TE Bvwg Beschluss 2018/3/28 W243 2162511-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.03.2018
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Entscheidungsdatum

28.03.2018

Norm

AsylG 2005 §5 Abs1
BFA-VG §21 Abs3 Satz2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W243 2162027-1/14E

W243 2162026-1/10E

W243 2162511-1/9E

W243 2162505-1/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marianne WEBER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX, geb. XXXX, 2.) XXXX, geb. XXXX, 3.) XXXX, geb. XXXX, und 4.) mj. XXXX, geb. XXXX, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX, sämtliche StA. Russische Föderation, alle vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.05.2017, Zlen. 1.) 1100702301-161682070, 2.) 1100702410-161683599, 3.) 1100702606-161682908 und 4.) 1100702704-161683017, beschlossen:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG stattgegeben und die bekämpften Bescheide werden behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin (XXXX) ist die Mutter der volljährigen Zweitbeschwerdeführerin (XXXX) und der volljährigen Drittbeschwerdeführerin (XXXX). Die Viertbeschwerdeführerin (XXXX) ist die minderjährige Tochter der Drittbeschwerdeführerin. Alle Beschwerdeführerinnen sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und stellten jeweils erstmals am 31.12.2015 nach ihrer Einreise in das österreichische Bundesgebiet Anträge auf internationalen Schutz.

Eine EURODAC-Abfrage zu den Personen der Beschwerdeführerinnen ergab keinen Treffer.

Nach Einsicht in die Visa-Datenbank konnte festgestellt werden, dass den Beschwerdeführerinnen seitens der tschechischen Vertretungsbehörde in Moskau/Russland jeweils ein Visum mit einer Gültigkeit vom 26.12.2015 bis zum 28.01.2016 bzw. vom 25.12.2015 bis zum 26.01.2016 bzw. vom 25.12.2015 bis zum 28.01.2016 erteilt worden ist.

2. Im Rahmen der durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten Erstbefragung am 01.01.2016 gaben die Erst- bis Drittbeschwerdeführerinnen zu ihrem Reiseweg übereinstimmend an, dass sie den Herkunftsstaat am 28.12.2015 illegal über ihnen unbekannte Länder verlassen hätten.

Die minderjährige Viertbeschwerdeführerin wurde altersbedingt keiner Erstbefragung unterzogen.

3. In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) am 26.01.2016 auf Art. 12 Abs. 2 oder 3 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (in der Folge: Dublin III-VO), gestützte - die Beschwerdeführerinnen betreffende - Aufnahmegesuche an Tschechien.

Mit Schreiben vom 15.03.2016 stimmte die tschechische Dublin-Behörde den Aufnahmegesuchen des BFA gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

4. Nachdem die Erst- bis Drittbeschwerdeführerinnen Einvernahmen vor dem BFA unterzogen worden waren, wurden mit Bescheiden des BFA vom 08.04.2016 diese ersten Anträge der Beschwerdeführerinnen auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Tschechien gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für die Prüfung der Anträge zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführerinnen gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung nach Tschechien zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Diese Bescheide, die den Beschwerdeführerinnen am 08.04.2016 ordnungsgemäß zugestellt worden waren, erwuchsen mangels Erhebung von Rechtsmitteln in Rechtskraft.

5. Da die Beschwerdeführerinnen in der Folge unbekannten Aufenthaltes waren, hat sich die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängert.

6. Am 15.12.2016 stellten die Beschwerdeführerinnen die verfahrensgegenständlichen, zweiten Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

Hierzu wurden die Erst- bis Drittbeschwerdeführerinnen am selben Tag einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. Dabei gaben sie im Wesentlichen übereinstimmend an, Österreich Ende April 2016 verlassen zu haben und über die Ukraine nach Russland gereist zu sein, wo sie sich bis 12.12.2016 aufgehalten hätten. Über die Ukraine und ihnen unbekannte Länder seien sie abermals nach Österreich gelangt. Sie würden nicht nach Tschechien wollen, da ihre Verfolger sie auch in Tschechien fänden und dann töten würden.

