TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/29 97/08/0567

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Veröffentlicht am 29.03.2000
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §31a;
B-VG Art7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der Mag. D in L, vertreten durch Dr. W u.a., Rechtsanwälte in W, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 9. September 1997, Zl. 4/12897/Nr.668/97-12, betreffend Karenzurlaubsgeld bei Teilzeitbeschäftigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1955 geborene, seit 1984 als Vertragslehrerin beschäftigte Beschwerdeführerin beantragte aus Anlass der Geburt ihrer dritten Tochter am 17. April 1995 ab 13. Juni 1995 Karenzurlaubsgeld. Sie gab an, dass ihr Karenzurlaub bis 17. April 1997 dauern werde. Die Leistung wurde ihr zuerkannt und - soweit aus den vorgelegten Aktenteilen ersichtlich - am 1. März 1997 faktisch eingestellt.

Ein Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung von Karenzurlaubsgeld bei Teilzeitbeschäftigung ist nicht Teil der vorgelegten Akten.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 30. Mai 1997 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Linz aus, das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Gewährung des Karenzurlaubsgeldes bei Teilzeitbeschäftigung ab 1. März 1997 werde gemäß § 31a AlVG abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beschäftigung der Beschwerdeführerin im Rahmen eines remunerierten Lehrauftrages sei keine Teilzeitbeschäftigung im Sinne des § 31a Abs. 10 AlVG.

In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid führte die Beschwerdeführerin aus, sie sei seit März 1997 als Lehrbeauftragte an der Universität Linz beschäftigt. Das Ausmaß ihrer Lehrverpflichtung liege bei vier Wochenstunden und daher "weit unter der für Lehrbeauftragte üblichen Lehrverpflichtung". Da ihre Tochter das zweite Lebensjahr noch nicht erreicht gehabt habe, habe die Beschwerdeführerin ihren Anspruch auf Teilkarenzurlaubsgeld geltend gemacht. Ihre Arbeitszeit als Lehrbeauftragte sei weder gesetzlich noch kollektivvertraglich geregelt, sodass für die Beurteilung ihrer Normalarbeitszeit eine Regelung (wie) die für die gleichartige Berufsgruppe etwa der Bundeslehrer heranzuziehen sei.

Die belangte Behörde holte von der Johannes Kepler Universität Linz folgende Auskunft ein:

"Lehrbeauftragte stehen in keinem Dienstverhältnis, sondern in einem Rechtsverhältnis eigener Art zur Universität (§ 2 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen). Die Beauftragung erfolgt im Rahmen der Hoheitsverwaltung und hat daher Bescheidcharakter.

Es gibt für Lehrbeauftragte weder eine Vollbeschäftigung noch eine Teilbeschäftigung. Außerdem gibt es keine gesetzlichen oder in einem Kollektivvertrag festgesetzten wöchentlichen Normalarbeitszeiten (vgl. § 31a Abs. 3 AlVG).

Aufgrund einer jahrzehntelangen Judikatur gelten Lehrbeauftragte, obwohl sie arbeitsrechtlich in keinem Dienstverhältnis stehen, sozialversicherungsrechtlich als Dienstnehmer und sind daher sozialversicherungspflichtig (§ 4 Abs. 2 ASVG; siehe Erlass des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr GZ: 4195/33-I/B/10A/96 vom 27. März 1997).

Fr. Mag. Martin-Lobera wurden im Sommersemester 1997 8 Stunden remunerierter Lehrauftrag lit. b erteilt. Der Bruttoverdienst dafür beträgt derzeit S 87.864,-- und wird in 6 gleichen Monatsraten zu je S 14.644,-- ausbezahlt (§ 2 des Bundesgesetzes über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen). Eine Semesterwochenstunde Lehrauftrag entspricht 15 Unterrichtsstunden."

