TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/7 LVwG-AV-1580/001-2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.02.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

07.02.2018

Norm

WRG 1959 §38 Abs1
WRG 1959 §38 Abs3
WRG 1959 §12 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde von 1. FK, 2. CB, 3. BB und 4. EH, alle vertreten durch Hofbauer & Wagner Rechtsanwälte KG, in ***, ***, gegen den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 24.11.2017, KRW2-WA-1766/001, betreffend Errichtung einer Einstellhalle samt Nebengebäude in der KG ***, zu Recht:

1.   Die Beschwerden werden gemäß § 28 Absatz 1 und Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Krems führte am 19.12.2016 eine mündliche Verhandlung im gewerberechtlichen und baurechtlichen Anlagenverfahren betreffend die auch hier gegenständliche Einstellhalle für LKW samt Nebengebäude und überdachter Gerätestellplätze mit Nebengebäuden im Standort ***, Grundstücke Nrn. *** und ***, beide KG ***, durch. In dieser Verhandlung wurde, neben den von den Amtssachverständigen für Maschinenbautechnik, für Luftreinhaltetechnik, für Lärmtechnik und für Verkehrstechnik sowie des Amtsarztes abgegebenen Gutachten, auch ein wasserbautechnisches abgegeben. Letzteres brachte die belangte Behörde im Rahmen des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens den Beschwerdeführern FK und EH nachweislich mit Schreiben vom 27.09.2017 zur Kenntnis, wobei die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs bis 13.10.2017 eingeräumt worden war. Dazu gaben die Rechtsvertreter der nunmehrigen Beschwerdeführer, also auch von CB und BB, eine schriftliche Stellungnahme vom 11.10.2017 ab. Darin brachten die Rechtsvertreter vor, dass es entgegen den Ausführungen im wasserbautechnischen Gutachten durch das Einreichprojekt jedenfalls zu einer Verschlechterung des Hochwasserabflusses komme, welche nicht zu vernachlässigen sei. Es sei die Kubatur der Gebäudeteile bei weitem die eines Einfamilienwohnhauses übersteigend und sei die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich jedenfalls unzulässig, weshalb dies umso mehr für das gegenständliche Einreichprojekt gelten müsse. Auch sei zu berücksichtigen hinsichtlich der geplanten Nutzung, dass auch defekte Lastwägen und Baugeräte in der Werkstätte stehen würden und daher davon ausgegangen werden könne, dass im Hochwasserfall diese Fahrzeuge nicht immer sofort abtransportiert werden könnten. Es würden dann Motoröle und Treibstoffe in das Wasser und letztlich das Grundwasser gelangen.

Daraufhin erteilte die Bezirkshauptmannschaft Krems Herrn KS gemäß

§ 38 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Einstellhalle für LKW samt Nebengebäude und überdachter Gerätestellplätze samt Nebengebäude im linksufrigen 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich der Donau im Standort *** auf den Grundstücken Nrn. *** und ***, beide KG ***, unter Vorschreibung von Auflagen.

Dagegen erhoben die vier Beschwerdeführer, rechtsanwaltlich vertreten, fristgerecht Beschwerde und brachten vor, das Einreichprojekt liege fast zur Gänze im
30-jährlichen Hochwasserabflussbereich der Donau und komme es jedenfalls zu einer Verschlechterung des Hochwasserabflusses. Dass die Auswirkungen nach dem Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen zu vernachlässigen seien, sei nicht nachvollziehbar. So wäre ständige Spruchpraxis der Verwaltungsbehörden, dass Wohngebäude wie Einfamilienhäuser, welche im
HQ30-Bereich lägen, aufgrund ihrer Großvolumigkeit und damit gegebenen Auswirkungen des Abflussverhaltens nicht zu genehmigen seien. Darauf sei von der Behörde nicht eingegangen worden. Die Kubatur des projektsgegenständlichen Gebäudekomplexes sei weit über dem eines Einfamilienhauses gelegen und sei der Querschnitt der Donau im Bereich der Wachau durch den engen Talquerschnitt und damit stark erhöhtem Gefährdungspotenzial bei Hochwasser gekennzeichnet. Es sei der konkrete Talquerschnitt im gegenständlichen Anlagenbereich vom Amtssachverständigen in keiner Weise berücksichtigt worden. Weiters sei problematisch, dass defekte LKWs und Baugeräte mit großen Treibstoffmengen abgestellt seien, die im Hochwasserfall nicht sofort entfernt werden könnten. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass diese im Hochwasserfall nicht rechtzeitig abtransportiert werden könnten. Dadurch bestünde Gefahr für das Grundwasser. Beantragt werde die Stattgebung der Beschwerde und Abweisung des Antrages auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung. In eventu möge der Bescheid aufgehoben und zurückverwiesen werden.

