100 Mann in den Luftstreitkräften (Afghan Air Force - AAF); etwa 820 Frauen sind in der ANA, inklusive AAF. Die Ausfälle in der ANA sind je nach Einheit unterschiedlich. Die allgemeine Ausfallsquote lag unter 3%, gegenüber 2,5% in der letzten Berichtsperiode. Die Einheiten der Luftstreitkräfte und der afghanischen Spezialeinheiten (ASSF) hielten weiterhin die niedrigsten Ausfallsquoten und die höchsten Verbleibquoten aller ANDSF-Teile (USDOD 6.2016).
Die Vereinigten Staaten von Amerika errichteten fünf Militärbasen in: Herat, Gardez, Kandahar, Mazar-e Sharif und Kabul (CRS 8.11.2016).
Resolute Support Mission
Die "Resolute Support Mission" ist eine von der NATO-geführte Mission, die mit 1. Jänner 2015 ins Leben gerufen wurde. Hauptsächlich konzentriert sie sich auf Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsaktivitäten auf ministerieller und Behördenebene, sowie in höheren Ebenen der Armee und Polizei. Die personelle Stärke der Resolute Support Mission beträgt 13.000 (durch NATO und anderen Partnernationen). Das Hauptquartier ist in Kabul (Bagram), mit vier weiteren Niederlassungen in: Mazar-e-Sharif, Herat, Kandahar und Laghman (NATO 5.2016). Quellen: ..."
Vor dem Hintergrund dieser Länderinformation kann beweiswürdigend (sh dazu Punkt 3.1) nicht festgestellt werden, dass der Streit zwischen dem BF1 und seinen Stiefbrüdern einen asylrelevanten Grund darstellt, dem zufolge für einen der BF eine Gefahr für Leib, Leben oder der körperlichen Unversehrtheit bestand, oder im Falle der Rückkehr, besteht. Eine asylrelevante Gefahr einer Verfolgung konnte nicht festgestellt werden.
Die Streitigkeiten zwischen dem BF1 und den Stiefbrüdern sind privaten Ursprungs.
In Afghanistan bestehen ein Sicherheitssystem und eine Justiz.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die beiden Stiefbrüder den Taliban angehören. Es ist mit keiner maßgeblichen Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass die BF, sollten Sie sich in Kabul niederlassen, von den Stiefbrüdern dort verfolgt werden würden.
Es konnte ebenso nicht festgestellt, werden, dass die Familie deswegen floh, weil die Kinder keine Ausbildungsmöglichkeiten hatten.
2.2.2. Zum "selbstbestimmten Leben" der weiblichen BF, insbesondere der BF2.
Aus: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 21.12.2017:
"Jahrzehntelanger Kampf gegen patriarchale und frauenfeindliche Normen, führte zu einer Sensibilisierung in Bezug auf Frauen und ihrer Rechte. Allmählich entwickelt sich die Rolle von Frauen in politischen und wirtschaftlichen Bereichen (AF 7.12.2016). Die Situation der Frauen hat sich seit dem Ende der Taliban-Herrschaft erheblich verbessert; die vollumfängliche Realisierung ihrer Rechte innerhalb der konservativ-islamischen afghanischen Gesellschaft bleibt schwierig. Die konkrete Situation von Frauen kann sich allerdings je nach regionalem und sozialem Hintergrund stark unterscheiden (AA 9.2016).
Artikel 22 der afghanischen Verfassung besagt, dass jegliche Form von Benachteiligung oder Bevorzugung unter den Bürgern Afghanistans verboten ist. Die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, haben vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten (Max Planck Institut 27.1.2004). Ein Meilenstein in dieser Hinsicht war die Errichtung des afghanischen Ministeriums für Frauenangelegenheiten (MoWA) im Jahr 2001 (BUNDESAMT FÜR FREMDENWESEN UND ASYL Staatendokumentation 3.2014).
Bildung
Afghanistan ist eine Erfolgsgeschichte in der Verbesserung des Zugangs zu Bildung - auch für Mädchen (Education for Development 7.7.2015). Das Recht auf Bildung wurde den Frauen nach dem Fall der Taliban im Jahr 2001 eingeräumt (BFA Staatendokumentation 3.2014).
Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben. Laut Artikel 4 des afghanischen Bildungsgesetzes ist mittlere (elementare) Bildung in Afghanistan verpflichtend. Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben (SIGAR 4.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004).
Seit dem Jahr 2000 hat sich die durchschnittliche Zahl der Kinder, die eine Schule besuchen von 2,5 Jahren auf 9,3 Jahre erhöht (AF 2015). Das afghanische Bildungsministerium errichtete gemeinsam mit USAID und anderen Gebern, mehr als 16.000 Schulen; rekrutierte und bildete mehr als 154.000 Lehrerinnen und Lehrer aus, und erhöhte die Zahl der Schuleinschreibungen um mehr als 60%. Das Bildungsministerium gibt die Zahl der Schüler/innen mit ca. 9 Millionen an, davon sind etwa 40% Mädchen. Frauen und Mädchen gehen öfter zu Schule wenn sie keine langen Distanzen zurücklegen müssen. USAID hat 84.000 afghanische Mädchen dabei unterstützt Schulen innerhalb ihrer Gemeinden besuchen zu können, damit sich nicht durch teilweise gefährliche Gegenden pendeln müssen (USAID 19.12.2016).
Laut dem afghanischen Statistikbüro, gab es landesweit 15.645 Schulen, 9.184.494 Schüler/innen, davon waren 362.906 weiblich. Diese Zahlen beinhalten alle Schultypen, dazu zählen Volks- und Mittelschulen, Abendschulen, Berufsschulen, Lehrerausbildungszentren, etc. Die Zahl der Schülerinnen hat sich im Zeitraum 2015-2016 zum Vergleichszeitraum 2014 - 2015 um 2,2% erhöht. Die Gesamtzahl der Lehrer/innen betrug 199.509, davon waren
63.911 Frauen (CSO 2016).
Frauenuniversität in Kabul
Seit dem Jahr 2008 hat sich die Studierendenzahl in Afghanistan um 50% erhöht. Im Mai 2016 eröffnete in Kabul die erste Privatuniversität für Frauen im Moraa Educational Complex, mit dazugehörendem Kindergarten und Schule für Kinder der Studentinnen. Die Universität bietet unter anderem Lehrveranstaltungen für Medizin, Geburtshilfe etc. an. (The Economist 13.8.2016; vgl. auch:
MORAA 31.5.2016).
Im Herbst 2015 eröffnete an der Universität Kabul der Masterlehrgang für "Frauen- und Genderstudies" (Khaama Press 18.10.2015; vgl. auch:
University Herold 18.10.2015); im ersten Lehrgang waren 28 Student/innen eingeschrieben, wovon 10 Männer waren (University Herold 18.10.2015).
Berufstätigkeit
Für viele Frauen ist es noch immer sehr schwierig, außerhalb des Bildungs- und Gesundheitssektors Berufe zu ergreifen. Einflussreiche Positionen werden abhängig von Beziehungen und Vermögen vergeben (AA 9.2016). Oft scheitern Frauen schon an den schwierigen Transportmöglichkeiten und eingeschränkter Bewegungsfreiheit ohne männliche Begleitung (AA 9.2016; vgl. auch: USDOS 13.4.2016).
Bemerkenswert ist die Steigerung jener Afghan/innen, die der Meinung sind, Frauen sollen sich bilden und außerhalb des Heimes arbeiten dürfen. Bei einer Befragung gaben 81% der Befragten an, Männer und Frauen sollten gleiche Bildungschancen haben (The Diplomat 9.12.2016; vgl. auch: AF 7.12.2016).
Die Erwerbstätigkeit von Frauen hat sich seit dem Jahr 2001 stetig verbessert und betrug im Jahr 2016 19%. Rund 64% der Afghan/innen befürworteten Frauen außerhalb ihres Heimes arbeiten zu dürfen. Frauen sind dennoch einer Vielzahl von Hindernissen ausgesetzt; dazu zählen: Einschränkungen, Belästigung, Diskriminierung und Gewalt, aber auch praktische Hürden, wie z.B. fehlende Arbeitserfahrung, Fachkenntnisse und (Aus)Bildung (UN Women 2016). Die Alpahbetisierungsrate bei Frauen in Afghanistan liegt durchschnittlich bei 17%, in manchen Provinzen sogar unter 2% (UN Women 2016; vgl. auch: UNESCO Institute for statistics o.D.). In der Altersklasse der 15 - 24 jährigen betrug die Alphabetisierungsrate im Jahr 2015 bei Frauen 46,11%, bei den über 65-jährigen 4,33% (UNESCO Institute for statistics o.D.).