Die minderjährige Viertbeschwerdeführerin wurde altersbedingt keiner Erstbefragung unterzogen.

7. Sodann wurden die Erst- bis Drittbeschwerdeführerinnen am 10.02.2017 niederschriftlichen Einvernahmen vor dem BFA unterzogen. Im Zuge dieser Befragungen führten die Beschwerdeführerinnen im Wesentlichen gleichlautend an, Ende April 2016 aus Österreich ausgereist zu sein, da sie ansonsten nach Tschechien gebracht worden wären. Per PKW seien sie in die Ukraine und dann nach Russland gefahren. Die anderen Länder, über welche sie gefahren seien, seien ihnen unbekannt. Sie hätten sich sieben Monate lang in Russland aufgehalten, wobei sie am 12.12. wieder ausgereist seien, nachdem die Viertbeschwerdeführerin niederschlagen worden sei.

Seitens der Beschwerdeführerinnen wurden elektronische Tickets in russischer Sprache, ein Foto der Viertbeschwerdeführerin sowie ein Schreiben in russischer Sprache vorgelegt.

8. Sodann brachte die Erstbeschwerdeführerin diverse medizinische Unterlagen in Vorlage, aus denen sich zusammengefasst nach Durchführung einer Mammographie ergibt, dass sie einen Tumor an der Brustdrüse hat.

9. Mit Aktenvermerk vom 03.03.2017 stellte das BFA fest, dass verfahrensgegenständlich ex lege kein faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 vorliege, wobei dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen, das Gebiet der Mitgliedstaaten für mindesten drei Monate verlassen zu haben, die Glaubwürdigkeit abgesprochen wurde. Insbesondere würden die vorgelegten Tickets nicht ihre Angaben stützen. Tschechien sei daher nach wie vor der zuständige Dublinstaat.

10. Mit Stellungnahme vom 20.03.2017 legten die Beschwerdeführerinnen diverse Schreiben in russischer Sprache vor. Nach den Angaben der Beschwerdeführerinnen soll es sich dabei um eine Bestätigung des russischen Innenministeriums handeln, wonach die Beschwerdeführerinnen vom 15.06.2016 bis zum 01.11.2016 an einer näher bezeichneten Adresse in der Stadt XXXX, wohnhaft gewesen seien, weiters um eine Bestätigung der russischen Hausärztin, wonach die Zweitbeschwerdeführerin vom 02.09.2016 bis zum 26.09.2016 sowie vom 07.10.2016 bis zum 20.10.2016 bei dieser in ärztlicher Behandlung gestanden sei, und um eine Bestätigung der Hausärztin, derzufolge die Erstbeschwerdeführerin vom 03.09.2016 bis zum 29.09.2016 und vom 03.05.2016 bis zum 30.02.2016 bei ihr in Behandlung gewesen sei.

Aus diesen Gründen werde der Antrag gestellt, die Asylverfahren gemäß Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO in Österreich zuzulassen.

11. In der Folge fanden am 24.04.2017 neuerlich niederschriftliche Einvernahmen der Erst- bis Drittbeschwerdeführerinnen statt. Dabei gab die Erstbeschwerdeführerin an, an Brustkrebs zu leiden und am 02.05.2017 einen Termin für eine Chemotherapie zu haben. Sie habe gestern die Antibiotikakur beendet und nehme derzeit Schmerzmittel ein. Zum Beweis ihres achtmonatigen Aufenthaltes in Russland legte die Erstbeschwerdeführerin diverse Unterlagen in russischer Sprache vor, bei denen es sich ihren Angaben zufolge um Wohnsitzbescheinigungen und Bestätigungen handle. Weiters führte sie abermals an, Ende April 2016 illegal per PKW nach Russland zurückkehrt zu sein, wobei sie nicht wisse, welche Länder sie durchquert hätten.

Auch die Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen führten an, nicht zu wissen, über welche Länder sie gereist seien.

