Entscheidungsdatum
06.03.2018Index
81/01 WasserrechtsgesetzNorm
WRG 1959 §31Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde der AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in **** Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 02.10.2017, Zl ****, betreffend einen Wiederherstellungsauftrag nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft X),
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG) nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
1. Verfahrensgang bei der Bezirkshauptmannschaft X:
Am 28.08.2017 hat CC, Adresse 1, **** Y, ein Lichtbild an die Abteilung Wasser-, Forst- und Energierecht des Amtes der Tiroler Landesregierung übermittelt und um die Klärung mehrerer, zu dem auf dem Lichtbild dokumentierten Sachverhalt aufgeworfenen Fragen ersucht. Dazu hat sich der Landeshauptmann von Tirol im Schriftsatz vom 05.09.2017 geäußert und gleichzeitig das Baubezirksamt X mit Erhebungen beauftragt.
Der wasserwirtschaftliche Amtssachverständige DD hat am 07.09.2017 einen Lokalaugenschein durchgeführt und in weiterer Folge die Stellungnahme vom 11.09.2017, Zl ****, erstattet.
Mit Schriftsatz vom 28.09.2017 hat die Abteilung Wasser-, Forst- und Energierecht des Amtes der Tiroler Landesregierung die Anzeige samt Lichtbild und die wasserwirtschaftliche Stellungnahme vom 11.09.2017, Zl ****, an die Bezirkshauptmannschaft X übermittelt.
Mit Bescheid vom 02.10.2017, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft X AA gemäß § 31 Abs 3 in Verbindung mit (iVm) § 138 Abs 1 lit c Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) die Wasserentnahme aus dem W-Bach sowie die Einbringung von mit Zementschlämmen verunreinigten Reinigungswässern von der Kleinbaustelle auf dem Gst Nr **1, GB **** Z, untersagt.
Gegen den am 13.10.2017 zugestellten Bescheid vom 02.10.2017, Zl ****, hat AA, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in **** Y, Beschwerde erhoben und die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
2. Verfahrensgang beim Landesverwaltungsgericht Tirol:
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat bei der Bezirkshauptmannschaft X die zu dem unter der Postzahl (PZ) **2 des Wasserbuches für den Verwaltungsbezirk V eingetragenen Wasserbenutzungsrecht ergangenen Bescheide sowie das an die Abteilung Wasser-, Forst- und Energierecht übermittelte Foto eingeholt.
Am 06.02.2018 hat das Landesverwaltungsgericht Tirol unter Beiziehung des wasserwirtschaftlichen Amtssachverständigen DD und in Anwesenheit der Beschwerde führenden Partei ? für diese haben EA, Ehemann der Beschwerdeführerin, und Rechtsanwalt BB teilgenommen ? einen Lokalaugenschein durchgeführt. Zu dem über diesen Lokalaugenschein angefertigten Protokoll vom 06.02.2018, Zl LVwG-2017/37/2647-4, hat sich die Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 22.02.2018 geäußert. Die belangte Behörde hat zu den Ergebnissen des Lokalaugenscheines keine Stellungnahme abgegeben.
II. Beschwerdevorbringen:
Die Beschwerdeführerin verweist zunächst auf die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Ermittlungsergebnisse. Der wasserfachliche Amtssachverständige habe in seinen Darlegungen vom 11.09.2017, Zl ****, ausdrücklich festgehalten, „dass Verunreinigungen durch Waschwässer bzw. Betonrückstände im Gerinne nicht festgestellt werden konnten“. Der wasserwirtschaftliche Amtssachverständige halte zwar fest, dass das für die Betonherstellung in einer Freifallmaschine benötigte Wasser über eine mobile Pumpe aus dem W-Bach entnommen werde. Laut seinen Darlegungen seien allerdings Einrichtungen im Gerinne für einen Aufstau nicht erkennbar gewesen; die Förderpumpe sei zudem auf Rüstbrettern über dem W-Bach gelagert gewesen. Den wasserwirtschaftlichen Darlegungen könne auch nicht entnommen werden, dass am 07.09.2017 Bauarbeiten, insbesondere Betonierungsarbeiten, durchgeführt worden wären. Dass tatsächlich Wasser aus dem Gerinne für die Mischmaschine verwendet worden sei, sei lediglich eine Mutmaßung des wasserwirtschaftlichen Amtssachverständigen.