Von der Einladung, zu diesem Ermittlungsergebnis Stellung zu nehmen, machte die Beschwerdeführerin keinen Gebrauch.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin nicht statt. Die - fallbezogene - Begründung dieser Entscheidung erschöpfte sich im Wesentlichen in Folgendem:

"Lehrbeauftragte stehen gemäß § 2 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen in keinem Dienstverhältnis zur Universität. Eine Vollbeschäftigung bzw. Teilbeschäftigung im Sinne von § 31a AlVG liegt daher nicht vor. Mangels Vorliegen dieser Anspruchsvoraussetzung erfolgte die Versagung des Karenzurlaubsgeldes bei Teilzeitbeschäftigung durch das Arbeitsmarktservice Linz zu Recht."

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Nach § 31a AlVG in der hier zeitraumbezogen noch anzuwendenden Fassung vor der Erlassung des Karenzgeldgesetzes, BGBl. I Nr. 47/1997, kann Karenzurlaubsgeld bei Teilzeitbeschäftigung im Falle einer Teilzeitbeschäftigung gemäß § 15c des Mutterschutzgesetzes oder § 8 des Eltern-Karenzurlaubsgesetzes, im Falle einer Teilzeitbeschäftigung nach "gleichartigen österreichischen Rechtsvorschriften" und schließlich - gemäß § 31a Abs. 9 AlVG - auch im Falle einer nicht gemäß den zuvor erwähnten Vorschriften vereinbarten Teilzeitbeschäftigung zu gewähren sein. Gemeinsame Voraussetzung für die Annahme einer Teilzeitbeschäftigung im Sinne des § 31a AlVG ist aber in allen diesen Fällen ein bestimmtes Verhältnis der Arbeitszeit der Teilzeitbeschäftigung zu der (wie in § 31a Abs. 9 AlVG klargestellt wird: für die Beschäftigung maßgeblichen) gesetzlichen oder in einem Kollektivvertrag festgesetzten wöchentlichen Normalarbeitszeit. Beschäftigungsformen, bei denen sich - wie im Falle der Beschwerdeführerin - ein solches Verhältnis mangels einer anwendbaren gesetzlichen oder in einem Kollektivvertrag festgesetzten Normalarbeitszeit nicht herstellen lässt, gelangen daher nicht in den Anwendungsbereich des Karenzurlaubsgeldes bei Teilzeitbeschäftigung nach § 31a AlVG.

Dabei ist nicht zu verkennen, dass die insgesamt schwer überschaubaren Voraussetzungen, die der Gesetzgeber in § 31a AlVG für das Karenzurlaubsgeld bei Teilzeitbeschäftigung vorgesehen hat, gerade in Bezug auf Einzelheiten der Anknüpfung an den arbeitsrechtlichen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung nicht in jedem Punkt wörtlich genommen werden dürfen, wenn ein gleichheitswidriges Ergebnis vermieden werden soll (vgl. dazu - die Voraussetzung der Nichtinanspruchnahme von Karenzurlaub im zweiten Lebensjahr des Kindes betreffend - das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 1993, Slg. Nr. 13.486). Dies betrifft nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht den Umstand, dass der Gesetzgeber die Zuerkennung von Karenzurlaubsgeld bei Teilzeitbeschäftigung an arbeitsrechtliche Voraussetzungen gebunden hat, die von Personen, für die keine gesetzliche oder kollektivvertraglich geregelte Normalarbeitszeit gilt, nicht erfüllt werden können.

Die Beschwerde war schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei sich angesichts des außer Streit stehenden, die Geringfügigkeitsgrenze übersteigenden Einkommens der Beschwerdeführerin aus ihrer Tätigkeit als Lehrbeauftragte eine Prüfung der Frage, ob sie ein oder zwei remunerierte Lehraufträge zu je vier Wochenstunden übernommen hatte, ebenso erübrigte wie eine Auseinandersetzung mit der in der Beschwerde kritisierten Auskunft der Universität, einer Semesterwochenstunde entsprächen (gemeint offenbar: in einem Semester) 15 Unterrichtsstunden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997080567.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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