Die anwesende Rechtsberaterin beantragte gemäß Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO die Zulassung des Verfahrens in Österreich.

12. In der Folge wurde im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand der Erstbeschwerdeführerin ein Konvolut an medizinischen Unterlagen vorgelegt. Demnach wurde die Erstbeschwerdeführerin am 23.03.2017 wegen ihrer Brustkrebserkrankung operiert und ihr am 16.05.2017 ein Portkathetersystem zur Durchführung einer Chemotherapie implantiert.

13. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 24.05.2017 wurden die zweiten Anträge der Beschwerdeführerinnen auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Tschechien gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für die Prüfung der Anträge zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführerinnen gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung nach Tschechien zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Das BFA stellte fest, dass Tschechien für die Durchführung der Asylverfahren zuständig sei und gab dem Antrag der Rechtsberatung, das Verfahren gemäß Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO zuzulassen nicht statt. Dies wurde damit begründet, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen, sie hätten das Gebiet der Mitgliedstaaten für mindesten drei Monate verlassen, nicht glaubhaft sei. So hätten die Beschwerdeführerinnen keine Angaben zur ihrem Reiseweg machen können, obwohl sie selbständig mit dem Auto zurückgereist seien. Mit den vorgelegten Zugtickets würde nicht bewiesen werden, dass diese in Russland gekauft worden wären. Es sei außerdem nicht auszuschließen, dass die vorgelegten Schreiben aus Russland geschickt worden wären, ohne, dass sie sich tatsächlich dort aufgehalten hätten.

14. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführerinnen mit Schriftsatz vom 07.06.2017 binnen offener Frist die vorliegenden, gleichlautenden Beschwerden, verbunden mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Darin wird im Wesentlichen neuerlich vorgebracht, dass die Beschwerdeführerinnen von Ende April 2016 bis Dezember 2016 in Russland aufhältig gewesen seien, weshalb die Asylverfahren im Sinne des Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO in Österreich zuzulassen seien. Weiters habe das BFA den Gesundheitszustand der Erstbeschwerdeführerin nicht berücksichtigt. Diese sei seit Februar 2017 an Brustkrebs Stadium II b erkrankt und sei mehrmals operiert worden, wobei am 02.05.2017 die erste Chemotherapie durchgeführt worden sei. Sie sei auf die ständige Hilfe ihrer beiden Töchter angewiesen. Es bestehe daher die reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK.

Dem Beschwerdeschriftsatz wurden diverse ärztliche Schreiben betreffend die Erstbeschwerdeführerin beigelegt, denenzufolge sie am 24.05.2017 den ersten Zyklus der Chemotherapie erhalten habe und in den nächsten sechs Monaten in regelmäßiger onkologischer Betreuung stehe, anschließend sei eine Bestrahlung der Brust geplant. Weiters wurde attestiert, dass die Erstbeschwerdeführerin auf die Hilfe ihrer beiden Töchter angewiesen sei.

15. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.07.2017 wurde den Beschwerden gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

16. In der Folge wurden diverse weitere medizinische Unterlagen übermittelt, aus denen sich ergibt, dass die Erstbeschwerdeführerin mittlerweile vier Zyklen der Chemotherapie erhalten habe und bis 22.01.2018 in strahlentherapeutischer Behandlung steht. Die Erstbeschwerdeführerin sei aufgrund ihrer Brustkrebserkrankung nicht transportfähig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Aufhebung der angefochtenen Bescheide:

1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:

"§ 5. (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) [...]

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3.-5. [...]

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2)-(3) [...]"

1.2. § 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

1.3. § 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. [...]

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

1.4. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

"Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 12 Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft ( 1 ) erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird.

In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Art. 19 Übertragung der Zuständigkeit

(1) Erteilt ein Mitgliedstaat dem Antragsteller einen Aufenthaltstitel, so obliegen diesem Mitgliedstaat die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1.

(2) Die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1 erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d, um dessen/deren Aufnahme oder Wiederaufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels.