Die Beschwerdeführerin betont, sie hätte die Arbeiter, die die kleine Betonfläche für die Mülleimer betoniert habe, angewiesen, keine verunreinigten Wässer in den Bach einzuleiten. Bei ihren Kontrollen habe sie ein derartiges Verhalten auch nicht wahrnehmen können.
Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass es im südöstlichen Bereich des Anwesens Adresse 1, **** Z, mehrfach nach starken Regenfällen zu massiven Wassereintritten gekommen sei. Dabei handle es sich um auf der öffentlichen Gemeindestraße, vor allem aber auf den südlich um den Bach gelegenen Grünflächen, anfallende Oberflächenwässer. Das Eindringen dieser Wässer habe zu Wasserschäden auf ihrer [= der Beschwerdeführerin] Liegenschaft geführt. Daher sei auf dem asphaltierten Vorplatz zum Carport ? dieser grenze an die südlich des Anwesens Adresse 1, **** Z, verlaufende Gemeindestraße ? ein eigener Kanal errichtet worden, um das Eindringen von Oberflächenwasser zu unterbinden. Als zusätzliche Schutzmaßnahme sei auch ein Naturteich angelegt sowie neben dem Carport eine große Zisterne mit einem Fassungsvermögen von ca 6.000 l eingegraben worden. Damit könne das Wasser vom Dach des Carports aufgefangen werden.
Das vom öffentlichen Grund auf ihre Liegenschaft eindringende Wasser werde durch ein Überlaufrohr in den Bach zurückgeleitet.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 22.02.2018 weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass auf eine Nachfrage das beauftragte Fliesenunternehmen dezidiert bestritten habe, Wasser aus dem W-Bach entnommen zu haben. Eine entsprechende Recherche bei der Baufirma FF sei ergebnislos geblieben. Sollte tatsächlich Wasser aus dem W-Bach entnommen worden sein, belaufe sich die entnommene Menge auf maximal 1 m3.
III. Sachverhalt:
1. Zum bestehenden Wasserbenutzungsrecht betreffend das Anwesen Z *1, **** Z:
Mit Bescheid vom 04.03.1964, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft X GG die wasserrechtliche Bewilligung zum Bau einer Abwasserbeseitigungsanlage für sein auf Gst Nr **3, GB **** Z [nunmehriges Gst Nr **1, GB **** Z], neu erbautes Wohnhaus erteilt.
Die Bewilligung umfasst die Einleitung von Abwässern aus dem bewohnten Haus über eine Kläranlage mit einem Nutzinhalt von 6,99 m³ in den W-Bach.
Laut der Beschreibung der Anlage fließen die mechanisch geklärten Abwässer durch eine 10 cm weite Steinzeug-Muffenrohrleitung von 13,10 m Länge in einen an der nordöstlichen Ecke des Gartens gelegenen Sammelschacht. In diesen Schacht gelangen ? über eine Leitung mit einer Länge von 14,50 m ? zudem die über einen in der Mitte des Kellerraums befindlichen Gully gesammelten Abwässer aus einem Kellerraum.
Die Bewilligung umfasst auch die geordnete Ableitung der Oberflächenwässer des Gartens und der Dachwässer des Hauses. Diese Wässer werden durch eine 15 cm lichtweite Steinzeug-Muffenrohrleitung mit einer Länge von insgesamt 45 m in den bereits beschriebenen Sammelschacht eingeleitet.
Vom Sammelschacht führt eine kurze 15 cm weite Steinzeug-Rohrleitung in das in Bruchsteinen hergestellte Bachgerinne des W-Baches. Das Auslaufrohr der Abwasserleitung liegt in der Höhe der Gerinnesohle.
Mit Bescheid vom 22.09.1972, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft X die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 04.03.1964, Zl ****, genehmigte Abwasserbeseitigungsanlage für überprüft erklärt.
Mit Bescheid vom 10.03.1998, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft X das Recht zur Einleitung von Abwässern in den W-Bach für erloschen erklärt. Gemäß Spruchpunkt III. des zitierten Bescheides bleibt das Recht für die Einleitung der Oberflächenwässer (Dachwässer) in den W-Bach aufrecht.
Dieses nach wie vor aufrechte Wasserrecht ist im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk V unter der Postzahl (PZ) **2 eingetragen.
2. Arbeiten beim Anwesen Z **1, **** Z:
AA ist Eigentümerin des Gst Nr **4, GB **** Z (Anwesen Z *1). Die Beschwerdeführerin hat auf der Südseite ihres Anwesens eine(n) Zufahrt/Zugang zur öffentlichen Gemeindestraße hergestellt. In diesem Bereich ließ sie auch ein Carport, ein Müllhaus sowie eine Überdachung für Tomatenpflanzen errichten.
