Entscheidungsdatum
14.02.2018Norm
B-VG Art133 Abs4Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde der Frau AR in ***, ***, gegen den Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 6. Dezember 2017, Zl. WFF/WIV/2017/000870, betreffend Abweisung eines Antrags auf Gewährung der Witwenversorgung zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der Beschwerde ergibt sich nachstehender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
1.1. Der am *** geborene PH war seit 1. Dezember 1957 Kammerangehöriger der Ärztekammer für Niederösterreich, Mitglied des Wohlfahrtsfonds und zuletzt Empfänger einer Altersversorgung nach dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich.
Am 23. Mai 2015 ehelichte PH die am *** geborene Beschwerdeführerin. Im Zeitpunkt dieser Eheschließung war PH 85 Jahre alt.
Am 18. Juli 2017 verstarb PH.
1.2. Mit Schriftsatz vom 12. August 2017, bei der belangten Behörde eingelangt am 25. August 2017, stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Gewährung von Witwenversorgung.
1.3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 33 Abs. 2 der Satzung des Wohlfahrtsfonds ab. Begründend wurde ausgeführt, dass PH im Zeitpunkt der Eheschließung das 85. Lebensjahr vollendet hatte, die Ehe weniger als drei Jahre bestanden habe, aus dieser weder ein Kind hervorgegangen sei noch durch diese ein Kind legitimiert worden sei oder ein Kind des Verstorbenen dem Haushalt der Witwe angehört habe.
1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Feststellungen der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt werden, jedoch – unter Hinweis auf diverse Dokumente – ausgeführt wird, dass zwischen der Beschwerdeführerin und dem Verstorbenen seit 1994 eine Lebensgemeinschaft, somit ein „eheähnlicher Zustand“ bestanden habe. Vor dem Hintergrund näher zitierter Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes sei die Beschwerdeführerin „gröblich nach dem Gleichheitssatz nach Art. 7 B-VG“ verletzt. Es werde daher die Zuerkennung der beantragten Witwenpension, in eventu die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde beantragt.
2. Rechtliche Erwägungen :
2.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 idF BGBl. I Nr. 26/2017, lauten (auszugsweise):
„3. Abschnitt(1) Der Wohlfahrtsfonds bildet ein zweckgebundenes Sondervermögen der Ärztekammer. Die Beschlussfassung über den Wohlfahrtsfonds obliegt der Erweiterten Vollversammlung.
(2) […]
(3) Aus den Mitteln des Wohlfahrtsfonds sind den Kammerangehörigen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Versorgungs- und Unterstützungsleistungen zu gewähren.
(4) […]
[…]
Versorgungsleistungen(1) Aus den Mitteln des Wohlfahrtsfonds sind Leistungen zu gewähren
1.
an anspruchsberechtigte Kammerangehörige für den Fall des Alters, der vorübergehenden oder dauernden Berufsunfähigkeit,
2.
[…],
3.
an Hinterbliebene im Falle des Ablebens eines anspruchsberechtigten Kammerangehörigen sowie
4.
an ehemalige Kammerangehörige und Hinterbliebene von Kammerangehörigen, soweit deren Beiträge weder an eine andere Ärztekammer überwiesen noch dem Kammerangehörigen rückerstattet worden sind (§ 115).
(2) […]
(1) Aus den Mitteln des Wohlfahrtsfonds sind im einzelnen folgende Versorgungsleistungen zu gewähren:
1.
[…],
[…]
4.
Hinterbliebenenversorgung:
a)
Witwen- und Witwerversorgung,
[…]
(1a) Aus den Mitteln des Wohlfahrtsfonds können folgende zusätzliche Versorgungsleistungen gewährt werden:
1.
[…],
2.
Hinterbliebenenunterstützung.
