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Keine AngabeNorm
B-VGBeachte
Metadatenquelle: DVD Recht compact, Verlag Österreich, Wien 2014Rechtssatz
Der VfGH sieht keinen Anlaß, von seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. z. B. Slg. 6063/1969) abzugehen, wonach sich das Recht auf Freiheit des Erwerbes von Liegenschaften nur gegen jene historisch gegebenen Beschränkungen richtet, die ehemals zugunsten bestimmter bevorrechteter Klassen bestanden haben.
Ob ein Rechtsträger i. S. des durch das Bundesverfassungsgesetz vom 10. Dezember 1968, BGBl. 27/1969, ergänzten {Bundes-Verfassungsgesetz Art 10, Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG} "Ausländer" ist und daher sein Recht, inländische Liegenschaften frei zu erwerben, durch den Landesgesetzgeber im Einklang mit Art. 6 StGG beschränkt werden kann, bestimmt sich bei physischen Personen nach ihrer Staatsangehörigkeit. Ausländer ist darnach, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt (vgl. auch 884 BlgNR XI. GP, S. 4) .
Darüber, welche Gesichtspunkte für die Beurteilung der Ausländereigenschaft der juristischen Personen (Personengesellschaften) maßgebend sind, findet sich im Bundesverfassungsgesetz BGBl. 27/1969 keine ausdrückliche Aussage.
Daraus folgt aber weder, daß der Liegenschaftserwerb durch juristische Personen auf Grund dieser Verfassungsnorm durch den Landesgesetzgeber überhaupt keinen Beschränkungen unterworfen werden dürfte, noch auch, daß - wie die Bfin vermeint - zur Interpretation des Begriffes "Ausländer" in Ansehung juristischer Personen ausschließlich die Besitztheorie oder bzw. und die Inkorporationstheorie herangezogen werden dürften. Dies folgt nicht nur aus der den Materialien deutlich zu entnehmenden Absicht des Bundesverfassungsgesetzgebers, auch jene im Zeitpunkt der Erlassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. 27/1969 schon in Geltung gestandenen Landesgesetze zu sanieren, die als Ausländer auch solche juristische Personen behandelt, deren Gesellschaftskapital sich ganz oder zum Teil in ausländischem Besitz befindet. Weil nämlich eine wirksame Regelung des Gegenstandes anders gar nicht möglich ist, hält der VfGH dafür, daß Art. 10 Abs. 1 Z 6 in Verbindung mit {Bundes-Verfassungsgesetz Art 15, Art. 15 B-VG} den Landesgesetzgeber ermächtigt, eine juristische Person auch dann als "Ausländer" zu qualifizieren, d. h.: den für physische Personen nicht österreichischer Staatszugehörigkeit geltenden Grundstücksverkehrsbeschränkungen zu unterwerfen, wenn sich ihr Gesellschaftskapital ganz oder zum Teil im ausländischen Besitz befindet. Diese Überlegungen zeigen, daß die dem Erk. Slg. 5513/1967 zugrunde liegende mit der vorliegenden Situation nicht vergleichbar ist. Die Berufung auf dieses Erk. ist im gegebenen Zusammenhang somit verfehlt.
Keine Bedenken gegen § 11 lit. b Salzburger Grundverkehrsgesetz, wonach juristische Personen auch dann als "Ausländer" gelten, wenn "deren Gesellschaftskapital sich überwiegend im ausländischen Besitz befindet" . Diese Regelung ist freilich auf das Gebiet des Grundstücksverkehrs beschränkt, darüber hinausgehende Wirkung kommt ihr nicht zu. Dies gilt insbesondere auch in Ansehung der Frage, ob der Bfin hier jene verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte zukommen, die österreichischen Staatsbürgern vorbehalten sind.
Die zur Entscheidung über "civil rights" (Art. 6 Abs. 1 MRK) berufene Slbg. Grundverkehrslandeskommission ist weder eine nach Art. 133 Z 4 B-VG eingerichtete Kollegialbehörde (vgl. dazu Slg. 5985/1969) noch ein "Tribunal" i. S. des {Europäische Menschenrechtskonvention Art 6, Art. 6 Abs. 1 MRK} (vgl. das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 16. Juli 1971) .
Die vom Landesgesetzgeber in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise getroffene Regelung, wonach juristische Personen auch dann als "Ausländer" gelten, wenn "deren Gesellschaftskapital sich überwiegend im ausländischen Besitz befindet" (§ 11 lit. b Salzburger Grundverkehrsgesetz) , ist freilich auf das Gebiet des Grundstücksverkehrs beschränkt, darüber hinausgehende Wirkung kommt ihr nicht zu. Dies gilt insbesondere auch in Ansehung der Frage, ob der Bfin. jene verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte zukommen, die österreichischen Staatsbürgern vorbehalten sind. Insoweit ist der Bfin. zuzustimmen, wenn sie meint, daß es undenkbar erscheine, "den Begriff des Staatsbürgers im Staatsgrundgesetz aus 1867 unter Zuhilfenahme des Ausländerbegriffes des Slbg. GVG aus dem Jahre 1969 zu bestimmen" . In diesem Bereich gilt vielmehr, daß der VfGH insbesondere auch in dem von der Bfin. zit. Erk. Slg. 5513/1967 zum Ausdruck gebracht hat, nämlich, daß eine juristische Person nur dann als Inländer anzusehen ist, wenn sie ihren wirklichen Geschäftssitz im Inland hat. Das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz umfaßt hier freilich auch den Anspruch darauf, in Ansehung des Grundstücksverkehrs ebenso behandelt zu werden, wie jeder andere Inländer.
Keine Bedenken gegen § 20 Abs. 1 GVG. Keine denkunmögliche oder willkürliche Anwendung des § 16 Abs. 2 bis 4 .
Der VfGH ist weiterhin der Meinung, daß dann, wenn gegen einen über civil rights absprechenden verwaltungsbehördlichen Bescheid Beschwerde sowohl vor dem VfGH als auch vor dem VwGH geführt werden kann, der Parteirechtsschutz in einem Maße zur Verfügung steht, das dem von der MRK geforderten durchaus entspricht.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Ausländer Grunderwerb Salzburg Gesellschaften Gleichheitsrecht Liegenschaftserwerbsfreiheit MenschenrechtskonventionEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1973:B176.1973Zuletzt aktualisiert am
13.04.2018