Folgender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt:

Das gegenständliche Projekt betrifft die Grundstücke Nrn. *** und ***, beide KG ***. Diese beiden Grundstücke sowie das Grundstück ***, KG ***, befinden sich im HQ30. Die Grundstücke *** (CB und BB) und *** (EH), beide KG ***, befinden sich außerhalb des 30-jährlichen Hochwasserabflussbereiches.

Diese Feststellungen basieren auf der unbedenklichen und klaren Aktenlage sowie auf den im NÖ Atlas (imap) eingetragenen Hochwasseranschlagslinien für das
30-jährliche Hochwasser, welcher öffentlich zugänglich ist.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.  der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.  die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht

selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

§ 38 WRG 1959 lautet wie folgt:

„(1) Zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer oder in Gebieten, für die ein gemäß § 42a Abs. 2 Z 2 zum Zweck der Verringerung hochwasserbedingter nachteiliger Folgen erlassenes wasserwirtschaftliches Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1) eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht vorsieht, sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, ist nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden.

(2) …

(3) Als Hochwasserabflußgebiet (Abs. 1) gilt das bei 30jährlichen Hochwässern überflutete Gebiet. Die Grenzen der Hochwasserabflußgebiete sind im Wasserbuch in geeigneter Weise ersichtlich zu machen.“

Mit dem angefochtenen Bescheid wird KS gemäß § 38 WRG 1959 eine wasserrechtliche Bewilligung für eine Anlage im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich erteilt. Gestützt wird die Entscheidung auf das wasserbautechnische Gutachten, welches im Zuge der mündlichen Verhandlung der belangten Behörde am 19.12.2016 betreffend ein gewerberechtliches und baurechtliches Bewilligungsverfahren abgegeben wurde. Der Amtssachverständige führt in diesem Gutachten zur Bewilligungspflicht nach § 38 WRG 1959 konkret aus. Er hält fachlich fest, dass die zu errichtenden Gerätestellplätze und Nebengebäude als Querbauwerke bei einem 30-jährlichen Hochwasser ein gewisses Abflusshindernis darstellen würden, jedoch der Entfall an Durchflussquerschnitt durch die errichteten Gebäude als sehr untergeordnet zu bewerten sei. Er begründet dies mit der großen Breite des Durchflussprofils der Donau mit ca. 380 m und mit relativ geringen Fließgeschwindigkeiten im gegenständlichen Bereich. Weiters führt er aus, dass die geringen Wasserspiegelanhebungen keine Fremdgebäude betreffen würden. Er hält dann fest, dass durch gegenständliches Projekt mit einer lokalen Änderung der Strömungsrichtungen und der Strömungsgeschwindigkeit im Bereich des Projektsgegenstandes und des nördlich angrenzenden Grundstückes *** (FK) bei einem 30-jährlichen Hochwasser zu rechnen sei.

Weiters hält er fest, dass es bei Umsetzung des gegenständlichen Projekts zu keinem relevanten Retentionsraumverlust und daher zu keinen erheblichen Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss komme.

Das Grundstück der Beschwerdeführerinnen CB und BB, Grundstück Nr. ***, KG ***, liegt nicht im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich. Damit aber scheidet eine Parteistellung dieser Beschwerdeführerinnen im Falle der Errichtung einer Anlage im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich, wie in § 38 WRG 1959 geregelt, aus. Die Zurückweisung der Einwendungen dieser Beschwerdeführerinnen erfolgte daher zu Recht.

Aus dem NÖ Atlas, der für jedermann einsehbar ist, ergibt sich zweifelsfrei, dass das Grundstück der Beschwerdeführerin EH (***, KG ***) ebenfalls außerhalb des 30-jährlichen Hochwasserabflussbereiches gelegen ist. Richtigerweise wären daher ihre Einwendungen ebenfalls zurückzuweisen gewesen. Durch die Abweisung anstatt einer Zurückweisung werden jedoch keine subjektiv öffentlichen Rechte verletzt, die Beschwerde erweist sich auch als unbegründet.