Ein nach der Periode der Abwesenheit im Sinne des Unterabsatzes 1 gestellter Antrag gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.

(3) Die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben c und d erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d, um dessen/deren Wiederaufnahme er ersucht wurde, nach Rücknahme oder Ablehnung des Antrags das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines Rückführungsbeschlusses oder einer Abschiebungsanordnung verlassen hat.

Ein nach einer vollzogenen Abschiebung gestellter Antrag gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.

Art. 29 Abs. 2 Überstellung - Modalitäten und Fristen

Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist."

1.5. Gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG ist das Verfahren zugelassen, wenn der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben ist. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

1.6. Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs für die Durchführung der gegenständlichen Verfahren beziehungsweise der Zuständigkeit Tschechiens ist eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung die Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruht (VfGH 27.6.2012, U462/12); dies freilich, sofern maßgeblich, unter Berücksichtigung der Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 10.12.2013 in der Rechtssache C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich, vom 07.06.2016 in der Rechtssache C-63/15, Mehrdad Ghezelbash/Niederlande sowie vom 07.06.2016 in der Rechtssache C-155/15, Karim.

Im Rahmen der Entscheidung C-63/15, Mehrdad Ghezelbash/Niederlande, wurde insbesondere ausgesprochen, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin III-VO dahingehend auszulegen ist, dass ein Antragsteller auf internationalen Schutz im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die fehlerhafte Anwendung eines in Kapitel III der Dublin III-VO festgelegten Zuständigkeitskriteriums sowie einen Verstoß gegen die Regelung des Art. 19 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO geltend machen könne und sich die korrekte Anwendbarkeit der Kriterien der Dublin III-VO sohin als im Rechtsweg überprüfbar erweise (siehe auch VwGH 23.6.2016, Ra 2016/20/0069, Rz 17). Der EuGH erwog, dass die Kontrolle der richtigen Anwendung der Zuständigkeitskriterien in dem Rahmen vorzunehmen ist, der durch Art. 22 Abs. 4 und 5 vorgegeben ist. Diese Bestimmung sieht vor, dass das Beweiserfordernis nicht über das für die ordnungsgemäße Anwendung der Verordnung erforderliche Maß hinausgehen sollte und in Ermangelung förmlicher Beweismittel der ersuchte Mitgliedstaat seine Zuständigkeit anerkennt, wenn die Indizien kohärent, nachprüfbar und hinreichend detailliert sind, um seine Zuständigkeit zu begründen.

In den vorliegenden Fällen wurde von den Beschwerdeführerinnen bereits in den Erstbefragungen behauptet, dass sie nach rechtskräftiger Entscheidung über ihre ersten in Österreich gestellten Anträge auf internationalen, mit der die Zuständigkeit Tschechiens festgestellt worden war, wieder nach Russland zurückgereist und dort in der Folge etwa acht Monate aufhältig gewesen seien, ehe sie sich wieder zur Flucht nach Österreich entschlossen hätten. Damit wäre jedoch die aufgrund der erfolgten Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate grundsätzlich bestehende Zuständigkeit Tschechiens gemäß Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO erloschen. Die Beweislast liegt in diesen Fällen beim ersuchten Mitgliedstaat.

Nun befindet sich der Antragsteller in ähnlich gelagerten - Fällen sowie auch in den vorliegenden - nicht in der Verfügungsgewalt des Mitgliedstaates, der das Erlöschen der Zuständigkeit zu beweisen hat. Im Sinne des allgemeinen unionsrechtlichen Gebotes der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten hat der ersuchende Mitgliedstaat - gegebenenfalls nach näherer Befragung der Antragsteller - jedwedes Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO relevante Vorbringen dem ersuchten Staat (wohl mit einer Darlegung aller vorgelegten Nachweise und gegebenenfalls einer nachvollziehbaren Glaubwürdigkeitseinschätzung) mitzuteilen. Nur auf diese Weise ist es dem ersuchten Mitgliedstaat auch möglich, informiert das allfällige Vorliegen des Endigungstatbestandes des Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO beurteilen zu können, wodurch die formelle Zuweisung der Beweislast an ihn inhaltlich gerechtfertigt ist.

