Entscheidungsdatum
03.04.2018Norm
BBG §40Spruch
W133 2148993-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 26.01.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin stellte am 21.09.2016 zur Erlangung eines Parkausweises nach § 29b StVO einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) und legte medizinische Unterlagen vor.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie vom 25.01.2017 ein. In diesem wurden nach einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Knietotalendoprothese beidseits Wahl dieser Position, da Zustand nach mehreren Revisionseingriffen und Patella links instabil mit Luxationsneigung
02.05.21
40
2
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Unterer Rahmensatz, da zwar keine Dauertherapie erforderlich, jedoch rezidivierende Beschwerden bei mäßig eingeschränkter Beweglichkeit vor allem der Lendenwirbelsäule
02.01.01
10
3
Bluthochdruck Fixer Richtsatzwert
05.01.01
10
zugeordnet und
nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert (v.H.) eingeschätzt. Begründend führte die Gutachterin aus, dass das Leiden 1 durch Leiden 2 nicht erhöht werde, da kein ungünstiges Zusammenwirken in relevantem Ausmaß vorliege. Leiden 1 werde durch Leiden 3 nicht erhöht, da kein ungünstiges Zusammenwirken vorliege.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26.01.2017 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da sie mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das ärztliche Sachverständigengutachten, wonach der Grad der Behinderung 40 v.H. betrage. Das Gutachten wurde der Beschwerdeführerin als Beilage des Bescheides übermittelt. Ein Abspruch über die - ebenfalls beantragte - Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" erfolgte in diesem Bescheid nicht.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 08.02.2017 fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führt sie im Wesentlichen aus, sie wolle gegen die "Ferndiagnose" Einspruch erheben. Es werde befunden, dass sie Wegstrecken von 300 bis 400 m alleine ohne Unterbrechung zurücklegen könne. Das sei unrichtig. Sie habe bereits bei der Untersuchung gesagt, dass sie nur eingehängt auf einer Seite und auf der anderen mit Krücke gehen könne. Ihre Knieinstabilität sei bei weitem nicht geringfügig, sie sei trotz ständig getragener massiver Kniestütze (Genu Synero 610-OF-S) akut sturzgefährdet. Bei einem Sturz sei sie auf fremde Hilfe angewiesen. Auch eine Benützung einer Niederflurstraßenbahn sei für sie nur mit einer Begleitperson möglich. Sie sei darauf angewiesen zu Arztterminen, Zahnarzt, Ambulanz und Einkäufen chauffiert zu werden. Mit ihrem Gatten (er sei 82 Jahre alt), Tochter oder auch Enkel sowie des Öfteren mit einem Taxi. Eine finanzielle Unterstützung strebe sie nicht an. Eine Genehmigung für einen Behindertenparkplatz würde ihr aber sehr helfen. Sie ersuche daher, die Ablehnung nochmals zu überprüfen. Der Beschwerde wurden keine weiteren Befunde beigelegt.
Am 03.03.2017 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.
Am 19.12.2017 ersuchte die Beschwerdeführerin telefonisch beim Bundesverwaltungsgericht um rasche Entscheidung.
Am 13.02.2018 übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben der Beschwerdeführerin vom 07.02.2018, worin sie neuerlich ihre Entscheidung urgiert und weiters ausführt, ihre Knieinstabilität habe sich verschlechtert. Auf der Straße benütze sie einen Rollator. Öffentliche Verkehrsmittel könne sie nicht benützen. Sie ersuchte, gekennzeichnete Parkplätze für Behinderte benützen zu dürfen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die Beschwerdeführerin brachte am 21.09.2016 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.
Sie hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Gesundheitsschädigungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1) Knietotalendoprothese beidseits, bei Zustand nach mehreren Revisionseingriffen und Patella links instabil mit Luxationsneigung;
2) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, keine Dauertherapie erforderlich, jedoch rezidivierende Beschwerden bei mäßig eingeschränkter Beweglichkeit vor allem der Lendenwirbelsäule;
3) Bluthochdruck.
Das führende Leiden 1 wird durch Leiden 2 nicht erhöht, da kein ungünstiges Zusammenwirken in relevantem Ausmaß vorliegt. Leiden 1 wird auch durch Leiden 3 nicht erhöht, da kein ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.
Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 40 v. H.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten der Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie vom 25.01.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.
Unter Berücksichtigung der dem Gericht vorliegenden medizinischen Befunde und der Untersuchungsergebnisse im Gutachten ist eine höhere Einschätzung der festgestellten Leidenszustände zum Entscheidungszeitpunkt nicht möglich.
Im Rahmen einer Urgenz am 07.02.2018 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sich ihre Knieinstabilität verschlechtert habe. Auf der Straße benütze sie einen Rollator. Dieses - unbelegt gebliebene - Vorbringen unterliegt der in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht geltenden Neuerungsbeschränkung; diesbezüglich wird auf die nachfolgende Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung verwiesen.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergeben sich aus der im Akt aufliegenden Kopie der Meldebestätigung und ihren eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.
