Entscheidungsdatum
06.03.2018Index
L00019 Landesverfassung WienNorm
WStV §108 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Kasper-Neumann über die Beschwerde der Frau E. S., vertreten durch Rechtsanwalt, vom 30.11.2017 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt, vom 21.11.2017, Zl. S 25788/17, wegen Übertretung des § 12 iVm § 1 Abs. 1 Z. 1 und § 3 Abs. 2 Z. 2 Grünanlagen-VO iVm § 108 Abs. 2 WStV
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde in der Schuldfrage keine Folge gegeben. In der Straffrage wird der Beschwerde jedoch insoweit Folge gegeben, als gemäß § 45 Abs. 1 zweiter Satz VStG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Z 4 VStG eine Ermahnung erteilt wird.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet wie folgt:
„Sie haben am 23.05.2017 von 07:50 Uhr bis 09:05 Uhr, wie von Organen der Landespolizeidirektion Wien durch dienstliche Wahrnehmung festgestellt wurde, in 1010 Wien, Burgring 5, Maria-Theresien-Platz, in der dort befindlichen öffentlich zugänglichen Grünanlage zwischen Naturhistorischem Museum und Kunsthistorischem Museum das Denkmal der Maria Theresia bestiegen gehabt, obwohl es in öffentlich zugänglichen Grünanlagen verboten ist, Baulichkeiten, Einrichtungen und Denkmäler zu besteigen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 12 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Z. 1 und § 3 Abs. 2 Z. 2 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien, betreffend die Benützung von Grünanlagen (Grünanlagenverordnung), Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 28/2008 vom 10.7.2008 in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 108 Abs. 2 Wiener Stadtverfassung – WStV, LGBl. für Wien Nr. 28/1968 in der geltenden Fassung.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von € 140,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Stunden, gemäß § 12 Grünanlagenverordnung in Verbindung mit § 108 Abs. 2 Wiener Stadtverfassung – WStV.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
€ 14,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens (10% der Strafe, mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 154,00.
Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.“
In ihrer dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin aus, dass es sich damals um eine Aktion von Greenpeace gehandelt habe, im Zuge derer sich zwei Aktivistinnen auf das Maria Theresia-Denkmal begeben und eine Staubmaske angebracht hätten. Bei der Aktion sei jeglicher Schaden am Denkmal vermieden worden und hätte es für die Aktion achtenswerte Beweggründe gegeben. Ziel der Aktion sei gewesen, die Öffentlichkeit über die katastrophalen Auswirkungen menschlichen Verhaltens auf die Umwelt aufmerksam zu machen. Zweck des § 3 Abs. 2 Z 2 der Grünanlagenverordnung sei die Vermeidung von Schäden an Denkmälern. Die Versammlung sei von vornherein immer mit dem Blick auf die Schonung des Denkmals ausgeführt worden. Jeder Schritt sei koordiniert, geprobt und mit der größten Sorgfalt erledigt worden. Die Leitern seien mit Schaumgummi gepolstert gewesen, die Atemschutzmaske sei aus extra weichem Material gefertigt gewesen. Des Weiteren sei die Sicherung extern über den Dachträger eines Autos verlaufen. Damit sei dem Zweck der Verordnung voll und ganz entsprochen worden. Sie selbst sei verwaltungsstrafrechtlich unbescholten und seien ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse als ungünstig anzusehen. Die Milderungsgründe würden die Erschwerungsgründe bei weitem überwiegen.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Grünanlagenverordnung findet diese Verordnung Anwendung auf öffentlich zugängliche Grünanlagen.
Gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 der genannten Verordnung ist es verboten, Baulichkeiten, Einrichtungen und Denkmäler zu besteigen.
Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, das Maria Theresia-Denkmal bestiegen zu haben. Der Objektive Tatbestand ist daher gegeben.
Da zum Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und auch über das Verschulden keine Bestimmung enthalten ist, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Bei Ungehorsamsdelikten besteht von vornherein die Vermutung in Form eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche von diesem jedoch widerlegt werden kann. Ihm obliegt es, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Der Beschuldigte hat hiezu initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht; dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Die Beschwerdeführerin hat jedoch nicht glaubhaft machen können, dass ihr die Einhaltung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift ohne ihr Verschulden unmöglich war.
Es war somit vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite auszugehen.
Der Beschwerde war daher hinsichtlich der Schuldfrage keine Folge zu geben.
Zur Strafbemessung wird bemerkt:
Gemäß § 12 Grünanlagenverordnung begeht, wer den Geboten und Verboten der §§ 3 Abs. 1, 2 und 3, 4 Abs. 1, 3 und 5, 5, 6. Abs. 1 und 4, 7, 8 Abs. 1 und 3, 9 Abs. 1 und 4, 10 sowie 11 zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und unterliegt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, der hiefür im § 108 Abs. 2 Wiener Stadtverfassung vorgesehenen Strafe.
Nach § 108 Abs. 2 Wiener Stadtverfassung sind Übertretungen ortspolizeilicher Verordnungen mit Geld bis zu 700,-- Euro zu bestrafen.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.
Gemäß § 45 Abs. 1 zweiter Satz VStG kann die Behörde, anstatt die Einstellung zu verfügen, dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Zum Ausspruch einer Ermahnung wird bemerkt:
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Wien war die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat als gering anzusehen, weil das Maria Theresia-Denkmal durch die schonende Art der Durchführung der Aktion in keiner Weise beschädigt worden ist.
Ebenso trifft die Beschwerdeführerin nur ein geringes Verschulden an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung, weil die Tat aus achtenswerten Beweggründen begangen worden ist.
Aufgrund der obigen Ausführungen lagen somit die gesetzlichen Voraussetzungen für den Ausspruch einer bloßen Ermahnung vor und erscheint daher eine Ermahnung im Sinne des § 45 Abs. 1 zweiter Satz VStG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Z 4 VStG aus spezialpräventiven Gründen ausreichend, um die Beschwerdeführerin von einer Tatwiederholung abzuhalten.
Darüber hinaus wird bemerkt, dass die Beschwerdeführerin dem Akteninhalt nach keine Verwaltungsvormerkungen aufweist, daher verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten ist und ungünstige Einkommens- und Vermögensverhältnisse aufweist.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im Sinne des § 44 Abs. 3 Z 1 und 3 VwGVG entfallen, zumal auch keine Verfahrenspartei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Grünanlage; Denkmal; Aktivisten; StaubmaskeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.031.053.16637.2017Zuletzt aktualisiert am
13.04.2018