Im Sommer des Jahres 2017 wurden auf den östlich an den Carport angrenzenden Stiegen Platten verlegt. Zudem ließ die Beschwerdeführerin den Bereich südlich vor dem Carport asphaltieren und dort einen Einlaufgully einbauen sowie ein Rolltor errichten. Mit der Errichtung des Rolltores beauftragte sie die Firma FF und mit den Fliesenarbeiten eine Steinlegefirma aus Y. Bei der Auftragserteilung wurde klar festgehalten, dass Betonteile, Zementreste etc keinesfalls in den W-Bach eingebracht werden dürfen. Die beauftragten Arbeiten wurden im Wesentlichen Ende August/September 2017 durchgeführt. Dabei kam es zu keinen Verunreinigungen des W-Baches durch mit Zementschlämmen angereicherte Wässer oder Betonrückstände.
Ob die beauftragten Unternehmen im Zusammenhang mit Betonierungsarbeiten Wasser aus dem W-Bach entnommen haben, lässt sich nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen.
IV. Beweiswürdigung:
Die zur PZ **2 des Wasserbuches für den Verwaltungsbezirks V ergangenen Bescheide liegen dem Landesverwaltungsgericht Tirol vor. Sie bilden die Grundlage für die Feststellungen des Kapitels 1. der Sachverhaltsdarstellung.
Die Durchführung verschiedener Arbeiten auf dem Anwesen Adresse 1 ? Errichtung eines Rolltores, Asphaltierung einer Fläche vor dem Carport einschließlich der Einbau eines Einlaufgullys sowie des Verlegen von Fliesenarbeiten ? ergibt sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin und den Ergebnissen des Lokalaugenscheins.
Der wasserwirtschaftliche Amtssachverständige DD hat am 07.09.2017 einen Lokalaugenschein durchgeführt und konnte dabei laut seiner Stellungnahme vom 11.09.2017, Zl ****, keine Verunreinigungen des W-Baches durch Waschwässer oder Betonrückstände im Gerinne feststellen. Auch auf dem am 28.08.2017 an die Abteilung Wasser-, Forst- und Energierecht übermittelten Lichtbild ist ein Einbringen von mit Zementschlämmen verunreinigten Wässern in den W-Bach nicht erkennbar.
Zu einer möglichen Entnahme von Wasser aus dem W-Bach liegen unterschiedliche Beweisergebnisse vor. KA, der Ehemann der Beschwerdeführerin, hat im Rahmen des Lokalaugenscheines mitgeteilt, dass die beauftragten Firmen ? entgegen den Anweisungen, Wasser ausschließlich aus der vorhandenen Zisterne zu entnehmen ? Wasser auch aus dem W-Bach entnommen hätten. Diese Aussage hat die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 22.02.2018 korrigiert und darin wörtlich ausgeführt:
„Tatsächlich wurde beim Fliesenleger nachgefragt und wurde von ihm dezidiert in Abrede gestellt, dass er Wasser aus dem W-Bach entnommen hätte.
Eine Recherche bei der Baufirma FF war ergebnislos. Die zuständigen Arbeiter konnten nicht mehr ausgeforscht werden, sodass eine Nachfrage, ob und in welchem Ausmaß Wasser mit der Schmutzwasserpumpe allenfalls von der Baufirma aus dem W-Bach entnommen worden wäre, nicht beantwortet werden kann.“
Der wasserwirtschaftliche Amtssachverständige hat in seiner Stellungnahme vom 11.09.2017, Zl ****, angeführt, dass das für die Betonherstellung in einer Freifallmischmaschine benötigte Wasser über eine ? auf Rüstbrettern über dem W-Bach gelagerte ? mobile Pumpe aus dem eben erwähnten Gewässer entnommen werde. Allerdings konnte der wasserwirtschaftliche Amtssachverständige laut seiner Stellungnahme Einrichtungen im Gerinne für einen Aufstau nicht erkennen. Auf den dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Verfügung stehenden Lichtbildern vom 28.08.2017 und vom 07.09.2017 ist eine Wasserentnahme mit der bereits erwähnten mobilen Pumpe nicht ersichtlich.
Dementsprechend trifft das Landesverwaltungsgericht Tirol zu einer möglichen Wasserentnahme durch die beauftragten Firmen eine Negativ-Feststellung. Die weiteren Feststellungen des Kapitels 2. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses stützen sich auf die angeführten, sich nicht widersprechenden Beweisergebnisse.
