TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/9 LVwG-AV-1465/002-2017, LVwG-S-54/001-2018, LVwG-S-146/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.02.2018
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Entscheidungsdatum

09.02.2018

Norm

FSG 1997 §3 Abs1 Z2
FSG 1997 §7 Abs3 Z1
FSG 1997 §24
FSG 1997 §25
FSG 1997 §26 Abs2 Z1
StVO 1960 §5 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerden des AT, vertreten durch Dr. Stephan Duschel und Mag. Klaus Hanten, Rechtsanwälte in ***, ***, gegen

1.   den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom „8. November 201706. November 2017“, Zl. PLS1-F-08477/002 (protokolliert zu LVwG-AV-1465/002-2017), betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und begleitende Maßnahmen,

2.   das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 6. Dezember 2017, Zl. PLS2-V-17 61307/5 (protokolliert zu LVwG-S-54/001-2018), betreffend Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960),

3.   das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 2. Jänner 2018, Zl. PLS2-V-17 61308/5 (protokolliert zu LVwG-S-146/001-2018), betreffend Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960)

zu Recht:

1.   Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom „8. November 201706. November 2017“, Zl. PLS1-F-08477/002 wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Der Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 6. Dezember 2017, Zl. PLS2-V-17 61307/5, wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

3.   Die Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 2. Jänner 2018, Zl. PLS2-V-17 61308/5, wird als unbegründet abgewiesen.

4.   Aufgrund der Abweisung der Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 2. Jänner 2018 hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 320,-- Euro zu leisten.

5.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision nicht zulässig.

Zahlungshinweis:

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 2.080,-- Euro und ist gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen einzuzahlen.

Entscheidungsgründe:

1.   Feststellungen:

1.1.  Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 28. Mai 2008, Zl. PLS1-F-08477/001 wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen A, B und F auf die Dauer von sechs Monaten entzogen und überdies begleitende Maßnahmen angeordnet.

Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 9. Mai 2008 um 20:00 Uhr ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, da ein Alkotest mittels Alkomat einen Atemluftalkoholwert von 1,54 mg/l ergeben habe.

Dieser Bescheid wurde mit Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 1. September 2008, Zl. PLS1-F-08477/001, bestätigt und eine dagegen erhobene Berufung mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 12. Jänner 2010 als verspätet zurückgewiesen; dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

1.2.  Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen *** am 25. Juli 2017 um 10:15 Uhr im Gemeindegebiet ***, ***, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat.

1.3.  Am 27. Juli 2017 lenkte der Beschwerdeführer sein Kraftfahrzeug in Richtung ***. Aufgrund seiner auffälligen Fahrweise (langsames Tempo und in Schlangenlinien) verständigte die Beifahrerin des nachfolgenden Kraftfahrzeuges die Polizei. Die Lenkerin des dem Beschwerdeführer nachfolgenden Kraftfahrzeuges (die Zeugin BK) folgte dem Beschwerdeführer in der Folge bis zur Adresse *** im Gemeindegebiet ***. Der Beschwerdeführer stellte sein Fahrzeug an dieser Adresse ab. Die Zeugin stieg aus und zog den Schlüssel aus dem Zündschloss des Kraftfahrzeugs des Beschwerdeführers.

Aufgrund des Anrufs der Beifahrerin der Zeugin BK bei der Polizei kamen gegen 16:15 Uhr die Polizeibeamten M und P nach ***. Die Zeugin BK berichtete den Polizisten von der auffälligen Fahrweise des Beschwerdeführers und gab ihnen die Schlüssel zum Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer befand sich zu diesem Zeitpunkt noch in seinem Kraftfahrzeug. Die Polizeibeamten forderten ihn auf, die Tür zu öffnen. Der Beschwerdeführer öffnete jedoch nicht, weshalb vom Zeugen P die Tür geöffnet und der Beschwerdeführer von ihnen mit dem Sachverhalt konfrontiert wurde.