Viele Frauen haben sich in bedeutenden Positionen in den verschiedenen Bereichen von nationaler Wichtigkeit entwickelt, dazu zählen Politik, Wirtschaft und die Zivilgesellschaft. Der Raum für weibliche Führungskräfte bleibt eingeschränkt, von Gebern abhängig und ist hauptsächlich in den Städten vertreten. Frauen sind im Privatsektor unterrepräsentiert und haben keine aktive Rolle in der Wirtschaftsproduktion. Unsicherheit, Belästigung, Immobilität, religiöser Extremismus und Korruption sind verbreitet. Begriffe wie zum Beispiel Geschlechtergleichstellung werden weiterhin missverstanden. Frauen in Führungspositionen werden als symbolisch betrachtet, werden politisch mangelhaft unterstützt, haben schwach ausgebildete Entscheidungs- und Durchsetzungskompetenzen und mangelnden Zugang zu personellen und finanziellen Mitteln (USIP 9.2015). Frauen sind im Arbeitsleben mit gewissen Schwierigkeiten konfrontiert, etwa Verwandte, die verlangen sie sollen zu Hause bleiben; oder Einstellungsverfahren, die Männer bevorzugten. Jene die arbeiteten, berichteten von sexueller Belästigung, fehlenden Transport- und Kinderbetreuungsmöglichkeiten; Benachteiligungen bei Lohnauszahlungen existieren im Privatsektor. Journalistinnen, Sozialarbeiterinnen und Polizistinnen berichteten von, Drohungen und Misshandlungen (USDOS 13.4.2016).
Frauen machen 30% der Medienmitarbeiter/innen aus. Teilweise leiten Frauen landesweit Radiostationen - manche Radiostationen setzten sich ausschließlich mit Frauenangelegenheiten auseinander. Nichtsdestotrotz, finden Reporterinnen es schwierig ihren Job auszuüben. Unsicherheit, fehlende Ausbildung und unsichere Arbeitsbedingungen schränken die Teilhabe von Frauen in den Medien weiterhin ein (USDOS 13.4.2016).
Frauen im öffentlichen Dienst
Die politische Partizipation von Frauen ist rechtlich verankert und hat sich deutlich verbessert. So sieht die afghanische Verfassung Frauenquoten für das Zweikammerparlament vor: Ein Drittel der 102 Sitze im Oberhaus (Meshrano Jirga) werden durch den Präsidenten vergeben; die Hälfte davon ist gemäß Verfassung für Frauen bestimmt (AA 9.2016; vgl. auch: USDOS 13.4.2016). Zurzeit sind 18 Senatorinnen in der Meshrano Jirga vertreten. Im Unterhaus (Wolesi Jirga) sind 64 der 249 Sitze für Parlamentarierinnen reserviert; derzeit sind 67 Frauen Mitglied des Unterhauses. Die von Präsident Ghani bewirkten Wahlreformen sehen zudem Frauenquoten von 25% der Sitze für Provinz- und Distriktratswahlen vor; zudem sind mindestens zwei von sieben Sitzen in der einflussreichen Wahlkommission (Independent Election Commission) für Frauen vorgesehen. Die afghanische Regierung hat derzeit vier Ministerinnen (von insgesamt 25 Ministern) (AA 9.2016). Drei Afghaninnen sind zu Botschafterinnen ernannt worden (UN Women 2016). Frauen in hochrangigen Regierungspositionen waren weiterhin Opfer von Drohungen und Gewalt (USDOS 13.4.2016).
Das Netzwerk von Frauenrechtsaktivistinnen "Afghan Women's Network" berichtet von Behinderungen der Arbeit seiner Mitglieder bis hin zu Bedrohungen und Übergriffen, teilweise von sehr konservativen und religiösen Kreisen (AA 9.2016).
Frauen in den afghanischen Sicherheitskräften
Polizei und Militär sind Bereiche, in denen die Arbeit von Frauen besonders die traditionellen Geschlechterrollen Afghanistans herausfordert. Der Fall des Taliban-Regimes brachte, wenn auch geringer als zu Beginn erwartet, wesentliche Änderungen für Frauen mit sich. So begannen Frauen etwa wieder zu arbeiten (BFA Staatendokumentation 26.3.2014). Im Jahr 2016 haben mehr Frauen denn je die Militärschule und die Polizeiakademie absolviert (AF 7.12.2016). Das Innenministerium bemüht sich um die Einstellung von mehr Polizistinnen, allerdings wird gerade im Sicherheitssektor immer wieder über Gewalt gegen Frauen berichtet. Die afghanische Regierung hat sich bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Frauen ehrgeizige Ziele gesetzt und plant u.a. in der ersten Jahreshälfte 2016 ein Anti-Diskriminierungspaket für Frauen im öffentlichen Sektor zu verabschieden. Dieses ist allerdings bisher noch nicht geschehen (AA 9.2016). 2.834 Polizistinnen sind derzeit bei der Polizei, dies beinhaltete auch jene die in Ausbildung sind (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: Sputnik News 14.6.2016). Laut Verteidigungsministerium werden derzeit 400 Frauen in unterschiedlichen Bereichen des Verteidigungsministeriums ausgebildet: 30 sind in der nationalen Militärakademie, 62 in der Offiziersakademie der ANA, 143 in der Malalai Militärschule und 109 Rekrutinnen absolvieren ein Training in der Türkei (Tolonews 28.1.2017).
Im Allgemeinen verbessert sich die Situation der Frauen innerhalb der Sicherheitskräfte, bleibt aber weiterhin fragil. Der Schutz von Frauenrechten hat in größeren städtischen Gegenden, wie Kabul, Mazar-e Sharif und in der Provinz Herat, moderate Fortschritte gemacht; viele ländliche Gegenden sind extrem konservativ und sind aktiv gegen Initiativen, die den Status der Frau innerhalb der Gesellschaft verändern könnte (USDOD 6.2016).
Auch wenn die Regierung Fortschritte machte, indem sie zusätzliche Polizistinnen rekrutierte, erschweren kulturelle Normen und Diskriminierung die Rekrutierung und den Verbleib in der Polizei (USDOS 13.4.2016).
Teilnahmeprogramme für Frauen in den Sicherheitskräften
Initiiert wurde ein umfassendes Programm zur Popularisierung des Polizeidienstes für Frauen (SIGAR 30.7.2016; vgl. auch: Sputnik News 5.12.2016). Dies Programm fördert in verschiedenster Weise Möglichkeiten zur Steigerung der Frauenrate innerhalb der ANDSF (SIGAR 30.7.2016). Das afghanische Innenministerium gewährte im Vorjahr 5.000 Stellen für Frauen bei der Polizei, diese Stellen sind fast alle noch immer vakant (Sputnik News 5.12.2016; vgl. auch:
SIGAR 30.7.2016). Eines der größten Probleme ist, dass sowohl junge Mädchen als auch Ehefrauen in ihren Familien nichts selbständig entscheiden dürften (Sputnik News 5.12.2016). Die afghanische Nationalpolizei schuf zusätzlich neue Posten für Frauen - womit sich deren Zahl auf 5.969 erhöhte; 5.024 dieser Posten sind innerhalb der afghanischen Nationalpolizei, 175 in Gefängnissen und Haftanstalten, sowie 770 zivile Positionen (SIGAR 30.7.2016). Im Juni 2016 verlautbarten die Behörden in Kabul, bis März 2017 die Polizei mit 10.000 neuen Stellen für weibliche Polizeikräfte aufzustocken. Die Behörden möchten der steigenden Gewalt gegen Frauen in Afghanistan entgegentreten und effektiver gegen die Terrorbedrohung und den Drogenhandel im Land vorgehen (Sputnik News 14.6.2016).