(2) […]
[…]
(5) Die Leistungen gemäß Abs. 1 sind von der Satzung so festzusetzen, dass die Summe der Beitragszahlungen unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen statistischen Lebenserwartung der Leistungsempfänger unter Anwendung versicherungsmathematischer Grundsätze langfristig der Summe der Leistungen entspricht. Bei der Festsetzung der individuellen Leistungsansprüche ist die Höhe der geleisteten Beiträge zu berücksichtigen. Abweichungen von diesen Grundsätzen sind zulässig, soweit sie zur Finanzierung bereits zuerkannter Leistungen notwendig sind. Erreichen die Leistungen gemäß Abs. 1 Z 1 bis 3, 4 lit. a und b weniger als ein Zehntel der in Abs. 3 angeführten Grundleistung, so kann die Satzung eine einmalige, nach versicherungsmathematischen Grundsätzen errechnete, Kapitalabfindung vorsehen.
[…]
(1) Die Altersversorgung wird mit Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt, […]
[…]
(1) Nach dem Tod eines (einer) Kammerangehörigen oder Empfängers (Empfängerin) einer Alters- oder Invaliditätsversorgung ist seiner Witwe (ihrem Witwer) oder seinem hinterbliebenen eingetragenen Partner, die (der) mit ihm (ihr) im Zeitpunkt des Todes in aufrechter Ehe oder eingetragenen Partnerschaft gelebt hat, die Witwen(Witwer)versorgung oder die Versorgung des hinterbliebenen eingetragenen Partners zu gewähren.
(2) Die Witwen(Witwer)versorgung oder die Versorgung des hinterbliebenen eingetragenen Partners wird nicht gewährt, wenn die Ehe oder die eingetragene Partnerschaft erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres des Kammerangehörigen oder Empfängers einer Alters- oder Invaliditätsversorgung geschlossen und zum Zeitpunkt des Todes des Kammerangehörigen oder Empfängers einer Alters- oder Invaliditätsversorgung weniger als drei Jahre lang bestanden hat. Dies gilt nicht, wenn
1.
der Tod des Ehegatten oder des eingetragenen Partners durch Unfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, oder
2.
aus der Ehe ein Kind hervorgegangen ist oder hervorgeht, durch die Eheschließung ein Kind legitimiert worden ist, oder
3.
im Zeitpunkt des Todes des Ehegatten oder des eingetragenen Partners dem Haushalt der Witwe (des Witwers) oder des eingetragenen Partners ein Kind des Verstorbenen angehört hat, das Anspruch auf Waisenversorgung hat.
[…]“
2.1.2 § 33 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich (in der Folge: Satzung) in der ab 9. Dezember 2016 – und somit im Beschwerdefall maßgeblichen – Fassung lautet (auszugsweise):
„§ 33
Witwen(Witwer)versorgung
(1) Nach dem Tode eines WFF-Mitgliedes oder Empfängers einer Alters- oder Invaliditätsversorgung ist seiner Witwe(ihrem Witwer) oder seinem hinterbliebenen eingetragenen Partner, die(der) mit ihm(ihr) im Zeitpunkt des Todes in aufrechter Ehe oder eingetragener Partnerschaft gelebt hat, die Witwen(Witwer)versorgung oder die Versorgung des hinterbliebenen eingetragenen Partners zu gewähren.
(2) Die Witwen(Witwer)versorgung oder die Versorgung des hinterbliebenen eingetragenen Partners wird nicht gewährt, wenn die Ehe oder eingetragene Partnerschaft nach Vollendung des 65. Lebensjahres des WFF-Mitgliedes oder Empfängers einer Alters- oder lnvaliditätsversorgung geschlossen und zum Zeitpunkt des Todes des WFF-Mitgliedes oder Empfängers einer Alters-oder lnvaliditätsversorgung weniger als drei Jahre lang bestanden hat. Dies gilt nicht, wenn
a) der Tod des WFF-Mitgliedes oder Empfängers einer Alters- oder lnvaliditätsversorgung durch einen Unfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist,
b) aus der Ehe ein Kind hervorgegangen ist oder hervorgeht,
c) durch die Eheschließung ein Kind legitimiert worden ist oder
d) im Zeitpunkt des Todes des WFF-Mitgliedes oder Empfängers einer Alters- oder lnvaliditätsversorgung dem Haushalt der Witwe(des Witwers) oder des eingetragenen Partners ein Kind des (der) Verstorbenen angehört hat, das Anspruch auf Waisenversorgung hat.