Aufgrund der Aussage der Zeugin BK und weil den beiden Polizisten beim Öffnen der Fahrertüre Alkoholgeruch aus dem Mund des Beschwerdeführers entgegenkam, forderte der Zeuge P den Beschwerdeführer um 16:30 Uhr zur Ablegung eines Atemluftalkoholtestes am geeichten Alkomaten auf.

Der Beschwerdeführer weigerte sich jedoch, einen derartigen Test durchzuführen, wobei er sinngemäß angab, den Test zu verweigern, da er wisse, was „ihm dann blühe“, weil er sich „auskenne“.

In der Folge wurde der Beschwerdeführer, der vor seiner Pensionierung selbst Polizist war, vom Zeugen P in sein Wohnhaus, Adresse: ***, begleitet, wo er zu Sturz kam und sich eine leichte Verletzung zuzog. Der Zeuge P fragte den Beschwerdeführer, ob es in Ordnung sei, wenn er das Auto des Beschwerdeführers umparke, was dieser bejahte.

Der Beschwerdeführer gab gegenüber dem Zeugen P überdies im Laufe der Amtshandlung an:

„Mich hat sicher wieder meine Ex-Frau angezeigt. Ich bin gar nicht mit meinem Kraftfahrzeug gefahren. Ich weiß nicht wie es weiter gehen soll. Es ist alles eine Katastrophe.“

1.4.  Mit dem angefochtenen Bescheid vom „8. November 201706. November 2017“, PLS1-F-08477/002 wurde in Bestätigung des Mandatsbescheides der belangten Behörde vom 31. Juli 2017, PLS1-F-08477/002, die Entziehung der Lenkberechtigung des Beschwerdeführers für die Klassen AM, A und B bis einschließlich 27. Jänner 2018 im vollem Umfang bestätigt und überdies die mit dem Mandatsbescheid angeordneten begleitenden Maßnahmen, nämlich die Anordnung einer Nachschulung, die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufrecht erhalten.

1.5.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 6. Dezember 2017 wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:

„Sie haben als Fahrzeuglenker folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit:             25.07.2017, 10:15 Uhr

Ort:              Gemeindegebiet ***, ***

Fahrzeug: *** (Österreich), Personenkraftwagen

Tatbeschreibung:

Das Fahrzeug gelenkt, obwohl Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben und der Alkoholgehalt Ihrer Atemluft 0,68 mg/l, somit 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l betrug.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 5 Abs.1, § 99 Abs.1a StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von             falls diese uneinbringlich ist,      Gemäß

                              Ersatzfreiheitsstrafe von

          1.200,00          240 Stunden                               § 99 Abs.1a StVO 1960

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2
Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der

Strafe, mindestens jedoch 10 Euro                                                         120,00

                                                    Gesamtbetrag:                             1.320,00“

1.6.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 2. Jänner 2018 wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:

„„Sie haben als Fahrzeuglenker folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit:             27.07.2017, 16:30 Uhr

Ort:              Gemeindegebiet ***, ***

Fahrzeug: *** (Österreich), Personenkraftwagen

Tatbeschreibung:

Die Untersuchung Ihrer Atemluft auf Alkoholgehalt gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht verweigert, obwohl Sie das Fahrzeug gelenkt haben und vermutet werden konnte, dass Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 5 Abs.2, § 5 Abs.4, § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von             falls diese uneinbringlich ist,      Gemäß

                              Ersatzfreiheitsstrafe von

          1.600,00          336 Stunden                               § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2
Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der

Strafe, mindestens jedoch 10 Euro                                                         160,00

                                                    Gesamtbetrag:                             1.760,00“

1.7.  Der Beschwerdeführer hat ein monatliches Nettoeinkommen von 1.900 Euro Pension. Er ist überdies sorgepflichtig für eine geschiedene Frau. Er weist keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen auf.

2.   Beweiswürdigung:

2.1.  Die Feststellungen gründen auf der mündlichen Verhandlung am 30. Jänner 2018, in welcher Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in die von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten und Verwaltungsstrafakten, Einvernahme des Beschwerdeführers sowie der Zeugen F, BK, P und M. Die Feststellungen sind – soweit im Folgenden keine gesonderten Ausführungen erfolgen – nicht strittig.