Seit fast einem Jahrzehnt schaffen afghanische Behörden massiv Arbeitsstellen für Frauen bei der Polizei und versuchen alljährlich den Frauenanteil zu erhöhen. Das dient vor allem dazu, den Afghaninnen Schutz zu gewähren. Wenn Verdächtigte und mutmaßliche Verbrecher Frauen seien, werden Polizistinnen bevorzugt. Allerdings haben Beamtinnen wegen ihres Polizeidienstes öfter Probleme mit ihren konservativen Verwandten (Sputnik News 14.6.2016). Im Arbeitskontext sind Frauen von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen: so sind z. B. Polizistinnen massiven Belästigungen und auch Gewalttaten durch Arbeitskollegen oder im direkten Umfeld ausgesetzt (AA 9.2016; vgl. auch: Sputnik News 14.6.2016). [...]."
Es konnte vor diesem Hintergrund beweiswürdigend (sh dazu Punkt 3.12) nicht festgestellt werden, dass einer der weiblichen BF, insbesondere BF2, eine westliche Orientierung so sehr verinnerlicht hat, dass Sie nicht mehr, oder nur unter unzumutbarer Verleugnung der inneren Persönlichkeit, als Frau in Afghanistan leben könne.
Sofern sich die Flucht auf die Bildung der Kinder beschränkte - dies nicht glaubhaft vorgebracht wurde, jedoch hier abschließend bewertet wird - ist anzuführen, dass im Falle einer Rückführung nach Kabul dort den Kindern jede Bildungsmöglichkeit offen steht.
Ein asylrelevanter Grund oder eine Gefahr für eine Verfolgung wurde für keinen der BF festgestellt.
2.2.3. Weitere Gründe einer Verfolgung (Potentielle Risikoprofile gem UNHCR-Richtlinie)
Obgleich keiner der BF selbst die unten angeführten Gründe als Fluchtursachen oder Hindernis einer Rückkehr, vorgebracht haben, hat das Gericht eine Prüfung der seitens der Rechtsvertretung in den Stellungnahmen vom 16.03.2018 und 27.03.2018 erwähnten potentiellen Risikoprofile vorgenommen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl konnte zu diesen Gründen mangels Parteigengehör (sh dazu Punkt 1.10) keine Stellungnahme abgeben.
Personen, die aus Afghanistan fliehen, können einem Verfolgungsrisiko aus Gründen ausgesetzt sein, die mit dem fortwährenden bewaffneten Konflikt in Afghanistan oder mit schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen, die nicht in direkter Verbindung zum Konflikt stehen, zusammenhängen oder aufgrund einer Kombination beider Gründe. UNHCR ist der Auffassung, dass in Bezug auf Personen mit bestimmten Profilen, abhängig von den im Einzelfall, eine besonders sorgfältige Prüfung der möglichen Risiken notwendig ist:
Risikogruppen in Afghanistan: (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 -zusammenfassende Darstellung des UNHCR vom 04.05.2016):
"Diese Risikoprofile sind weder zwangsläufig erschöpfend, noch werden sie der Rangfolge nach angeführt:
(1) Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung oder mit der internationalen Gemeinschaft, einschließlich der internationalen Streitkräfte, verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen;
(2) Journalisten und in der Medienbranche tätige Personen;
(3) Männer im wehrfähigen Alter und Kinder im Zusammenhang mit der Einberufung von Minderjährigen und der Zwangsrekrutierung;
(4) Zivilisten, die der Unterstützung regierungsfeindlicher Kräfte verdächtigt werden;
(5) Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen die Scharia verstoßen haben;
(6) Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen islamische Grundsätze, Normen und Werte gemäß der Auslegung regierungsfeindlicher Kräfte verstoßen haben;
(7) Frauen mit bestimmten Profilen oder unter spezifischen Umständen;
(8) Frauen und Männer, die angeblich gegen gesellschaftliche Normen verstoßen haben;
(9) Personen mit Behinderungen, insbesondere geistigen Beeinträchtigungen, und Personen, die unter psychischen Erkrankungen leiden;
(10) Kinder mit bestimmten Profilen oder unter spezifischen Umständen;
(11) Überlebende von Menschenhandel oder Zwangsarbeit und Personen, die entsprechend gefährdet sind;
(12) Personen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung und/oder Geschlechtsidentität;
(13) Angehörige gewisser Volksgruppen, insbesondere ethnischer Minderheiten;
(14) An Blutfehden beteiligte Personen, und
(15) Geschäftsleute und andere wohlhabende Personen (sowie deren Familienangehörige)."
Für den gegenständlichen Fall gilt:
2.2.4. Als "verwestlicht" wahrgenommene Persone