Zu den Einleitungen von auf dem Anwesen Adresse 1, **** Z, anfallenden Dach- und sonstigen Oberflächenwässern in den W-Bach trifft das Landesverwaltungsgericht Tirol keine Feststellungen, da derartige Einleitungen nicht Gegenstand des angefochtenen Wiederherstellungsauftrages sind.
V. Rechtslage:
1. Wasserrechtsgesetz 1959:
Die für das gegenständliche Verfahren relevanten Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 215/1959 in den anzuwendenden Fassungen BGBl I Nr 155/1999 (§ 138), I Nr 156/2002 (§ 31) und I Nr 82/2003 (§ 30), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Ziele
§ 30. (1) Alle Gewässer einschließlich des Grundwassers sind im Rahmen des öffentlichen Interesses und nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen so reinzuhalten und zu schützen,
1. dass die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährdet werden kann,
2. dass Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und sonstige fühlbare Schädigungen vermieden werden können,
3. dass eine Verschlechterung vermieden sowie der Zustand der aquatischen Ökosysteme und der direkt von ihnen abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf ihren Wasserhaushalt geschützt und verbessert werden,
4. dass eine nachhaltige Wassernutzung auf der Grundlage eines langfristigen Schutzes der vorhandenen Ressourcen gefördert wird,
5. dass eine Verbesserung der aquatischen Umwelt, ua. durch spezifische Maßnahmen zur schrittweisen Reduzierung von Einleitungen, Emissionen und Verlusten von gefährlichen Schadstoffen gewährleistet wird.
Insbesondere ist Grundwasser sowie Quellwasser so reinzuhalten, dass es als Trinkwasser verwendet werden kann. Grundwasser ist weiters so zu schützen, dass eine schrittweise Reduzierung der Verschmutzung des Grundwassers und Verhinderung der weiteren Verschmutzung sichergestellt wird. Oberflächengewässer sind so reinzuhalten, dass Tagwässer zum Gemeingebrauch sowie zu gewerblichen Zwecken benutzt und Fischwässer erhalten werden können.
[…]
Allgemeine Sorge für die Reinhaltung
§ 31. (1) Jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, hat mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.
[…]
(3) Wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, so hat die Wasserrechtsbehörde, soweit nicht der unmittelbare Werksbereich eines Bergbaues betroffen wird, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Wenn wegen Gefahr im Verzuge eine Anordnung der Wasserrechtsbehörde nicht abgewartet werden kann, ist der Bürgermeister befugt, die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen ? soweit nicht dem Bergrecht unterliegende Anlagen betroffen werden ? unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Gefahr im Verzug ist jedenfalls gegeben, wenn eine Wasserversorgung gefährdet ist.
[…]“
„Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes
§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten
a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,
[…]
c) die durch eine Gewässerverunreinigung verursachten Mißstände zu beheben.
(2) In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.
[…]“
2. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:
Die für das gegenständliche Verfahren entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 24/2017, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
[…]“
„Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
[…]“
VI. Erwägungen:
1. Zur Rechtzeitigkeit:
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit vier Wochen.
Der angefochtene Bescheid wurde der ? zum damaligen Zeitpunkt nicht vertretenen ? Beschwerdeführerin durch Hinterlegung am 13.10.2017 zugestellt. Die vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin am 06.11.2017 bei der Bezirkshauptmannschaft X eingebrachte Beschwerde ist daher fristgerecht.
2. In der Sache:
§ 31 Abs 3 WRG 1959 ermächtigt die Behörde nicht nur zur Setzung von Maßnahmen, die eine völlige Hintanhaltung einer Gewässerbeeinträchtigung gewährleisten, sondern auch zu solchen Maßnahmen, die eine Verminderung einer drohenden oder bereits eingetretenen Gewässerbeeinträchtigung herbeiführen. Für die Vorschreibung von Maßnahmen nach § 31 Abs 3 WRG 1959 reicht bereits der Eintritt einer konkreten Gefahr einer Gewässerverunreinigung aus. Es genügt demnach, wenn nach Lage des Einzelfalles konkrete Umstände die Gefahr einer Gewässerverunreinigung erkennen lassen [Bumberger/Hinterwirth WRG2 (2013) E10 bis E14 zu § 31].