Der Gesamtgrad der Behinderung basiert auf dem seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten der Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie vom 25.01.2017. In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachterin setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Untersuchung auseinander. Die getroffene Einschätzung, basierend auf den im Rahmen persönlicher Untersuchung erhobenen Befunden, entspricht auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die oben nur auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Führendes Leiden der Beschwerdeführerin ist ihr Knieleiden bei Knietotalendoprothese beidseits und Zustand nach mehreren Revisionseingriffen und Patella links instabil mit Luxationsneigung, welches die Sachverständige korrekt der Positionsnummer 02.05.21 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet hat. Diese betrifft Funktionseinschränkungen des Kniegelenkes mittleren Grades beidseitig und hat einen fixen Richtsatz von 40%. Diese Einschätzung ist auch vor dem Hintergrund der Ergebnisse der persönlichen Untersuchung anlässlich der Begutachtung und der vorgelegten medizinischen Befunde nachvollziehbar und richtig, da ein Kniestatus von: Knie rechts 0/0/130, links 0/0/120, erhoben wurde. Ein Vergleich der erforderlichen Streckung/Beugung für die Einstufung unter dieser Positionsnummer zeigt, dass es sich über eine ohnehin eher "großzügige" Zuordnung der Gutachterin handelt, da eine Streckung/Beugung von lediglich 0/10/90 als Referenzwert für Funktionseinschränkungen des Kniegelenkes mittleren Grades in der Anlage zur Einschätzungsverordnung genannt wird. Die Zuordnung zu dieser Positionsnummer erweist sich aber durch die Berücksichtigung des Zustand nach mehreren Revisionseingriffen und Patella links instabil mit Luxationsneigung als nachvollziehbar begründet, sodass auch das Bundesverwaltungsgericht den gewählten Einzelgrad der Behinderung von 40% als gerechtfertigt und richtig erachtet. Eine höhere Einstufung ist bei diesem Leiden aufgrund der in der Anlage zur Einschätzungsverordnung genau genannten Referenzwerte keinesfalls möglich.
Auch das Leiden Nr. 2 wurde korrekt der Positionsnummer 02.01.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule geringen Grades betrifft, zugeordnet. Auch die Einstufung mit dem unteren Rahmensatz ist zutreffend. Die Gutachterin begründete unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde nachvollziehbar, dass keine Dauertherapie erforderlich und eine nur mäßige Einschränkung der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule gegeben ist. Der obere Rahmensatz dieser Positionsnummer durfte daher - wie von der Gutachterin auch zutreffend beurteilt - nicht gewählt werden. Diese Einstufung erweist sich auch unter Berücksichtigung des Untersuchungsbefundes betreffend die Wirbelsäule als nachvollziehbar und richtig.
Die leichte Hypertonie wurde nun unter dem Leidenszustand 3 bei vorhandener leichter Ausprägung ebenfalls korrekt berücksichtigt.
Dass die Gutachterin die Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin tatsachenwidrig beurteilt hat, kann vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht erkannt werden. Die Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin wurden umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander nachvollziehbar und richtig berücksichtigt.
Im Rahmen einer Urgenz am 07.02.2018 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sich ihre Knieinstabilität verschlechtert habe. Auf der Straße benütze sie einen Rollator. Dieses Vorbringen unterliegt der in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht geltenden Neuerungsbeschränkung. Nach dem im Beschwerdefall anwendbaren § 46 BBG dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden. Diese Mitteilung über den nunmehr behaupteten Bedarf eines Rollators, welcher im Übrigen nicht befundmäßig objektiviert wurde, erfolgte am 07.02.2018 und somit zeitlich deutlich nach Beschwerdevorlage, welche am 03.03.2017 erfolgt war, und konnte somit vom Bundesverwaltungsgericht nicht berücksichtigt werden.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde ist somit nicht geeignet, das vorliegende fachärztliche Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Die Beschwerdeführerin ist dem Sachverständigengutachten im Rahmen der Beschwerde auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 25.01.2017. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990 idF BGBl. I Nr. 155/2017, lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45.
(1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
....
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."
Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das schlüssige und widerspruchsfreie allgemeinmedizinische und orthopädische Sachverständigengutachten vom 25.01.2017 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 40 v. H. beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden in dem Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen detaillierten Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen unsubstantiierten Einwendungen nicht geeignet, das vorliegende aktuelle Gutachten zu entkräften. Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt 40 v.H. beträgt.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.
Schließlich ist darauf nochmals hinzuweisen, dass für das Verfahren nach § 46 Bundesbehindertengesetz eine Neuerungsbeschränkung besteht, wonach im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes kommt jedoch eine neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht. Sollte daher in der Folge tatsächlich das Vorliegen einer erheblichen Verschlechterung des Knieleidens sowie der von der Beschwerdeführerin in ihrer Urgenz vorgebrachte medizinische Bedarf eines Rollators befundmäßig objektiviert sein, könnte dies allenfalls die neuerliche Antragstellung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG rechtfertigen.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Beide Parteien stellten zudem keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W133.2148993.1.00Zuletzt aktualisiert am
17.04.2018