Im gegenständlichen Fall gaben die Beschwerdeführerinnen bei den Erstbefragungen an, sich etwa acht Monate in Russland aufgehalten zu haben. Es ist aus dem vorliegenden Akt nicht ersichtlich, dass Tschechien über diesen Umstand informiert worden wäre. Das BFA hat es damit unterlassen, dem ersuchten Staat das relevante Vorbringen umgehend mitzuteilen und die vorgelegten Unterlagen anzuführen, um eine Beurteilung durch Tschechien zu ermöglichen. Die tschechischen Behörden wurden daher nicht ordnungsgemäß in die Lage versetzt, das eventuelle Erlöschen ihre Zuständigkeit entsprechend zu beurteilen.

Unabhängig vom tatsächlichen Wahrheitsgehalt der Angaben der Beschwerdeführerinnen und der Echtheit der vorgelegten Unterlagen ist außerdem festzuhalten, dass sämtliche vorgelegte Schreiben in russischer Sprache nicht übersetzt wurden, sodass eine Überprüfung, ob diese das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen stützen oder nicht zum Beleg der behaupteten achtmonatigen Wohnsitznahme in Russland geeignet sind, nicht möglich ist.

Abgesehen davon liegt zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt keine abschließende Beurteilung des Gesundheitszustandes der Erstbeschwerdeführerin vor. Es steht fest, dass die Erstbeschwerdeführerin an einer Brustkrebserkrankung (Diagnose: "Invasiv ductales Mammacarcinom re. Laterokranial") leidet und am 24.05.2017 mit der Durchführung einer Chemotherapie respektive einer strahlentherapeutischen Behandlung begonnen wurde. Zuletzt wurde ihr eine mangelnde Transportfähigkeit ärztlich bescheinigt.

Das BFA wird daher allenfalls unter Einholung entsprechender medizinischer Sachverständigengutachten zunächst abzuklären haben, in welchem Zustand sich die Erstbeschwerdeführerin vor dem Hintergrund der sich im Akt befindlichen und aktuell einzuholenden Arztbriefe befindet und ob ihre Erkrankung behandelbar ist bzw. welcher konkreten medizinischen Behandlung sie weiterhin bedarf. Weiters wird sich das BFA mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob die Erstbeschwerdeführerin aktuell transportfähig ist und inwieweit sich eine Überstellung der Erstbeschwerdeführerin nach Tschechien auf ihren Gesundheitszustand auswirken würde und welche Folgen eine allfällige Unterbrechung der medizinischen Behandlung nach sich ziehen könnte. Schließlich wird abzuklären sein, ob der Erstbeschwerdeführerin allfällig notwendige Therapien auch in Tschechien zur Verfügung stehen, um abschließend beurteilen zu können, ob im Falle der Erstbeschwerdeführerin außergewöhnlicher Umstände vorliegen, die bei einer Überstellung nach Tschechien zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führen würden.

Die belangte Behörde wird die Beschwerdeführerinnen mit den erhobenen Ermittlungsergebnissen zur Wahrung des Parteiengehörs konfrontieren müssen und letztlich auch zu prüfen haben, ob - falls die Zuständigkeit Tschechiens nicht zwischenzeitig erloschen ist - eine Einzelfallprüfung in den gegenständlichen Verfahren nicht einen Selbsteintritt Österreichs gebieten würde.

Im Hinblick darauf, dass eine Ergänzung des vorliegenden Sachverhaltes und damit verbunden die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, war gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG den Beschwerden stattzugeben und die bekämpften Bescheide zu beheben.

1.7. Gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht im Ergebnis weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im Übrigen trifft § 21 Abs. 3 BFA-VG eine klare, im Sinne einer eindeutigen, Regelung (vgl. OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, Familienverfahren,
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Parteiengehör

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W243.2162511.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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