2.2.  Zum Lenken in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand am 25. Juli 2017:

Anders als in der Anzeige der Polizeiinspektion *** vom 25. Juli 2017 – anscheinend aufgrund eines Missverständnisses – angegeben („der amtsbekannte [Beschwerdeführer sei] soeben mit seinem KFZ nach Hause gekommen“), hat der Zeuge F keinerlei Wahrnehmung betreffend das Lenken eines Kraftfahrzeuges durch den Beschwerdeführer um 10:15 Uhr gemacht. Der Zeuge hat in der Verhandlung vielmehr angegeben, dass er an diesem Tag zwar persönlich auf der Polizeiinspektion vorstellig wurde, jedoch deshalb, weil er den Beschwerdeführer schon mehrere Male ein Kraftfahrzeug in einem alkoholisierten Zustand lenken gesehen habe und dieser sein Kraftfahrzeug dann immer verkehrsbehindernd abstelle; auch an diesem Tag parkte das Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers – zumindest nach Ansicht des Zeugen – in einer verkehrsbehindernden Art und Weise. Angaben darüber, dass er den Beschwerdeführer am 25. Juli 2017 um 10:15 Uhr das Kraftfahrzeug lenken gesehen habe, hat der Zeuge jedoch nicht gemacht, da er derartige Wahrnehmungen gar nicht gemacht hat. Vielmehr dachte sich der Zeuge, dass der Beschwerdeführer – der laut Aussage des Zeugen bereits „viele Male“ in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand sein Kraftfahrzeug gelenkt habe – sein Kraftfahrzeug am Vorabend „rauschig“ so abgestellt habe (vgl. zum Ganzen Verhandlungsschrift Seite 9 und 10).

Auch der Beschwerdeführer bestreitet, um diese Uhrzeit ein Kraftfahrzeug gelenkt zu haben.

Es gibt somit kein Ermittlungsergebnis, das ein Lenken des Kraftfahrzeuges durch den Beschwerdeführer zur vorgeworfenen Tatzeit stützt, weshalb das Landesverwaltungsgericht zur Auffassung gelangt, dass der Beschwerdeführer um 10:15 Uhr kein Kraftfahrzeug gelenkt hat.

2.3.  Zur Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung am 27. Juli 2017:

Die Feststellungen betreffend den Vorfall am 27. Juli 2017 folgen zunächst der völlig glaubhaften Darstellung der Zeugin BK in der mündlichen Verhandlung (Verhandlungsschrift Seite 11 und 12), die sich auch nicht von ihren schon vor der belangten Behörde gemachten Aussagen vom 7. Dezember 2017 unterscheiden. Es ist auch nicht hervorgekommen, dass die Zeugin den Beschwerdeführer zu Unrecht belasten wollte; derartiges wird vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.

Der Hergang des Gesprächs mit den beiden Polizeibeamten, insbesondere die erfolgte Aufforderung zur Atemluftalkoholuntersuchung nachdem Alkoholisierungsmerkmale beim im Fahrersitz befindlichen Beschwerdeführer festgestellt wurden und die darauf folgende Weigerung des Beschwerdeführers eine Atemluftalkoholuntersuchung durchführen zu lassen, beruhen auf den diesbezüglich glaubwürdigen und übereinstimmenden Aussagen der Zeugen P (Verhandlungsschrift Seite 14f) und M (Verhandlungsschrift Seite 16ff).

Soweit der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat, sich an nichts mehr erinnern zu können, wird dies vor dem Hintergrund, dass er situationsbezogen korrekt von einer „Katastrophe“ und einer „Anzeige durch seine Frau“ gesprochen hat (siehe die Anzeige der Polizeiinspektion *** vom 28. Juli 2017 sowie die diesbezügliche Aussage P, Seite 15f), den Test am Alkomaten mit dem Hinweis, dass er wisse, was ihm dann „blühe“, verweigerte und überdies dem Zeugen P das Umparken seines Kraftfahrzeuges gestattete (Aussage P, Verhandlungsschrift Seite 15 und Aussage M Verhandlungsschrift Seite 17) – als reine Schutzbehauptung gewertet. Insofern erübrigte sich daher auch die – vom Beschwerdeführer beantragte – Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen. Auch die Polizeibeamten haben keinerlei Aussagen in die Richtung getätigt, dass sie annahmen, der Beschwerdeführer habe nicht gewusst oder verstanden, was von ihm verlangt werde; der Sturz, bei dem er sich eine leichte Verletzung zuzog erfolgte erst nach der Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung.

3.   Rechtliche Erwägungen:

3.1.  Rechtsgrundlagen:

3.1.1.  Die maßgeblichen Bestimmungen der StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960 in der im Hinblick auf den Tatzeitpunkt (27. Juli 2017) im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung, lauten (auszugsweise):

„§ 5. Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol.

(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

(1a) [...]

(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und – soweit es sich nicht um Organe der Bundespolizei handelt –von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen,

1.

die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder

2.

bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

[…]

§ 99. Strafbestimmungen.

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1600 Euro bis 5900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

a)

[…],

b)

wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht

[…]“

3.1.2.  Die maßgeblichen Bestimmungen des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. 120/1997 idgF, lauten (auszugsweise):

„Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

      1. […]

      2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

[…]

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

      1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

      2. [...]

(2) […]

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

      1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

        […]

6.

ein Kraftfahrzeug lenkt;

a)

trotz entzogener Lenkberechtigung oder Lenkverbotes oder trotz vorläufig abgenommenen Führerscheines oder

b)

wiederholt ohne entsprechende Lenkberechtigung für die betreffende Klasse;

[…]

(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

[…]

5. Abschnitt

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

      1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

      2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

[…]

(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

      1. […]

      2. […]

      3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960.

[…] Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. […]

[…]

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

(2) […]

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. […]

Sonderfälle der Entziehung

§ 26. (1) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs. 3 Z 1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen. Wenn jedoch

1. auch eine der in § 7 Abs. 3 Z 4 bis 6 genannten Übertretungen vorliegt, oder

2. der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat,

so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.

[…]

(2) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges

      1. erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen,

      2. ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, ist die Lenkberechtigung auf mindestens zwölf Monate zu entziehen,

      3. […]

[…]

(5) Eine Übertretung gemäß Abs. 1 oder 2 gilt als erstmalig, wenn eine vorher begangene Übertretung der gleichen Art zum Zeitpunkt der Begehung bereits länger als fünf Jahre zurückliegt.

[…]“

3.2.  Zum angefochtenen Straferkenntnis vom 6. Dezember 2017 (betreffend Lenken in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand am 25. Juli 2017, 10:15 Uhr):

Da das Beweisverfahren ergeben hat, dass der Beschwerdeführer um 10:15 Uhr kein Kraftfahrzeug gelenkt hat, ist das angefochtene Straferkenntnis – samt dem damit zusammenhängenden Kostenausspruch – aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen, da er die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat.

3.3.  Zum angefochtenen Straferkenntnis vom 2. Jänner 2018 (betreffend die Verweigerung am 27. Juli 2017, 16:30 Uhr):

Der Beschwerdeführer wurde am 27. Juli 2017, 16:30 Uhr, vom Zeugen P, einem Organ der Bundespolizei, aufgefordert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Besteht im Zeitpunkt der Aufforderung seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen der durchaus begründet gewesene Verdacht des Lenkens eines Fahrzeugs in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, so ist der vermutliche Lenker verpflichtet, sich einer entsprechenden Untersuchung gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960 zu unterziehen (zB VwGH vom 9. Oktober 2017, Ra 2017/02/0138).