Die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages setzt eine Übertretung des WRG 1959 voraus (VwGH 10.08.2000, Zl 2000/07/0031). Übertretung im Sinne des § 138 Abs 1 WRG 1959 bedeutet nicht, dass nur solche Missstände nach § 138 WRG 1959 verfolgt werden können, welche zugleich einen Straftatbestand nach § 137 WRG 1959 darstellen. Als Übertretung im Sinne des § 138 WRG 1959 ist daher jede Missachtung der im WRG 1959 normierten Pflichten zu verstehen [vgl Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.04 § 138 Rz 3 (Stand: Juli 2016, rdb.at)]. Auch ist nicht erforderlich, dass die Übertretung schuldhaft begangen wird, sondern ist vielmehr ausreichend, dass der dem WRG 1959 zuwiderlaufende Zustand objektiv verwirklicht wurde (VwGH 26.01.2006, Zl 2004/07/0136). Eine Übertretung in diesem Sinne ist notwendige und hinreichende Bedingung für ein Vorgehen nach § 138 WRG 1959 [VwGH 29.10.1998, Zl 96/07/0006; Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.04 § 138 Rz 3 (Stand: Juli 2016, rdb.at)].
Die Bezirkshauptmannschaft X hat der Beschwerdeführerin, gestützt auf § 31 Abs 3 in Verbindung mit (iVm) § 138 Abs 1 lit c WRG 1959 unter anderem das Einbringen von mit Zementschlämmen verunreinigten Wässern von der Kleinbaustelle auf dem Gst Nr **4, GB **** Z untersagt. Eine solche gewässerverunreinigende Maßnahme lässt sich der Beschwerdeführerin im Rahmen der von ihr beauftragten Arbeiten am Anwesen Z **1 während der Monate August/September 2017 nicht nachweisen. Der mit dem angefochtenen Bescheid an sie gerichtete Auftrag, das Einbringen von mit Zementschlämmen verunreinigten Wässern zu unterlassen, ist daher rechtlich verfehlt.
Die Entnahme von Wasser aus dem als öffentliches Gewässer zu qualifizierenden W-Bach mit einer handbetriebenen Pumpe mit einer Förderleistung von 7.500 l/h bedarf grundsätzlich einer Bewilligung nach § 9 Abs 1 WRG 1959. Sollten tatsächlich nur sehr geringe Mengen an Wasser entnommen werden, wäre allenfalls das Vorliegen des Tatbestandes des § 8 Abs 1 WRG 1959 (Gemeingebrauch an öffentlichen Gewässern) und die damit verbundene Bewilligungsfreiheit zu prüfen.
Im konkreten Fall erübrigt sich eine derartige Prüfung, da nicht mit ausreichender Sicherheit feststeht, dass im Zuge der insbesondere im August/September 2017 durchgeführten Arbeiten von der Beschwerdeführerin zu verantwortende Wasserentnahmen aus dem W-Bach stattgefunden haben. Das Vorliegen einer Übertretung des WRG 1959 als Voraussetzung für die Erlassung eines auf § 138 Abs 1 WRG 1959 gestützten Auftrages ist somit nicht gegeben. Unabhängig davon fehlen auch Anhaltspunkte, dass eine Wasserentnahme im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides stattgefunden hat (vgl VwGH 24.04.2008, Zl 2005/07/0037). Die mit dem angefochtenen Bescheid an die Beschwerdeführerin gerichtete Untersagung der Wasserentnahme aus dem W-Bach ist somit ebenfalls rechtlich verfehlt.
Aus den dargestellten Erwägungen ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig und war aus diesem Grund ersatzlos zu beheben (Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses).
Von der Durchführung der beantragten öffentlichen Verhandlung konnte aufgrund des klaren Wortlautes des § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden.
VII. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hatte im gegenständlichen Fall zu prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für einen auf § 31 Abs 3 WRG 1959 sowie § 138 Abs 1 WRG 1959 gestützten (Wiederherstellungs-) Auftrag vorlagen. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat sich dabei auf die eindeutige Gesetzeslage gestützt und sich an der einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes orientiert. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung war nicht zu beurteilen (vgl VwGH 09.09.2016, Zl Ra 2016/12/0062, mit weiteren Nachweisen).
Darüber hinaus kommt der vorliegenden Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Sie betrifft keine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsamen und für die einheitliche Rechtsanwendung wesentlichen Fragen des materiellen und des formellen Rechts.
Dementsprechend erklärt das Landesverwaltungsgericht Tirol die ordentliche Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses).
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Hirn
(Richter)
Schlagworte
Wasserpolizeiliche Maßnahme; WiederherstellungsauftragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.37.2647.6Zuletzt aktualisiert am
13.04.2018