[…]“
2.2.1 Wie die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde selbst einräumt, gebührt ihr nach dem klaren Wortlaut des § 33 der Satzung keine Witwenversorgung: Die Ehe zwischen ihr und dem Beschwerdeführer wurde nach Vollendung des 65. Lebensjahres des Verstorbenen geschlossen und bestand weniger als drei Jahre. Die in § 33 Abs. 2 lit. a bis d der Satzung genannten Ausnahmen liegen nicht vor.
2.2.2. Das Eingehen einer Ehe begründet eine umfassende eheliche Lebensgemeinschaft, die nur unter besonderen Voraussetzungen wieder aufgelöst werden kann, und zieht eine Reihe von persönlichen Rechtswirkungen nach sich. Die Partner einer Ehe treffen insbesondere verschiedene Verpflichtungen, denen jeweils Rechtsansprüche des anderen Partners korrespondieren (§90, §94 ff ABGB). Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sind derartigen Pflichten nach der derzeitigen Rechtslage nicht unterworfen; insbesondere sind sie einander nicht zu Unterhaltsleistungen verpflichtet; es steht ihnen überdies frei, die Gemeinschaft jederzeit aufzulösen (vgl., von der Beschwerdeführerin zitiert, VfSlg. 17.979/2006, sowie Koziol – Welser/Klete?ka, Bürgerliches Recht I14, 2014, S 491, Rz 1414f), weshalb der Gesetzgeber – und ihm folgend der Verordnungsgeber – keineswegs genötigt ist, die beiden Gemeinschaften in jeder Hinsicht gleichzustellen (vgl. VfSlg. 14.008/1995 mit Verweis auf VfSlg. 10.064/1984).
Das von der Beschwerdeführerin ebenfalls zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Dezember 2017, G 258/2017 u.a., betraf die Beurteilung der Voraussetzungen der Verschiedengeschlechtlichkeit für den Zugang zur Ehe und der Gleichgeschlechtlichkeit für die eingetragene Partnerschaft, eine mit der gegenständlichen nicht vergleichbare Konstellation.
Vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens sieht sich das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich daher nicht veranlasst, einen Normprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.
2.2.3. Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
2.2.4. Die – trotz Hinweis im angefochtenen Bescheid von keiner der Parteien beantragte – Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, da angesichts der Beweislage und angesichts der Beschränktheit der zu entscheidenden Fragen das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht geeignet ist, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich macht; es sind auch keine Fragen der Glaubwürdigkeit zu beurteilen und keine Tatsachen bestritten, weshalb das Landesverwaltungsgericht auf der Grundlage der schriftlichen Stellungnahmen und der Aktenlage entscheiden kann (vgl. VwGH vom 12. Dezember 2017, Ra 2015/05/0043, mit Hinweis auf Judikatur des EGMR).
2.3. Die Revision ist nicht zulässig, da sich die Entscheidung einerseits auf die zitierte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH vom 15. Dezember 2016, Ra 2016/18/0343). Normbedenken gegen generelle Rechtsvorschriften stellten ebenfalls keine grundsätzliche Rechtsfrage dar, die vor dem Verwaltungsgerichtshof aufgeworfen werden kann (vgl. VwGH vom 27. Juni 2017, Ra 2017/05/0098).
Schlagworte
Freie Berufe; Ärzte; Versorgungsleistung; Verfassungskonformität;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.152.001.2018Zuletzt aktualisiert am
16.04.2018