Angesichts der Angaben der Zeugin BK betreffend die auffällige Fahrweise des Beschwerdeführers, des Umstandes, dass er sich beim Eintreffen der Polizisten im Fahrersitz befand und der von den Polizisten wahrgenommenen Alkoholisierungsmerkmalen des Beschwerdeführers war der Zeuge P berechtigt, den Beschwerdeführer zur Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt aufzufordern. Trotz dieser (rechtmäßigen) Aufforderung hat sich der Beschwerdeführer geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Es ist nichts hervorgekommen, das am Vorliegen zumindest fahrlässigen Verhaltens des Beschwerdeführers, was bei Ungehorsamsdelikten wie dem vorliegenden (vgl. schon VwGH vom 23. September 1987, 87/03/0108) für die Strafbarkeit ausreicht, Zweifel aufkommen hätte lassen (vgl. § 5 Abs. 1 VStG).

Der Beschwerdeführer hat somit eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begangen und auch zu verantworten.

Hinsichtlich der Strafhöhe ist lediglich auszuführen, dass die verhängte Geldstrafe in der Höhe von 1.600 Euro ohnehin die gesetzlich normierte Mindeststrafe darstellt. Für ein Vorgehen gemäß § 20 VStG bleibt – selbst unter Berücksichtigung des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit – im vorliegenden Fall kein Raum, kann doch keine Rede davon sein, dass die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

3.4.  Zum Kostenausspruch:

Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat; dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Geldstrafe (hier demnach: 320 Euro) zu bemessen.

3.5.  Zum angefochtenen Bescheid vom „8. November201706. November 2017“ betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und begleitende Maßnahmen:

Unabdingbare Voraussetzung für die Verneinung der Verkehrszuverlässigkeit (und der Zulässigkeit einer darauf gründenden Entziehung der Lenkberechtigung) ist, wie der Wortlaut des § 7 Abs. 1 FSG unmissverständlich zum Ausdruck bringt, das Vorliegen zumindest einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 FSG (vgl. VwGH vom 23. November 2011, 2009/11/0263).

Wie oben dargestellt, hat der Beschwerdeführer am 7. Juni 2017 eine Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begangen und zu verantworten. Es liegt demnach eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 1 FSG vor.

Vor diesem Hintergrund war ihm schon aufgrund der zwingenden Anordnung des § 26 Abs. 2 Z 1 FSG seine Lenkberechtigung für die Mindestdauer von 6 Monaten zu entziehen.

Die belangte Behörde war daher aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 24 Abs. 3 zweiter und fünfter Satz FSG aber auch zur Anordnung einer Nachschulung, der Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme verpflichtet.

Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom „8. November 201706. November 2017“ ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.6.  Zur Unzulässigkeit der Revision:

3.6.1.  Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Normenwortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH vom 29. Juli 2015, Ra 2015/07/0095) und im Übrigen nur Fragen der Beweiswürdigung vorliegen, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht berufen ist (vgl. allgemein zur Beweiswürdigung zB VwGH vom 28. Juni 2017, Ra 2017/02/0038, bezüglich des Umstandes, dass im Falle von situationsbezogenem Verhalten kein medizinisches Gutachten eingeholt werden muss VwGH vom 9. September 2005, 2004/02/0097, sowie zu einem „Verweigerungsdelikt“ zB auch VwGH vom 15. Jänner 2018, Ra 2018/02/0002).

3.6.2.  Eine nach den Kriterien des § 19 VStG vorgenommene Strafbemessung ist eine einzelfallbezogene Abwägung, die im Allgemeinen keine grundsätzliche Rechtsfrage darstellt (zB VwGH vom 9. Juni 2017, Ra 2017/02/0018), weshalb die Revision auch diesbezüglich unzulässig ist.

3.6.3.  Bei der Entscheidung betreffend die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um das Ergebnis einer Gesamtabwägung unterschiedlicher Faktoren, welche entscheidend von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist (im Allgemeinen) ebenfalls nicht revisibel (vgl. zB VwGH vom 10. Mai 2017, Ra 2017/11/0042).

Schlagworte

Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; Verwaltungsstrafe; Alkohol; Verweigerung; Entziehung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1465.002.2017

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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