Zur Beschwerde von FK ist festzuhalten, dass dazu das wasserbautechnische Gutachten, welches im Rahmen eines Gewerbeverfahrens ergangen, aber im Zuge des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens vollinhaltlich im Rahmen des Parteiengehörs dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht wurde, konkrete Ausführungen enthält. Der Amtssachverständige führt fachlich aus, dass durch das Projekt die Auswirkungen des Hochwasserabflusses nur ein geringes Ausmaß aufweisen würden und erhebliche Auswirkungen durch das Projekt auf den Hochwasserabfluss nicht zu befürchten wären. Damit aber ist bei Verwirklichung des Projektes nicht mit der für eine Beeinträchtigung des Grundeigentümers erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit vom Eintritt eines größeren Nachteiles für dessen Grundstück im Hochwasserfall als zuvor auszugehen. Dazu führen die durch das Projekt verursachten Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss im Hochwasserfall nicht.

Dies ergibt sich aus den Ausführungen des Amtssachverständigen zum nicht relevanten Retentionsraumverlust. Entgegen der Ansicht in der Beschwerde hat der Amtssachverständige zu den geringen Auswirkungen nachvollziehbar dargelegt, dass sich diese aufgrund der Breite des Hochwasserdurchflussprofiles der Donau in einer Länge von 380 m und aus relativ geringen Fließgeschwindigkeiten der Donau im gegenständlichen Bereich ergäbe. Diesen fachlichen Ausführungen ist in der Beschwerde nicht auf gleicher Ebene entgegengetreten worden. Die Argumentation, dass Einfamilienhäuser und Wohnhausanlagen im HQ30-Bereich nicht genehmigt werden würden, ist auf das baurechtliche Bewilligungsverfahren bezogen. Ein Genehmigungsverbot für derartige Gebäude im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich kann dem § 38 WRG 1959 nicht entnommen werden. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Bewilligungserteilung gegeben sind oder nicht, nämlich ob es nun, bewirkt durch das zu bewilligende Projekt, mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit zu größeren Nachteilen im Hochwasserfall als im Zustand davor kommt.

Entgegen den Beschwerdeausführungen hat der wasserbautechnische Amtssachverständige auch konkret zum Durchflussquerschnitt der Donau im gegenständlichen Bereich Bezug genommen. Er hat dazu festgehalten, dass dieser ca. 380 m betrage. Zum Vorbringen betreffend defekte Lastwägen und nicht rechtzeitige Entfernung von in Reparatur befindlichen Fahrzeugen ist festzuhalten, dass der Konsensinhaber dazu die Auflage 2 einzuhalten hat. Nach dieser Auflage sind Fahrzeuge und Geräte mit Verbrennungsmotor sowie wassergefährdende Stoffe dann aus dem Überflutungsbereich zu entfernen, wenn Hochwassergefahr gegeben ist. Grundsätzlich muss davon ausgegangen werden, dass ein Bewilligungsinhaber sich auch konsensgemäß verhält. Dazu wird auf die nachfolgend zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen.

Es ist davon auszugehen, dass die wasserrechtliche Bewilligung und die getroffenen Vorschreibungen eingehalten werden, nicht aber davon, dass Vorschreibungen möglicherweise nicht beachtet werden, und dass das Gesetz selbst Regeln dafür vorsieht, was im Falle der Rechtsverletzung durch den Unternehmer wie der Nichterfüllung von Auflagen zu geschehen hat (vgl. VwGH vom 04.10.1988, 87/07/0141 u.a.).

Somit erweist sich auch die Beschwerde von FK als unbegründet.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da in gegenständlichem Fall keine Tatsachen- oder Rechtsfragen zu erörtern waren, die eine mündliche Verhandlung erfordert hätten. Art. 6 EMRK und Art. 47 der Charta der Europäischen Grundrechte stehen daher dem nicht entgegen, eine mündliche Verhandlung wurde außerdem nicht beantragt.

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; Bewilligung; Hochwasserabfluss; Verfahrensrecht; Parteistellung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1580.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten